Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Wagenmeisters TWB bei der Bahn. Parallelsache 30. Oktober 2003 – 8 ABR 47/02 –. Eingruppierung eines Wagenmeisters im Bereich der technischen Wagenbehandlung (TWB) nach Wegfall des Richtlinienbeispielkatalogs. Eingruppierung Privatwirtschaft
Orientierungssatz
- Der Konzernentgelttarifvertrag des DB Konzerns, gültig ab 1. Juni 1999, hat den Entgelttarifvertrag der DB AG abgelöst. Damit können die Richtbeispiele des Entgeltgruppenverzeichnisses des Entgelttarifvertrages DB AG keine Anwendung mehr finden.
- Ein Wagenmeister in der technischen Wagenbehandlung (TWB) kann die Voraussetzungen der Entgeltgruppe E 8 nur erfüllen, wenn er Tätigkeiten ausübt, die sich gegenüber der Entgeltgruppe E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer als Wagenmeister TWB lediglich seiner betrieblichen Ausbildung entsprechend beschäftigt wird.
Normenkette
Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (KonzernETV) in der ab 1. Juni 1999 geltenden Fassung §§ 2-3; Entgeltgruppenverzeichnis
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2002 – 9 TaBV 60/01 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
I. Die Arbeitgeberin – Antragstellerin und Beteiligte zu 1. – begehrt die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2., des Betriebsrats für den Wahlbetrieb C 3 der Arbeitgeberin in der Niederlassung D…, zur Eingruppierung des Wagenmeisters D… in der Entgeltgruppe E 7 des Entgelttarifvertrages für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (KonzernETV) in der ab 1. Juni 1999 geltenden Fassung.
Im Unternehmen der Arbeitgeberin finden – unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmer – die bei der Deutschen Bahn AG geltenden Tarifverträge kraft einzelvertraglicher Einbeziehung Anwendung.
Bis zum 31. Mai 1999 gehörte zu den in Bezug genommenen Tarifverträgen auch der Entgelttarifvertrag von 1994 für die Arbeitnehmer der DB AG (ETV). Er enthielt ein Entgeltgruppenverzeichnis mit Richtbeispielen. Als Richtbeispiele zur Entgeltgruppe E 8 wurden ua. “Fahrmeister/in” und “Werkmeister/in” genannt. Unter der Geltung des ETV stimmten die Beteiligten in der Auffassung überein, dass die Tätigkeit eines Wagenmeisters der eines Werkmeisters gleichgestellt und daher nach der Entgeltgruppe E 8 zu bewerten sei.
Der ETV wurde zum 1. Juni 1999 durch den Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (KonzernETV) ersetzt. Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale in den Entgeltgruppen entsprechen wortgleich den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen des früheren ETV; die Richtbeispiele sind jedoch entfallen.
Am 18. März 1999 gaben die Tarifvertragsparteien zum Inkrafttreten des KonzernETV eine einvernehmliche Erklärung ab. Dort heißt es ua.:
“Da im KonzernETV keine Richtbeispiele vereinbart sind, gilt folgendes:
- Solange der Arbeitnehmer die Tätigkeit verrichtet, nach der sich seine Eingruppierung gemäß den Bestimmungen des ETV/ErsteingruppierungsTV am 31. Mai 1999 gerichtet hat, ändert sich diese Entgeltgruppe aufgrund des Inkrafttretens des KonzernETV nicht.
- Ist gegenüber einem Arbeitnehmer, der am 31. Mai 1999 in eine Entgeltgruppe gemäß den Bestimmungen des ETV eingruppiert ist, vor dem 01. Juni 1999 eine Änderungskündigung zum Zwecke der Herabgruppierung ausgesprochen, wird diese Änderungskündigung wirksam; ist mit einem Arbeitnehmer vor dem 01. Juni 1999 ein Änderungsvertrag zum Zwecke der Herabgruppierung geschlossen, gilt dies entsprechend.”
Der Arbeitnehmer D…, der über eine dreieinhalbjährige abgeschlossene Ausbildung zum Industriemechaniker verfügt, war bei der Arbeitgeberin zunächst als Facharbeiter beschäftigt und in der Entgeltgruppe E 6 eingruppiert. Anschließend nahm er an einer ca. sechsmonatigen vollzeitigen Ausbildung zum Wagenmeister mit abschließender schriftlicher, praktischer und mündlicher Prüfung teil. Nach Bestehen der Abschlussprüfung wurde er an den Bahnhof O… versetzt, wo er die Funktion des Wagenmeisters G… (di. Wagenmeister im Güterverkehr) in der technischen Wagenbehandlung ausübte.
Ein Wagenmeister G… in der technischen Wagenbehandlung hat folgende Aufgaben:
- Er führt an Güterwagen und Güterzügen wagentechnische Untersuchungen durch, um einen betriebssicheren und verkehrstauglichen Zustand festzustellen sowie den Instandhaltungszustand der Wagen zu überwachen und sicherzustellen.
