Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei vorübergehender Übertragung anderer Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Der Personalrat hat nach § 75 Abs 1 Nr 2 BPersVG mitzubestimmen, wenn einem Arbeitnehmer eine höher oder niedriger zu bewertende Tätigkeit nur vorübergehend übertragen wird.
Orientierungssatz
1. Hinweise des Senats: "Im Anschluß an die Entscheidung des Senats vom 18. Juni 1991 - 1 ABR 56/90 (A) - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen."
2. Das Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GemS-OGB 4/91) wurde durch Beschluß vom 11.11.1991 eingestellt, nachdem der Sechste Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 22.10.1991 - ER 502/91 - beschlossen hat, er halte an der früher vertretenen Rechtsauffassung nicht mehr fest, sondern schließe sich insoweit der Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts an.
Normenkette
BPersVG § 75 Abs. 1 Nrn. 2, 4
Verfahrensgang
Gründe
A. Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens ist die Betriebsvertretung der US-Dienststelle "6966th Civilian Support Center (Transportation)". Anfang 1989 hat die Dienststelle drei bei ihr beschäftigten Zivilangestellten vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit übertragen. Während dem Angestellten Scha. nach sechs Monaten die höherwertige Tätigkeit auf Dauer übertragen und er entsprechend mit Zustimmung der Betriebsvertretung höhergruppiert wurde, endete die vorübergehende Beschäftigung mit höherwertigen Tätigkeiten der Angestellten Schw. und M. nach drei Monaten. Der Angestellte Scha. wurde für die Zeit, in der er die höherwertige Tätigkeit vorübergehend wahrnahm, "vorübergehend höhergruppiert", während die Angestellten Schw. und M. für die Zeit der Wahrnehmung der höherwertigen Tätigkeit eine Zulage in Höhe des Unterschiedes zwischen den einschlägigen Vergütungsgruppen erhielten.
Die Betriebsvertretung hat geltend gemacht, auch die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit bzw. eine befristete Höhergruppierung bedürfe nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG in Verbindung mit Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut und Abs. 6 b UP zum ZA-Nato-Truppenstatut seiner Mitwirkung. Sie hat daher mit Schriftsatz vom 8. Februar 1989 das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und beantragt
festzustellen, daß die befristete Höhergruppie-
rung der Arbeitnehmer Scha., M. und Schw. der
personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung der Be-
triebsvertretung bedarf.
Die beteiligte Bundesrepublik Deutschland hat entsprechend der Ansicht der Dienststelle, daß eine vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit oder eine vorübergehende Höhergruppierung nicht beteiligungspflichtig sei, beantragt, den Antrag abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat im Termin vom 9. November 1989 durch einen Beschluß auf Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrages hingewiesen, weil die konkreten Vorgänge der Vergangenheit angehörten. Die Betriebsvertretung hat daraufhin einen Auszug aus dem Sitzungsprotokoll vom 29. März 1989 vorgelegt, aus dem sich ergibt, daß die Frage, ob befristete Höhergruppierungen der Beteiligung der Betriebsvertretung unterliegen, zwischen dieser und der Dienststelle weiter diskutiert worden ist. Sie hat ihren Antrag im Termin vom 18. Januar 1990 aufrechterhalten. Das Arbeitsgericht hat daraufhin den Antrag mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, es bestehe kein Interesse an der Feststellung, ob die bereits erledigten befristeten Höhergruppierungen der drei Arbeitnehmer der Beteiligung der Betriebsvertretung bedurft hätten oder nicht.
Gegen diese Entscheidung hat die Betriebsvertretung Beschwerde eingelegt und vor dem Landesarbeitsgericht beantragt,
in Abänderung der Entscheidung des Arbeitsge-
richts festzustellen, daß die befristeten Höher-
gruppierungen der Arbeitnehmer Scha., M. und
Schw. der personalvertretungsrechtlichen Mitwir-
kung der Betriebsvertretung bedurften,
hilfsweise
festzustellen, daß die Übertragung einer höher
oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, die Hö-
her- oder Rückgruppierung sowie die Eingruppie-
rung eines Angestellten oder Arbeiters auch dann
der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung
der Betriebsvertretung bedarf, wenn die betref-
fende Maßnahme befristet ist,
äußerst hilfsweise
festzustellen, daß die Übertragung einer höher
oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, die Hö-
her- oder Rückgruppierung sowie die Eingruppie-
rung eines Angestellten oder Arbeiters der perso-
nalvertretungsrechtlichen Beteiligung der Be-
triebsvertretung bedarf, wenn die Personalmaßnah-
me für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten
gelten soll.
