Entscheidungsstichwort (Thema)
Beihilfeanspruch. Fürsorgepflicht
Normenkette
BGB § 242; BBG § 79; ZPO §§ 145-146, 303, 322
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 14.03.1994; Aktenzeichen 3 Sa 1193/93) |
ArbG Köln (Urteil vom 09.06.1993; Aktenzeichen 15 Ca 10434/92) |
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. März 1994 – 3 Sa 1193/93 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung von Beihilfe zu den Kosten der dauernden Unterbringung seines behinderten volljährigen Sohnes.
Der Kläger war bis zum 30. September 1991 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der „Tarifvertrag Nr. 163 vom 6. März 1961 über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen an Arbeiter und Lehrlinge der Deutschen Bundespost (TV Nr. 163) Anwendung. § 1 TV Nr. 163 lautet:
„§ 1
Für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen werden die für die Beamten der Deutschen Bundespost jeweils geltenden Beihilfevorschriften (BhV) sinngemäß angewendet, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist.”
In der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften – BhV –) vom 19. April 1985 (GMBl 1989, 738 ff.) ist u.a. bestimmt:
„§ 1
(1) …
(2) Diese Vorschriften gelten für Bundesbeamte …
§ 9
Beihilfefähige Aufwendungen bei dauernder Anstaltsunterbringung
(1) Aus Anlaß einer wegen Pflegebedürftigkeit notwendigen dauernden Unterbringung körperlich oder geistig Kranker in Kranken-, Heil- oder Pflegeanstalten sowie Pflegeheimen sind neben anderen beihilfefähigen Aufwendungen abweichend von § 6 Abs. 1 Nr. 6 die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bis zum niedrigsten Satz in den für die Unterbringung in Betracht kommenden öffentlichen oder freien gemeinnützigen Anstalten oder Pflegeheimen am Ort der Unterbringung oder in seiner nächsten Umgebung insoweit beihilfefähig, als sie monatlich folgende Beträge übersteigen
…
(2) Eine dauernde Unterbringung ist anzunehmen, wenn nach dem Zeugnis eines Amts- oder Vertrauensarztes mit einer Beendigung der Pflegebedürftigkeit nicht mehr zu rechnen ist. Die Beihilfe nach Abs. 1 wird gewährt, sobald der Amts- oder Vertrauensarzt das Zeugnis erteilt. Sie wird für die Zeit seit Beginn der nicht wesentlich unterbrochenen Unterbringung gewährt, wenn für diese Zeit keine Beihilfe nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 zusteht.”
Der am 17. Juni 1963 geborene Sohn des Klägers ist seit dem 17. November 1986 wegen einer paranoid-halluzinatorischen Psychose bei Minderbegabung in dem Wohnheim für psychisch Behinderte „E.” der katholischen Kirchengemeinde St. A. in W. untergebracht. Er arbeitet in einer Werkstatt für Behinderte und bewältigt die routinemäßigen Abläufe im täglichen Leben, wie Aufstehen, Frühstücken, sich zum Arbeitsplatz zu begeben, selbständig. Die Kosten der Unterbringung werden vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) als Träger der Sozialhilfe erbracht.
