Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit eines Antrages nach § 36 Nr. 3 ZPO
Normenkette
ZPO § 36 Nrn. 3, 6; GVG n.F. § 17a; ArbGG § 48 Abs. 1
Tenor
Die Anträge der Klägerin werden als unzulässig zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Der Beklagte war bis zum 31. Dezember 1991 bei der Klägerin als geschäftsführender Vorstands Vorsitzender beschäftigt. Seitdem erhielt er aufgrund einer individuellen Pensionszusage ein betriebliches Ruhegeld in Höhe von monatlich 8.994,00 DM. Mit Schreiben vom 28. August 1995 widerrief die Klägerin die Pensionszusage gegenüber dem Beklagten zu 1), nachdem sie bereits am 4. Februar 1994 den Beklagten zu 2), den PSV, von dieser Absicht unterrichtet hatte.
Die Klägerin begehrt von beiden Beklagten mit ihrer vor dem Arbeitsgericht Mainz erhobenen Klage die Feststellung, daß der Widerruf der betrieblichen Altersversorgung vom 28. August 1995 gegenüber dem Beklagten zu 1) gerechtfertigt ist.
Die Klägerin und die Beklagte zu 2) beantragen,
das Arbeitsgericht Köln als zuständiges Gericht zu bestimmen.
Die Klägerin beantragt hilfsweise,
den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung an den Bundesgerichtshof zu verweisen mit der Maßgabe, das Landgericht Köln als zuständiges Gericht zu bestimmen.
Der Beklagte zu 1) beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er rügt die Rechtswegzuständigkeit und vertritt die Auffassung, daß darüber vorab zu entscheiden sei.
Entscheidungsgründe
II. Die Anträge sind unzulässig. Der Beklagte zu 1) hat die Zulässigkeit des Rechtswegs gerügt (§ 17 a Abs. 3 GVG). Darüber hat das Arbeitsgericht vorab zu entscheiden. Eine Verweisung des Rechtsstreits an den Bundesgerichtshof kommt nicht in Betracht.
1. Das Gesetz schreibt zwar keine Reihenfolge vor, in der die Prozeßvoraussetzungen zu prüfen sind. § 17 a GVG n.F. bezweckt jedoch, daß über den zulässigen Rechtsweg möglichst früh entschieden wird. Daher ist in aller Regel der Rechtsweg vor der ordentlichen Zuständigkeit zu prüfen (Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl. 1993, § 96 V Nr. 5; MünchKommZPO, 1992, vor § 253 Rz 17).
Unabhängig davon wäre die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts nach § 36 Nr. 3 ZPO vor der Entscheidung über den Rechtsweg nach § 17 a GVG n. F. nicht sinnvoll. Die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts kann sich immer nur auf einen bestimmten Rechtsweg beziehen. Denn die Gerichte der verschiedenen Gerichtsbarkeiten haben nicht notwendig denselben Sitz; die Gerichtsbezirke müssen sich nicht decken. Für den Fall, daß die Gerichtssitze der Gerichte der infrage kommenden Gerichtsbarkeiten identisch sind, kann nichts anderes gelten. Es könnte also in diesem Fall nur das örtlich zuständige Arbeitsgericht bestimmt werden. Würde der Rechtsstreit dann in den ordentlichen Rechtsweg verwiesen, so müßte das örtlich zuständige ordentliche Gericht wiederum nach § 36 Nr. 3 ZPO bestimmt werden, und zwar durch das übergeordnete ordentliche Gericht. Die Bestimmung des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts würde also die Bestimmung des örtlich zuständigen Zivilgerichts nicht entbehrlich machen.
2. Auch mit ihrem Hilfsantrag, den Rechtsstreit an den Bundesgerichtshof zu verweisen, damit dieser das Landgericht Köln als zuständiges Gericht bestimmt, kann die Klägerin keinen Erfolg haben.
Eine derartige Verweisung des Rechtsstreits von einem obersten Gerichtshof des Bundes an einen anderen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Sie wäre auch mit der Gesetzessystematik nicht vereinbar. Seit dem Inkrafttreten der neugefaßten §§ 17 ff. GVG und der §§ 48, 65, 73 Abs. 2 ArbGG n.F. handelt es sich bei der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Arbeitsgerichten und ordentlichen Gerichten um eine Frage des Rechtswegs. Über die Rechtswegzuständigkeit ist regelmäßig im Vorabverfahren nach § 17 a GVG n.F. zu entscheiden. Das heißt, das Bundesarbeitsgericht ist dafür nur dann zuständig, wenn zuvor Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht entschieden haben, letzteres die weitere sofortige Beschwerde zugelassen hat und diese auch eingelegt worden ist. Weiter hat das Bundesarbeitsgericht über die Rechtswegzuständigkeit in entsprechender Anwendung des § 36 Nr. 6 ZPO bei einem negativen Kompetenzkonflikt von Gerichten verschiedener Gerichtsbarkeiten zu entscheiden, wenn es zuerst um die Bestimmung angegangen worden ist (BAGE 44, 246 = AP Nr. 34 zu § 36 ZPO; BAG Beschluß vom 4. Januar 1993 – 5 AS 12/92 – AP Nr. 42 zu § 36 ZPO). Das setzt jedoch voraus, daß sich zuvor zwei Gerichte verschiedener Gerichtsbarkeiten rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
Keiner dieser Fälle liegt hier vor. Das Arbeitsgericht Mainz hat über die Rechtswegzuständigkeit noch nicht entschieden. Ein weiteres Gericht war mit der Sache bisher nicht befaßt. Das Bestimmungsverfahren nach § 36 Nr. 3 ZPO kann nicht dazu führen, daß das Bundesarbeitsgericht über die Rechtswegzuständigkeit in erster und letzter Instanz anstelle der dazu in erster Linie berufenen Instanzgerichte entscheidet.
Unterschriften
Griebeling, Schliemann, Reinecke
Fundstellen