Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Wagenmeisters TWB bei der Bahn. Eingruppierung Privatwirtschaft
Orientierungssatz
Ein Wagenmeister in der technischen Wagenbehandlung bei der Bahn, dessen Tätigkeit der Wagenmeisterausbildung entspricht, ist in Entgeltgruppe E 7 des KonzernETV eingruppiert.
Normenkette
BetrVG § 99; ArbGG § 83 Abs. 1; Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (KonzernETV) in der ab 1. Juni 1999 geltenden Fassung §§ 2-3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. November 2002 – 4 TaBV 46/02 – teilweise aufgehoben.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. November 2001 – 19 BV 153/01 – teilweise abgeändert.
Die Zustimmung des Beteiligten zu 2 zur Eingruppierung des Arbeitnehmers C in die Entgeltgruppe 7 des Entgelttarifvertrages für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (KonzernETV) in der ab 1. Juni 1999 geltenden Fassung wird ersetzt.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Arbeitgeberin – Antragstellerin – begehrt noch die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2, des Betriebsrats für den Wahlbetrieb C 4 der Arbeitgeberin in der Niederlassung F…, zur Eingruppierung des Wagenmeisters C… in der Entgeltgruppe E 7 des Entgelttarifvertrages für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (KonzernETV) in der ab 1. Juni 1999 geltenden Fassung.
Im Unternehmen der Arbeitgeberin finden – unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmer – die bei der Deutschen Bahn AG geltenden Tarifverträge kraft einzelvertraglicher Einbeziehung Anwendung.
Bis zum 31. Mai 1999 gehörte zu den Tarifverträgen auch der Entgelttarifvertrag von 1994 für die Arbeitnehmer der DB AG (ETV). Er enthielt ein Entgeltgruppenverzeichnis mit Richtbeispielen. Der ETV wurde zum 1. Juni 1999 durch den Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (KonzernETV) ersetzt. Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale in den Entgeltgruppen entsprechen wortgleich den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen des früheren ETV; die Richtbeispiele sind jedoch entfallen.
Der Arbeitnehmer C, der über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, nahm bei der Arbeitgeberin an einer ca. sechsmonatigen vollzeitigen Ausbildung zum Wagenmeister mit abschließender schriftlicher, praktischer und mündlicher Prüfung teil. Während dieser Zeit war er in die Entgeltgruppe E 6 des KonzernETV eingruppiert. Nach Bestehen der Abschlussprüfung beschäftigte die Arbeitgeberin Herrn C… als Wagenmeister G… in der technischen Wagenbehandlung (TWB) weiter.
Die Arbeitgeberin beantragte mit Schreiben vom 23. November 2000 bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur Übernahme des Arbeitnehmers C als Wagenmeister G… im Cargo Bahnhof F… und die Zustimmung zu dessen Eingruppierung in der Entgeltgruppe E 7 KonzernETV. Der Betriebsrat lehnte mit Beschluss vom 6. Dezember 2000 die Zustimmung zur Eingruppierung ab.
Zwischen den Beteiligten besteht eine Vereinbarung, wonach – von besonders eilbedürftigen Fällen abgesehen – Anträge nach § 99 Abs. 1 BetrVG auf der nächsten turnusmäßigen Sitzung des Betriebsrats behandelt werden können und die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG erst mit dem Tage der regulären Sitzung zu laufen beginnt.
Ein Wagenmeister G… in der technischen Wagenbehandlung hat folgende Aufgaben:
- Er führt an Güterwagen und Güterzügen wagentechnische Untersuchungen durch, um einen betriebssicheren und verkehrstauglichen Zustand festzustellen sowie den Instandhaltungszustand der Wagen zu überwachen und sicherzustellen.
- Er stellt bei der Untersuchung nicht nur offensichtliche Schäden und Mängel fest, sondern achtet auch auf den Zustand einzelner Bauteile, auch in der Lage zueinander, damit Mängel und Schäden frühzeitig erkannt und behoben werden können.
- Er entscheidet auf Grund seiner Feststellungen eigenverantwortlich über die weitere Behandlung der Schadwagen.
