Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
1. Der Hauptantrag und der in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu diesem gestellte weitere Hilfsantrag sind allerdings zulässig.
a) Der Hauptantrag bedarf der Auslegung. Er ist darauf gerichtet, der Arbeitgeberin aufzugeben, § 4 BV gegenüber “den Arbeitnehmern des Wahlbetriebs N.I.3 Oldenburg weiterhin anzuwenden”. Der Wahlbetrieb Oldenburg existiert nicht mehr. Es gibt folglich auch keine Arbeitnehmer dieses Betriebs mehr. Der Antrag ist unter diesen Umständen dahin auszulegen, daß der Betriebsrat die Verpflichtung der Arbeitgeberin begehrt, § 4 BV gegenüber denjenigen Arbeitnehmern des Wahlbetriebs Bremen weiter anzuwenden, die bis zum 31. Mai 2002 im Wahlbetrieb N.I.3 Oldenburg beschäftigt waren.
Der Ausdruck “weiterhin anwenden” ist dabei in zeitlicher Hinsicht nicht eindeutig. Der Antrag kann allein auf die Zukunft, d.h. auf die Zeit nach Rechtskraft der begehrten Entscheidung, er kann aber zusätzlich auch auf die schon vergangene Zeit seit September 2000 gerichtet sein. Letzteres ist gewollt. § 4 BV regelt die vergütungsrelevante zeitliche Bewertung bestimmter Arbeitsleistungen der Beschäftigten. Die “Anwendung” der Regelung ist deshalb auch rückwirkend noch möglich. Angesichts dessen kann nicht angenommen werden, daß der Betriebsrat trotz der ungewissen Verfahrensdauer auf die Anwendung von § 4 BV für die Zeit zwischen der Lossagung von dieser Regelung durch die Arbeitgeberin und dem Eintritt der Rechtskraft einer für ihn positiven Entscheidung verzichten wollte. Auch die kurze Zeitspanne zwischen der Lossagung und der Einleitung des vorliegenden Beschlußverfahrens spricht für die Annahme, der Betriebsrat habe nicht für die gesamte Dauer des Verfahrens von einer Anwendung der BV absehen wollen. Bereits der Hauptantrag des Betriebsrats ist deshalb auf eine rückwirkende, “lückenlose” Anwendung des § 4 BV gerichtet.
b) Mit diesem Inhalt ist der Hauptantrag hinreichend bestimmt und auch im übrigen zulässig. Der Betriebsrat besitzt die erforderliche Antragsbefugnis. Ein Anspruch auf Anwendung und Durchführung einer Betriebsvereinbarung kann sich als eigener Anspruch des Betriebsrats aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG oder aus der betreffenden Betriebsvereinbarung selbst ergeben (BAG 24. Februar 1987 – 1 ABR 18/85 – BAGE 54, 191; 13. Oktober 1987 – 1 ABR 51/86 – AP BetrVG 1972 § 77 Auslegung Nr. 2 = EzA BGB § 611 Teilzeitarbeit Nr. 2; 10. November 1987 – 1 ABR 55/86 – BAGE 56, 313; 28. September 1988 – 1 ABR 41/87 – AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 29 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 30; 12. Juni 1996 – 4 ABR 1/95 – AP ArbGG 1979 § 96a Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 96a Nr. 1; 21. August 2001 – 3 ABR 44/00 – BAGE 98, 354). Auf der Betriebsvereinbarung beruhende Ansprüche der einzelnen Arbeitnehmer kann der Betriebsrat allerdings nicht geltend machen. Im Sinne einer solchen Prozeßstandsschaft für die Arbeitnehmer ist der vorliegende Antrag auch nicht zu verstehen.
