RECHTSBESCHWERDE ZUGELASSEN JA

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Neuwahl des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

§ 13 Abs. 2 Ziffer 2 BetrVG setzt eine Veränderung der Mitgliederzahl innerhalb des bestehenden Betriebsrats voraus, so daß nicht diese Bestimmung, sondern § 11 BetrVG entsprechend anzuwenden ist, wenn ein gewähltes Betriebsratsmitglied die Übernahme des Amtes ablehnt und dadurch die gemäß § 9 BetrVG vorgesehene Stärke des Betriebsrats nicht erreicht wird. Das kann schließlich sogar dazu führen, daß nur noch ein Betriebsobmann als Vertretung der Arbeitnehmerschaft übrigbleibt.

 

Normenkette

BetrVG §§ 9, 11, 13 Abs. 2, § 16 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Beschluss vom 25.11.1987; Aktenzeichen 1 BV 13/87)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 26.07.1989; Aktenzeichen 7 ABR 84/88)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Flensburg vom 25. November 1987 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluß wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten um die Frage, ob bei dem Beteiligten zu 2) der Betriebsrat neu zu wählen ist.

Bei dem Beteiligten zu 2) sind mehr als 51 zum Betriebsrat wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. In der Vergangenheit hatte ein Betriebsrat mit fünf Betriebsratsmitgliedern bestanden.

In der Zeit bis zum 31. Mai 1987 bereitete der Wahlvorstand, der sich aus dem Wahlvorstandsvorsitzenden B sowie den Wahlvorstandsmitgliedern Uwe P. und W. F. zusammensetzte, die Wahl eines neuen Betriebsrates vor.

Am 22. Mai 1987 fand im Betrieb des Beteiligten zu 2) eine Betriebsratswahl statt. Bei dieser Wahl wurden die wählbaren Arbeitnehmer Thomas S., Helge I. und Hans-Jürgen K. gewählt. Der Arbeitnehmer Thomas S. nahm die Wahl nicht an.

Die Betriebsratsmitglieder Helge I. und Hans-Jürgen K. leiteten keine Neuwahl durch Bestellung eines Wahlvorstandes ein.

Die Antragstellerin vertritt die Rechtsauffassung, nach § 13 Abs. 2 Ziffer 2 BetrVG sei ein Betriebsrat neu zu wählen, da die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken sei.

Die Antragstellerin hat beantragt,

einen aus drei Personen bestehenden Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl bei dem Antragsgegner zu benennen.

Der Antragsgegner (Beteiligter zu 2) hat beantragt,

den Antrag auf Benennung eines Wahlvorstandes zur Durchführung einer Betriebsratswahl bei dem Beteiligten zu 2) abzuweisen.

Der Beteiligte zu 2) ist der Ansicht, für eine Neuwahl des Betriebsrats gebe es keine rechtliche Grundlage, insbesondere greife § 13 Abs. 2 Ziffer 2 BetrVG nicht ein. Nach § 11 BetrVG sei nur noch ein Betriebsobmann im Amt.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag als unbegründet zurückgewiesen.

Aus § 16 Abs. 2 S. 1 BetrVG ergebe sich keine Rechtsgrundlage für eine Bestellung eines Wahlvorstandes durch das zuständige Arbeitsgericht, denn im Betrieb des Antragsgegners sei eine vorzeitige Neuwahl nach § 13 Abs. 2 BetrVG nicht durchzuführen.

Eine Neuwahl nach § 13 Abs. 2 Ziffer 2 BetrVG setze voraus, daß die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken sei. Auszugehen sei hierbei von der ursprünglichen Zahl der Betriebsratsmitglieder am Wahltage unter Berücksichtigung von § 11 BetrVG (Fitting-Auffahrt-Kaiser, § 13 BetrVG Rdn. 25):

Sei die Zahl nach § 11 herabgesetzt gewesen, so sei diese Zahl entscheidend. Die danach maßgebende Zahl von Betriebsratsmitgliedern müsse durch den dauernden Wegfall von Mitgliedern eine Lücke aufweisen. Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben.

Unter entsprechender Anwendung von § 11 BetrVG habe sich vielmehr die Vertretung im Betriebsrat des Antragsgegners am Wahltage auf einen Betriebsobmann reduziert … § 11 BetrVG sei entsprechend anwendbar, wenn zwar die ausreichende Zahl wählbarer Arbeitnehmer für die Wahl eines der jeweiligen Größenklasse des Betriebes entsprechenden Betriebsrats vorhanden sei, aber so viele Arbeitnehmer die Amtsübernahme ablehnten, daß der Betriebsrat nicht mehr entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen gebildet werden Könne (Hess-Schlochhauer-Glaubitz, § 11 Rdn. 7; Galperin-Löwisch, § 11 Rdn. 12; Dietz-Richardi, § 11 Rdn. 6). Wenn drei wählbare Arbeitnehmer vorhanden seien, aber einer oder zwei von ihnen die Übernahme des Amtes ablehnten, so sei ein Betriebsobmann zu wählen (Galperin-Löwisch a.a.O.; Dietz-Richardi, § 11 Rdn. 7; Hess-Schlochhauer-Glaubitz a.a.O.).

In dem Betrieb des Antragsgegners hätte nach § 9 BetrVG bei über 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern der Betriebsrat aus fünf Mitgliedern bestehen müssen. Da aber nicht fünf wählbare Arbeitnehmer zu einer Kandidatur bereit gewesen seien, sei unter entsprechender Anwendung von § 11 die Zahl der Betriebsratsmitglieder der nachniedrigeren Betriebsgröße zugrunde zu legen gewesen (vgl. dazu Dietz-Richardi, § 11 Rdn. 6). Damit habe sich die Zahl der Betriebsratsmitglieder, wie auch geschehen, auf drei Mit...

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