- Er führt Kleinst- und Kleinreparaturen – im Rahmen der betrieblichen oder schichtspezifischen Möglichkeiten – durch.
- Bei betriebsgefährlichen Schäden/Mängeln veranlasst er in Absprache mit dem Disponenten das sofortige Aussetzen des Wagens.
- Er führt die zu Revisionen und Fristarbeiten fälligen sowie schadhaft gewordenen Güterwagen und Ladeeinheiten den Instandhaltungsstellen zu.
- Er führt WSU-Tätigkeiten (di. Wagentechnische Sonderuntersuchung) nach besonderem Auftrag aus.
- Er führt, wenn im Einsatzbereich erforderlich, rangiersowie wagendienstliche Tätigkeiten aus.
Die Arbeitgeberin beantragt die gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu der beabsichtigten Eingruppierung. Sie hat ausgeführt, der Arbeitnehmer C übe auf Grund der Ausbildung zum Wagenmeister Tätigkeiten aus, die erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten voraussetzten und daher der Entgeltgruppe E 7 zuzuordnen seien.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Arbeitnehmers C in die Entgeltgruppe E 7 des KonzernETV zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat die Zurückweisung des Antrags beantragt. Er hat geltend gemacht, der Wagenmeister verrichte höherwertige technische Tätigkeiten, die infolge der betrieblichen Ausbildung verrichtet werden könnten. Die Tätigkeit des Wagenmeisters hebe sich außerdem gegenüber der Entgeltgruppe E 7 des KonzernETV durch gesteigerten Arbeitsinhalt ab.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben den Antrag zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Zustimmungsersetzungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Die Zustimmung des Betriebsrats zu der Eingruppierung des Arbeitnehmers C in der Entgeltgruppe E 7 des KonzernETV ist zu ersetzen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Zustimmung des Betriebsrats gelte nicht als ersetzt. Die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG habe zwar mit Schreiben der Arbeitgeberin vom 23. November 2000 begonnen. Der Betriebsrat habe mit seinem Schreiben vom 6. Dezember 2000 trotz Überschreitung der Wochenfrist rechtzeitig reagiert: Auf Grund der wirksam zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung, nach der die Frist zur Zustimmungsverweigerung erst nach der turnusmäßigen Betriebsratssitzung am 6. Dezember 2000 beginnen sollte, sei von der Fristeinhaltung auszugehen, die auch von der Arbeitgeberin nicht gerügt werde.
Die Zustimmung des Betriebsrats sei nicht zu ersetzen. Der Arbeitnehmer C, der eine Tätigkeit als Wagenmeister in der technischen Wagenbehandlung verrichte, erfülle nämlich die tarifvertraglichen Erfordernisse der Entgeltgruppe E 8 KonzernETV. Der Wagenmeister TWB verrichte jedenfalls in der Gesamtheit mit Wagenprüfung, Zugprüfung, technischer Untersuchung, Behebung von Kleinschäden und Kennzeichnung von Schäden nach der KoRiLi 936.0102 und 936.0112 Tätigkeiten, die durch höherwertige technische Aufgaben geprägt seien. Insoweit handele es sich nicht um ein Heraushebungsmerkmal gegenüber niedrigeren Entgeltgruppen. Dem Wagenmeister obliege eine umfassende Sicherheitsüberprüfung, bei der eine Vielzahl von Vorschriften zu beachten seien. Der Wagenmeister sei für die Sicherheit verantwortlich und arbeite unter Zeitdruck, seine Tätigkeit setze eine besondere Ausbildung und Berufserfahrung voraus. Darüber hinaus sei die Ausbildung zum Wagenmeister TWB eine betriebliche Ausbildung, die einer beruflichen Spezialausbildung entspreche. Die Aufgabenstellung sei auf eine Spezialtätigkeit ausgerichtet, die über die Tätigkeiten hinausgehe, wie sie mit einer Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf verrichtet werden könnten und darüber hinaus erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten voraussetze. Die Wagenmeisterausbildung mit 132 Ausbildungstagen entspreche dieser Ausbildung.