Das Landesarbeitsgericht hat den Hauptantrag der Betriebsvertretung für zulässig gehalten und diesen wie folgt beschieden:
Es wird festgestellt, daß die befristete Höher-
gruppierung der Arbeitnehmer Scha., M. und Schw.
bzw. die befristete Übertragung an diese Arbeit-
nehmer der personalvertretungsrechtlichen Mitwir-
kung der Antragstellerin (Betriebsvertretung)
bedurfte.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die beteiligte Bundesrepublik Deutschland die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung, während die Betriebsvertretung um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
B. Die Rechtsbeschwerde der Bundesrepublik ist nur zum Teil begründet. I. Das Landesarbeitsgericht hat den Hauptantrag der Betriebsvertretung für zulässig gehalten. Insoweit kann der Entscheidung nicht gefolgt werden.
Die hinsichtlich ihrer Beteiligungspflichtigkeit strittigen Maßnahmen "befristete Höhergruppierungen" der Arbeitnehmer Scha., M. und Schw. waren schon zur Zeit der Entscheidung durch das Arbeitsgericht beendet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag, mit dem die Feststellung begehrt wird, daß an einer bestimmten, bereits abgeschlossenen Maßnahme ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats bestanden habe, wenn diese Maßnahme für die Verfahrensbeteiligten im Zeitpunkt der Entscheidung keine Rechtswirkungen mehr entfaltet. Eine solche Entscheidung könne einem Verfahrensbeteiligten lediglich bescheinigen, daß er Recht oder Unrecht gehabt habe. Allein der Umstand, daß die Entscheidung für künftige Fälle Richtschnur für das Handeln der Beteiligten sein könne, begründe kein Rechtsschutzinteresse. Mit einer solchen Entscheidung würden die Gerichte lediglich gutachterlich tätig werden, das aber sei nicht deren Aufgabe (Beschluß des Sechsten Senats vom 29. Juli 1982, BAGE 39, 259 = AP Nr. 5 zu § 83 ArbGG 1979; Beschluß des Senats vom 10. April 1984 - 1 ABR 73/82 - AP Nr. 3 zu § 81 ArbGG 1979 und von da an in ständiger Rechtsprechung).
Davon geht im Grundsatz auch das Landesarbeitsgericht aus. Es sieht jedoch in der Tatsache, daß die Dienststelle nach wie vor auf dem Standpunkt steht, sie habe die drei Arbeitnehmer ohne Beteiligung der Betriebsvertretung befristet höhergruppieren können, eine Fortwirkung dieser Maßnahme, die bei großzügiger Betrachtung ein Rechtsschutzinteresse begründe.
Damit sieht das Landesarbeitsgericht zwar zutreffend, daß die Beteiligten nach wie vor um die Mitwirkungspflichtigkeit "befristeter Höhergruppierungen" streiten, es verkennt jedoch, daß dieser Streit von dem Hauptantrag der Betriebsvertretung gerade nicht zur Entscheidung gestellt wird. In dem Antrag auf Feststellung der Beteiligungspflichtigkeit der bereits abgeschlossenen "befristeten Höhergruppierungen" der drei bestimmten Arbeitnehmer ist gerade nicht auch ein Antrag auf Feststellung der Beteiligungspflichtigkeit "befristeter Höhergruppierungen" überhaupt enthalten. Der Hauptantrag der Betriebsvertretung ist daher unzulässig.
