Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei Versetzung von Postbeamten
Leitsatz (redaktionell)
Teilweise Parallelsache zum Beschluß vom 12. August 1997 – 1 ABR 7/97 – zur Veröffentlichung vorgesehen.
Normenkette
BetrVG § 99; PostPersRG §§ 24, 28-29; BPersVG § 76 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 31. Januar 1997 – 16 TaBV 82/96 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten noch darüber, ob der Betriebsrat nach § 99 BetrVG mitzubestimmen hat, wenn die Arbeitgeberin im Betrieb beschäftigte Beamte für die Dauer von bis zu drei Monaten an andere Betriebe abordnet.
Die Arbeitgeberin ist im Zuge der Privatisierung der Deutschen Bundespost am 1. Januar 1995 aus dem Teilsondervermögen Deutsche Bundespost TELEKOM hervorgegangen und hat die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (§§ 1 und 2 Postumwandlungsgesetz). Neben Arbeitern und Angestellten beschäftigt sie eine große Zahl von Beamten der früheren Deutschen Bundespost. Diese haben ihren Status als unmittelbare Bundesbeamte behalten (§ 2 Abs. 3 Postpersonalrechtsgesetz – PostPersRG). Die Arbeitgeberin ist ermächtigt, die ihnen gegenüber dem Bund als Dienstherrn obliegenden Rechte und Pflichten wahrzunehmen (§ 1 PostPersRG). Für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes gelten diese Beamten als Arbeitnehmer; sie sind zum Betriebsrat wahlberechtigt und wählbar (§ 24 Abs. 2 PostPersRG). In bestimmten Angelegenheiten der Beamten sehen die §§ 28 und 29 PostPersRG Beteiligungsrechte des Betriebsrats auf der Grundlage von Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes vor, wobei nur die Vertreter der Beamten im Betriebsrat zur Beschlußfassung berufen sind.
Im Januar 1996 beabsichtigte die Arbeitgeberin, 28 in der Niederlassung Uelzen beschäftigte Arbeiter, Angestellte und Beamte für etwa ein halbes Jahr an eine Berliner Niederlassung abzuordnen. Auf den Widerspruch des Betriebsrats hin gab sie dieses Vorhaben auf und ordnete ausschließlich Beamte für einen Zeitraum von jeweils knapp drei Monaten nach Berlin ab. Hierbei wurde der Betriebsrat nicht mehr beteiligt. Die betroffenen Beamten waren mit der Maßnahme nicht einverstanden. Der Betriebsrat hat unwidersprochen vorgetragen, mit Personalmaßnahmen der hier streitigen Art sei noch in einer Vielzahl von Fällen zu rechnen.
Er hat die Auffassung vertreten, er habe immer dann nach § 99 BetrVG mitzubestimmen, wenn die einen Beamten betreffende Personalmaßnahme zwar eine Versetzung i.S. des § 95 Abs. 3 BetrVG sei, aber nicht von einem der Tatbestände des § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßt werde, beispielsweise bei Abordnungen von weniger als drei Monaten. Das ergebe sich daraus, daß die bei der Arbeitgeberin beschäftigten Beamten für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer gelten. Soweit das Postpersonalrechtsgesetz Ausnahmen von diesem Grundsatz enthalte, schlössen sie das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG jedenfalls im hier in Anspruch genommenen Umfang nicht aus. Die Regelung in den §§ 28 und 29 PostPersRG, wonach der Betriebsrat u.a. in den von § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßten Angelegenheiten der Beamten entsprechend den Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes mitbestimmt, wobei nur seine beamteten Mitglieder zur Beschlußfassung berufen sind, sei nicht abschließend. Sie stehe der Ausübung des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG durch den gesamten Betriebsrat nicht entgegen. Anderenfalls wäre für Versetzungen im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne jegliche Form der Mitbestimmung ausgeschlossen. Das würde aber dem Zweck des Mitbestimmungsrechts widersprechen, das nicht nur dem Schutz der Interessen der von der Versetzung unmittelbar betroffenen Personen diene, sondern darüber hinaus auch den Belangen der übrigen Belegschaft. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber eine derartige Einschränkung des Mitbestimmungsrechts gewollt habe. Dafür spreche hier auch nicht die Notwendigkeit der demokratischen Legitimation staatlicher Verwaltung, da die Beamten bei der Arbeitgeberin kein Amt im funktionellen Sinne ausübten und ihr öffentlich-rechtlicher Status von Versetzungen nicht betroffen sei. Es wäre widersprüchlich, wenn die Arbeitgeberin als ein privatwirtschaftlich handelndes Unternehmen einerseits Beamte wie Arbeitnehmer einsetzen, andererseits aber mitbestimmungsrechtlich insoweit den Sonderstatus einer Behörde in Anspruch nehmen könnte.