c) Der in der Rechtsbeschwerdeinstanz erstmals gestellte Hilfsantrag ist ebenfalls zulässig. Zwar ist eine Antragsänderung im Sinne einer Antragserweiterung in der Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich nicht mehr möglich. Sie widerspricht dem auch für das Beschlußverfahren geltenden § 561 Abs. 1 ZPO aF (§ 559 Abs. 1 ZPO nF) (BAG 11. Dezember 2001 – 1 ABR 3/01 – AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 93 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 64; 29. Juli 1982 – 6 ABR 51/79 – BAGE 39, 259 mwN). Der Hilfsantrag des Betriebsrats stellt jedoch keine Antragserweiterung, sondern eine Einschränkung des Hauptantrags dar. Mit ihm hat der Betriebsrat durch die im Hinblick auf die Zusammenführung der Wahlbetriebe Oldenburg und Bremen eingetretene neue betriebsverfassungsrechtliche Lage klargestellt, daß er eine Anwendung von § 4 BV zumindest für den Zeitraum bis zur Zusammenführung begehre. Dieses Begehren ist vom Hauptantrag, wie ausgeführt, ohnehin erfaßt und hat deshalb für die Rechtsbeschwerdeinstanz kein neues, von der bisherigen Antragstellung nicht gedecktes Prüfprogramm eröffnet. Der Hilfsantrag hat lediglich die Ungewißheit beseitigt, ob ggf. über den Hauptantrag, nach Zeitabschnitten getrennt, uneinheitlich entschieden werden kann.
2. Die mit der Rechtsbeschwerde weiterverfolgten Anträge des Betriebsrats sind unbegründet.
a) Es kann dahinstehen, ob dies für die vom Hauptantrag erfaßte Zeit ab dem 1. Juni 2002 schon daraus folgt, daß die BV vom 4. August 1995 mit der Eingliederung des bisherigen Wahlbetriebs Oldenburg in den Wahlbetrieb Bremen ihre normative Geltung verloren hat. Für einen solchen Verlust der normativen Geltung spricht der Umstand, daß eine Betriebsvereinbarung für einen bestimmten Betrieb und seine Belegschaft gilt. Wird dieser Betrieb mit einem anderen Betrieb zusammengeführt und verliert er dabei seine Identität, haben die bis dahin in ihm geltenden Betriebsvereinbarungen kein Regelungsobjekt mehr. Bleibt allerdings die Belegschaft in den Diensten des bisherigen Arbeitgebers und wird lediglich in einen anderen Betrieb des Arbeitgebers übernommen, hat das Bundesarbeitsgericht für die Regelungen eines Sozialplans angenommen, daß diese ihren kollektivrechtlichen Charakter dadurch nicht verlieren. Sie werden mit der Übernahme der Arbeitnehmer in den anderen Betrieb zum Bestandteil der kollektiven Normenordnung dieses Betriebs. Sie ordnen einen Ausschnitt der Arbeitsbedingungen kollektiv für die Gruppe der von dem stillgelegten Betrieb übernommenen Belegschaftsmitglieder und bilden damit eine normative Teilordnung des aufnehmenden Betriebs (BAG 24. März 1981 – 1 AZR 805/78 – BAGE 35, 160) . Ob dies auch für Betriebsvereinbarungen gilt, die nicht die gerade mit einer Betriebsänderung verbundenen Folgen regeln, sondern insbesondere Rechte und Pflichten der Betriebsparteien selbst und nur im Zusammenhang damit Regelungen auch für die fortbestehenden Arbeitsverhältnisse zum Gegenstand haben, braucht nicht entschieden zu werden zum Meinungsstand im Schrifttum vgl. Fitting BetrVG 21. Aufl. § 77 Rn. 163; GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 77 Rn. 377 ff.; DKK-Berg 8. Aufl. § 77 Rn. 48; Bachner NZA 1997, 79, 81). Die BV vom 4. August 1995 ist unabhängig vom Verlust der Betriebsidentiät unwirksam.
b) Die Unwirksamkeit folgt nicht daraus, daß die BV vom 4. August 1995 schon bei der Zusammenführung des Wahlbetriebs Oldenburg mit dem Wahlbetrieb Leer zum 1. Januar 1997 ihre kollektive Geltung verloren hätte. Die BV galt für den damaligen Wahlbetrieb Oldenburg. In diesen wurde der Wahlbetrieb Leer eingegliedert. Wie die Beteiligten in der mündlichen Anhörung vor dem Senat übereinstimmend vorgetragen haben, war Oldenburg der größere Betrieb. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, daß er dabei seine Identität gewahrt hat. Die für ihn geltenden Betriebsvereinbarungen haben deshalb ihre Wirksamkeit behalten und erstreckten sich seit dem 1. Januar 1997 auch auf die Belegschaft des eingegliederten Betriebs Leer.
c) § 4 BV vom 4. August 1995 ist unwirksam wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG.
aa) Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nur dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluß ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zuläßt. Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam (BAG 20. April 1999 – 1 AZR 631/98 – BAGE 91, 244; 24. Januar 1996 – 1 AZR 597/95 – BAGE 82, 89).