II. Die unter den Beteiligten strittige Frage, ob die vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit - eine "befristete Höher- oder Herabgruppierung" - der Beteiligung der Betriebsvertretung bedarf, wird von der Betriebsvertretung mit ihrem vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Hilfsantrag zur Entscheidung gestellt. Diesem fehlt es nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse, da diese Frage unter den Beteiligten nach wie vor strittig ist und "befristete Höhergruppierungen" von der Dienststelle ohne Beteiligung der Betriebsvertretung auch in der Folgezeit vorgenommen worden sind und künftig weiter vorgenommen werden sollen.
Der Hilfsantrag ist von der Betriebsvertretung erstmals vor dem Landesarbeitsgericht gestellt worden. Er betrifft einen anderen Streitgegenstand als der Hauptantrag und stellt sich daher als Antragserweiterung dar. Eine solche Antragserweiterung ist nach § 87 Abs. 2 Satz 3 unter den Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 ArbGG auch noch in der Beschwerdeinstanz zulässig.
Das Landesarbeitsgericht hat über den Hilfsantrag nicht entschieden und daher zur Zulässigkeit der Antragserweiterung keine Entscheidung getroffen, an die der Senat gemäß § 81 Abs. 3 Satz 3 ArbGG gebunden wäre. Der Senat muß daher selbst prüfen, ob die Antragsänderung zulässig war (Beschluß vom 31. Januar 1989 - 1 ABR 60/87 - AP Nr. 12 zu § 81 ArbGG 1979).
Die Zulässigkeit der Antragserweiterung vor dem Landesarbeitsgericht ist zu bejahen, da diese sachdienlich war. Durch den Hilfsantrag wurde kein neuer Streitstoff in das Verfahren eingeführt, vielmehr die eigentliche Streitfrage zwischen den Beteiligten nur in sachgerechter Form zur Entscheidung gestellt. Die Formulierung sachdienlicher Anträge, auf die das Gericht nach § 139 ZPO hinwirken soll, ist auf jeden Fall sachdienlich. Daß der sachdienliche Antrag nur als Hilfsantrag gestellt wird, ist ohne Bedeutung.
III. Der Hilfsantrag des Betriebsrates ist hinsichtlich der erbetenen Feststellung, daß auch die vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit der Mitwirkung der Betriebsvertretung bedarf, begründet.
1. Nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut gelten für die Betriebsvertretungen der zivilen Arbeitskräfte bei den Stationierungsstreitkräften die Vorschriften des deutschen Rechts über die Personalvertretung, wie sie für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebend sind. Soweit danach den Personalvertretungen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz ein Mitbestimmungsrecht zusteht, findet nach Abs. 6 b in Verbindung mit Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens insoweit lediglich das Mitwirkungsverfahren nach § 72 BPersVG statt. Nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG unterliegt daher die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, die Höher- oder Rückgruppierung und die Eingruppierung der Mitwirkung der Betriebsvertretung.
2. Unter den Beteiligten ist - soweit hier von Interesse - im Streit, ob sich das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nach dieser Vorschrift und damit das Mitwirkungsrecht der Betriebsvertretung auch auf den Fall bezieht, daß dem Angestellten oder Arbeiter eine höher oder niedriger zu bewertende Tätigkeit lediglich vorübergehend übertragen wird.
a) Der Senat ist mit der Betriebsvertretung und der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts der Ansicht, daß die Personalvertretung auch bei einer nur vorübergehenden Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit mitzubestimmen hat (ebenso Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, BPersVG, 3. Aufl., § 75 Rz 13; und für den Fall, daß die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit tarifrechtlich einen Anspruch auf Zahlung einer Zulage auslöst, Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rz 28).