Der Betriebsrat hat, soweit für die Rechtsbeschwerde von Interesse, beantragt
festzustellen, daß dem abgebenden Betriebsrat bei Versetzungen gemäß § 95 Abs. 3 BetrVG von Beamtinnen und Beamten mit einer Dauer von bis zu drei Monaten ein Mitbestimmungsrecht nach den §§ 99 und 100 BetrVG zusteht.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Nach ihrer Meinung hat der Betriebsrat bei der Versetzung von Beamten nicht nach § 99 BetrVG mitzubestimmen. Das ergebe sich aus der abschließenden Regelung seines Beteiligungsrechts in den §§ 28 und 29 PostPersRG. Danach sei der Betriebsrat bei der Versetzung von Beamten lediglich nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz, und zwar ausschließlich in den von § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßten Fällen zu beteiligen, dagegen nicht auch nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Diese Eingrenzung des Mitbestimmungsrechts sei gewollt und wegen des fortbestehenden besonderen Status der Beamten verfassungsrechtlich geboten. Daß danach in Fällen der hier streitigen Art kein Beteiligungsrecht des Betriebsrats bestehe, sei nur folgerichtig. Es wäre widersinnig, wenn ausgerechnet bei den Personalmaßnahmen, die der Gesetzgeber des Bundespersonalvertretungsgesetzes als wenig bedeutend angesehen und deshalb von der Mitbestimmung nach § 76 Abs. 1 BPersVG ausgenommen habe, das stärkere Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG eingriffe, während es bei den unter § 76 Abs. 1 BPersVG fallenden Vorgängen ausgeschlossen sei.
Das Arbeitsgericht hat den ursprünglich auf Feststellung der Verletzung seines Mitbestimmungsrechts gerichteten Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Auf dessen Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG bei der Versetzung von Beamten dann bejaht, wenn die Maßnahme zwar von § 95 Abs. 3 BetrVG, nicht dagegen von § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßt wird. Dabei hat es den Feststellungsantrag des Betriebsrats einschränkend dahin ausgelegt, daß es ihm nur um die Feststellung des Mitbestimmungsrechts für die Abordnung von Beamten zu einer anderen Dienststelle für eine Dauer von einem bis zu drei Monaten gehe, die den Voraussetzungen des § 95 Abs. 3 BetrVG entspreche, welcher der Beamte nicht zugestimmt habe und welcher der Betriebsrat nicht nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG seine Zustimmung verweigern wolle. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Abweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag des Betriebsrats zu Recht stattgegeben.
I. Der Antrag ist zulässig.
Sein für die Rechtsbeschwerde noch maßgeblicher Inhalt ergibt sich aus dem Tenor des angefochtenen Beschlusses. Der Betriebsrat hat sich gegen die hierin liegende Einschränkung seines ursprünglichen Begehrens nicht gewandt, sondern nur Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt.
Der Antrag ist hinreichend bestimmt. Dem steht nicht entgegen, daß die Vorgänge, für die der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG in Anspruch nimmt, im Antrag teilweise durch eine Verweisung auf die Voraussetzungen des § 95 Abs. 3 BetrVG und einschränkend durch die Bezugnahme auf den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG bezeichnet sind. Zwar ist ein Antrag, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholt, unzulässig, wenn der Inhalt der Norm streitig ist (BAG Beschluß vom 17. März 1987 – 1 ABR 65/85 – AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, zu B III 1 der Gründe). Darum geht es hier aber nicht. Arbeitgeberin und Betriebsrat streiten nicht über die Auslegung des § 95 Abs. 3 oder des § 99 BetrVG, sondern darüber, ob das Postpersonalrechtsgesetz die Anwendung dieser Vorschriften auf Personalmaßnahmen anordnet, die Beamte betreffen.
Mit diesem Inhalt besteht für den Antrag das von § 256 ZPO geforderte besondere Feststellungsinteresse. Der Streit betrifft eine Vielzahl künftiger Personalmaßnahmen.
