Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung nach Ablehnungsgesuch
Leitsatz (amtlich)
Ein auf Besorgnis der Befangenheit des Richters gestütztes Ablehnungsgesuch bewirkt keine Unterbrechung des Verfahrens und keine Hemmung von Notfristen
Normenkette
ZPO §§ 42, 44, 47, 233-234; ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 13. Februar 1997 – 16 Sa 115/96 – wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Streitwert wird auf 7.037,75 DM festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger war beim beklagten Land von Juni bis November 1991 beschäftigt. Ab Juli 1991 wurde er nach VergGr. VI b BAT-O vergütet. Mit der 1996 erhobenen Klage hat er die Vergütungsdifferenz zum Entgelt nach Gruppe II a BAT-O sowie entsprechende Berichtigung und Herausgabe der Arbeitspapiere verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 13. Februar 1997 zurückgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 11. März 1997 zugestellt worden.
Mit mehrfach ergänztem Ablehnungsgesuch vom 19. Februar 1997 hat der Kläger die erkennende Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin als befangen abgelehnt. Das Gesuch wurde durch Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 29. Juli 1997 zurückgewiesen. Weitere Ablehnungsanträge sowie eine beim Europäischen Gerichtshof erhobene Klage blieben erfolglos.
Mit der am 3. September 1999 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision und beantragt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie verspätet eingelegt worden ist.
1. Nach § 72 a Abs. 2 ArbGG ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich beim Bundesarbeitsgericht einzulegen. Das anzufechtende Urteil des Landesarbeitsgerichts ist dem Kläger am 11. März 1997 zugestellt worden. Der letzte Tag zur Einlegung der Beschwerde war daher nach den Berechnungsvorschriften (§ 222 Abs. 1 ZPO in Verb. mit § 188 Abs. 2 BGB) der 11. April 1997.
2. Für die verspätete Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde kommt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht.
Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden gehindert war, eine Notfrist einzuhalten. Der Wiedereinsetzungsantrag kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr gestellt werden (§ 234 Abs. 3 ZPO). Die Frist zur Antragstellung für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand endete nach den Berechnungsvorschriften (§ 222 Abs. 1 und 2 ZPO in Verb. mit § 188 Abs. 2 BGB) mit Ablauf des 14. April 1998 (Dienstag nach Ostern). Der erst am 3. September 1999 gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist somit unzulässig.
3. Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Lauf der Notfristen nicht durch die von ihm wegen Besorgnis der Befangenheit der Richter des Landesarbeitsgerichts gestellten Ablehnungsanträge gehemmt worden.
Die Anbringung eines Ablehnungsgesuchs (§§ 42, 44 ZPO) bewirkt weder die Unterbrechung des Verfahrens noch hemmt sie den Eintritt der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung. Das verkennt der Kläger. Das Gesetz legt einem abgelehnten Richter nur das Verbot auf, vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs aufschiebbare Amtshandlungen vorzunehmen (§ 47 ZPO). Unzutreffend ist daher die Auffassung des Klägers, die Zustellung des Berufungsurteils sei unwirksam, weil der abgelehnte Richter nach Anbringung des Gesuchs die bereits vorher verkündete Entscheidung noch schriftlich abgefaßt und deren Zustellung veranlaßt habe.
Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, das Landesarbeitsgericht habe mit der gesetzlich vorgeschriebenen Abfassung des Urteils innerhalb von drei Wochen (§ 315 Abs. 2 Satz 1 ZPO) gegen das Verbot aufschiebbarer Amtshandlungen (§ 47 ZPO) verstoßen, so könnte das nicht die vom Kläger geltend gemachte Rechtsfolge begründen. Nimmt ein abgelehnter Richter vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs Handlungen vor, die aufschiebbar sind, so sind diese zwar verfahrensfehlerhaft, aber nicht unwirksam. Derartige Verfahrensmängel werden nachträglich geheilt, sobald das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen wird (Bundesverfassungsgericht 30. November 1987 – 1 BvR 1033/87 – ZIP 1988, 174, 175; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 58. Aufl. § 47 Rn. 9). Hier hat das Landesarbeitsgericht am 29. Juli 1997 das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Schon aus diesem Grund sind die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel unbeachtlich.
4. Soweit der Kläger auch die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung der Beschwerdebegründung verlangt, hat sich der Antrag – wie sich aus den oben ausgeführten Gründen ergibt – erledigt.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 25 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Leinemann, Reinecke, Düwell
Fundstellen
BB 2000, 1948 |
EBE/BAG 2000, 75 |
ARST 2000, 183 |
FA 2000, 164 |
FA 2000, 191 |
SAE 2000, 262 |
AP, 0 |
SGb 2000, 416 |
AUR 2000, 159 |
www.judicialis.de 1999 |