Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretungsbefugnis des Dienststellenleiters in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten nach dem NATO-Truppenstatut
Orientierungssatz
Abs 3 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art 56 Abs 9 ZA-Nato-Truppenstatut will eine sach- und fachgerechte Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens gewährleisten. Dazu weicht die Vertretungsregelung des UP von der Vorschrift des § 7 Satz 2 BPersVG ab, weil nur auf diese Weise den Besonderheiten bei den NATO-Stationierungskräften Rechnung getragen werden kann. Den in der Regel nur für kurze Zeit berufenen Kommandeuren als Leiter einer Dienststelle soll damit die Möglichkeit gegeben werden, sich durch Dritte bei der Ausübung der ihnen übertragenen Arbeitgeberbefugnisse kompetent vertreten zu lassen. Diese Notwendigkeit besteht, weil die Kommandeure wegen des häufigen Wechsels an der Spitze der Einheit in der Regel ohne Dolmetscher mit der Betriebsvertretung nicht kommunizieren können auch nicht über hinreichende Kenntnisse des bundesdeutschen Arbeits- und Personalvertretungsrechts verfügen.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Betriebsvertretung
gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz
vom 23. Juni 1998 - 6 TaBV 13/98 - wird zurückgewiesen.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Vertretungsbefugnis eines Dienststellenleiters der US-Streitkräfte im personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahren.
Antragstellerin ist die für die Dienststelle "86 th CEG", Flugplatz R der US-Luftwaffe gewählte Betriebsvertretung. Die Personalbetreuung und -verwaltung für die Zivilbeschäftigten von dieser und weiteren 17 Dienststellen der US-Luftwaffe in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt im Zivilpersonalbüro R. Das Zivilpersonalbüro R ist personalvertretungsrechtlich der Dienststelle R Central zugeordnet.
In einem Memorandum vom 10. Februar 1997 teilte der Dienststellenleiter der "86 th CEG" der Betriebsvertretung mit, daß er den derzeitigen Leiter des Zivilpersonalbüros gemäß Abs. 3 des Unterzeichnungsprotokolls (UP) zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut zu seiner ständigen Vertretung in Angelegenheiten des BPersVG bevollmächtigt habe. In dem Schreiben heißt es:
"Die oben genannten Stelleninhaber bzw. Personen haben die
Befugnis, Aufgaben des Dienststellenleiters nach dem
Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) in vollem Umfang
wahrzunehmen, insbesondere auch sämtliche Beteiligungsverfahren
gemäß BPersVG im Namen des Dienststellenleiters einzuleiten und
durchzuführen.
Darüberhinaus weise ich ebenfalls darauf hin, daß das Personalbüro
des Flugplatzes R für das Personalwesen der Zivilbeschäftigten der
Dienststelle zuständig ist, und daß dem Leiter des
Zivilpersonalbüros (86 MSS/DPC) sowie dem Leiter der Non-US
Abteilung (86 MSS/DPCN) in Personalangelegenheiten volle
Handlungs- und Unterschriftsbefugnis für den Arbeitgeber erteilt
ist".
Die Betriebsvertretung hat gemeint, der Leiter des Zivilpersonalbüros sei ihrer Dienststelle nicht personalvertretungsrechtlich zugeordnet. Er könne deshalb den Dienststellenleiter in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten nicht vertreten und sei nicht befugt, ihr gegenüber das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren einzuleiten und durchzuführen.
Die Betriebsvertretung hat beantragt
festzustellen, daß der Leiter des Zivilpersonalbüros R - derzeit:
Herr H H - nicht berechtigt ist, gegenüber der Antragstellerin
personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren einzuleiten
und durchzuführen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde der Bundesrepublik Deutschland hat das Landesarbeitsgericht den erstinstanzlichen Beschluß abgeändert und den Antrag zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde erstrebt die Betriebsvertretung die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Bundesrepublik Deutschland beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
B. Die Rechtsbeschwerde der Betriebsvertretung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Leiter des Zivilpersonalbüros R aufgrund einer Bevollmächtigung durch den Dienststellenleiter der "86 th CEG" nach Abs. 3 des UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut gegenüber der Betriebsvertretung berechtigt ist, das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren einzuleiten und durchzuführen.