II. Der Antrag des Betriebsrats ist auch begründet. Er hat nach § 99 BetrVG mitzubestimmen, wenn die Versetzung eines Beamten der Arbeitgeberin die Voraussetzungen des § 95 Abs. 3 BetrVG erfüllt, ohne zu den nach § 76 Abs. 1 BPersVG mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten zu gehören. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn Beamte wie hier für eine Dauer von einem bis zu drei Monaten unter den im angefochtenen Beschluß umschriebenen Voraussetzungen an einen anderen Betrieb abgeordnet werden.
Allerdings ist die einschlägige Regelung der §§ 28 und 29 PostPersRG nicht eindeutig. Sie läßt Geschlossenheit vermissen und ist nicht frei von Widersprüchen. Sie verknüpft Elemente der auf teilweise unterschiedlichen Wertungen beruhenden Mitbestimmungssysteme für den öffentlichen Dienst und für die Privatwirtschaft. Das führt zu Überschneidungen, ohne daß klar zum Ausdruck käme, welche der divergierenden Wertungen hier Vorrang haben soll. Insgesamt sprechen indessen die besseren Gründe für die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung.
1. Als privatrechtlich verfaßtes Unternehmen (Aktiengesellschaft) unterliegt die Arbeitgeberin dem Betriebsverfassungsgesetz. Für dessen Anwendung gelten nach § 24 Abs. 2 PostPersRG die bei der Arbeitgeberin beschäftigten Beamten als Arbeitnehmer. Danach ist das Betriebsverfassungsgesetz im Grundsatz auch in Angelegenheiten anzuwenden, die diese Beamten betreffen. Die Regelung steht indessen nach § 24 Abs. 1 PostPersRG unter dem Vorbehalt anderweitiger Bestimmung. Zur Frage, ob – und ggf. in welchem Umfang – hierdurch bei Versetzungen das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG ausgeschlossen wird, werden unterschiedliche Meinungen vertreten.
Einerseits wird der Ausschluß verneint (Altvater/Bacher/Hörter/Peiseler/Sabottig/Schneider/Vohs, BPersVG, 4. Aufl., § 28 PostPersRG Rz 1; Hummel, PersR 1996, 228 ff.; Hummel/Spoo, AiB 1997, 21 ff.; Lörcher, AiB Sonderheft 1995, 50 ff.). Nach dieser Auffassung regeln die §§ 28 und 29 PostPersRG die Beteiligung des Betriebsrats bei der Versetzung von Beamten nicht abschließend. Dies ergebe sich aus dem Gesetzeszweck, der eine einschränkende Interpretation des § 28 PostPersRG erfordere. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz komme nur in Angelegenheiten in Betracht, welche den Status des Beamten betreffen. Das sei bei Versetzungen nicht der Fall, hier habe der Betriebsrat also allein nach § 99 BetrVG mitzubestimmen.
Die Gegenposition vertritt Richardi (NZA 1996, 953 ff.; ebenso Pielsticker, ZTR 1996, 101, 104; wohl auch Lorenzen, PersV 1995, 99, 104 und Bacher, PersR 1994, 489, 491, der die Regelung allerdings für verfassungswidrig hält). Aus Rücksicht auf die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) sei die Mitbestimmung in Personalangelegenheiten der Beamten eingeschränkt. Die Mitbestimmung nach § 99 BetrVG werde völlig von derjenigen nach § 76 Abs. 1 BPersVG verdrängt. Zur Vermeidung sinnwidriger Ergebnisse müsse § 99 BetrVG auch dann ausgeschlossen sein, wenn die Personalangelegenheit eines Beamten zwar eine Versetzung i.S. dieser Vorschrift sei, aber nicht die Voraussetzungen der Mitbestimmung nach § 76 Abs. 1 BPersVG erfülle.
Nach einer vermittelnden Meinung (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 99 Rz 84 f.; ausführlich Engels/Mauß-Trebinger, RdA 1997, 217, 236 f.) hat der Betriebsrat in den von § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßten Personalangelegenheiten ausschließlich nach den §§ 28 und 29 PostPersRG und den dort in Bezug genommenen Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes mitzubestimmen. Dagegen sei das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG dann nicht ausgeschlossen, wenn eine Versetzung vorliege, die zwar den Tatbestand dieser Vorschrift erfülle, hingegen nicht auch unter § 76 Abs. 1 BPersVG falle.