(1) Arbeitsbedingungen sind dann durch Tarifvertrag geregelt, wenn über sie ein Tarifvertrag abgeschlossen worden ist und der Betrieb in den räumlichen, betrieblichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags fällt (BAG 9. Dezember 1997 – 1 AZR 319/97 – BAGE 87, 234; 27. Januar 1987 – 1 ABR 66/85 – BAGE 54, 147; Fitting BetrVG 21. Aufl. § 77 Rn. 75). Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG hängt einerseits nicht davon ab, daß der Arbeitgeber tarifgebunden ist (BAG 5. März 1997 – 4 AZR 532/95 – BAGE 85, 208; 24. Januar 1996 – 1 AZR 597/95 – BAGE 82, 89; Fitting aaO § 77 Rn. 78 mwN). Sie wird andererseits auch durch Firmentarifverträge, wie sie die Arbeitgeberin mit der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands in großer Zahl geschlossen hat, erzeugt (GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 77 Rn. 103 mwN, Fitting aaO § 77 Rn. 80 mwN). Die Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisten. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen weder abweichende noch auch nur ergänzende Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung abschließen können (BAG 5. März 1997 – 4 AZR 532/95 – aaO; 24. Februar 1987 – 1 ABR 18/85 – BAGE 54, 191; Richardi BetrVG 8. Aufl. § 77 Rn. 244 mwN, Fitting aaO § 77 Rn. 67). Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie wird nicht nur dann gestört, wenn ein einzelner Arbeitgeber mit dem Betriebsrat von tariflichen Bestimmungen abweichen oder sie ergänzen will, die ein Arbeitgeberverband mit der Gewerkschaft getroffen hat. Sie wird auch dann beeinträchtigt, wenn der selbst tarifschließende Arbeitgeber nunmehr mit dem betrieblichen Vertragspartner andere oder ergänzende Regelungen treffen will. Zweck des § 77 Abs. 3 BetrVG ist nicht die Erhaltung einer in allen Einzelheiten überbetrieblichen Ordnung, sondern die Sicherung des Vorrangs der aktualisierten Tarifautonomie (GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 77 Rn. 103). Unwirksam sind Betriebsvereinbarungen über einen tariflich (üblicherweise) geregelten Gegenstand nicht nur, wenn bei ihrem Zustandekommen entsprechende Tarifverträge bereits bestanden. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 wirkt vielmehr auch dann, wenn entsprechende Tarifbestimmungen erst später in Kraft treten (GK-BetrVG/Kreutz aaO § 77 Rn. 132 mwN, Fitting aaO § 77 Rn. 99).
(2) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG erfaßt dabei nur Betriebsvereinbarungen iSd. § 77 Abs. 4 BetrVG. Die Vorschrift will eine auf den gleichen Gegenstand wie den von Tarifnormen gerichtete betriebliche Normsetzung verhindern. Sie will dagegen nicht auch solche betrieblichen Vereinbarungen unterbinden, denen nicht die gleiche (normative) Wirkungsweise wie dem Tarifvertrag zukommt (GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 77 Rn. 135). Die Sperrwirkung eines Tarifvertrags steht deshalb individualrechtlichen Absprachen und bloßen Regelungsabreden der Betriebsparteien, die gerade nicht normativ auf den Inhalt der Arbeitsverhältnisse wirken, nicht entgegen (BAG 20. April 1999 – 1 ABR 72/98 – BAGE 91, 210; GK-BetrVG/Kreutz aaO § 77 Rn. 135; Fitting BetrVG 21. Aufl. § 77 Rn. 102 mwN). Eine Regelungsabrede begründet nur Rechte und Pflichten der Betriebsparteien untereinander. Sie begründet dagegen keine Rechtsansprüche der Arbeitnehmer auf ein abredegemäßes Verhalten des Arbeitgebers (vgl. Fitting aaO § 77 Rn. 217; ErfK-Hanau/Kania 2. Aufl. § 77 Rn. 26).
bb) § 4 BV ist eine Betriebsvereinbarung iSd. § 77 Abs. 3, Abs. 4 BetrVG und nicht lediglich eine Regelungsabrede ohne Normwirkung.
