Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgruppierung. Umkategorisierung von Arbeitsposten bei der Deutschen Telekom
Leitsatz (amtlich)
- Wenn die Deutsche Telekom Arbeitsposten, die sie bisher als Beamtenposten ausgewiesen hatte, als Angestelltenposten umkategorisiert, ist dieser Vorgang allein noch nicht mitbestimmungspflichtig nach § 99 BetrVG. Die Umkategorisierung macht aber eine Überprüfung der bisherigen Eingruppierungen erforderlich. Hierin liegt ein mitbestimmungspflichtiger Eingruppierungsvorgang, und zwar unabhängig davon, zu welchem Ergebnis diese Überprüfung führt.
- Der Betriebsrat kann die Durchführung eines Verfahrens nach § 99 BetrVG über die Neueingruppierung jedenfalls dann verlangen, wenn die Deutsche Telekom aus der Umkategorisierung der Arbeitsposten vergütungsrechtliche Konsequenzen zieht. Das ist der Fall, wenn sie den betroffenen Angestellten den Zeitaufstieg versagt, der ihnen nach den für Beamtenposten maßgebenden Vergütungsregelungen zugestanden hätte.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1, § 101; TV für Angestellte bei der Deutschen Bundespost (TV Ang) § 19; TV für Angestellte bei der Deutschen Bundespost (TV Ang) Anl. 2
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 7. November 1996 – 7 TaBV 2/96 – teilweise aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. Juni 1996 – 17 BV 7675/96 – teilweise abgeändert.
Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, die Zustimmung des Betriebsrats zur Neueingruppierung der Beschäftigten Helga S…, Kerstin G…, Gisela Gr…, Nicole Be… und Madeleine P… aus Anlaß der Umkategorisierung einzuholen und im Falle der Verweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht einzuleiten.
- Im übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin eine gem. § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtige Umgruppierung vorgenommen hat, indem sie Arbeitsposten für Beamte in solche für Angestellte “umkategorisiert” hat.
Die Arbeitgeberin ist eines der Nachfolgeunternehmen der zum 1. Januar 1995 privatisierten Deutschen Bundespost. Sie beschäftigt neben Arbeitern und Angestellten auch Beamte der früheren Deutschen Bundespost. Die Arbeitgeberin ist an die noch von der Deutschen Bundespost abgeschlossenen Tarifverträge gebunden und wendet den Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost (TV Ang) an. Dieser regelt in seiner Anlage 2 die Vergütung der Angestellten (§ 19 TV Ang).
Die Anlage 2 zum TV Ang unterscheidet hinsichtlich der Zuordnung der Angestellten zu den Vergütungsgruppen danach, ob sie auf einem Arbeitsposten für Beamte beschäftigt sind (Abschn. II Anl. 2) oder auf einem Arbeitsposten für Angestellte (Abschn. III Anl. 2). Im ersten Fall orientiert sich die Vergütungsgruppe an der besoldungsrechtlichen Bewertung des entsprechenden Beamtenpostens. Dieser Bewertung sind grundsätzlich jeweils drei Vergütungsgruppen zugeordnet, nämlich die Eingangsgruppe, die Grundvergütungsgruppe und die Aufstiegsvergütungsgruppe. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 Anl. 2 zum TV Ang sind für die Feststellung, ob es sich um einen Arbeitsposten für Beamte handelt, sowie für die Bewertung des Arbeitspostens diejenigen Bestimmungen maßgebend, die für die Beamten des jeweiligen Unternehmens der Deutschen Bundespost gelten. Bei der Beschäftigung auf einem Angestelltenposten ist hingegen für die Eingruppierung das Verzeichnis der Tätigkeitsmerkmale nach § 11 des Abschn. III der Anlage 2 zum TV Ang anzuwenden. Dieses ist gegliedert in Vergütungsgruppen und ihnen zugeordnete Fallgruppen. Die Eingruppierung entspricht der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit des Angestellten.