§ 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG bestimmt nicht, daß dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht nur für den Fall eingeräumt wird, daß die höher oder niedriger zu bewertende Tätigkeit dem Angestellten oder Arbeiter auf Dauer übertragen wird (so auch - wenn auch im Ergebnis anderer Ansicht - Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, K § 75 Rz 21 b und Lorenzen/ Haas/Schmitt/Etzel,BPersVG, 4. Aufl., § 75 Rz 36 a sowie OVG Berlin Beschluß vom 17. Februar 1975 - OVG II PV 3.74 - ZBR 1975, 229), während nach § 75 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG eine Abordnung ausdrücklich nur dann der Mitbestimmung der Personalvertretung unterworfen wird, wenn sie für mehr als drei Monate erfolgt. Eine damit vergleichbare Regelung enthält darüber hinaus § 95 Abs. 3 BetrVG für die Mitbestimmung des Betriebsrats bei einer Versetzung, die grundsätzlich der Zustimmung des Betriebsrats nur dann bedarf, wenn sie voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, und bei kürzerer Dauer nur dann zustimmungspflichtig ist, wenn sie mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Der Gesetzgeber hat damit in zwei vergleichbaren Fallgestaltungen die Beteiligung der Personal- bzw. Betriebsvertretung an einer personellen Maßnahme der Dienststelle bzw. des Arbeitgebers ausdrücklich nur für den Fall vorgeschrieben, daß diese Maßnahme eine gewisse zeitliche Dauer erreicht. Wenn in § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG eine solche zeitliche Beschränkung fehlt, so spricht dies zunächst dafür, daß es für die Mitbestimmung der Personalvertretung an der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit nicht darauf ankommen soll, für welchen Zeitraum die Übertragung erfolgt.
b) Eine Tätigkeit wird auch dann "übertragen", wenn der Arbeitnehmer diese Tätigkeit nur vorübergehend ausüben soll. Das gilt zumindest nach dem Sprachgebrauch der die mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen regelnden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, der bei der Auslegung der Vorschriften des Personalvertretungsrechtes zu berücksichtigen ist. Danach kann eine Tätigkeit sowohl auf Dauer als auch nur vorübergehend übertragen werden. So regelt § 24 Abs. 1 BAT ausdrücklich die vorübergehende Übertragung einer anderen, höherwertigen Tätigkeit. Gleiches gilt für vergleichbare Tarifverträge wie etwa den MTA oder den TVAL II. Die Übertragung einer Tätigkeit auf Dauer wird hingegen nicht ausdrücklich geregelt, vielmehr in den §§ 22 Abs. 2 und 23 BAT vorausgesetzt, wenn hier von der vom Angestellten nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit, d.h. von der auf Dauer übertragenen Tätigkeit, bzw. davon gesprochen wird, daß dem Angestellten eine andere, höherwertige Tätigkeit nicht - weder auf Dauer noch vorübergehend - übertragen worden ist. Können aber niedriger oder höher zu bewertende Tätigkeiten individual- und tarifvertragsrechtlich sowohl auf Dauer als auch vorübergehend übertragen werden, und ist davon auszugehen, daß dem Gesetzgeber dies bekannt war, so kann nicht angenommen werden, er habe unter der nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG mitbestimmungspflichtigen Übertragung einer niedriger oder höher zu bewertenden Tätigkeit nur eine Übertragung auf Dauer gemeint.
c) Die Übertragung einer bestimmten Tätigkeit - vorübergehend oder auf Dauer - unterscheidet sich grundsätzlich von den in gleicher Weise mitbestimmungspflichtigen Vorgängen der Eingruppierung, Höhergruppierung oder Rückgruppierung. Während die Übertragung einer Tätigkeit auf einen Angestellten oder Arbeiter ein in der realen Außenwelt sichtbarer tatsächlicher Akt der Dienststelle ist, stellt die Eingruppierung und damit auch die Höher- oder Rückgruppierung einen gedanklichen Vorgang, einen Akt der Rechtsanwendung, dar. Sowohl nach der Rechtsprechung des Senats als auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist die Eingruppierung kein konstitutiver Akt, sondern beispielsweise die nach § 22 Abs. 2 BAT notwendige Feststellung, in welche Vergütungsgruppe der Angestellte aufgrund der Tätigkeitsmerkmale seiner gesamten von ihm nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit eingruppiert ist. Eingruppierung ist damit ein Akt der Rechtsanwendung bzw. die bloße Kundgabe des bei dieser Rechtsanwendung gefundenen Ergebnisses, daß nämlich die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entspricht und daher der Arbeitnehmer in diese Vergütungsgruppe eingruppiert ist (vgl. zuletzt Beschluß des Senats vom 20. März 1990 - 1 ABR 20/89 - AP Nr. 79 zu § 99 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Sinn der Beteiligung des Betriebsrats und des Personalrats an diesem Akt der Rechtsanwendung ist es, daß die Betriebspartner bzw. Dienststelle und Personalvertretung gemeinsam die Frage beantworten, welcher Vergütungsgruppe der Arbeitnehmer aufgrund der von ihm zu verrichtenden Tätigkeit zuzuordnen ist. Mit der Beteiligung der Betriebs- bzw. Personalvertretung soll eine größere Gewähr für die Richtigkeit der vorgenommenen Eingruppierung und der gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsgruppenordnung erreicht werden.