- Er stellt bei der Untersuchung nicht nur offensichtliche Schäden und Mängel fest, sondern achtet auch auf den Zustand einzelner Bauteile, auch in der Lage zueinander, damit Mängel und Schäden frühzeitig erkannt und behoben werden können.
- Er entscheidet auf Grund seiner Feststellungen eigenverantwortlich über die weitere Behandlung der Schadwagen.
- Er führt Kleinst- und Kleinreparaturen – im Rahmen der betrieblichen oder schichtspezifischen Möglichkeiten – durch.
- Bei betriebsgefährlichen Schäden/Mängeln veranlasst er in Absprache mit dem Disponenten das sofortige Aussetzen des Wagens.
- Er führt die zu Revisionen und Fristarbeiten fälligen sowie schadhaft gewordenen Güterwagen und Ladeeinheiten den Instandhaltungsstellen zu.
- Er führt WSU-Tätigkeiten (di. Wagentechnische Sonderuntersuchung) nach besonderem Auftrag aus.
- Er führt, wenn im Einsatzbereich erforderlich, rangier- sowie wagendienstliche Tätigkeiten aus.
Die Arbeitgeberin beantragte mit Schreiben vom 10. Januar 2001 bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers D… von seinem bisherigen Arbeitsplatz als Schlosser innerhalb der Wagenservicestelle D… des DB Cargo- Bahnhofs O… auf den Arbeitsplatz als Wagenmeister G… beim gleichen Bahnhof. Zugleich beantragte sie die Zustimmung zur Eingruppierung in der Entgeltgruppe E 7 KonzernETV. Der Betriebsrat lehnte mit Beschluss vom 17. Januar 2001 die Zustimmung zur Eingruppierung ab, stimmte aber der Versetzung zu. Mit einem dem Betriebsrat am 25. Januar 2001 zugegangenen Schreiben reichte die Arbeitgeberin die verlangte Arbeitsplatzbeschreibung nach und verlangte erneut die Zustimmung zur Eingruppierung in der Entgeltgruppe E 7 KonzernETV. Mit Schreiben vom 2. Februar 2001 verweigerte der Betriebsrat erneut seine Zustimmung und führte dazu aus, im Bereich der Niederlassung D… seien nur Arbeitsplätze der technischen Wagenbehandlung vorhanden. Für diese sehe der KonzernETV die Eingruppierung mindestens nach Entgeltgruppe E 8 vor.
Zwischen den Beteiligten besteht eine Vereinbarung, wonach von besonders eilbedürftigen Fällen abgesehen Anträge nach § 99 Abs. 1 BetrVG auf der nächsten turnusmäßigen Sitzung des Betriebsrats behandelt werden können und die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG erst mit dem Tage der regulären Sitzung zu laufen beginnt.
Mit dem am 19. Februar 2001 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin die gerichtliche Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Betriebsrats begehrt.
Die Arbeitgeberin hat ausgeführt, der Arbeitnehmer D… übe auf Grund der Ausbildung zum Wagenmeister Tätigkeiten aus, die erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten voraussetzten und daher der Entgeltgruppe E 7 zuzuordnen seien.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Arbeitnehmers D… in die Entgeltgruppe E 7 des KonzernETV zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er hat geltend gemacht, das Berufsbild des Wagenmeisters sei mit dem des Werkmeisters vergleichbar. Die Richtbeispiele hätten ihre Gültigkeit nicht verloren, da sich an den Tätigkeiten nichts geändert habe. Die Tätigkeit des Wagenmeisters hebe sich außerdem gegenüber der Entgeltgruppe E 7 des KonzernETV durch gesteigerten Arbeitsinhalt ab. Im Gegensatz zu den in den Entgeltgruppen E 6 und E 7 eingruppierten Arbeitnehmern handelten die in Entgeltgruppe E 8 eingruppierten Mitarbeiter selbständig und in eigener Verantwortung. Schon aus der Stellenbeschreibung ergebe sich, dass die Tätigkeit durch höherwertige technische Aufgaben geprägt sei.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht nach Einholung von Tarifauskünften die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung ersetzt. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.
Entscheidungsgründe
II. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hat keinen Erfolg.
1. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Zustimmung des Betriebsrats gelte nicht als ersetzt. Die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG habe am 25. Januar 2001 als dem Tag des Zugangs der vollständigen Information begonnen. Der Betriebsrat habe mit seinem Schreiben vom 2. Februar 2001 trotz Überschreitung der Wochenfrist rechtzeitig reagiert: Auf Grund der wirksam zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung, nach der die Frist zur Zustimmungsverweigerung erst nach der turnusmäßigen Betriebsratssitzung beginnen sollte, sei von der Fristeinhaltung auszugehen, die auch von der Arbeitgeberin nicht gerügt werde.