II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die von dem Arbeitnehmer C ausgeübte Tätigkeit entspricht den Merkmalen der Entgeltgruppe E 7 und nicht denjenigen der Entgeltgruppe E 8 des KonzernETV. Die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung in der Entgeltgruppe E 7 ist deshalb zu ersetzen.
1. Die Zustimmung des Betriebsrats gilt nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, denn sie wurde form- und fristgerecht verweigert. Gemäß § 99 Abs. 3 BetrVG hat der Betriebsrat die Verweigerung seiner Zustimmung unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen. Diese Voraussetzungen liegen vor.
a) Die Zustimmungsverweigerung erfolgte fristgemäß, nämlich innerhalb der von den Beteiligten in zulässiger Weise einvernehmlich verlängerten Stellungnahmefrist.
aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts besteht zwischen den Beteiligten ein Übereinkommen, wonach – von Eilfällen abgesehen – die Wochenfrist erst am Tage der auf einen Antrag der Arbeitgeberin folgenden regelmäßigen Sitzung des Betriebsrats zu laufen beginnt.
bb) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wonach die Beteiligten die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG wirksam einvernehmlich verlängert haben, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann die Wochenfrist zumindest vor Fristablauf (vgl. 30. Oktober 2003 – 8 ABR 33/02 – mwN) einvernehmlich verlängert werden.
b) Der Betriebsrat hat die Zustimmung auch formgerecht verweigert. Er hat sich schriftlich darauf gestützt, dass die vorgenommene Eingruppierung gegen den KonzernETV verstoße, weil nicht die Entgeltgruppe E 7, sondern die Entgeltgruppe E 8 zutreffend sei. Das ist ausreichend, denn die Zustimmungsverweigerung lässt es als möglich erscheinen, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend aufgezählten Gründe geltend gemacht wird (Senat 17. April 2003 – 8 ABR 24/02 –; BAG 26. Januar 1988 – 1 AZR 531/86 – BAGE 57, 242 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 50 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 58).
2. Der Antrag der Arbeitgeberin, die Zustimmung zur Eingruppierung zu ersetzen, ist begründet, denn die beabsichtigte Eingruppierung des Arbeitnehmers C in der Entgeltgruppe E 7 verstößt nicht gegen den KonzernETV (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG).
a) Eingruppierung ist die Einordnung einzelner Arbeitnehmer in ein kollektives Entgeltschema. Bei diesem Vorgang ist zu klären, welchen Merkmalen der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die jeweilige Tätigkeit entspricht. Das verlangt die Subsumtion eines bestimmten Sachverhalts unter eine vorgegebene Ordnung (Senat 17. April 2003 – 8 ABR 24/02 –; 17. April 2003 – 8 ABR 16/02 –; BAG 27. Juli 1993 – 1 ABR 11/93 – BAGE 74, 10 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 110 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 116). Dieser Vorgang erfolgt im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander. Eine Eingruppierung stellt keine Rechtsgestaltung dar, sondern einen gedanklichen Vorgang. Sie ist ein Akt der Rechtsanwendung und die Kundgabe des hierbei gefundenen Ergebnisses, dass die vom Arbeitnehmer zu verrichtenden Tätigkeiten den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entsprechen und daher der Arbeitnehmer in dieser Gruppe einzuordnen ist. An diesem Akt der Rechtsanwendung ist der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG beteiligt. Bei seinem Mitbestimmungsrecht handelt es sich um ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer Richtigkeitskontrolle (st. Rspr. des BAG: Senat 30. Oktober 2003 – 8 ABR 33/02 –; 17. April 2003 – 8 ABR 24/02 –; 27. Juni 2000 – 1 ABR 29/99 – ZTR 2001, 188).
b) Als kollektives Entgeltschema findet in den Betrieben der Arbeitgeberin unstreitig der KonzernETV Anwendung, unabhängig von der Tarifbindung der betroffenen Arbeitnehmer. Nach § 2 Abs. 1 des KonzernETV erhält der Arbeitnehmer ein Monatstabellenentgelt, das nach Entgeltgruppen (Anlage 2 zum KonzernETV) bemessen wird. Nach § 3 Abs. 1 des KonzernETV richtet sich die Eingruppierung des Arbeitnehmers in einer Entgeltgruppe nach der von ihm ausgeführten und nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und nicht nach seiner Berufsbezeichnung. Werden dem Arbeitnehmer Tätigkeiten übertragen, die verschiedenen Entgeltgruppen zuzuordnen sind, so gilt nach Abs. 2 des § 3 KonzernETV diejenige Entgeltgruppe, die der überwiegenden Tätigkeit entspricht.