Am 18. August 1994 schloß die Deutsche Bundespost Telekom den Tarifvertrag Nr. 454 (TV 454). Dieser befaßt sich mit der Bestandssicherung. Nach seinem § 1 gilt er für Angestellte und Arbeiter, die am 31. Dezember 1994 in einem Arbeitsverhältnis zu einem Unternehmen der Deutschen Bundespost stehen und auf einem Arbeitsposten für Beamte beschäftigt sind, nicht jedoch für geringfügig Beschäftigte. § 3 TV 454 regelt die “Sicherung der Eingruppierung”. Sein Absatz 1 hat folgenden Wortlaut:
“Bei Angestellten und Arbeitern im Sinne des § 1 wird aus Anlaß einer Bewertungsveränderung ihrer Arbeitsposten infolge einer entsprechenden Änderung in den Bewertungskatalogen der Deutschen Bundespost TELEKOM nach dem 31. Dezember 1994 keine Änderungskündigung aus diesem Grunde zum Zwecke der Herabgruppierung ausgesprochen …, sofern das Arbeitsverhältnis des Angestellten und Arbeiters zu einem Unternehmen der Deutschen Bundespost bei Eintritt der Bewertungsänderung im vorstehenden Sinne mindestens zwei Jahre ununterbrochen besteht.”
Der TV 454 war zunächst bis zum 31. Dezember 1996 befristet. Er ist durch einen Änderungstarifvertrag, der zum 30. Juni 1996 in Kraft getreten ist, unbefristet verlängert worden und soll erst dann außer Kraft treten, wenn ein geplanter Tarifvertrag über das neue Bewertungs- und Bezahlungssystem bei der Arbeitgeberin Geltung erlangt. Die Nachwirkung ist ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom 10. Mai und 22. Mai 1995 an die Niederlassungen ordnete die Generaldirektion der Arbeitgeberin an, daß die Stellen in der Aufgabengruppe 150, nämlich der Fernsprechauskunft (FeA) und der Auslandsauskunft und Vermittlung (TOS-AV) künftig nicht mehr als Arbeitsplätze für Beamte kategorisiert sind. Eine Bewertung der Posten anhand der Besoldungsgruppen für Beamte soll nur noch für die dort jetzt oder künftig tätigen Beamten vorgenommen werden. Hingegen sollen die Angestellten in die einzelnen Tätigkeitsmerkmale der Angestelltentarifgruppen – Abschn. III der Anl. 2 zum TV Ang – eingereiht werden, sobald die Schutzfristen nach dem TV 454 auslaufen, und zwar dann unter Beteiligung des Betriebsrats. Die bislang nach Abschn. II der Anl. 2 zum TV Ang eingruppierten Angestellten werden allerdings schon jetzt nicht mehr in höhere Vergütungsgruppen eingereiht, die sich bei unveränderter Anwendung dieser Bestimmungen wegen Zeitablaufs und/oder Bewährung ergeben würden.
Von dieser Maßnahme betroffen ist auch die vom Antragsteller vertretene Niederlassung (jetzt ) B…. Zum Zeitpunkt der Umkategorisierung waren in der Aufgabengruppe 150 u.a. die Angestellten Helga S…, Karen B…, Kerstin G…, Gisela Gr…, Nicole Be… und Madeleine P… auf Arbeitsposten tätig, die bis dahin als solche für Beamte kategorisiert waren. Unter Berufung auf die Umkategorisierung wird der nach Abschn. II der Anl. 2 zum TV Ang für diese Angestellten eröffnete Zeitaufstieg verweigert. Dessen Voraussetzungen waren für die Angestellte S… zum 1. Oktober 1996, für die Angestellten G… und B… zum 1. November 1996, für die Angestellten Gr… und Be… zum 1. Dezember 1996 und für die Angestellte P… zum 1. Januar 1997 erfüllt.
Die Angestellte B… ist allerdings – wie in der mündlichen Anhörung vor dem Senat unstreitig gestellt wurde – zum 30. September 1996 aus den Diensten der Arbeitgeberin ausgeschieden.
Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG schon bei der Umkategorisierung zu. Die Arbeitgeberin könne die Arbeitsposten nicht einseitig umorganisieren. Durch die Umkategorisierung ändere sich die tarifliche Zuordnung der Beschäftigten in der Vergütungsordnung. Diese bewirke trotz der Bestandsschutzregelung des TV 454 bereits Verschlechterungen jedenfalls für die Angestellten, für die der bisher eröffnete Zeitaufstieg entfalle.
Der Betriebsrat hat zweitinstanzlich zuletzt beantragt,
- der Beteiligten zu 2) zu untersagen, die Umgruppierung der Arbeitnehmerinnen Helga S…, Karen B…, Kerstin G…, Gisela Gr…, Nicole Be… und Madeleine P… aus Anlaß der Umkategorisierung aufrechtzuerhalten, ohne die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen und im Falle der Verweigerung durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen;
- für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zu 1. der Beteiligten zu 2) – bezogen auf jeden Tag der Zuwiderhandlung und jeden Arbeitnehmer – ein Ordnungsgeld bis zu 500,00 DM anzudrohen;
- festzustellen, daß die Eingruppierungen aus Anlaß der Umkategorisierung von Aufgaben der Aufgabengruppe 150 FeA der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Umkategorisierung als solche lasse die konkreten Eingruppierungen unberührt. Es gehe lediglich um eine abstrakte Umbewertung der Personalposten. Das ihr insoweit zustehende Gestaltungsrecht unterliege nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. Die betroffenen Mitarbeiter seien unverändert in die bisher maßgeblichen Vergütungsgruppen eingruppiert. Einer anderweitigen Eingruppierung stehe schon der TV 454 entgegen. Auch hinsichtlich der nach den bisher angewandten Regelungen am Zeitaufstieg teilnehmenden Angestellten sei eine Umgruppierung nicht vorgenommen worden. Die Unterlassung einer Höhergruppierung stelle keine solche Personalmaßnahme dar. Soweit die Mitarbeiter meinten, Anspruch auf Vergütung aus der höheren Gruppe zu haben, könnten sie diesen individualrechtlich geltend machen.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat zuletzt nur noch den Leistungsantrag betreffend die Angestellten S…, G…, Gr… , Be… und P… weiter. Den allgemeinen Feststellungsantrag sowie den Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes hat er in der mündlichen Anhörung vor dem Senat mit Zustimmung der Arbeitgeberin zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist hinsichtlich des zuletzt allein noch verfolgten Leistungsantrags begründet. Der Betriebsrat kann entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verlangen, daß die Arbeitgeberin die fünf Angestellten, um deren Eingruppierung noch gestritten wird, unter seiner Beteiligung neu eingruppiert.
Der auf § 101 BetrVG gestützte Antrag ist zulässig.
Er bedarf allerdings der Auslegung. Der Betriebsrat verlangt, der Arbeitgeberin zu untersagen, die Umgruppierungen aus Anlaß der Umkategorisierung aufrechtzuerhalten. Er begehrt damit dem Wortlaut seines Antrags nach an sich die Aufhebung der seiner Meinung nach stattgefundenen Umgruppierungen. Ein solcher Anspruch ist jedoch aus § 101 BetrVG nicht abzuleiten. Die Umgruppierung ist wie die Eingruppierung kein konstitutiver Akt, sondern ein Akt der Rechtsanwendung. § 101 BetrVG, der die Rechte des Betriebsrats im Falle betriebsverfassungswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers bei Maßnahmen des § 99 BetrVG regelt, ist daher bei Eingruppierungen und Umgruppierungen modifiziert anzuwenden. Nach ständiger Senatsrechtsprechung kann der Betriebsrat nicht die Aufhebung einer Eingruppierung, sondern nur die nachträgliche Einholung seiner Zustimmung und bei deren Verweigerung die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens verlangen (grundlegend Senatsbeschluß vom 22. März 1983 – 1 ABR 49/81 – BAGE 42, 121 = AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972).