1. Die Rechte der Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe bestimmen sich nach Art. 56 Abs. 9 des ZA-Nato-Truppenstatuts und dem UP zu Art. 56 Abs. 9 dieses Abkommens. Danach gilt grundsätzlich des BPersVG vom 15. März 1974 nach Maßgabe des Unterzeichnungsprotokolls (vgl. BAG Beschluß vom 9. Februar 1993 - 1 ABR 33/92 - BAGE 72, 211 = AP Nr. 16 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut; BVerfG Beschluß vom 8. Oktober 1996 - 1 BvL 15/91 - AP Nr. 21 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut).
2. Nach dem BPersVG erfolgt die Beteiligung des Personalrats in einem formalisierten Verfahren, das vom Dienststellenleiter betrieben wird. Er hat nach § 69 Abs. 2 BPersVG den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen sowie das Mitbestimmungs- und Mitwirkungsverfahren durchzuführen. An ihn sind auch die Anträge des Personalrats zu richten. Nach § 7 Satz 1 BPersVG handelt für die Dienststelle ihr Leiter. Er kann sich bei Verhinderung durch seinen ständigen Vertreter vertreten lassen (§ 7 Satz 2 BPersVG).
3. Diese Vertretungsregelungen werden durch Abs. 3 UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut erweitert. Abweichend von § 7 Satz 2 BPersVG setzt die Vertretung des Kommandeurs als Leiter einer Dienststelle keinen Verhinderungsfall voraus und verlangt auch nicht, daß sie durch einen ständigen Vertreter erfolgt, der den Dienststellenleiter nach den maßgeblichen Organisationsplänen laufend vertritt und regelmäßig befugt ist, in seiner Vertretung zu zeichnen (BAG Beschluß vom 11. Juli 1990 - 7 ABR 23/89 - AP Nr. 9 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut, zu C II 1 a der Gründe; Altvater/Bacher/Hörter/Peiseler/Sabottig/Schneider/Vohs, BPersVG, 4. Aufl., NATO-Streitkräfte UP a.F. Rn 11 f.). Eine Vertretung des Kommandeurs bei Besprechungen mit der Betriebsvertretung ist danach zulässig, wenn der Vertreter in der Leitung der Dienststelle verantwortlich tätig und zur Verhandlung mit der Betriebsvertretung in gleichem Umfang wie der dienststellenleitende Kommandeur befugt ist. Diese Vertretungsregelung gilt über ihren Wortlaut hinaus nach ihrem Zweck nicht nur für Besprechungen, sondern auch für die Einleitung und Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens (BAG, aaO, zu C II 1 c der Gründe).
4. Entgegen der Auffassung der Betriebsvertretung muß der Vertreter der Dienststelle nicht in der Weise zugeordnet sein, daß er seine Aufgaben dort als Angehöriger der Dienststelle wahrnimmt. Das gibt der Wortlaut der Vertretungsregelung des Abs. 3 UP ZA-Nato-Truppenstatut nicht vor. Vielmehr wird das Tatbestandsmerkmal einer verantwortlichen Tätigkeit in der Leitung einer Dienststelle auch erfüllt, wenn einem dienststellenexternen Vertreter die Arbeitgeberbefugnisse des jeweiligen Dienststellenleiters in allen arbeits- und personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten übertragen sind und er kraft seiner Stellung und seiner vertraglichen Aufgaben diese Befugnisse in der jeweiligen Dienststelle ausübt. Das folgt aus dem Zweck der Vertretungsregelung.