§ 3 Abs. 1 KonzernETV lautet:
“Die Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine Entgeltgruppe richtet sich nach der von ihm ausgeführten und nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und nicht nach seiner Berufsbezeichnung. Die Entgeltgruppen und deren Tätigkeitsmerkmale ergeben sich aus dem Entgeltgruppenverzeichnis (Anlage 2).”
Nach der Anlage 2 zum KonzernETV, Entgeltgruppenverzeichnis, sind für die Eingruppierung ua. folgende Bestimmungen maßgebend:
“E 6
Tätigkeiten, die
zu ihrer Ausführung
- eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren voraussetzen oder
- entsprechende Fachkenntnisse und Fertigkeiten verlangen, die durch betriebliche Ausbildung erworben wurden,
oder
- sich gegenüber E 5 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben.
E 7
Tätigkeiten, die
E 8
Tätigkeiten,
die
- durch höherwertige kaufmännische oder technische Aufgaben geprägt sind und
zu ihrer Ausführung
- eine berufliche Spezialausbildung oder
- eine entsprechende betriebliche Ausbildung
erfordern
oder
- sich gegenüber E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben.”
c) Die Richtbeispiele des durch den KonzernETV abgelösten ETV sind nicht mehr heranzuziehen (vgl. ausführlich BAG 30. Oktober 2003 – 8 ABR 33/02 – mwN). Für die Eingruppierung des Arbeitnehmers C können nur noch die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppen E 7 und E 8 des KonzernETV herangezogen werden. Nach der Entgeltgruppe E 8 müssen entweder Tätigkeiten vorliegen, die durch höherwertige kaufmännische oder technische Aufgaben geprägt sind und zu ihrer Ausführung eine berufliche Spezialausbildung oder eine entsprechende betriebliche Ausbildung erfordern (1. Alternative) oder die sich gegenüber der Entgeltgruppe E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben (2. Alternative).
aa) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Arbeitnehmer C verrichte höherwertige technische Aufgaben und verfüge über die nach Entgeltgruppe E 8 vorausgesetzte berufliche Spezialausbildung bzw. zumindest über eine entsprechende betriebliche Ausbildung.
bb) Dies hält der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht stand. Die Ausbildungsvoraussetzungen liegen nicht vor.
Die Tätigkeit des Wagenmeisters G… in der technischen Wagenbehandlung erfordert zu ihrer Ausführung keine berufliche Spezialausbildung oder entsprechende betriebliche Ausbildung. Der Arbeitnehmer C verfügt nicht über eine in Entgeltgruppe E 8 zusätzlich zu einer durch höherwertige kaufmännische oder technische Aufgaben geprägten Tätigkeit erforderliche berufliche Spezialausbildung oder entsprechende betriebliche Ausbildung. Die von ihm abgeschlossene betriebliche Ausbildung zum Wagenmeister G… vermittelte ihm lediglich “über E 6 hinaus erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten” iSv. Entgeltgruppe E 7. Der Senat hat mit Beschluss vom 30. Oktober 2003 (– 8 ABR 33/02 –) entschieden, dass die bei der Arbeitgeberin durchgeführte betriebliche Ausbildung zum Wagenmeister nicht einer “beruflichen Spezialausbildung” in Entgeltgruppe E 8 entspricht. An dem Aufbau der Entgeltgruppen sei erkennbar, dass die jeweils erforderliche Ausbildung (oder entsprechende betriebliche Qualifikation) sich deutlich von derjenigen abheben