(1) Allerdings ist § 4 BV Teil einer Vereinbarung “über eine vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit in Not- und Eilfällen (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG)”. Dementsprechend finden sich in den übrigen Bestimmungen der BV ausschließlich Begriffsbestimmungen und Verfahrensregelungen zur Einhaltung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats. Diese Regelungen verhalten sich allein über die betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstellung der Betriebsparteien zueinander. Den Abreden kommt normative Wirkung auf die Arbeitsverhältnisse nicht zu. Auf Grund dieses Zusammenhangs liegt es nicht gänzlich fern, auch in § 4 BV lediglich eine Regelung im Verhältnis der Betriebsparteien zueinander zu sehen. Die gewählte Schriftform steht dem nicht entgegen. Zwar bedürfen Regelungsabreden mangels normativer Wirkung nicht der Schriftform des § 77 Abs. 2 BetrVG, sie können aber auch schriftlich getroffen werden.
(2) Ein Verständnis des § 4 BV als bloße Regelungsabrede würde jedoch dem Willen und den Interessen der Betriebsparteien, die in der Vereinbarung zum Ausdruck kommen, nicht gerecht. Die Überschriften zur BV als ganzer und zu § 5 BV enthalten den Ausdruck “Betriebsvereinbarung”. Schon diese Wortwahl spricht dafür, die damit angesprochenen Regelungen als Betriebsvereinbarung im gebräuchlichen, die Wirkung des § 77 Abs. 4 BetrVG einschließenden Sinne zu verstehen. Es kommt hinzu, daß es ungewöhnlich wäre, wenn die Betriebsparteien zwar unter dieser Überschrift zugunsten der Arbeitnehmer Regelungen zu Vergütungsfragen getroffen, diesen aber eine normative und unmittelbar anspruchsbegründende Wirkung nicht beigegeben hätten. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die betreffenden Regelungen die einzigen sind, denen die mit einer Betriebsvereinbarung verbundene unmittelbare Wirkung auf die Arbeitsverhältnisse zukommen kann. Für eine solche, dem Wortlaut widersprechende Absicht der Betriebsparteien gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zudem haben die Betriebsparteien § 4 BV ersichtlich stets als Regelung mit normativer Wirkung iSv. § 77 Abs. 4 BetrVG verstanden und gehandhabt.
Für ein Verständnis als Betriebsvereinbarung spricht ferner, daß es jedenfalls im Interesse des Betriebsrats lag, mit § 4 BV eine normativ wirkende Regelung zu schaffen. Bei § 4 BV handelt es sich um einen Ausgleich für eine verfahrensrechtliche Erleichterung, die der Betriebsrat der Arbeitgeberin eingeräumt hat. Unter den in § 2 BV näher bestimmten Voraussetzungen darf diese vorübergehende Veränderungen der Dauer der Arbeitszeit ohne seine vorherige Zustimmung anordnen. Für die betroffenen Arbeitnehmer selbst gehen damit zwar nicht notwendig größere Nachteile einher als ohne diese Verfahrensregelung. Es werden in § 4 BV dementsprechend nicht besondere Erschwernisse der Arbeitnehmer, sondern es wird die pauschale Erteilung der Zustimmung des Betriebsrats und der damit verbundene Verzicht auf eine vorherige Kontrolle der Anweisungen der Arbeitgeberin in jedem Einzelfall ausgeglichen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist aber nur bei Begründung eigener Ansprüche der Arbeitnehmer gewährleistet, daß der Ausgleich tatsächlich stattfindet und ggf. auf einfachem Wege durchgesetzt werden kann. Mit der ausschließlichen Begründung eines Anspruchs des Betriebsrats auf Einhaltung der in § 4 BV getroffenen Regelungen wäre dies nicht in derselben effektiven Weise verbunden. Außerdem sollte § 4 BV die Arbeitgeberin nach den Vorstellungen des Betriebsrats davon abhalten, von den ihr in §§ 1 bis 3 BV eingeräumten Befugnissen einen zu extensiven Gebrauch zu machen. Diese Hemmungswirkung wäre ohne die Begründung eigener Ansprüche der Arbeitnehmer weniger stark.