Die Mitbestimmung bei der Ein-, Höher- oder Rückgruppierung hat daher einen anderen Inhalt als die Mitbestimmung bei der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit. Die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit führt, wenn sie auf Dauer erfolgt, tarifrechtlich dazu, daß der Arbeitnehmer in eine höhere oder niedrigere Vergütungsgruppe eingruppiert ist. In welche Vergütungsgruppe der Arbeitnehmer eingruppiert ist, haben die Betriebspartner bzw. Personalrat und Dienststelle gemeinsam zu entscheiden. Die nur vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit läßt demgegenüber tarifrechtlich die Eingruppierung des Arbeitnehmers unberührt und löst unter den Voraussetzungen des § 24 BAT und vergleichbarer Vorschriften lediglich einen Anspruch auf Zahlung einer Zulage aus. Daraus folgt zwar, daß eine mitbestimmungspflichtige Höher- oder Rückgruppierung nur in Betracht kommt, wenn entweder dem Arbeitnehmer eine anderweitige Tätigkeit auf Dauer übertragen wird oder er - wiederum auf Dauer - in eine höherwertige Tätigkeit hineinwächst. Gerade wegen der Unterschiedlichkeit der verschiedenen Mitbestimmungsrechte kann daraus aber nicht hergeleitet werden, daß auch die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit selbst nur dann mitbestimmungspflichtig ist, wenn sie auf Dauer erfolgt.
d) Auch Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit rechtfertigen eine Beschränkung dieses Mitbestimmungsrechts auf den Fall der Übertragung einer solchen Tätigkeit auf Dauer nicht. Auch die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit kann die Rechtsstellung des betroffenen Arbeitnehmers nachhaltig beeinflussen. Eine Bewährung in der höherwertigen Tätigkeit kann seinen beruflichen Aufstieg begünstigen, ebenso wie ein Scheitern in der schwierigeren Aufgabe sich nachteilig auf seine berufliche Zukunft auswirken kann. Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit kann einen Anspruch auf Zahlung einer Zulage auslösen. Von dieser Maßnahme der vorübergehenden Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit können auch die anderen Bediensteten der Dienststelle betroffen und in ihren Interessen berührt werden. Für sie kann sich die Frage stellen, warum nicht ihnen, sondern dem betroffenen Arbeitnehmer die höherwertige Tätigkeit übertragen worden ist. Sie können durch die Übertragung einer anderen Tätigkeit an einen Mitarbeiter in ihrer Tätigkeit und Zusammenarbeit belastet werden. Sinn der Mitbestimmung der Personalvertretung bei personellen Einzelmaßnahmen ist es aber - ebenso wie der Sinn der Mitbestimmung des Betriebsrats bei solchen Maßnahmen -, nicht nur die Interessen des unmittelbar betroffenen Arbeitnehmers, sondern auch die der anderen Arbeitnehmer der Dienststelle zur Geltung zu bringen, um auch bei personellen Einzelmaßnahmen eine Behandlung aller Angehörigen der Dienststelle nach Recht und Billigkeit zu gewährleisten, § 67 Abs. 1 BPersVG.
Damit erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG auch auf die vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit auf einen Arbeitnehmer. Den Betriebsvertretungen bei den Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte steht daher bei diesen Maßnahmen ein Mitwirkungsrecht zu.