müsse, die in der nächstniedrigeren Gruppe genannt ist. Das heißt, dass die berufliche Spezialausbildung iSv. Entgeltgruppe E 8 qualitativ höher als die Berufsausbildung mit darüber hinaus erweiterten Fachkenntnissen und Fertigkeiten (E 7) zu bewerten sein muss. An dieser Voraussetzung fehlt es bei der Ausbildung zum Wagenmeister, da der Arbeitnehmer hierdurch lediglich erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten iSv. Entgeltgruppe E 7 erwirbt. Sähe man die Ausbildung zum Wagenmeister in der technischen Wagenbehandlung als eine betriebliche Ausbildung an, die einer beruflichen Spezialausbildung entspricht, so bliebe für das in Entgeltgruppe E 7 genannte Merkmal der über Entgeltgruppe E 6 hinaus erweiterten Fachkenntnisse und Fertigkeiten kein Raum. Die erforderliche Abgrenzung zwischen erweiterten Fachkenntnissen und Fertigkeiten einerseits und der beruflichen Spezialausbildung andererseits könne nur in der Weise vorgenommen werden, dass die “Spezialausbildung” auf der abgeschlossenen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf iSv. Entgeltgruppe E 6 aufbaut. Erforderlich sei zusätzlich, dass sie vertiefende Kenntnisse theoretischer und praktischer Art auf dem betreffenden Gebiet vermittelt. Dies sei beispielsweise bei der Ausbildung zum Handwerks- oder Industriemeister der Fall, nicht jedoch bei der Ausbildung zum Wagenmeister. Dieses Auslegungsergebnis ist auch durch die eingeholten Tarifauskünfte bestätigt worden. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die betriebsinterne Ausbildung/Prüfung als Wagenmeister ist mit einer Industriemeisterausbildung/-prüfung bei der IHK, die wiederum einer Ausbildung/Prüfung zum staatlich geprüften Techniker oder einer gleich gearteten Ausbildung entspricht, nicht gleichzusetzen, sondern deckt nur einen Teilausschnitt der beruflichen Spezialausbildung ab. Damit fehlt es an der in Entgeltgruppe E 8 1. Alternative geforderten Ausbildung.
Der Einwand des Betriebsrats in der Rechtsbeschwerdeerwiderungsschrift, dass mit dieser Rechtsprechung unbeantwortet bliebe, warum die Tarifvertragsparteien im Gegensatz zu den vorherigen präzisen Ausbildungsbezeichnungen in anderen Entgeltgruppen in der Entgeltgruppe E 8 die Industrie- und Handwerkerausbildung nicht ausdrücklich gefordert hätten und unklar bliebe, wie zu verfahren sei, wenn kaufmännische Aufgaben Gegenstand der Tätigkeit seien, verfängt nicht. Die Ausbildung zum Industriemeister bzw. Handwerker ist nicht die einzige, die das Merkmal der beruflichen Spezialausbildung erfüllen kann, gefordert wird – auch nach der Auskunft der Tarifvertragsparteien – nur eine Ausbildung, die hinsichtlich der Breite und Tiefe einer solchen Ausbildung entspricht. Dies haben die Tarifvertragsparteien bei der Wagenmeisterausbildung aber gerade verneint, da sie nur einen Teil der geforderten Kenntnisse abdeckt. Eine entsprechende Breite und Tiefe wäre wohl auch für die kaufmännische Ausbildung erforderlich, die vorliegend jedoch nicht Gegenstand der Beurteilung ist. Die Tatsache, dass der Ausbildungsabschluss eines Meisters nicht ausdrücklich im Tarifvertrag gefordert ist, steht dem Ergebnis der Tarifauskunft nicht entgegen, da auch kaufmännische Tätigkeiten von der Entgeltgruppe E 8 erfasst werden sollten.
