Stufenzuordnung Herabgruppierung TV-L BAG

Bei der Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe bemisst sich die Stufenzuordnung nach der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe. Dies gilt auch dann, wenn die Herabgruppierung kurz nach einer Höhergruppierung folgt und der Arbeitnehmer dadurch eine Stufe schlechter steht als vor der Höhergruppierung. Das BAG hat entschieden, dass die Tarifregelung im TV-L grundrechtskonform ist. Auch ein Hinweis des Arbeitgebers auf die entgeltrechtlichen Auswirkungen war nicht erforderlich.

Geklagt hatte eine Lehrerin, die bis April 2019 in der Entgeltgruppe 14 TV-L eingruppiert und darin zuletzt der Stufe 5 zugeordnet war. Nach erfolgreicher Bewerbung und Übertragung einer Funktionsstelle als Studiendirektorin wurde sie ab Mai 2019 in die Entgeltgruppe 15 TV-L höhergruppiert und dort der Stufe 4 zugeordnet. Bereits im Dezember 2019 beantragte sie selbst die Entbindung von dieser Funktionsstelle und wurde schließlich im März 2020 stufengleich herabgruppiert, also zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 14 zugeordnet. 

Im Ergebnis war die Lehrerin somit auf Grund der zwischenzeitlichen Höhergruppierung binnen eines Jahres von der Entgeltgruppe 14 Stufe 5 in die Stufe 4 zurückgefallen. 

Hintergrund: Regelungen in § 17 Abs. 4 TV-L

Anders als etwa der TVöD sieht der TV-L in § 17 Abs. 4 S. 1  keine stufengleiche Höhergruppierung vor. Stattdessen werden die Beschäftigten bei einer Höhergruppierung derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisheriges Tabellenentgelt erhalten. Dies kann je nach Entgeltgruppe und -stufe zur Zuordnung zu einer niedrigeren Stufe in der höheren Entgeltgruppe führen. Um im Fall der Höhergruppierung dennoch einen Gehaltsanstieg zu gewährleisten, besteht je nach Höhe des Unterschiedsbetrags und der Entgeltgruppe ggf. Anspruch auf eine Zulage (sog. Garantiebetrag).

Demgegenüber erfolgt nach § 17 Abs. 4 S. 5 TV-L die Herabgruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe stufengleich. Dies kann in der Kombination mit einer vorangegangenen, nicht stufengleichen Höhergruppierung also dazu führen, dass Beschäftigte bei der Rückkehr in die niedrigere Entgeltgruppe schlechter eingestuft sind als zum Zeitpunkt vor der Höhergruppierung.

§ 17 TV-L regelt:

(4) Bei Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe werden die Beschäftigten derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisheriges Tabellenentgelt erhalten, mindestens jedoch der Stufe 2 [...]. Bei einer Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe ist die/der Beschäftige der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen.

Berufserfahrung spielt für die Stufenzuordnung bei Höher- und Herabgruppierung keine Rolle

Aus Sicht des BAG erfolgt nach dem Willen der Tarifvertragsparteien im TV-L die Zuordnung zu einer bestimmten Entgeltstufe nach einer Höher- bzw. Herabgruppierung ohne Bezug zu bereits gesammelten Erfahrungszeiten. Stattdessen wird die Berufserfahrung, die der Beschäftigte in seiner bisherigen Entgeltgruppe erworben hat, "auf null" gesetzt. Auch soweit § 17 Abs. 4 TV-L eine betragsbezogene Höher- und eine stufengleiche Herabgruppierung vorsieht, ergibt sich daraus nichts anderes: Diese Bestimmungen dienen nur der beschränkten Besitzstandswahrung und die finanziellen Folgen bei einer Herabgruppierung sollen allenfalls abgemildert werden.

Ein anderes Ergebnis hätte sich zu Gunsten der Lehrerin bei einer vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 14 TV-L ergeben können: Dann wäre es nämlich gar nicht erst zu der stufenschädlichen Höher- und Herabgruppierung gekommen, sondern die Beschäftigte hätte für die Zeit der Ausübung der höherwertigen Tätigkeit ggf. eine Zulage erhalten und wäre im Übrigen in ihrer bisherigen Entgeltgruppe verblieben. Davon war jedoch in dem vom BAG entschiedenen Fall nicht auszugehen, da der Lehrerin die Funktion in der höheren Entgeltgruppe dauerhaft übertragen worden war. Das BAG stellte diesbezüglich klar, dass die Frage der Dauerhaftigkeit nicht rückblickend, sondern zum Zeitpunkt der Übertragung (ex-ante-Perspektive) zu beurteilen ist.

BAG: Tarifnorm ist verfassungskonform

Entgegen der Auffassung der klagenden Lehrerin ist die streitgegenständliche Tarifnorm verfassungskonform. Es ist weder der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG verletzt noch liegt ein Verstoß gegen die von Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit oder die von Art. 14 GG geschützte Eigentumsgarantie vor. Das BAG betont dabei, dass die Höher- und Herabgruppierung im System der Stufenzuordnung eine Zäsur darstellt, die eine differenzierte Regelung zulässt. Zudem ist die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie zu beachten: Diese umfasst auch die Befugnis zu Entgeltregelungen, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen. Danach berührt eine tarifliche Entgeltregelung erst dann den Schutzbereich der Berufsfreiheit, wenn sie deren existentiellen Kern betrifft.

Keine Hinweis- bzw. Aufklärungspflicht des Arbeitgebers

Schließlich entschied das BAG, dass das beklagte Land weder gegen Hinweis- noch gegen Aufklärungspflichten gegenüber der Lehrerin verstoßen hat. Denn der Arbeitgeber ist auch nach § 241 Abs. 2 BGB nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer auf die entgeltrechtlichen Auswirkungen einer von ihm selbst ausgelösten Herabgruppierung hinzuweisen. Es besteht insofern keine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen.

Die Klage der Lehrerin wurde damit in allen drei Instanzen abgewiesen. Der Fall verdeutlicht, dass das Ergebnis bei der Stufenzuordnung nach Höher- und Herabgruppierungen mit der Erwartung des Arbeitnehmers auseinanderfallen kann. Dennoch ist es allein Sache des Arbeitnehmers, vor dem eigenständigen Auslösen entsprechender Rechtsfolgen die eigenen Vermögensinteressen wahrzunehmen ohne dabei auf einen Hinweis des Arbeitgebers zu vertrauen.

(BAG, Urteil v. 5.10.2023, 6 AZR 333/22)

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