Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschluß ohne Sachverhaltsfeststellung
Leitsatz (redaktionell)
Beschluß des Landesarbeitsgerichts im Beschlußverfahren ohne (hinreichende) Sachverhaltsfeststellung.
Normenkette
ArbGG § 91 Abs. 2; ZPO § 543
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 7. September 1988 – 3 TaBV 2/88 – aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Das Landesarbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluß folgende tatsächlichen Feststellungen getroffen:
„Bei dem Beteiligten zu 2) sind mehr als 51 zum Betriebsrat wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. In der Vergangenheit hatte ein Betriebsrat mit fünf Betriebsratsmitgliedern bestanden.
In der Zeit bis zum 31. Mai 1987 bereitete der Wahlvorstand, der sich aus dem Wahlvorstandsvorsitzenden B sowie den Wahlvorstandsmitgliedern Uwe P und Walter F zusammensetzte, die Wahl eines neuen Betriebsrates vor. Am 22. Mai 1987 fand im Betrieb des Beteiligten zu 2) eine Betriebsratswahl statt. Bei dieser Wahl wurden die wählbaren Arbeitnehmer Thomas S, Helge I und Hans-Jürgen K gewählt. Der Arbeitnehmer Thomas S nahm die Wahl nicht an. Die Betriebsratsmitglieder Helge I und Hans-Jürgen K leiteten keine Neuwahl durch Bestellung eines Wahlvorstandes ein.
Die Antragstellerin vertritt die Rechtsauffassung, nach § 13 Abs. 2 Ziffer 2 BetrVG sei ein Betriebsrat neu zu wählen, da die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken sei.
Die Antragstellerin hat beantragt,
einen aus drei Personen bestehenden Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl bei dem Antragsgegner zu benennen.
Der Antragsgegner (Beteiligter zu 2) hat beantragt,
den Antrag auf Benennung eines Wahlvorstandes zur Durchführung einer Betriebsratswahl bei dem Beteiligten zu 2) abzuweisen.
Der Beteiligte zu 2) ist der Ansicht, für eine Neuwahl des Betriebsrats gebe es keine rechtliche Grundlage, insbesondere greife § 13 Abs. 2 Ziffer 2 BetrVG nicht ein. Nach § 11 BetrVG sei nur noch ein Betriebsobmann im Amt.”
Im übrigen hat es neben der Feststellung der Formalien der Beschwerde die in der Beschwerde gestellten Anträge sowie die Rechtsauffassungen der Beteiligten und des Arbeitsgerichts wiedergegeben. Weitere tatsächliche Feststellungen sind dem angefochtenen Beschluß nicht zu entnehmen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr ursprüngliches Verfahrensziel weiter. Der beteiligte Arbeitgeber beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
Der angefochtene Beschluß enthält keine hinreichenden Sachverhaltsfeststellungen im Sinne eines Tatbestandes (vgl. § 91 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 543 ZPO). Ein solcher von Amts wegen zu berücksichtigender Mangel führt nicht nur im Urteilsverfahren zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht (BAG Urteil vom 30. Oktober 1987 – 7 AZR 92/87 – AP Nr. 7 zu § 543 ZPO), sondern ebenso im Beschlußverfahren zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses (vgl. BAG Beschluß vom 31. Januar 1985 – 6 ABR 25/82 – AP Nr. 2 zu § 92 ArbGG 1979). Denn der Zweck der Vorschrift des § 543 ZPO, eine Nachprüfung der Entscheidung der Vorinstanz auf der Grundlage des festgestellten Sach- und Streitstandes zu ermöglichen, ist im Beschlußverfahren wie im Urteilsverfahren gleichermaßen gegeben.
Die wenigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts genügen den Anforderungen an einen Tatbestand nicht. Sie lassen nicht einmal erkennen, ob in dem Betrieb des beteiligten Arbeitgebers die Wahl vom Mai 1987 überhaupt abgeschlossen worden ist, wieviele Arbeitnehmer in der Regel beschäftigt werden, was für eine Wahl (Gruppen- oder Gemeinschaftswahl?) im Mai 1987 stattgefunden hat, was der damalige Wahlvorstand als Wahlergebnis festgestellt und bekanntgegeben hat oder ob eine solche Feststellung oder Bekanntgabe gar nicht erfolgt ist.
Für das weitere Verfahren wird das Landesarbeitsgericht indessen zu beachten haben, daß eine Beteiligung des Betriebsrates als Organ erforderlich ist, sofern der Betriebsrat als Organ existiert. Sollte dagegen die Wahl noch nicht durch Bekanntgabe des Wahlergebnisses abgeschlossen worden sein, so ist zu erwägen, ob überhaupt ein Betriebsrat besteht und ferner, ob unter diesem Gesichtspunkt der Wahlvorstand zu beteiligen ist. Dagegen ist der Wahlvorstand nicht mehr zu beteiligen, wenn tatsächlich ein Betriebsrat besteht.
Von weiteren rechtlichen Hinweisen, insbesondere solchen in der Sache selbst, sieht der Senat angesichts der mangelnden Sachverhaltsfeststellungen durch das Beschwerdegericht ab.
Unterschriften
Dr. Becker, Dr. Steckhan, Schliemann, Dr. Scholz, Metzinger
Fundstellen