2. Der Wortlaut der Regelung gibt keine Auskunft darüber, ob eine Anwendung des § 99 BetrVG in den von § 76 Abs. 1 BPersVG nicht erfaßten Versetzungsfällen in Betracht kommt.
Zu Unrecht beruft sich die Arbeitgeberin (ebenso Engels/Mauß-Trebinger, RdA 1997, 217, 236) insoweit auf § 24 Abs. 1 Post-PersRG. Diese Vorschrift besagt lediglich, daß im Postpersonalrechtsgesetz auch Abweichungen von der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes geregelt sind, gibt jedoch über deren Gegenstand und Reichweite keine Auskunft.
Die §§ 28 und 29 PostPersRG müssen nicht als abschließende Regelungen verstanden werden, um die in § 24 PostPersRG enthaltene Abweichungsklausel mit Sinn zu füllen. In diesen Vorschriften ist für die in § 76 Abs. 1 BPersVG genannten Angelegenheiten der Beamten ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entsprechend § 77 BPersVG vorgesehen, das jeweils aufgrund eines Beschlusses allein der Beamtengruppe im Betriebsrat ausgeübt wird. Bereits hierin liegt eine Abweichung von der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes i.S. des § 24 Abs. 1 PostPersRG, weil das Betriebsverfassungsgesetz ein solches Mitbestimmungsrecht und ein solches Verfahren der Beschlußfassung nicht kennt.
Darüber hinaus ist dem Wortlaut der genannten Vorschriften über das Verhältnis zum Betriebsverfassungsgesetz nichts zu entnehmen. Insbesondere heißt es weder in § 28 Satz 1 noch in § 29 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG, daß der Betriebsrat in den dort genannten Angelegenheiten „nur” nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz zu beteiligen wäre. Nach dem Wortlaut kommt auch eine ergänzende Beteiligung nach dem Betriebsverfassungsgesetz in Betracht. Die Überschrift des § 28 PostPersRG spricht nicht von „den” Angelegenheiten der Beamten, sondern nur von Angelegenheiten. Die in § 28 Satz 1 und § 29 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG verwendete Formulierung „in den Angelegenheiten” ergibt nichts anderes, denn sie ist jeweils auf die in einzelnen Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes genannten Tatbestände bezogen.
3. Systematik und Zweck der Regelung führen indessen zu einer Anwendung des § 99 BetrVG bei denjenigen Versetzungen, die nicht von § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßt werden.
a) Wie der Senat in seinem Beschluß vom 12. August 1997 (– 1 ABR 7/97 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B I 2 c der Gründe) näher ausgeführt hat, schließt das Postpersonalrechtsgesetz, soweit es für die Versetzung eines Beamten ein Mitbestimmungsrecht nach § 76 Abs. 1 BPersVG begründet, die Mitbestimmung nach § 99 BetrVG aus. Aus dem bloßen Schweigen des Gesetzgebers kann nicht gefolgert werden, er habe vorschreiben wollen, daß der Betriebsrat bei derselben Versetzung zweimal nach grundlegend verschiedenen Regeln und mit der Gefahr einander widersprechender Stellungnahmen mitzubestimmen habe.
b) Aus diesen Erwägungen folgt zugleich, daß die §§ 28 und 29 PostPersRG das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG für solche Versetzungen bestehen lassen, die nicht vom Mitbestimmungsrecht nach § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßt werden. Insoweit verbleibt es mangels abweichender Bestimmungen bei der Grundregel des § 24 Abs. 1 PostPersRG, wonach das Betriebsverfassungsgesetz anzuwenden ist (ebenso im Ergebnis Engels/Mauß-Trebinger, RdA 1997, 217, 237).
aa) In derartigen Fällen kann es nicht zur Doppelbefassung des Betriebsrats nach zwei verschiedenen Mitbestimmungsregelungen kommen. Die Vertretung der Belegschaft hat vielmehr, da § 76 Abs. 1 BPersVG nicht anwendbar ist, allein nach § 99 BetrVG mitzubestimmen.