Die Zustimmung des Betriebsrats sei zu ersetzen. Bei der Prüfung, in welcher Entgeltgruppe der Arbeitnehmer eingruppiert sei, könne nicht auf die Richtbeispiele des alten ETV zurückgegriffen werden. Mit Abschluss des KonzernETV hätten die Tarifvertragsparteien eine Abkehr von den seinerzeit im ETV vereinbarten Richtbeispielen vorgenommen, was auch in der Vereinbarung vom 18. März 1999 zum Ausdruck komme. Der Arbeitnehmer D… erfülle nicht die tarifvertraglichen Erfordernisse der Entgeltgruppe E 8 KonzernETV. Er verfüge nicht über eine betriebliche Ausbildung, die einer beruflichen Spezialausbildung entspreche, denn hierbei handele es sich nach Auskunft der Tarifvertragsparteien um eine Weiterbildung, an deren Ende der erfolgreiche Abschluss einer Ausbildung zum Industriemeister bei der Industrie- und Handelskammer stehe. Die betriebsinterne Ablegung der Prüfung als Wagenmeister decke nur einen Teilausschnitt der beruflichen Spezialausbildung ab. Auch hebe sich die Tätigkeit des Wagenmeisters G… nicht durch gesteigerten Arbeitsinhalt von den in Entgeltgruppe E 7 geregelten Tätigkeiten ab. Als ausgebildeter Industriemechaniker verfüge der Arbeitnehmer D… über die Qualifikationsvoraussetzungen der Entgeltgruppe E 6. Mit Ablegung der Prüfung als Wagenmeister G… habe er Kenntnisse und Fertigkeiten erworben, die ihn befähigten, Tätigkeiten zu verrichten, die über die Entgeltgruppe E 6 hinaus derartige Qualifikationen erforderten. Dies stimme auch mit der von den Beteiligten übereinstimmend dargelegten Tätigkeitsbeschreibung eines Wagenmeisters G… überein. Es sei nicht ersichtlich, dass sich diese Tätigkeit durch gesteigerten Arbeitsinhalt im Sinne der Entgeltgruppe E 8 noch davon abhebe.
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die von dem Arbeitnehmer D… ausgeübte Tätigkeit den Merkmalen der Entgeltgruppe E 7 und nicht denjenigen der Entgeltgruppe E 8 des KonzernETV entspricht. Es hat deshalb die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung in der Entgeltgruppe E 7 zu Recht ersetzt.
a) Die Zustimmung des Betriebsrats gilt nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, denn sie wurde form- und fristgerecht verweigert. Gemäß § 99 Abs. 3 BetrVG hat der Betriebsrat die Verweigerung seiner Zustimmung unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen. Diese Voraussetzungen liegen vor.
aa) Die Zustimmungsverweigerung erfolgte fristgemäß, nämlich innerhalb der von den Beteiligten in zulässiger Weise einvernehmlich verlängerten Stellungnahmefrist.
(1) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts besteht zwischen den Beteiligten ein Übereinkommen, wonach – von Eilfällen abgesehen – die Wochenfrist erst am Tage der auf einen Antrag der Arbeitgeberin folgenden regelmäßigen Sitzung des Betriebsrats zu laufen beginnt. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, wann diese Sitzung stattgefunden hat, ist jedoch davon ausgegangen, dass die auf diese Weise verlängerte Frist eingehalten wurde, zumal sich die Arbeitgeberin nicht auf den Fristablauf berufen habe.
(2) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wonach die Beteiligten die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG wirksam einvernehmlich verlängert haben, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (17. Mai 1983 – 1 ABR 5/80 – BAGE 42, 386 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 18 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 36; vgl. auch Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt BetrVG § 99 Rn. 216 mwN) kann die Wochenfrist einvernehmlich verlängert werden. Streitig ist dies zwar im Falle einer Verlängerung erst nach Fristablauf (LAG Berlin 22. September 1986 – 9 TaBV 5/86 – LAGE BetrVG 1972 § 99 Nr. 11; Fitting/Kaiser/ Heither/Engels/Schmidt BetrVG § 99 Rn. 216; GK-BetrVG/Kraft § 99 Rn. 112). Vorliegend bestand die Vereinbarung der Beteiligten jedoch schon vor dem Eintritt des hier zu entscheidenden Mitbestimmungssachverhalts.
(3) Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist zwar nicht zu entnehmen, wann der Betriebsrat seine erste turnusmäßige Sitzung nach dem am 25. Januar 2001 erfolgten Zugang des Schreibens der Arbeitgeberin abhielt. In der mündlichen Anhörung durch den Senat haben die Beteiligten jedoch unstreitig gestellt, dass die Sitzung des Betriebsrats innerhalb einer Woche vor Zugang der Zustimmungsverweigerung am 2. Februar 2001 stattfand und der Widerspruch damit rechtzeitig erfolgt ist.