cc) Ein Wagenmeister G… in der technischen Wagenbehandlung kann daher die Voraussetzungen der Entgeltgruppe E 8 nur erfüllen, wenn er Tätigkeiten ausübt, die sich gegenüber der Entgeltgruppe E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben (Entgeltgruppe E 8 2. Alternative). Auch dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Senat hat im Beschluss vom 30. Oktober 2003 (– 8 ABR 33/02 –) unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Dezember 1998 (– 10 ABR 56/97 –) ausgeführt, dass der Aufgabenbereich gegenüber dem Normalmaß, also den durchschnittlichen Anforderungen, deutlich erkennbar erweitert sein müsse, damit sich Tätigkeiten – durch gesteigerten Arbeitsinhalt – von denen der niedrigeren Entgeltgruppe abheben sollen. Dies erfordere, dass sich die Tätigkeiten von denjenigen abheben müssen, für die die Wagenmeisterausbildung benötigt werde. Dieses Erfordernis ist nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer als Wagenmeister TWB entsprechend seiner betrieblichen Ausbildung beschäftigt werde. Hieran ist – auch nach erneuter Überprüfung – ebenfalls festzuhalten. Soweit das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 9. Dezember 1998 (– 10 ABR 56/97 – zum Gruppenführer bei der Bahn) festgestellt hat, dass bei der Beurteilung des Merkmals gesteigerter Arbeitsinhalt keine weiteren Kenntnisse und Fertigkeiten vorausgesetzt würden und es darauf ankomme, ob gegenüber den allgemeinen Anforderungen nach der Entgeltgruppe E 7 ein deutlich erweiterter Aufgabenbereich vorliege, der aber auch qualitativer Art sein kann (vgl. II 2b bb aE der Entscheidungsgründe), ist dies hinsichtlich des neuen KonzernETV zu präzisieren.
Der KonzernETV sieht keine Richtbeispiele mehr vor. Der Zehnte Senat konnte im Beschluss vom 9. Dezember 1998 (– 10 ABR 56/97 –) bei der Ermittlung des Bezugspunktes des “gesteigerten Arbeitsinhalts” noch an Richtbeispiele (damals an den Gruppenführer bzw. Werkmeister) des Vorgängerentgelttarifvertrages anknüpfen, um ein gewisses Maß an Konkretheit zu erzielen. Dies ist nach dem Wegfall der Richtbeispiele nun nicht mehr möglich. Die Tarifvertragsparteien haben die Handhabung des Tarifvertrages damit weiter erschwert, denn um den Inhalt des Tätigkeitsmerkmals “gesteigerter Arbeitsinhalt” zu ermitteln, muss das Vergleichsobjekt nun anders als durch den Rückgriff auf Richtbeispiele festgestellt werden. Das Merkmal des gesteigerten Arbeitsinhalts findet sich jeweils in der zweiten Alternative in allen Entgeltgruppen des KonzernETV ab Entgeltgruppe E 4 bis einschließlich Entgeltgruppe E 8. Ab Entgeltgruppe E 4 wird jeweils in der ersten Alternative auf die für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse bzw. den Ausbildungsabschluss abgestellt und in der zweiten Alternative als Heraushebungsmerkmal ein Abheben von der niedrigeren Entgeltgruppe durch “gesteigerten Arbeitsinhalt” gefordert. Das Vergleichsobjekt lässt sich nur auf Grund der Merkmale der niedrigeren Entgeltgruppe feststellen. Da aber die Tätigkeitsbeschreibung immer an die erforderlichen Kenntnisse anknüpft (bis auf eine Ausnahme in Entgeltgruppe E 3), kommt als Bezugspunkt für den Vergleich, dh. die Feststellung der Steigerung des Arbeitsinhalts, in der Regel nur eine Tätigkeit in Betracht, die ihrerseits einen bestimmten Kenntnisstand erfordert. Wenn der Aufgabenbereich quantitativ und qualitativ über den Aufgabenbereich der Tätigkeit hinausgeht, die auf Grund einer bestimmten Ausbildung oder bestimmter erworbener Fachkenntnisse und Fertigkeiten verrichtet werden kann, kann jeweils die zweite Alternative der Entgeltgruppe E 4 bis E 8 erfüllt sein. Beispielsweise vermittelt eine bestimmte Berufsausbildung bestimmte handwerkliche Fähigkeiten. Kommt eine beaufsichtigende oder Vorgesetztenfunktion hinzu, kann der Aufgabenbereich quantitativ den Bereich der an sich mit der Ausbildung zu verrichtenden Tätigkeit übersteigen. Möglich ist es auch, dass jemand neben der Tätigkeit, die seinem Ausbildungsberuf entspricht, weitere Tätigkeiten verrichten muss, die an sich nicht seiner Ausbildung entsprechen (zB Durchführung von Elektroarbeiten neben Schlosserarbeiten). Auch dann kann ein deutlich erweiterter Aufgabenbereich vorliegen. Ein gesteigerter Arbeitsinhalt kann vereinzelt auch aus qualitativen Umständen resultieren. Welche Qualitätsmerkmale dabei eine Rolle spielen können, haben die Tarifvertragsparteien wiederum nicht festgelegt. Aus tarifsystematischen Gründen müssen aber entgegen der Auffassung des Betriebsrats alle Kriterien ausscheiden, die bereits zu den Fertigkeiten und Kenntnissen iSd. der ersten Alternative der Entgeltgruppen E 4 – E 8 gehören, denn diese Kriterien können nicht doppelt berücksichtigt werden. Hierzu zählen zum Beispiel auch die Fähigkeiten, unter Zeitdruck und besonders gründlich arbeiten zu können, da es sich dabei um Fähigkeiten handelt, die zu den “Fertigkeiten”, dh. zu den persönlichen Merkmalen, gehören.