Dieses Mitbestimmungsrecht ist zum Schutz der Belange der übrigen Belegschaft auch geboten, und zwar unabhängig davon, wie das Gesetz die Schutzbedürftigkeit der Interessen des im Einzelfall betroffenen Beamten bewertet. Ein Ausschluß des nach § 99 BetrVG eigentlich bestehenden Mitbestimmungsrechts würde nämlich dazu führen, daß in den meisten Fällen von innerbetrieblichen und außerdem bei kürzeren betriebsübergreifenden Versetzungen entgegen dem Gesetzeszweck jede Form von kollektiver Interessenvertretung entfiele. Selbst die in § 28 Satz 2 PostPersRG vorgesehene Mitberatung ist auf die von § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßten Personalangelegenheiten beschränkt. Ein vollständiger Ausschluß der Arbeitnehmerbeteiligung in Fällen, in denen sonst für privatrechtlich organisierte Unternehmen die Mitbestimmung vorgeschrieben ist, wäre eine Abkehr von bewährten Grundsätzen. Sie wäre dem Gesetzgeber zwar nicht verwehrt, wiegt aber so schwer, daß sie nur angenommen werden könnte, wenn dies im Gesetz klar zum Ausdruck gebracht worden wäre (BAG Beschluß vom 12. Dezember 1995 – 1 ABR 23/95 – AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972 Versetzung, zu B I 1 c bb der Gründe). Dies ist nicht geschehen. Das Postpersonalrechtsgesetz ist im hier interessierenden Bereich ausdrücklich auf die von § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßten Fälle beschränkt, wollte also weitergehende Regelungen des Mitbestimmungsrechts nicht schaffen.
bb) Die Arbeitgeberin meint allerdings (ebenso wie Richardi, NZA 1996, 953, 955), es erscheine unstimmig, wenn nach § 24 Abs. 1 PostPersRG in den vom Gesetzgeber des Bundespersonalvertretungsgesetzes als weniger bedeutsam bewerteten und deshalb vom Mitbestimmungsrecht nach § 76 Abs. 1 BPersVG ausgenommenen Fällen der Versetzung von Beamten das stärkere Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG Platz greife, während es nach den §§ 28 und 29 PostPersRG im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 BPersVG durch das schwächere Mitbestimmungsrecht nach dieser Norm verdrängt werde. Diesem Einwand kommt hier indessen kein entscheidendes Gewicht zu.
Zum einen bewertet er die Unterschiede zu hoch, die zwischen den beiden Beteiligungsverfahren bestehen. So bleibt außer Betracht, daß der Betriebsrat bei einer Versetzung nach § 77 Abs. 2 BPersVG unter den im wesentlichen gleichen Voraussetzungen wie nach § 99 Abs. 2 BetrVG ein Zustimmungsverweigerungsrecht hat. Schwächer ist die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung bei der Versetzung von Beamten nur insoweit, als nach § 29 PostPersRG über die Berechtigung der Zustimmungsverweigerung nach erfolgloser Einschaltung der Einigungsstelle der – als Behörde immerhin an Gesetz und Recht gebundene – Bundesminister für Post und Telekommunikation abschließend entscheidet, während in den Fällen des § 99 BetrVG die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung nur durch ein Gericht für Arbeitssachen ersetzt werden kann.
Vor allem aber beschränkt die Argumentation der Arbeitgeberin die Funktion der Mitbestimmung bei Versetzungen in unzulässiger Weise auf die Interessen der betroffenen Beamten. Aus deren Sicht werden die nicht von § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßten Versetzungsfälle in der Tat oft weniger schwer wiegen als die unter diese Norm fallenden. Anders stellt sich die Interessenlage der Gesamtbelegschaft dar. Diese kann z.B. durch die nicht von § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßten innerbetrieblichen Versetzungen in gleicher Weise oder sogar stärker beeinträchtigt werden als durch betriebsübergreifende Versetzungen. Dem Kollektivinteresse dient aber das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG in erster Linie, wie die dort angeführten Zustimmungsverweigerungsgründe belegen (z.B. GK-BetrVG/Kraft, 5. Aufl., § 99 Rz 6; MünchArbR/Matthes, § 344 Rz 2).