bb) Der Betriebsrat hat die Zustimmung auch formgerecht verweigert. Er hat sich schriftlich darauf gestützt, dass die vorgenommene Eingruppierung gegen den KonzernETV verstoße, weil nicht die Entgeltgruppe E 7, sondern die Entgeltgruppe E 8 zutreffend sei. Das ist ausreichend, denn die Zustimmungsverweigerung lässt es als möglich erscheinen, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend aufgezählten Gründe geltend gemacht wird (Senat 17. April 2003 – 8 ABR 24/02 –; 17. April 2003 – 8 ABR 16/02 –; BAG 26. Januar 1988 – 1 AZR 531/86 – BAGE 57, 242 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 50 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 58).
b) Der Antrag der Arbeitgeberin, die Zustimmung zur Eingruppierung zu ersetzen, ist begründet, denn die beabsichtigte Eingruppierung des Arbeitnehmers D… in der Entgeltgruppe E 7 verstößt nicht gegen den KonzernETV (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG).
aa) Eingruppierung ist die Einordnung einzelner Arbeitnehmer in ein kollektives Entgeltschema. Bei diesem Vorgang ist zu klären, welchen Merkmalen der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die jeweilige Tätigkeit entspricht. Das verlangt die Subsumtion eines bestimmten Sachverhalts unter eine vorgegebene Ordnung (Senat 17. April 2003 – 8 ABR 24/02 –; 17. April 2003 – 8 ABR 16/02 –; BAG 27. Juli 1993 – 1 ABR 11/93 – BAGE 74, 10 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 110 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 116). Dieser Vorgang erfolgt im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander. Eine Eingruppierung stellt keine Rechtsgestaltung dar, sondern einen gedanklichen Vorgang. Sie ist ein Akt der Rechtsanwendung und die Kundgabe des hierbei gefundenen Ergebnisses, dass die vom Arbeitnehmer zu verrichtenden Tätigkeiten den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entsprechen und daher der Arbeitnehmer in dieser Gruppe einzuordnen ist. An diesem Akt der Rechtsanwendung ist der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG beteiligt. Bei seinem Mitbestimmungsrecht handelt es sich um ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer Richtigkeitskontrolle (st. Rspr. des BAG: Senat 17. April 2003 – 8 ABR 24/02 –; 17. April 2003 – 8 ABR 16/02 –; BAG 27. Juni 2000 – 1 ABR 29/99 – ZTR 2001, 188; 20. Dezember 1988 – 1 ABR 68/87 – BAGE 60, 330 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 62 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 70; 20. März 1990 – 1 ABR 20/89 – BAGE 64, 254 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 79 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 87).
bb) Als kollektives Entgeltschema findet in den Betrieben der Arbeitgeberin unstreitig der KonzernETV Anwendung, unabhängig von der Tarifbindung der betroffenen Arbeitnehmer. Nach § 2 Abs. 1 des KonzernETV erhält der Arbeitnehmer ein Monatstabellenentgelt, das nach Entgeltgruppen (Anlage 2 zum KonzernETV) bemessen wird. Nach § 3 Abs. 1 des KonzernETV richtet sich die Eingruppierung des Arbeitnehmers in einer Entgeltgruppe nach der von ihm ausgeführten und nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und nicht nach seiner Berufsbezeichnung. Werden dem Arbeitnehmer Tätigkeiten übertragen, die verschiedenen Entgeltgruppen zuzuordnen sind, so gilt nach Abs. 2 des § 3 KonzernETV diejenige Entgeltgruppe, die der überwiegenden Tätigkeit entspricht.
§ 3 Abs. 1 KonzernETV lautet:
“Die Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine Entgeltgruppe richtet sich nach der von ihm ausgeführten und nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und nicht nach seiner Berufsbezeichnung. Die Entgeltgruppen und deren Tätigkeitsmerkmale ergeben sich aus dem Entgeltgruppenverzeichnis (Anlage 2).”
Nach der Anlage 2 zum KonzernETV, Entgeltgruppenverzeichnis, sind für die Eingruppierung ua. folgende Bestimmungen maßgebend:
“E 6
Tätigkeiten, die
zu ihrer Ausführung
- eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren voraussetzen oder
- entsprechende Fachkenntnisse und Fertigkeiten verlangen, die durch betriebliche Ausbildung erworben wurden,
oder
- sich gegenüber E 5 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben.
E 7
Tätigkeiten, die
E 8
Tätigkeiten,
die
- durch höherwertige kaufmännische oder technische Aufgaben geprägt sind und
zu ihrer Ausführung
- eine berufliche Spezialausbildung oder
- eine entsprechende betriebliche Ausbildung erfordern
oder
- sich gegenüber E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben.”
cc) Nach zutreffender Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind die Richtbeispiele des durch den KonzernETV abgelösten ETV nicht mehr heranzuziehen. Daher kann dahingestellt bleiben, ob die Nennung der Tätigkeiten des Werkmeisters und des Wagenmeisters als Richtbeispiele zur Entgeltgruppe E 8 zur entsprechenden Eingruppierung des Arbeitnehmers D… führen würde.