Mit Schreiben vom 7. Mai 1990 leitete der LVR den Unterhaltsanspruch des Sohnes gegen den Kläger in Höhe der diesem zustehenden Beihilfe auf sich über und forderte den Kläger unter Beifügung der Kostenaufstellung des Wohnheims „E.” für die Zeit vom 17. November 1986 bis 31. Januar 1990 auf, bei der Beklagten Beihilfe zu den Unterbringungskosten zu beantragen. Die Beklagte lehnte den Beihilfeantrag des Klägers vom 18. Mai 1990 mit Schreiben vom 12. November 1991 ab, weil die durch die Unterbringung in dem Wohnheim entstandenen Kosten nicht beihilfefähig seien.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Sohn sei pflegebedürftig im Sinne von § 9 BhV. Die dauernde Anstaltsunterbringung sei erforderlich. Unerheblich sei, daß sich sein Sohn innerhalb und außerhalb des Heims frei bewegen könne. Zu einem selbständigen Leben sei er jedenfalls nicht in der Lage und deshalb auf die Heimunterbringung angewiesen:
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 93.730,66 DM nebst 6 % Zinsen seit 13. Januar 1993 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Sohn des Klägers sei nicht pflegebedürftig im Sinne der Hinweise des Bundesministers des Innern (BMI) zu den BhV. Außerdem sei das Wohnheim „E.” kein Pflegeheim im Sinne der BhV, sondern ein nicht der Pflege dienendes Behindertenwohnheim.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat den Beihilfeanspruch abgelehnt, weil der Sohn des Klägers im Sinne der Hinweise des BMI zu § 9 BhV nicht pflegebedürftig gewesen sei. Dabei sei unerheblich, ob die Hinweise des BMI in der Fassung von 1989 oder in der von 1991 anzuwenden seien.
II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff der Pflegebedürftigkeit im Sinne der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Hinweise zu § 9 BhV verkannt, auf die es im vorliegenden Rechtsstreit ankommt. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils.
1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß als Grundlage des Beihilfeanspruchs § 9 BhV in Betracht kommt. Dort ist die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen bei dauernder Anstaltsunterbringung geregelt. Die Bestimmung findet nach § 1 TV Nr. 163 sinngemäß Anwendung.
Der Beihilfeanspruch ist nicht nach § 3 Satz 1 TV Nr. 163 ausgeschlossen, der bestimmt, daß in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherte ausschließlich auf die ihnen zustehenden Sachleistungen angewiesen sind. Um Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handelt es sich bei den Leistungen, die der LVR für den Sohn des Klägers erbracht hat, nicht (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 15. Juli 1993 – 6 AZR 685/92 – AP Nr. 2 zu Nr. 1 Beihilfevorschriften, zu II 1 b der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Die Aufwendungen sind dem Kläger entstanden. Denn der LVR hat den Ersatz der Aufwendungen zulässigerweise vom Kläger verlangt und als Träger der Sozialhilfe den Unterhaltsanspruch des Sohnes gegen den Kläger in Höhe der diesem zustehenden Beihilfe durch das Schreiben vom 7. Mai 1990 wirksam auf sich übergeleitet (§ 90 Abs. 1 Satz 1 BSHG; vgl. dazu Urteil des Senats a.a.O., zu II 2 der Gründe).
2. Dem Landesarbeitsgericht kann allerdings bei seiner Annahme, die Unterbringung des Sohnes des Klägers sei nicht wegen Pflegebedürftigkeit im Sinne von § 9 BhV notwendig gewesen, nicht gefolgt werden.
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht bei der Auslegung von § 9 BhV den dazu ergangenen Durchführungshinweisen des BMI Bedeutung zugemessen. Die Verweisung in § 1 TV Nr. 163 auf die sinngemäße Anwendung der für die Beamten der Deutschen Bundespost jeweils geltenden Beihilfevorschriften erfaßt auch die zu diesen ergangenen Hinweise des BMI, da die Gewährung von Beihilfen an Arbeiter nach denselben Verwaltungsvorschriften erfolgen soll, wie sie für Beamte bestehen, soweit der TV Nr. 163 nichts anderes bestimmt. Daher sind auch die die Beihilfevorschriften ergänzenden Erläuterungen, Verfügungen und Verwaltungsanordnungen zu berücksichtigen (vgl. auch Senatsurteile vom 2. April 1992 – 6 AZR 493/90 – AP Nr. 6 zu § 40 BAT; vom 9. Oktober 1991 – 6 AZR 340/89 – n.v.). Die Hinweise des BMI zu den Beihilfevorschriften vom 19. April 1985 (GMBl S. 390) finden auch bei der Beklagten Anwendung. Sie wurden im Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (S. 1283) bekannt gemacht.