Unstreitig verrichtet der Arbeitnehmer C keine Tätigkeiten, die quantitativ über die Tätigkeit eines Wagenmeisters (E 7) hinausgehen. Es fehlt aber auch an qualitativ gesteigerten Tätigkeiten. Der Betriebsrat verweist insoweit auf die besondere Verantwortung des Wagenmeisters für die Sicherheit des Zugverkehrs. Dass Wagenmeister für die Betriebstauglichkeit und Verkehrssicherheit der Wagen und der Ladungen verantwortlich sind, führt jedoch nicht zu einer doppelten Steigerung des Arbeitsinhalts gegenüber der Entgeltgruppe E 6. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Verantwortung die mit einer bestimmten Stellung oder Aufgabe verbundene Verantwortung, dh. die Verpflichtung, der jeweiligen Stellung oder Aufgabe entsprechend dafür zu sorgen, dass innerhalb eines bestimmten Rahmens oder Lebensbereiches alles einen guten, sachgerechten und geordneten Verlauf nimmt. In diesem allgemeinen Sinne ist unter Verantwortung im Sinne des Tarifmerkmals die Verpflichtung des Arbeitnehmers zu verstehen, allein dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihm übertragenen Dienst- oder Arbeitsbereich die dort zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden (BAG 12. Juni 1996 – 4 AZR 1056/94 –). In diesem Sinne ist jeder Arbeitnehmer für seinen Arbeitsbereich verantwortlich. Auch die Facharbeiter, die in Entgeltgruppe E 6 eingruppiert sind, sind – wie jeder Arbeitnehmer – für ihr handwerkliches Arbeitsergebnis verantwortlich.
Der Betriebsrat setzt die Verantwortung des Wagenmeisters im Weiteren in Bezug auf die möglichen Gefahren, die von einer unsachgemäßen Erledigung seiner Aufgaben ausgehen können. Das entspricht im tariflichen Sprachgebrauch der besonderen “Bedeutung” der Tätigkeit (vgl. zum Beispiel das Tarifmerkmal der besonderen Bedeutung im Eingruppierungsrecht des BAT, die auch aus den möglichen Auswirkungen auf Dritte bzw. die Allgemeinheit abgeleitet werden kann – BAG 21. Juni 2000 – 4 AZR 389/99 – ZTR 2001, 125). Ein besonderes Gefährdungspotential kann aber von vielen Tätigkeiten in technischen Arbeitsbereichen der Arbeitgeberin ausgehen, ohne dass dies von den Tarifvertragsparteien eingruppierungsrechtlich bewertet worden ist. Eine Steigerung des Arbeitsinhalts kann deshalb nicht mit dem – gesteigerten – Gefahrenpotential begründet werden, wenn dies nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Beispielsweise wird der Lokomotivführer im Rangierdienst, dessen Tätigkeit ebenfalls große Auswirkungen auf die Allgemeinheit haben kann, nach der einvernehmlichen Erklärung der Tarifvertragsparteien vom 18. März 1999 ebenfalls nur mit Entgeltgruppe E 7 bewertet. Auch eine Rangierarbeitertätigkeit ist nicht bereits wegen des Gefährdungspotentials höher zu bewerten. Eine besondere Bedeutung der Tätigkeit lässt sich deshalb auch nicht aus der Notwendigkeit von Prognoseentscheidungen ableiten. Der Betriebsrat meint insoweit ebenfalls die Beurteilung des Gefährdungspotentials eines beschädigten Wagens, weil dem Wagenmeister die Entscheidung darüber obliegt, ob dieser aus dem Verkehr zu ziehen ist. Die Beurteilung der Verkehrssicherheit ist aber gerade Aufgabe des Wagenmeisters, zu der ihn seine Ausbildung befähigt.