(1) Nach dem (alten) ETV der Deutschen Bahn AG galten Richtbeispiele. Anlage 1 zum ETV Entgeltgruppenverzeichnis für die Arbeitnehmer der DB AG Vorbemerkungen lautete auszugsweise:
“II. Tätigkeitsmerkmale/Richtbeispiele
Die Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine Entgeltgruppe richtet sich grundsätzlich nach dem Oberbegriff der maßgebenden Entgeltgruppe. Die Richtbeispiele sind ergänzend und beispielhaft zugeordnet; sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und legen lediglich die Mindesteingruppierung fest. Das heißt, daß bei Erfüllung der höheren Anforderungen für die in den Richtbeispielen aufgeführten Tätigkeiten auch eine höhere Einstufung erfolgt.”
Sind konkrete Beispiele allgemein gefassten Tätigkeitsmerkmalen in einer bestimmten Vergütungsgruppe beigefügt, sind die Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit ausübt. Durch konkrete Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien grundsätzlich fest, dass diese Tätigkeiten den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der betreffenden Vergütungsgruppe entsprechen (Senat 17. April 2003 – 8 ABR 24/02 –; 17. April 2003 – 8 ABR 16/02 –; 15. November 2001 – 8 AZR 17/01 –; BAG 8. Februar 1984 – 4 AZR 158/83 – BAGE 45, 121, 125 f. = AP TVG § 1 Auslegung Nr. 134). Nach den Vorbemerkungen des früheren Entgeltgruppenverzeichnisses gingen von diesen Grundsätzen auch die Tarifvertragsparteien des früheren Entgelttarifvertrages für die Arbeitnehmer der DB AG aus.
(2) Der KonzernETV löste jedoch ab 1. Juni 1999 den ETV der DB AG vollständig ab. Die Tarifvertragsparteien haben nunmehr vereinbart, dass nicht mehr auf die für die Praxis leichter handhabbaren und verständlicheren konkreten Richtbeispiele abzustellen ist, sondern nur noch auf die abstrakt formulierten, von unbestimmten Rechtsbegriffen gekennzeichneten Oberbegriffe. Nach dem Ablösungsprinzip (“Zeitkollisionsregel”) findet wegen des gleichen Rangs beider Tarifverträge zueinander auch kein Günstigkeitsvergleich zwischen den bisherigen und den ablösenden Regelungen statt (BAG 20. März 2002 – 10 AZR 501/01 – BAGE 100, 377 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 12 = EzA TVG § 4 Gebäudereinigerhandwerk Nr. 4; 28. Mai 1997 – 4 AZR 545/95 – AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 27; vgl. auch Wank in Wiedemann TVG § 4 Rn. 261). Eine Tarifnorm steht auch stets unter dem Vorbehalt, durch eine nachfolgende tarifliche Regelung verschlechtert oder ganz gestrichen werden zu können. Ein Vertrauensschutz besteht insoweit grundsätzlich nicht (Senat 17. April 2003 – 8 ABR 24/02 –; 17. April 2003 – 8 ABR 16/02 –; BAG 8. September 1999 – 4 AZR 661/98 – BAGE 92, 259 = AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 33 = EzA TVG § 1 Rückwirkung Nr. 4).
(3) Die Richtbeispiele können auch nicht auf Grund einer Auslegung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale weiterhin angewandt werden.
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben Zweifel, können weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 20. März 2002 – 10 AZR 501/01 – BAGE 100, 377 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 12 = EzA TVG § 4 Gebäudereinigerhandwerk Nr. 4; 15. November 2001 – 8 AZR 17/01 –; 5. Oktober 1999 – 4 AZR 578/98 – AP TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 15 = EzA TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 8).
Aus dem Tarifvertrag ergibt sich kein Hinweis, dass die Tarifvertragsparteien es bei den früheren Richtbeispielen belassen wollten. Der neue KonzernETV enthält keine solchen Richtbeispiele mehr. Auch ist die Vorbemerkung zum Entgeltgruppenverzeichnis des früheren ETV, welche das Verhältnis der Oberbegriffe und der Richtbeispiele betraf, im neuen Entgeltgruppenverzeichnis nicht mehr enthalten.
Gegen eine Fortgeltung der Richtbeispiele spricht weiter, dass verschiedene Tarifvertragsparteien die beiden Entgelttarifverträge abgeschlossen haben. Während der alte Entgelttarifvertrag auf Arbeitgeberseite nur von der DB AG abgeschlossen worden ist, haben beim neuen ETV auf der Arbeitgeberseite diverse Unternehmen den Tarifvertrag abgeschlossen. Mag es sich dabei auch um Tochterunternehmen der DB AG handeln, kann doch ohne weitere, hier nicht vorliegende Umstände nicht angenommen werden, dass frühere, dh. inzwischen abgelöste Tarifverträge, an deren Zustandekommen die weiteren Unternehmen nicht beteiligt waren, noch Auswirkungen haben sollten.