b) Im hier maßgeblichen Zeitraum der Unterbringung des Sohnes des Klägers vom 17. November 1986 bis zum 30. September 1991 lautete Hinweis Nr. 1 zu § 6 Abs. 1 Nr. 7 BhV – auch in der insoweit unveränderten Fassung vom 20. Oktober 1989 (GMBl S. 682; Amtsblatt des Bundesministers für Post- und Telekommunikation, S. 2089) – wie folgt:
„1. Pflegebedürftig ist, wer infolge Krankheit, Behinderung oder Schädigung so hilflos ist, daß er nicht ohne betreuende Pflege bleiben kann. Pflegebedürftigkeit ist nicht bei einem Zustand anzunehmen, der allein durch eine allgemeine Verminderung der körperlichen und geistigen Kräfte eingetreten ist und von dem für das Lebensalter typischen Zustand nicht wesentlich abweicht. Unter Pflege sind nur personenbezogene Verrichtungen zu verstehen, z.B. medizinische Hilfeleistungen, das Betten und Lagern, Hilfe beim An- und Auskleiden. Eine Pflege liegt somit nicht vor, wenn lediglich sonstige Hilfeleistungen, wie vor allem hauswirtschaftliche Arbeiten, erbracht werden müssen …”
Pflegebedürftigkeit setzt nach dieser Verwaltungsvorschrift somit ein bestimmtes Maß an Hilflosigkeit voraus. Der Betroffene muß so hilflos sein, daß er nicht ohne betreuende Pflege bleiben kann.
c) Ob dies bei dem Sohn des Klägers in der genannten Zeit der Fall war, hat das Berufungsgericht jedoch nicht geprüft.
Es hat neben dem vorliegend maßgeblichen Begriff der Pflegebedürftigkeit auch die erst ab 1. Januar 1992 geltende Fassung der Hinweise des BMI (GMBl S. 234; Amtsblatt der Deutschen Bundespost POSTDIENST sowie des Direktoriums der Deutschen Bundespost, S. 595) herangezogen, die für die Pflegebedürftigkeit auf einen konkret beschriebenen Leistungsbedarf des Betroffenen abstellt. Der Hinweis Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 zu § 9 Abs. 1 BhV in Verbindung mit dem Hinweis Nr. 1 zu § 6 Abs. 1 Nr. 7 BhV lautet dort:
„1. Pflegebedürftig ist, wer infolge Krankheit oder Behinderung einer der folgenden unmittelbar auf seine Person bezogenen Leistungen bedarf:
- Grundpflege; dazu zählen die Bereiche Mobilität und Motorik (z.B. Betten, Lagern, Hilfe beim An- und Auskleiden), Hygiene (z.B. Körperpflege, Benutzung der Toilette) und Nahrungsaufnahme,
- Behandlungspflege (z.B. Verbandwechsel, Injektionen, Katheterisierung, Einreibungen).
Pflegebedürftigkeit liegt nicht vor, wenn nur sonstige Hilfeleistungen (z.B. hauswirtschaftliche Versorgung), Beschäftigung oder psychische und soziale Betreuung erforderlich sind. Als pflegebedürftig gilt, wer aufgrund einer schweren Krankheit der ständigen, das übliche Maß übersteigenden Aufsicht bedarf.”
Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, es sei gleichgültig, welche der beiden Fassungen der Hinweise maßgeblich sei und ob sie sich inhaltlich unterschieden. Dem kann nicht gefolgt werden. Das Landesarbeitsgericht hätte diese Frage nur offenlassen dürfen, wenn die Ergebnisse in beiden Fällen gleich sind. Ob dies der Fall ist, hat es nicht geprüft.