Nur dieses Ziel verfolgt der Betriebsrat aber mit seinem Leistungsantrag, wie sich seiner Begründung unschwer entnehmen läßt. Sein Antrag ist daher als Antrag im Sinne der Senatsrechtsprechung zu verstehen. Der Betriebsrat hat das in der mündlichen Anhörung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt.
Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig. Der Prüfung eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses bedarf es bei Leistungsanträgen in der Regel nicht (Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991 – 1 ABR 53/90 – BAGE 68, 104, 107 f. = AP Nr. 105 zu § 99 BetrVG 1972, zu B I 3 der Gründe).
Der Antrag ist auch begründet. Die Umkategorisierung allein ist zwar nicht mitbestimmungspflichtig. Sie macht aber eine Überprüfung der bisherigen Eingruppierungen erforderlich. In dieser Überprüfung liegt unabhängig von dem dabei gewonnenen Ergebnis eine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung. Die Arbeitgeberin hat eine entsprechende Neubewertung auch tatsächlich schon vorgenommen. Sie hat aus der Umkategorisierung der Arbeitsposten bereits vergütungsrechtliche Konsequenzen gezogen, indem sie den im Antrag bezeichneten Angestellten den Zeitaufstieg versagt hat, der ihnen nach den für Beamtenposten maßgeblichen Regelungen zugestanden hätte.
- Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist das Mitbestimmungsrecht bei Eingruppierungen und Umgruppierungen ein Mitbeurteilungsrecht und kein Mitgestaltungsrecht. Das folgt daraus, daß die Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung keine konstitutive Maßnahme darstellt, sondern ein Akt der Rechtsanwendung ist. Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, daß diese Rechtsanwendung möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt. Sie dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung in gleichen und vergleichbaren Fällen, damit der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und der Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 2. April 1996 – 1 ABR 50/95 – AP Nr. 7 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung, zu B II 1a der Gründe). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Beurteilungsakt eine Eingruppierung zum Gegenstand hat oder eine Umgruppierung. Unter einer Umgruppierung im Sinne des § 99 BetrVG ist die Feststellung des Arbeitgebers zu verstehen, daß die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht – oder nicht mehr – den Tätigkeitsmerkmalen entspricht, die bisher als zutreffend angesehen wurden. Anlaß für diese Feststellung kann eine Änderung der Tätigkeit sein, eine Änderung des Entgeltschemas oder aber eine veränderte Einschätzung der Rechtslage durch den Arbeitgeber. Umgruppierungen unterliegen nach § 99 BetrVG in gleicher Weise der Mitbestimmung des Betriebsrats wie Eingruppierungen.
Von diesen Grundsätzen ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Es hat aber angenommen, die Arbeitgeberin habe noch keine Umgruppierungen vorgenommen. Die Umkategorisierung als solche habe noch keine Auswirkungen auf die vergütungsrechtliche Einstufung der Beschäftigten. Es fehle an einer Kundgabe der Auffassung, die Angestellten seien wegen der Umkategorisierung nach einer anderen Vergütungsgruppe zu entlohnen; erst dies gäbe einen Anknüpfungspunkt für das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats. Das gelte auch für die Angestellten, denen der Zeitaufstieg versagt sei, weil die Unterlassung einer Höhergruppierung noch keine Umgruppierung darstelle. Diese Begründung erfaßt den vergütungsrechtlichen Vorgang nicht zutreffend und verneint das Mitbestimmungsrecht deshalb im Ergebnis zu Unrecht.