a) Abs. 3 des UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut will eine sach- und fachgerechte Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens gewährleisten. Dazu weicht die Vertretungsregelung des UP von der Vorschrift des § 7 Satz 2 BPersVG ab, weil nur auf diese Weise den Besonderheiten bei den NATO-Stationierungsstreitkräften Rechnung getragen werden kann. Den in der Regel nur für kurze Zeit berufenen Kommandeuren als Leiter einer Dienststelle soll damit die Möglichkeit gegeben werden, sich durch Dritte bei der Ausübung der ihnen übertragenen Arbeitgeberbefugnisse kompetent vertreten zu lassen. Diese Notwendigkeit besteht, weil die Kommandeure wegen des häufigen Wechsels an der Spitze der Einheit in der Regel ohne Dolmetscher mit der Betriebsvertretung nicht kommunizieren können und auch nicht über hinreichende Kenntnisse des bundesdeutschen Arbeits- und Personalvertretungsrechts verfügen (BAG Beschluß vom 11. Juli 1990 aaO, zu C II 1 c aa der Gründe).
b) Darüber hinaus soll auch sichergestellt werden, daß der Betriebsvertretung ein Verhandlungspartner gegenübersteht, dem die jeweiligen Verhältnisse der Dienststelle bekannt sind und der kraft der ihm übertragenen Befugnisse auch in der Lage ist, wie der Arbeitgeber selbst abschließende und verbindliche Entscheidungen zu treffen. Deshalb verlangt Abs. 3 des UP zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut nicht nur eine entsprechende Verhandlungs- und Abschlußvollmacht gegenüber der Betriebsvertretung in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten, sondern auch die Ausübung einer verantwortlichen Tätigkeit in der Leitung der Dienststelle.
c) Zu den Aufgaben eines Dienststellenleiters gehört u.a. die Wahrnehmung von Aufgaben der Personalbetreuung und -verwaltung. Werden diese Aufgaben nicht in der Dienststelle selbst durchgeführt, sondern kraft einer Organisationsentscheidung des Kommandeurs in einer anderen Dienststelle erledigt, kann der mit dieser Aufgabe betraute dienststellenexterne Mitarbeiter in der Leitung der delegierenden Dienststelle jedenfalls dann verantwortlich tätig sein, wenn er diese Aufgaben wie der Arbeitgeber selbst erledigt. Auf diese Weise bleibt gewährleistet, daß er mit den Gegebenheiten der Dienststelle vertraut ist und seine Entscheidungen in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten auch innerhalb der Dienststelle verantwortet.
5. Danach erfüllt der derzeitige Leiter des zentralen Zivilpersonalbüros R die Voraussetzungen, nach denen Abs. 3 UP zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut gegenüber der Betriebsvertretung eine Vertretung des Kommandeurs gestattet. Dem zentralen Zivilpersonalbüro sind kraft einer Organisationsentscheidung des Kommandeurs der "86 th CEG" die dienststellenbezogenen Aufgaben der Personalbetreuung und -verwaltung übertragen, die in der Dienststelle der "86 th CEG" selbst nicht mehr erledigt werden. Der Kommandeur dieser Dienststelle hat dem Leiter des Zivilpersonalbüros auch die Aufgabe übertragen, den Beschäftigten seiner Dienststelle wie ein Arbeitgeber gegenüberzutreten. Das ergibt sich aus der Nr. 3 des Memorandums des Kommandeurs vom 10. Februar 1997, in dem es heißt, daß der Leiter Zivilpersonalbüro in Personalangelegenheiten volle Verhandlungs- und Unterschriftsbefugnis für den Arbeitgeber erhalten hat.
Der Leiter des Zivilpersonalbüros ist zudem bevollmächtigt, mit der Betriebsvertretung wie der Kommandeur selbst zu verhandeln und entsprechende Entscheidungen zu treffen. Das folgt aus der Nr. 2 des Memorandums vom 10. Februar 1997. Danach ist ihm die Befugnis verliehen worden, die Aufgaben des Dienststellenleiters nach dem BPersVG in vollem Umfang wahrzunehmen. Darüber hinaus ist er nach der ausdrücklichen Erklärung des Kommandeurs zur Einleitung und Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens in dessen Namen befugt. Soweit die Betriebsvertretung erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren diese umfassende Bevollmächtigung bezweifelt, handelt es sich um unbeachtliches neues Vorbringen, das zudem substanzlos ist.
Dörner
Schmidt Linsenmaier G. Metzinger
Schiele
Fundstellen
Haufe-Index 611035 |
ZTR 2000, 331 |