Zudem ergibt sich aus der einvernehmlichen Erklärung der Tarifvertragsparteien zum Inkrafttreten des KonzernETV vom 18. März 1999, dass die Tarifvertragsparteien selbst davon ausgingen, die Richtbeispiele sollten keine Anwendung mehr finden. Im Eingangssatz stellen die Tarifvertragsparteien nämlich fest: “1. Da im KonzernETV keine Richtbeispiele vereinbart sind …”.
Außerdem war Gegenstand der gemeinsamen Erklärung die Schaffung von Besitzstandsregelungen. Dies hielten die Tarifvertragsparteien für erforderlich, weil Richtbeispiele nicht mehr gelten. Sie vereinbarten die Fortgeltung der Eingruppierung für die bereits nach dem (alten) ETV eingruppierten Arbeitnehmer unter der Voraussetzung, dass sich an der Tätigkeit nichts ändert. Diese Besitzstandsregelung wäre aber nicht erforderlich gewesen, wenn bereits die Auslegung der Entgeltgruppen ergäbe, dass die alten Richtbeispiele wegen der im Wortlaut unveränderten Oberbegriffe weiter Anwendung finden sollten. Aus ihr ergibt sich somit, dass sich bei einer Veränderung der Tätigkeit oder einer Neueingruppierung wegen Aufnahme einer neuen Tätigkeit die Eingruppierung nach dem neuen KonzernETV richten soll.
dd) Für die Eingruppierung des Arbeitnehmers D… können damit nur die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppen E 7 und E 8 des KonzernETV herangezogen werden. Dabei kommt es für die tarifgerechte Eingruppierung nicht darauf an, ob die unter Geltung des durch den KonzernETV abgelösten ETV erfolgte Eingruppierung des Arbeitnehmers in der Entgeltgruppe E 8 zutreffend war oder nicht. An eine fehlerhafte Beurteilung der Tätigkeitsmerkmale bleibt die Arbeitgeberin nicht gebunden (vgl. Senat 17. April 2003 – 8 ABR 16/02 –).
(1) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Arbeitnehmer D… verfüge nicht über die nach Entgeltgruppe E 8 vorausgesetzte berufliche Spezialausbildung oder entsprechende betriebliche Ausbildung. Nach insoweit übereinstimmender Auskunft der Tarifvertragsparteien handele es sich dabei um eine Weiterbildung, an deren Ende der erfolgreiche Abschluss einer Ausbildung zum Industriemeister bei der IHK stehe. Nach Angaben der Deutschen Bahn AG stehe dem ein staatlich geprüfter Techniker oder eine gleichgeartete erfolgreich abgeschlossene Ausbildung gleich. Aus der Empfehlung zum Erlass von Besonderen Rechtsvorschriften für die IHK-Weiterbildungsprüfung “Geprüfter Industriemeister/Geprüfte Industriemeisterin Fachrichtung technische Wagenbehandlung – Eisenbahn” ergebe sich, dass die Prüfungsteilnehmer von der Ablegung der Prüfung im fachrichtungsspezifischen Teil auf Antrag freizustellen seien, wenn sie eine Prüfung zum Wagenmeister der Deutschen Bahn AG erfolgreich abgelegt und in den letzten fünf Jahren einschlägige Tätigkeiten ausgeübt hätten. Daraus folge, dass die betriebsinterne Ablegung der Prüfung als Wagenmeister der Deutschen Bahn AG mit einer Industriemeisterprüfung bei der IHK nicht gleichzusetzen sei, sondern nur einen Teilausschnitt der beruflichen Spezialausbildung abdecke. Somit komme es nicht mehr darauf an, ob die Tätigkeit als Wagenmeister G… durch höherwertige kaufmännische oder technische Aufgaben geprägt sei.
Auch bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Tätigkeit des Wagenmeisters G… gegenüber der Tätigkeit der Entgeltgruppe E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abhebe. Da die Entgeltgruppen aufeinander aufbauten, müsste die Tätigkeit des Wagenmeisters G… über die Entgeltgruppe E 6 hinaus erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen. Sei dieses Merkmal erfüllt, müssten sich die Tätigkeiten außerdem gegenüber den Tätigkeiten der Entgeltgruppe E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben.
Der Arbeitnehmer D… verfüge als ausgebildeter Industriemechaniker über die Qualifikationsvoraussetzungen der Entgeltgruppe E 6. Mit der Ablegung der Prüfung als Wagenmeister G… habe er darüber hinaus erweiterte Fertigkeiten und Fachkenntnisse erworben, die ihn zu Tätigkeiten befähigten, die über die Entgeltgruppe E 6 hinaus derartige Qualifikationen erforderten. Es sei nicht ersichtlich, dass sich die Tätigkeit des Wagenmeisters G… durch gesteigerten Arbeitsinhalt davon abhebe.
(2) Diese Ausführungen halten der Überprüfung durch die Rechtsbeschwerde stand. Nach der Entgeltgruppe E 8 müssen entweder Tätigkeiten vorliegen, die durch höherwertige kaufmännische oder technische Aufgaben geprägt sind und zu ihrer Ausführung eine berufliche Spezialausbildung oder eine entsprechende betriebliche Ausbildung erfordern, oder die sich gegenüber der Entgeltgruppe E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegen diese Voraussetzungen nicht vor.