Dem Landesarbeitsgericht ist allerdings zu folgen darin, daß die Umkategorisierung allein nicht mitbestimmungspflichtig ist. Sie ist die organisatorische Entscheidung der Arbeitgeberin, bestimmte Aufgabenbereiche nicht mehr als Beamtenposten auszuweisen, sondern auf diesen Arbeitsplätzen nur noch Angestellte zu beschäftigen. Der Arbeitgeberin steht insoweit ein betriebsorganisatorisches Gestaltungsrecht zu. Davon gehen auch die Tarifvertragsparteien aus, die für die Zuordnung der Angestellten zu den Vergütungsgruppen an diese Vorgabe anknüpfen. Wenn nach § 3 Abs. 1 Satz 3 der Anl. 2 zum TV Ang maßgebend für die Feststellung, ob es sich um einen Arbeitsposten für Beamte handelt, sowie für die Bewertung des Arbeitspostens die für die Beamten des jeweiligen Unternehmens der Deutschen Bundespost geltenden Bestimmungen sind, ändert das nichts. Auch wenn die Arbeitgeberin beamtenrechtliche Vorgaben zu beachten hat, bleibt die Entscheidung selbst eine (wenn auch rechtlich gebundene) gestaltende Entscheidung, die als solche nicht nach § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist.
Von der Frage der Umkategorisierung selbst ist unter dem Gesichtspunkt der Mitbestimmungspflicht bei Eingruppierungen und Umgruppierungen zu trennen die weitere Frage, wie sich die Umkategorisierung auf die tarifliche Eingruppierung auswirkt. Dazu gehört auch die Frage, ob die Arbeitgeberin bisherige Beamtenposten ohne Ausnahme zu Angestelltenposten umkategorisiert oder ob sie etwa eine “Mischkategorisierung” geschaffen hat und nach wie vor sowohl Beamte als auch Angestellte auf vergleichbaren Arbeitsposten beschäftigt (s. zu den vergütungsrechtlichen Auswirkungen einer solchen Mischkategorisierung jetzt BAG Urteil vom 28. Mai 1997 – 10 AZR 580/96 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Diese Frage ist erst relevant bei der Überprüfung eines durch die Umkategorisierung ausgelösten Eingruppierungsvorgangs, macht aber die Umkategorisierung selbst noch nicht mitbestimmungspflichtig.
Nicht zu folgen ist dem Landesarbeitsgericht allerdings in der weiteren Annahme, es fehle – auch in den Fällen der allein noch streitbefangenen Angestellten, die nicht mehr am Zeitaufstieg teilnehmen – an einem durch die Umkategorisierung veranlaßten Eingruppierungsvorgang, da die Arbeitgeberin die Vergütungsgruppen nicht geändert habe. Dieses Verständnis wird dem Begriff der Eingruppierung/Umgruppierung nicht gerecht.
Die Umkategorisierung macht eine Überprüfung der bisherigen Eingruppierung erforderlich. Sie hat zur Folge, daß andere Eingruppierungsmerkmale anzuwenden sind. Während die Eingruppierung sich bisher an der Bewertung der entsprechenden Beamtenbesoldung auf diesen Arbeitsposten orientierte (Abschn. II der Anl. 2), sind die Arbeitnehmer auf Angestelltenposten nach echten Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren (Abschn. III aaO). Die Zuordnung zu den einzelnen Vergütungsgruppen muß also grundsätzlich neu geprüft werden. Insoweit ist die Sachlage nicht anders als bei der Änderung eines tariflichen Vergütungssystems. Für diesen Fall geht der Senat davon aus, daß eine Neueingruppierung vorzunehmen ist (vgl. etwa Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991 – 1 ABR 53/90 – BAGE 68, 104 = AP Nr. 105 zu § 99 BetrVG 1972). Unerheblich ist dabei, ob es letztlich bei der bisherigen Vergütungsgruppe bleibt. Denn dies kann erst das Ergebnis der Prüfung anhand der neuen Eingruppierungsmerkmale sein und soll deshalb vom Betriebsrat mitvollzogen werden (vgl. auch Senatsbeschluß vom 21. März 1995 – 1 ABR 46/94 – AP Nr. 4 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung, zu B II 2a der Gründe).
Hier haben sich zwar die tariflichen Eingruppierungsgrundlagen nicht insgesamt geändert, weil beide Abschnitte der Anlage 2 zum TV Ang schon vorher bestanden; aber nach der (einseitigen) Entscheidung der Arbeitgeberin, die Arbeitsposten umzukategorisieren, war eine neue Eingruppierungssituation entstanden. Maßgeblich ist jetzt (möglicherweise) eine andere Vergütungsordnung – nämlich Abschn. III statt bisher Abschn. II der Anl. 2 zum TV Ang. Dies macht grundsätzlich eine Überprüfung der Eingruppierungen erforderlich.