Angesichts dessen kann der Umstand, daß der Gesetzgeber des Postpersonalrechtsgesetzes im Interesse der betroffenen Beamten ein Mitbestimmungsrecht nach § 76 Abs. 1 BPersVG für erforderlich hielt (so die Begründung zu § 27 des Regierungsentwurfs, BR-Drucks. 115/94, S. 102), nicht zu dem Schluß führen, er habe die Interessen der übrigen Belegschaft in den von § 76 Abs. 1 BPersVG nicht erfaßten Versetzungsfällen dem Schutz der Mitbestimmung entziehen wollen. Das Regelungskonzept des Gesetzgebers beschränkte sich vielmehr darauf, wegen der statusbedingten Besonderheiten der Beamten die betriebliche Interessenvertretung in pauschaler Weise durch personalvertretungsrechtliche Elemente zu modifizieren. Dabei unterblieb an den Verbindungsstellen zum Betriebsverfassungsgesetz eine Feinabstimmung, die – möglicherweise durch neuartige Beteiligungsformen – zu einem in sich geschlossenen System des Schutzes aller betroffenen Interessen hätte führen können. Die dadurch bedingten Unstimmigkeiten hat der Gesetzgeber hingenommen; sie lassen sich mit den Mitteln der Auslegung nicht korrigieren.
4. Die von der Arbeitgeberin und im Schrifttum geäußerten verfassungsrechtlichen Erwägungen stehen der oben (3) gefundenen Auslegung nicht entgegen.
a) So ist die Auffassung (so wohl Lorenzen, PersV 1995, 99, 105) unzutreffend, eine Anwendung des § 99 BetrVG auf die Versetzung von Beamten scheitere hier an dem Grundsatz, daß Personalentscheidungen im öffentlichen Dienst vom Staatsvolk demokratisch legitimiert sein müssen. Allerdings hat es das Bundesverfassungsgericht wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, wenn eine Personalvertretung in Personalangelegenheiten des öffentlichen Dienstes ein volles Mitbestimmungsrecht hat, das in eine abschließende Entscheidungsbefugnis der Einigungsstelle mündet (BVerfG Beschluß vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – BVerfGE 93, 37, 66 ff.).
Um ein derartiges Mitbestimmungsrecht geht es aber bei § 99 BetrVG nicht. Vielmehr hat der Betriebsrat lediglich ein auf bestimmte Gründe beschränktes Zustimmungsverweigerungsrecht, bei dessen Ausübung er in vollem Umfang gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Darüber hinaus ist hier zu berücksichtigen, daß ausschließlich solche Beamte betroffen sind, die keine staatlichen Funktionen mehr ausüben, und daß ihr beamtenrechtlicher Status nicht berührt wird (vgl. für Beamte bei der Deutschen Bahn AG Senatsbeschluß vom 12. Dezember 1995 – 1 ABR 23/95 – AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972 Versetzung, zu B I 1 f der Gründe). Mit der Privatisierung der Deutschen Bundespost sind die von den Beamten wahrgenommenen Aufgaben ihres öffentlichen Charakters entkleidet worden („Aufgabenprivatisierung” – dazu Hofmann, ZTR 1996, 493, 494). Dies wird durch die Notwendigkeit der doppelten Fiktion des § 4 Abs. 1 und 2 PostPersRG bestätigt, nach der die Tätigkeit der Beamten als Dienst und die Arbeitgeberin als Verwaltung im beamtenrechtlichen Sinne gelten. Soweit es um die Tätigkeit dieser Beamten geht, läßt Art. 143 b Abs. 3 GG zu, daß die sonst für den öffentlichen Dienst geforderte Kette demokratischer Legitimation unterbrochen wird. Entscheidet schon über die Versetzung eine nicht vom Staatsvolk legitimierte Stelle, nämlich die Arbeitgeberin, so muß auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht aus Rücksicht auf das Erfordernis einer derartigen demokratischen Legitimation eingeschränkt werden.
b) Aus demselben Grund steht es der Anwendung des § 99 BetrVG nicht entgegen (so aber Pielsticker, ZTR 1996, 101, 104; wohl auch Lorenzen, PersV 1995, 99, 105), daß nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) über die Personalangelegenheiten eines Beamten in der Regel allein die ihm vorgesetzten Dienstbehörden befinden und eine abschließende Entscheidung der Einigungsstelle ausgeschlossen ist (BVerfG Urteil vom 27. April 1959 – 2 BvF 2/58 – BVerfGE 9, 268, 287).
c) Weiter scheitert eine Anwendung des § 99 BetrVG entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin (ebenso Lorenzen, PersV 1995, 99, 104; wohl auch Gerhold in Lorenzen/Eckstein, BPersVG, Stand Mai 1997, § 69 Rz 54 u) nicht an dem Gruppenprinzip, welches das Bundespersonalvertretungsgesetz beherrscht und nach dem in Personalangelegenheiten der Beamten das Mitbestimmungsrecht nur durch die Beamtenvertreter in der Personalvertretung ausgeübt wird.