Die Tätigkeit des Wagenmeisters G… in der technischen Wagenbehandlung erfordert zu ihrer Ausführung keine berufliche Spezialausbildung oder entsprechende betriebliche Ausbildung. Der Arbeitnehmer D… verfügt nicht über eine in Entgeltgruppe E 8 zusätzlich zu einer durch höherwertige kaufmännische oder technische Aufgaben geprägten Tätigkeit erforderliche berufliche Spezialausbildung oder entsprechende betriebliche Ausbildung. Die von ihm abgeschlossene betriebliche Ausbildung zum Wagenmeister G… vermittelte ihm lediglich “über E 6 hinaus erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten” iSv. Entgeltgruppe E 7.
Der Tarifvertrag enthält keine eigene Definition des von ihm verwendeten Begriffs “berufliche Spezialausbildung”. Er bedarf daher der Auslegung.
Der Wortlaut ist für die Auslegung des Begriffs nicht ergiebig. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet die Spezialausbildung eine “Ausbildung, durch die besondere Kenntnisse, Fähigkeiten auf einem bestimmten Gebiet, für eine bestimmte Aufgabe erworben werden” (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache Bd. 8 “Spezialausbildung”) bzw. eine “Ausbildung, in der besondere Kenntnisse, Fertigkeiten, Qualifikationen erworben werden” (Brockhaus/Wahrig Deutsches Wörterbuch Bd. 5 “Spezialausbildung”). Besondere Kenntnisse auf einem bestimmten Gebiet vermittelt jedoch bereits die in Entgeltgruppe E 6 genannte Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Worauf sich vorliegend das Wort “besondere” bezieht, auf welche Fertigkeiten, Kenntnisse oder Qualifikationen also aufgebaut wird, lässt sich dem Tarifwortlaut nicht entnehmen.
Aus der Tarifsystematik ergibt sich aber, dass die von dem Arbeitnehmer D… absolvierte betriebliche Ausbildung zum Wagenmeister nicht einer beruflichen Spezialausbildung iSv. Entgeltgruppe E 8 KonzernETV entspricht. Dies zeigt der Vergleich der für die Ausführung der Tätigkeiten nach den Entgeltgruppen erforderlichen Ausbildung. In den unteren Entgeltgruppen finden sich Aufgaben, die ohne Ausbildung (E 1), nach einem Anlernen (E 2), mit Vorkenntnissen im Arbeitsgebiet (E 3) und nach abgeschlossener Berufsausbildung mit kürzerer Regelausbildungsdauer (E 4) verrichtet werden können. Entgeltgruppe E 5 setzt über E 4 hinaus erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten oder berufliche Erfahrungen voraus. Wiederum höhere Anforderungen stellen Entgeltgruppe E 6 (Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren) und E 7 (über E 6 hinaus erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten).
An die hier in Rede stehenden Voraussetzungen der Entgeltgruppe E 8 schließen sich nochmals höherwertige Abschlüsse an. So erfordert die Eingruppierung nach Entgeltgruppe E 9 ua., dass die Tätigkeiten zu ihrer Ausführung eine abgeschlossene Fachhochschulausbildung erfordern. E 10 setzt noch darüber hinausgehendes Spezialwissen voraus, während schließlich E 11 eine abgeschlossene Hochschulausbildung verlangt.
An diesem Aufbau der Entgeltgruppen ist erkennbar, dass die jeweils erforderliche Ausbildung (oder entsprechende betriebliche Qualifikation) sich deutlich von derjenigen abhebt, die in der nächstniedrigeren Gruppe genannt ist. Das heißt, dass die berufliche Spezialausbildung iSv. Entgeltgruppe E 8 qualitativ höher als die Berufsausbildung mit darüber hinaus erweiterten Fachkenntnissen und Fertigkeiten (E 7) zu bewerten sein muss.
An dieser Voraussetzung fehlt es, denn durch die Ausbildung zum Wagenmeister erwarb der Arbeitnehmer D… lediglich erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten iSv. Entgeltgruppe E 7. Sähe man die Ausbildung zum Wagenmeister in der technischen Wagenbehandlung als eine betriebliche Ausbildung an, die einer beruflichen Spezialausbildung entspricht, so bliebe für das in Entgeltgruppe E 7 genannte Merkmal der über Entgeltgruppe E 6 hinaus erweiterten Fachkenntnisse und Fertigkeiten kein Raum.