- Unterläßt der Arbeitgeber eine an sich vorzunehmende Eingruppierungsentscheidung, kann der Betriebsrat verlangen, daß der Arbeitgeber diese unter seiner Beteiligung nachholt (Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991 – 1 ABR 53/90 – BAGE 68, 104 = AP Nr. 105 zu § 99 BetrVG 1972). Dieses Recht ist hier auch nicht durch den TV 454 ausgeschlossen. Dieser Tarifvertrag enthält keine Eingruppierungsregelung, sondern gewährt nur einen Bestandsschutz bei Verschlechterung der bisherigen Eingruppierung. Der TV 454 sichert vor allem nicht gegen den Verlust einer Höhergruppierungsmöglichkeit, die aufgrund der Vergütungsordnung des Abschn. II gegeben gewesen wäre, aber nach dem jetzt von der Arbeitgeberin für maßgeblich gehaltenen Abschn. III der Anl. 2 zum TV Ang entfallen ist.
Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Betriebsrat generell von der Arbeitgeberin die Überprüfung der bisherigen Eingruppierungen aller betroffenen Arbeitnehmer in der Aufgabengruppe 150 verlangen könnte, selbst dann, wenn es nach seiner eigenen Einschätzung im Ergebnis bei der bisherigen Vergütung verbleibt – sei es wegen des eingreifenden Bestandsschutzes des TV 454, sei es wegen der auch bei Anwendung der Eingruppierungsmerkmale des Abschn. III unveränderten Vergütungsgruppe. Der Entscheidung hierüber bedarf es nicht mehr, nachdem der Betriebsrat seinen allgemeinen Feststellungsantrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz mit Zustimmung der Arbeitgeberin zurückgenommen hat.
Hingegen ist das Klärungsbedürfnis unbestreitbar hinsichtlich der Angestellten, denen der Zeitaufstieg nach den Bestimmungen des Abschn. II der Anl. 2 versagt worden ist. Hier kann der Betriebsrat eine Überprüfung der Eingruppierungen verlangen. Dies würde schon dann gelten, wenn die Arbeitgeberin bisher die erforderliche Neubeurteilung der Eingruppierung ganz unterlassen haben sollte. Der Betriebsrat hätte dann ein “Initiativrecht” auf Durchführung eines mitbestimmten Überprüfungsverfahrens.
Tatsächlich hat die Arbeitgeberin aber auch bereits eine Eingruppierungsentscheidung getroffen, indem sie den streitbefangenen Angestellten die höhere Vergütungsgruppe versagte. Dieser Entscheidung liegt die Auffassung zugrunde, maßgeblich für die vergütungsmäßige Zuordnung seien nach der Umkategorisierung nicht mehr die Vergütungsmerkmale des Abschn. II (Beamtenposten), sondern die des Abschn. III (Angestelltenposten). Es geht also nicht nur um die Unterlassung einer Höhergruppierung bei unveränderter Vergütungsordnung. Die Arbeitgeberin stützt sich vielmehr gerade darauf, daß die “neue” Vergütungsordnung einen solchen Zeitaufstieg nicht vorsieht. Diese Rechtsauffassung hat die Arbeitgeberin auch kundgetan, indem sie die Höhergruppierung unterließ. Darin liegt ein typischer eingruppierungsrechtlicher Vorgang. Die Eingruppierung ist nämlich gerade kein konstitutiver Akt, sondern ein Akt der Rechtsanwendung. Es bedarf also auch keines besonderen formellen Eingruppierungsaktes, mag dies aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit in der Regel auch zu erwarten sein.