Bei der Tätigkeit des Wagenmeisters handelt es sich im Wesentlichen um eine Prüf- und eingeschränkt um eine Reparaturtätigkeit. Zur Prüftätigkeit gehört auch die Entscheidung, ob eine Sofortreparatur nötig ist, ob eine Reparatur durch die Facharbeiter nötig ist und ob der Wagen, die Ladeeinheit und Ladung aus dem Verkehr zu ziehen ist. Prägend für die Tätigkeit ist in jedem Fall die Prüftätigkeit. Seine Tätigkeiten kann der Wagenmeister genau auf Grund der Wagenmeisterausbildung, die ihm gegenüber den Merkmalen der Entgeltgruppe E 6 erweiterte Fachkenntnisse verschaffte (so.), verrichten. Weitere Steigerungen bezüglich des Aufgabenbereichs, die nicht völlig unerheblich sein dürfen, aber auch nicht beträchtlich oder gar prägend sein müssen (vgl. BAG 9. Dezember 1998 – 10 ABR 56/97 –), sind nicht ersichtlich. Der Wagenmeister verrichtet weder ausbildungsfremde Aufgaben noch hat er eine Vorgesetzten- oder beaufsichtigende Funktion.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Begriff “gesteigerter Arbeitsinhalt” um ein Heraushebungsmerkmal handelt. Bei Heraushebungsmerkmalen müssen – auch im Beschlussverfahren (§ 83 Abs. 1 Satz 2 ArbGG) – die Tatsachen dargelegt werden, die einen wertenden Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten ermöglichen (für das Urteilsverfahren BAG 16. Oktober 2002 – 4 AZR 579/01 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 294 mwN). Zwar hat das Gericht (BAG 17. April 2003 – 8 ABR 24/02 –) nach § 83 Abs. 1 ArbGG den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären; die am Verfahren Beteiligten haben jedoch an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Das bedeutet zunächst, dass in einem Eingruppierungszustimmungsersetzungsverfahren der antragstellende Arbeitgeber die Tatsachen vorzutragen hat, aus denen er sein mit dem Antrag verfolgtes Begehren herleitet. Die Pflicht, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, trifft aber alle Beteiligten des Verfahrens. Der Arbeitgeber hat deshalb im Einzelnen die Tätigkeit des einzugruppierenden Arbeitnehmers aus seiner Sicht zunächst darzulegen und auszuführen, dass und warum es sich um eine in einem bestimmten Sinn zu bewertende Tätigkeit handele. Wenn der Betriebsrat der Auffassung ist, dass eine höhere Entgeltgruppe gerechtfertigt ist, ist es seine Sache, im Rahmen einer auch im Beschlussverfahren geltenden abgestuften Mitwirkungspflicht darzulegen, dass und warum höherwertige Tätigkeiten vorliegen. Dies gilt auch für das Tätigkeitsmerkmal des gesteigerten Arbeitsinhalts, das die Arbeitgeberin hier in Abrede gestellt hat. Weitere Umstände als die oben genannten, die einen wertenden Vergleich zulassen, hat der Betriebsrat aber nicht dargelegt. Sie sind bei der Tätigkeit des Wagenmeisters auch nicht ersichtlich.
Unterschriften
Hauck, Dr. Wittek, Laux, Dr. Haible, Ma. Schallmeyer
Fundstellen
NZA 2005, 320 |
ZTR 2004, 582 |
NJOZ 2005, 1008 |