Die erforderliche Abgrenzung zwischen erweiterten Fachkenntnissen und Fertigkeiten einerseits und der beruflichen Spezialausbildung andererseits kann nur in der Weise vorgenommen werden, dass die “Spezialausbildung” auf der abgeschlossenen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf iSv. Entgeltgruppe E 6 aufbaut. Erforderlich ist zusätzlich, dass sie vertiefende Kenntnisse theoretischer und praktischer Art auf dem betreffenden Gebiet vermittelt. Dies ist beispielsweise bei der Ausbildung zum Handwerks- oder Industriemeister der Fall, nicht jedoch bei der Ausbildung zum Wagenmeister. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts besteht die Aufgabe des Wagenmeisters G… vor allem darin, Wagen auf Schäden, Mängel und Instandhaltungszustand zu untersuchen. Es handelt sich also um Prüftätigkeiten, während Instandhaltungsarbeiten lediglich im Umfang von Klein- und Kleinstreparaturen im Bereich der betrieblichen oder schichtspezifischen Möglichkeiten durchzuführen sind. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Ausbildung, die lediglich dazu dient, diese Aufgaben zu erfüllen, die Kenntnisse in theoretischer und praktischer Hinsicht ergänzt und vertieft, die dem Arbeitnehmer im Rahmen seiner Berufsausbildung zum Industriemechaniker vermittelt wurden.
Dieses Auslegungsergebnis wird durch die vom Landesarbeitsgericht eingeholten Tarifauskünfte bestätigt. Die Deutsche Bahn AG hat in der Auskunft die Auffassung vertreten, die berufliche Spezialausbildung sei eine Weiterbildung, an deren Ende der erfolgreiche Abschluss einer Ausbildung zum Industrie- bzw. Handwerksmeister oder einem staatlich geprüften Techniker oder eine gleichgeartete, erfolgreich abgeschlossene Ausbildung stehe. Notwendig sei also eine Weiterbildung, die vertiefende berufliche Kenntnisse auf fachpraktischem oder -theoretischem Gebiet, auf betriebswirtschaftlichem, kaufmännischem und rechtlichem sowie auf berufs- und arbeitspädagogischem Gebiet vermittle. Der Lehrgang zum Wagenmeister vermittle nicht die breitangelegten und vertiefenden Kenntnisse in diesem Sinne.
Auch die von der Gewerkschaft TRANSNET erteilte Auskunft stützt letztlich dieses Ergebnis. Sie stellt nämlich darauf ab, dass nach bisheriger Auffassung der bahnintern ausgebildete Wagenmeister fachlich einem von der IHK geprüften Industriemeister gleichgestellt gewesen sei. “Aufgrund der genannten geschilderten Voraussetzungen” sei in den alten ETV der Begriff “Werkmeister” als Richtbeispiel zur Entgeltgruppe E 8 aufgenommen worden. Daraus folgt, dass zwischen den Tarifvertragsparteien Einigkeit über die in Entgeltgruppe E 8 vorausgesetzte Ausbildung – von der IHK geprüfter Industriemeister oder vergleichbar – bestand und unterschiedliche Auffassungen lediglich darüber herrschten, ob Wagenmeister im Bereich der technischen Wagenbehandlung (TWB) diese Voraussetzungen erfüllen.
Ein Wagenmeister G… in der technischen Wagenbehandlung kann daher die Voraussetzungen der Entgeltgruppe E 8 nur erfüllen, wenn er Tätigkeiten ausübt, die sich gegenüber der Entgeltgruppe E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben (Entgeltgruppe E 8 zweite Alternative).
Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff des “gesteigerten Arbeitsinhalts” nicht erläutert. Wenn sich Tätigkeiten von denen der niedrigeren Entgeltgruppe abheben sollen, muss der Aufgabenbereich gegenüber dem Normalmaß, also den durchschnittlichen Anforderungen, deutlich erkennbar erweitert sein; erforderlich ist ein deutlich erweiterter Aufgabenbereich (BAG 9. Dezember 1998 – 10 ABR 56/97 – zum insoweit gleichlautenden alten ETV).
Die Entgeltgruppe E 8 erfordert in ihrer zweiten Tatbestandsalternative, dass sich die Tätigkeiten gegenüber der Entgeltgruppe E 7, also nochmals, durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben. Daraus folgt für den hier zu entscheidenden Fall, dass die Tätigkeiten sich von denjenigen abheben müssen, für die die Wagenmeisterausbildung benötigt wird. Dieses Erfordernis ist nicht gegeben, denn der Arbeitnehmer ist als Wagenmeister TWB entsprechend seiner betrieblichen Ausbildung beschäftigt (vgl. – 17 – 8 ABR 33/02 Senat 17. April 2003 – 8 ABR 16/02 – zur Abgrenzung der Tätigkeiten des Wagenmeisters WTS von denen des Wagenmeisters TWB [dort als “einfacher Wagenmeister” bezeichnet]). Diese Ausbildung vermittelt “entsprechende Fachkenntnisse und Fertigkeiten” im Sinne von Entgeltgruppe E 6. Die durch sie vermittelten Kenntnisse sind deckungsgleich mit der ausgeübten Tätigkeit. Damit ist es ausgeschlossen, dass die Tätigkeiten sich gegenüber E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt herausheben.
Unterschriften
Hauck, Dr. Wittek, Laux, Umfug, Hickler
Fundstellen