Der Annahme eines Eingruppierungsvorganges im Sinne einer Neubeurteilung steht auch nicht entgegen, daß die Arbeitgeberin bisher eine Zuordnung der Tätigkeiten zu den einzelnen Tätigkeitsmerkmalen der jeweiligen Vergütungsgruppen des Abschn. III Anl. 2 unterlassen hat. Dies ist offensichtlich zurückzuführen auf die Bestandsschutzregelung des TV 454, die – jetzt bis zum Inkrafttreten des zwischen den Tarifvertragsparteien angestrebten neuen Vergütungssystems – den betroffenen Angestellten wenigstens die bisherige Vergütung sichert. Zum mitbestimmten Eingruppierungsvorgang gehört aber auch die Frage, ob der Arbeitgeber bei mehreren in Betracht kommenden Vergütungsordnungen die für den Arbeitnehmer zutreffende Ordnung anwendet. Es geht also nicht nur darum, ob innerhalb der einen oder anderen Vergütungsordnung die richtige Fallgruppe bzw. Vergütungsgruppe ermittelt worden ist (vgl. Senatsbeschluß vom 27. Januar 1987 – 1 ABR 66/85 – BAGE 54, 147 = AP Nr. 42 zu § 99 BetrVG 1972; zuletzt Senatsbeschluß vom 1. März 1995 – 1 ABR 43/94 – n.v., unter B I 1 der Gründe).
Dies bedeutet zunächst, daß bereits die Entscheidung der Arbeitgeberin für das Vergütungssystem des Abschn. III anstelle des bisher angewandten Systems des Abschn. II eine Eingruppierungsentscheidung ist. Darüber hinaus zeigt sich, daß der Betriebsrat an der Durchführung des mitbestimmten Eingruppierungsverfahrens unabhängig von der von der Arbeitgeberin vorgenommenen Zuordnung zu den einzelnen Tätigkeitsmerkmalen des Abschn. III, die zwischen den Beteiligten möglicherweise gar nicht streitig ist, ein Interesse an der Mitbeurteilung der durch die Umkategorisierung geschaffenen neuen Eingruppierungssituation hat. Er muß nämlich die Möglichkeit haben, im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens weitergehend zu prüfen, ob denn die vorgenommene Umkategorisierung tatsächlich die behaupteteten vergütungsrechtlichen Auswirkungen hat, insbesondere, ob die tariflichen Voraussetzungen für die Anwendung der Vergütungsordnung des Abschn. III vorliegen. Daß dies nicht selbstverständlich ist, zeigt die Entscheidung des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Mai 1997 (10 AZR 580/96, zur Veröffentlichung vorgesehen), wonach “mischkategorisierte” Arbeitsposten, auf denen nach wie vor Beamte und Angestellte beschäftigt werden, trotz der Ausweisung dieser Posten als Angestelltenposten weiterhin als Beamtenposten im Sinne der tariflichen Regelung anzusehen sind. Sollte sich also herausstellen, daß die Arbeitgeberin nach wie vor auch Beamte auf Arbeitsplätzen in der Aufgabengruppe 150 beschäftigt (und dafür finden sich Anhaltspunkte in ihrem eigenen Vortrag), könnte der Betriebsrat dies ggf. im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens gegen die beabsichtigte Zuordnung der Angestelltentätigkeiten in den Abschn. III der Anl. 2 einwenden.
- Dem Antrag des Betriebsrats auf Durchführung eines Eingruppierungsverfahrens unter seiner Mitbestimmung nach § 99 BetrVG war demnach bei entsprechender Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stattzugeben. Im übrigen war das Verfahren einzustellen, nachdem der Betriebsrat den allgemeinen Feststellungsantrag und den Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes mit Zustimmung der Arbeitgeberin zurückgenommen hat und nachdem hinsichtlich der Arbeitnehmerin B… unstreitig gestellt worden ist, daß diese bereits zum 30. September 1996 aus dem Arbeitsverhältnis zur Arbeitgeberin ausgeschieden ist.
Unterschriften
Dieterich, Wißmann, Rost, K. H. Janzen, Giese
Fundstellen
Haufe-Index 893885 |
FA 1998, 93 |
NZA 1998, 378 |
AP, 0 |