cc) Der Gegenstand von § 4 BV ist tariflich geregelt. Die Regelung sieht eine bestimmte Bewertung der Arbeitszeit in den besonderen Fällen der §§ 1 bis 3 BV vor. Diese Bewertung hat Auswirkungen auf die Höhe der Vergütung der Arbeitnehmer. Damit handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung über Arbeitsentgelt iSv. § 77 Abs. 3 BetrVG. Die Vergütung von Arbeitnehmern, die außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit zu Arbeiten herangezogen werden, ist Gegenstand tariflicher Bestimmungen.
(1) Nach § 15 Abs. 5 Nr. 1a des schon im Jahr 1995 geltenden und, wovon auch die Betriebsparteien ausgehen, weiterhin gültigen Lohntarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG erhält der “Arbeiter, der für weniger als 6 Stunden zu einer Arbeitsleistung herangezogen (wird), die außerhalb des regelmäßigen Arbeitsverlaufs liegt und nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der vorausgehenden oder nachfolgenden Schicht steht (besondere Arbeitsleistung oder Sonderdienstschicht, auch Sonderbereitschaft), … hierfür die tatsächliche Arbeitszeit zuzüglich eines Arbeitszeitzuschlags von 4 Stunden, zusammen aber höchstens 6 Stunden, vergütet”. Nach § 15 Abs. 5 Nr. 1c Lohntarifvertrag werden “Zulagen und Zuschläge, auf die der Arbeiter für die Arbeitsleistung Anspruch hat, … auch für den Arbeitszeitzuschlag gezahlt”. Nach § 15 Abs. 5 Nr. 2 des Lohntarifvertrags wiederum gelten diese Vorschriften unter bestimmten Voraussetzungen nicht.
Damit verhält sich § 4 Abs. 2 Unterabs. 1, Abs. 3 BV jedenfalls für gewerbliche Arbeitnehmer über einen schon 1995 tariflich abschließend geregelten Gegenstand. Darauf, ob die betreffenden Arbeitsleistungen nach vorheriger Zustimmung des Betriebsrats oder ohne diese angeordnet wurden, stellt der Tarifvertrag nicht ab. Die gegenteilige Ansicht des Betriebsrats findet im Text der Bestimmungen keine Grundlage; die tarifliche Regelung gilt für beide Fälle. Soweit der Betriebsrat darauf hingewiesen hat, die Tarifparteien hätten bislang eine Regelung der Mitbestimmung für Not- und Eilfälle gerade nicht zustande gebracht, trifft dies zwar zu. Gegenstand von § 4 BV sind aber nicht Fragen der Mitbestimmung des Betriebsrats und des zu deren Wahrung einzuhaltenden Verfahrens, sondern Regelungen zur Bewertung der Arbeitszeit der Arbeitnehmer, die in Not- oder Eilfällen herangezogen werden. Dies betrifft den Bereich der Vergütung der Arbeitnehmer, der tariflich geregelt ist.
(2) Für die Angestellten der Arbeitgeberin gilt nichts anderes. Auch für sie war die Vergütung von Überstunden in §§ 10, 18a des jedenfalls im August 1995 noch anwendbaren Tarifvertrags für die Angestellten der Deutschen Bundesbahn umfassend geregelt. Für den Arbeitsausfall infolge vorübergehender Betriebsstörungen sah § 26a des Tarifvertrags die Fortzahlung der Vergütung für die ausgefallene Arbeitszeit vor.