3. An dieser Entscheidung ist der Senat nicht durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehindert. Der für das Personalvertretungsrecht zuständige Sechste Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat auf den den Beteiligten bekannten Anrufungsbeschluß des Senats vom 18. Juni 1991 (- 1 ABR 56/90 (A) - NZA 1991, 901) am 22. Oktober 1991 beschlossen, er halte nicht an der vom Siebten Senat des Bundesverwaltungsgerichts in dem Beschluß vom 3. Juni 1977 - BVerwG VII P 8.75 - (BVerwGE 54, 92) vertretenen Rechtsauffassung fest, daß die vorübergehende oder vertretungsweise Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit an einen Angestellten nicht der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt; er schließe sich insoweit der Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts in dem Vorlegungsbeschluß vom 18. Juni 1991 - 1 ABR 56/90 (A) - an, wonach gem. § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG auch derartige Maßnahmen mitbestimmungspflichtig sind.
Auch die Entscheidungen des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. März 1967 (BAGE 19, 295 = AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: BAVAV) und vom 5. Juli 1967 (- 4 AZR 162/66 - AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge: BAVAV) stehen dieser Entscheidung nicht entgegen. In diesen Entscheidungen heißt es zwar, "die nicht nur vorübergehende Übertragung einer Tätigkeit, die im Tarif nach einer höheren als der dem Angestellten bisher zustehenden Vergütungsgruppe bewertet ist, unterliegt der Mitbestimmung des Personalrats", der Vierte Senat hat damit jedoch nicht entschieden, daß die nur vorübergehende Übertragung einer anders zu bewertenden Tätigkeit nicht der Mitbestimmung unterliegt. Zu entscheiden war vom Vierten Senat lediglich, ob eine auf Dauer erfolgte Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit wirksam erfolgt war, obwohl es an der Beteiligung des Personalrats gefehlt hatte. Diese Frage hat der Vierte Senat verneint. Über die Mitbestimmungspflichtigkeit einer nur vorübergehenden Übertragung einer anders zu bewertenden Tätigkeit war nicht zu entscheiden.
Auf den Hilfsantrag der Betriebsvertretung war daher festzustellen, daß die vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit der Mitwirkung der Betriebsvertretung unterliegt.
4. Unbegründet ist der Hilfsantrag der Betriebsvertretung auf Feststellung, daß auch die vorübergehende Höher- oder Herabgruppierung oder Eingruppierung ihrer Mitwirkung unterliegt.
Wie oben dargelegt, kennt das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes eine vorübergehende Eingruppierung auch in den Formen einer Höher- oder Herabgruppierung nicht. Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit löst unter bestimmten Voraussetzungen lediglich einen Anspruch des Angestellten auf Zahlung einer Zulage aus. Ob die Voraussetzungen für eine Zulage gegeben sind, unterliegt nicht der Mitbestimmung des Personalrats bzw. der Mitwirkung der Betriebsvertretung.
Wird eine Tätigkeit nur vorübergehend übertragen, berührt das die grundsätzliche Stellung des Arbeitnehmers im Vergütungssystem und damit auch in der betrieblichen Hierarchie nicht. Es ist daher verständlich, wenn das Bundespersonalvertretungsgesetz sich in seiner sich an das Tarifrecht anlehnenden Regelung darauf beschränkt, den Personalrat an Eingruppierungsentscheidungen nur dann zu beteiligen, wenn diese im Hinblick auf eine auf Dauer zu verrichtende Tätigkeit des Angestellten notwendig werden.
5. Den vor dem Arbeitsgericht allein auf die abgeschlossenen Vorgänge bezogenen Feststellungsantrag der Betriebsvertretung hat das Arbeitsgericht, wie oben dargelegt, zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Damit ist auch die Beschwerde der Betriebsvertretung gegen diese Entscheidung unbegründet.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Breier Schneider
Fundstellen
Haufe-Index 436972 |
BG 1992, 661-663 (LT1) |
DOK 1993, 713 (K) |
NZA 1992, 805 |
NZA 1992, 805-807 (LT1) |
USK, 9209 (LT) |
WzS 1993, 252 (L) |
ZTR 1992, 344-345 (LT1) |
AP § 75 BPersVG (LT1), Nr 36 |
PersR 1992, 329 (L) |
PersV 1992, 527-530 (LT1) |
SVFAng Nr 78, 11 (1993) (KT) |
ZfPR 1992, 150 (L) |