Das Landesarbeitsgericht hat darauf abgestellt, daß der Kläger keiner Leistungen der Grund- oder Behandlungspflege im Sinne des ab 1. Januar 1992 geltenden Hinweises bedürfe. Lediglich sonstige Hilfeleistungen oder psychische und soziale Betreuung im Sinne dieses Hinweises seien erforderlich. Die Beschränkung des Pflegebegriffs auf Leistungen der „Grundpflege” oder der „Behandlungspflege” sowie den ausdrücklichen Ausschluß psychischer oder sozialer Betreuung enthält aber der Hinweis von 1989 nicht. Bei Beurteilung der Hilflosigkeit des Sohnes des Klägers hat das Landesarbeitsgericht eine „umfassende Hilflosigkeit mit ständiger Aufsicht” gefordert. Das Merkmal „ständige Aufsicht” ist jedoch nur in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung des Hinweises enthalten, nicht in der Fassung von 1989. Damit hat das Landesarbeitsgericht den hier maßgebenden Rechtsbegriff der Pflegebedürftigkeit im Sinne des Hinweises von 1989 verfehlt.
d) Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler (§ 549 ZPO). Es ist nicht auszuschließen, daß das Berufungsgericht bei richtiger Rechtsanwendung anders entschieden hätte.
Das Landesarbeitsgericht hätte berücksichtigen müssen, daß nach dem Hinweis von 1989 Pflegebedürftigkeit bereits dann vorliegt, wenn ein Grad der Hilflosigkeit erreicht ist, bei dem der Betroffene nicht ohne betreuende Pflege bleiben kann. Eine bestimmte Art oder ein bestimmter zeitlicher Umfang betreuender Pflege ist nicht erforderlich, wie sich daraus ergibt, daß die in Satz 3 des Hinweises als Pflege bezeichneten personenbezogenen Verrichtungen nur als Beispiele genannt und ihren Umfang nach nicht näher bestimmt sind. Danach kann eine dauernde Anstaltsunterbringung auch wegen einzelner, aber für die Gesunderhaltung des Betroffenen wichtiger Pflegemaßnahmen, die unter Umständen nicht der Grund- oder Behandlungspflege im Sinne der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung des Hinweises zuzuordnen sind, notwendig sein (vgl. BayVGH Urteil vom 20. Januar 1988 – 3 B 86.02346 – ZBR 1988, 294). Um eine ständige Aufsicht muß es sich nicht handeln.
Zu den als Pflege in Betracht kommenden personenbezogenen Verrichtungen gehören nach der beispielhaften Aufzählung des BMI auch „medizinische Hilfeleistungen”. Als solche ist die orale Medikamenteneinnahme anzusehen, die bei dem Sohn des Klägers nach dem im Tatbestand des Berufungsurteils insoweit wiedergegebenen Gutachten des Sachverständigen Dr. G. vom 20. Juni 1991 durch geschultes Personal erfolgen muß. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Sohn des Klägers nehme die Medikamente „im wesentlichen selbständig, ohne besondere Aufforderung des Heims” ein, bestätigt nur, daß die Medikamentenzuführung unter den Bedingungen betreuender Pflege ordnungsgemäß erfolgt. Ob der Sohn des Klägers dieses Ergebnis auch ohne betreuende Pflege erreichen könnte, wird das Berufungsgericht ergänzend feststellen müssen.
3. Das Landesarbeitsgericht wird bei Annahme der Pflegebedürftigkeit des Sohnes des Klägers auch zu prüfen haben, ob es sich bei dem Wohnheim „E.” um ein Pflegeheim im Sinne von § 9 BhV handelt. Ausreichende Tatsachenfeststellungen dazu liegen bisher nicht vor. Nach dem Hinweis 2 zu § 9 Abs. 1 BhV in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung sind Pflegeheime Einrichtungen, in denen pflegebedürftige Personen Betreuung und Pflege erhalten. Erforderlich ist somit, daß in der Einrichtung tatsächlich Pflegeleistungen gewährt werden. Das wird bestätigt durch das vom Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen mit Rundverfügung vom 16. Mai 1986 bekannt gegebene Schreiben des BMI vom 7. Mai 1986 (vgl. Schröder/Beckmann/Weber, BhV, Stand September 1994, § 9 Erläuterungen Anm. 3). Danach kommt es für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Unterbringung Behinderter in Pflegeheimen darauf an, ob durch das vorhandene Personal, Pfleger, Krankenschwestern, Therapeuten usw., die erforderliche Pflege im Wohnheim auch gewährleistet ist. Dazu wird das Landesarbeitsgericht gegebenenfalls Feststellungen treffen müssen.