Auch der nach 1995 in Kraft getretene “Tarifvertrag zur Regelung einer Jahresarbeitszeit (JazTV)” für die Arbeitnehmer der Arbeitgeberin sieht abschließende Bestimmungen für Gegenstände vor, die in § 4 BV geregelt sind. Nach § 6 Abs. 7 JazTV werden dem Arbeitnehmer “bei Arbeitsausfall infolge vorübergehender Unmöglichkeit der Arbeitsleistungen wegen Betriebsstörungen betriebstechnischer oder wirtschaftlicher Art … das Monatstabellenentgelt sowie die in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen und Zuschläge für die ausgefallene Arbeitszeit fortgezahlt”. Darin liegt eine Regelung über den Gegenstand von § 4 Abs. 1 BV.
Öffnungsklauseln für abweichende oder ergänzende Betriebsvereinbarungen enthalten die Tarifwerke nicht. Soweit die einschlägigen Vorschriften mittlerweile teilweise wieder außer Kraft getreten sein mögen, wird aus ihrer früheren Existenz und entsprechenden Erklärungen der Tarifparteien neueren Datums deutlich, daß die Regelung der Vergütung von vorübergehender Kurz- oder Überarbeit zumindest tarifüblich ist und von den Tarifparteien nicht etwa endgültig aufgegeben wurde.
(3) Welche Bestimmungen für die Vergütung der von der Arbeitgeberin und ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigten Beamten im Fall der Heranziehung in Not- oder Eilfällen gelten, kann dahinstehen. § 4 BV ist zumindest gemäß § 139 BGB iVm. § 77 Abs. 3 BetrVG auch mit Blick auf diesen Personenkreis unwirksam. § 139 BGB ist jedenfalls seinem Rechtsgedanken nach auch auf die Regelungen in einer Betriebsvereinbarung anzuwenden (BAG 25. Januar 2000 – 1 ABR 1/99 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 137 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 106). Unter der Voraussetzung, daß § 4 BV auf die Arbeitnehmer der Arbeitgeberin nicht angewendet werden kann, entfaltet sie auch für Beamte keine Wirkung. Es kann nicht angenommen werden, daß die Betriebsparteien die Regelungen des § 4 BV unverändert auch dann getroffen hätten, wenn sie gewußt hätten, daß allenfalls die Beamten von ihr erfaßt würden. Die Aufrechterhaltung der Ausgleichsregelungen allein für diese Personengruppe kommt nicht in Betracht. Sie stellt keine sinnvolle Teilregelung dar und wäre auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung bedenklich.
dd) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG ist auch nicht deshalb aufgehoben, weil es sich bei § 4 BV um Angelegenheiten der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG handeln würde, für die der Tarifvorrang nach § 77 Abs. 3 BetrVG nicht gilt (vgl. dazu BAG 3. Dezember 1991 – GS 2/90 – BAGE 69, 134; 24. Januar 1996 – 1 AZR 597/95 – BAGE 82, 89). Für die Regelungen in § 4 BV besteht kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Die Festlegung der zeitlichen Bemessungsgrundlage für die Vergütung von Arbeiten, die ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG angeordnet werden, unterfällt weder dem Mitbestimmungsrecht aus dieser Vorschrift noch einem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG begründet keine Annexkompetenz des Betriebsrats für die Vergütung von Überstunden, von zusätzlichen oder von ausgefallenen Schichten; ein Mitbestimmungsrecht über die Fragen der Vergütung von vorübergehend verkürzten oder verlängerten Arbeitszeiten ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (BAG 11. Juli 2000 – 1 AZR 551/99 – BAGE 95, 221 bzgl. der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG; Richardi BetrVG 8. Aufl. § 87 Rn. 372 mwN). Ebensowenig handelt es sich dabei um eine Frage der betrieblichen Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Von dieser werden Regelungen zur absoluten Lohnhöhe nicht erfaßt.
§ 4 BV ist damit insgesamt unwirksam. Ein Anspruch des Betriebsrats auf Anwendung der Regelung rückwirkend für die Zeit ab September 2000 und in Zukunft oder zumindest bis zum 31. Mai 2002 besteht nicht.