Es ist schon zweifelhaft, ob das Gruppenprinzip überhaupt von Art. 33 Abs. 5 GG gefordert wird. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage bisher ausdrücklich offengelassen (Beschluß vom 19. Dezember 1994 – 2 BvL 8/88 – PersR 1995, 165, 168). Selbst wenn aber eine derartige Gewährleistung bestünde, so wäre sie hier doch ohne Bedeutung. Die Tragweite des Verfassungsgebots, die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu berücksichtigen, ist untrennbar mit der Funktion verbunden, die das Beamtentum innerhalb der öffentlichen Verwaltung erfüllt (BVerfG Beschluß vom 17. Oktober 1957 – 1 BvL 1/57 – BVerfGE 7, 155, 162). Diese Grundsätze beruhen darauf, daß die Beamtentätigkeit nicht nur in der Leistung von Arbeit, sondern in der Wahrnehmung eines öffentlichen Amtes besteht. Da die hier betroffenen Beamten kein öffentliches Amt mehr ausüben, kann eine verfassungsrechtliche Gewährleistung des Gruppenprinzips allenfalls insoweit noch eine Rolle spielen, als mitbestimmungspflichtige Personalmaßnahmen den Status betreffen, der aus der früheren Amtsausübung des Beamten bei der Bundespost herrührt, beispielsweise bei Beförderungen.
Darum geht es hier aber nicht. Das Amt im statusrechtlichen Sinne wird durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und die den Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet (BVerwG Urteil vom 29. April 1982 – 2 C 41.80 – BVerwGE 65, 270, 272). Soweit der Beamtenstatus durch die tatsächliche Ausübung eines „amtsgemäßen Aufgabenbereichs” betroffen ist und daher von Versetzungen berührt werden kann, spielen Versetzungen innerhalb des Unternehmens der Arbeitgeberin keine Rolle mehr. Die Beamten haben diesen Teil ihres Status bereits dadurch verloren, daß sie kein öffentliches Amt mehr ausüben, sondern bei einem privatrechtlich verfaßten Unternehmen beschäftigt sind, dessen Weisungen sie unterliegen (ebenso zur Unternehmensinternen Versetzung von Bahnbeamten Senatsbeschluß vom 12. Dezember 1995 – 1 ABR 23/95 – AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972 Versetzung, zu B I 1 e cc der Gründe).
d) Das Gruppenprinzip schließt hier auch nicht etwa deshalb die Anwendung des § 99 BetrVG aus, weil dies, ohne verfassungsrechtlich geboten zu sein, dem erklärten Willen des Gesetzgebers entspräche. Allerdings soll nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 27 PostPersRG, der mit dem jetzigen § 28 übereinstimmt, die dort vorgesehene ausschließliche Beschlußfassung durch die beamteten Mitglieder des Betriebsrats das Gruppenprinzip wahren (BR-Drs. 115/94, S. 102). Im Widerspruch hierzu hat der Gesetzgeber das Gruppenprinzip aber offensichtlich nicht als ausnahmslos zwingend angesehen. Zum einen können nämlich die dem Betriebsrat angehörigen Beamten nach § 26 Nr. 1 PostPersRG aufgrund einer entsprechenden Vorabstimmung anstatt in Gruppenwahl auch in gemeinsamer Wahl von der gesamten Belegschaft des Betriebs gewählt werden, und zum anderen wird nach § 28 Satz 2 PostPersRG das Mitbestimmungsrecht in Personalangelegenheiten der Beamten nach § 76 Abs. 1 BPersVG dann, wenn dem Betriebsrat keine Beamten angehören, vom Betriebsrat in seiner Gesamtheit ausgeübt. In beiden Fällen werden die Beamten in beamtenspezifischen Angelegenheiten von Personen vertreten, die nicht ausschließlich von ihnen gewählt sind.
Unterschriften
Dieterich, Rost, Wißmann, K.H. Janzen, Giese
Fundstellen