4. Das Landesarbeitsgericht wird, falls es den Klageanspruch dem Grunde nach bejaht, zu beachten haben, daß hinsichtlich der Höhe der beihilfefähigen Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 BhV nur die Kosten für Unterkunft und Verpflegung beihilfefähig sind. Diese sind in der „Pflegekostenaufstellung” des Wohnheims „E.” nicht gesondert ausgewiesen. Sie sind nach Hinweis 4 zu § 9 Abs. 1 BhV mit 80 % des Pflegesatzes anzusetzen.
5. Entgegen der Auffassung der Revision kann der streitgegenständliche Beihilfeanspruch nicht unmittelbar aus der Fürsorgepflicht hergeleitet werden.
Soweit die Fürsorgepflicht (§ 242 BGB) durch Beihilfevorschriften konkretisiert wird, richtet sich der Beihilfeanspruch allein nach diesen Vorschriften, auch soweit sie für bestimmte Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beschränken oder ausschließen (vgl. BAG Urteil vom 5. November 1992 – 6 AZR 311/91 – AP Nr. 7 zu § 40 BAT, zu II 2 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Auch auf eine weitergehende Fürsorgepflicht der Beklagten nach Beamtenrecht (§ 79 BBG; vgl. BVerwGE 60, 212, 220; 64, 333, 343 und 79, 249), kann der Kläger sich nicht berufen. Nach § 1 TV Nr. 163 sind die beamtenrechtlichen Beihilfevorschriften auf das Arbeitsverhältnis des Klägers sinngemäß anzuwenden. Damit nimmt der TV Nr. 163 auf ein bestimmtes Regelungswerk Bezug. Anders als in der Entscheidung des Senats vom 4. August 1988 (– 6 AZR 10/86 – BAGE 59, 188 = AP Nr. 3 zu § 40 BAT) haben die Tarifparteien keine Regelung getroffen, die besagt, daß „Beihilfen in entsprechender Anwendung der für Beamte geltenden Bestimmungen” gewährt werden. Eine Erweiterung der Ansprüche des Klägers entsprechend § 79 BBG über die in den Beihilfevorschriften vorgesehenen Leistungen hinaus kommt somit nicht in Betracht.
6. Ohne Erfolg rügt die Revision, das angefochtene Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 551 Nr. 7 ZPO), weil es die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die dauernde Unterbringung des Sohnes des Klägers nicht unter dem Gesichtspunkt der heilpädagogischen Behandlung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 BhV) geprüft hat. Dem Kläger ist zuzugeben, daß eine Entscheidung als nicht mit Gründen versehen anzusehen ist, wenn sie auf einzelne Ansprüche im Sinne der §§ 145, 322 ZPO oder auf einzelne selbständige Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Sinne der §§ 146, 303 ZPO nicht eingegangen ist (vgl. BGH Urteil vom 17. Mai 1988 – IX ZR 5/87 – NJW RR 1988, 1146, 1147; BGHZ 39, 333, 337). Dieser Fall liegt hier aber nicht vor. Der Kläger hat nur den prozessualen Anspruch auf einen weiteren rechtlichen Gesichtspunkt gestützt und rügt, daß im Berufungsurteil darauf nicht eingegangen wurde. Dabei verkennt er jedoch, daß Rechtsausführungen keine Angriffsmittel im Sinne der genannten Vorschriften sind (Zöller/Greger, ZPO, 19. Aufl., § 282 Rz 2).
Aus dem für das Revisionsgericht maßgebenden Sachverhalt läßt sich kein Anspruch auf Beihilfe wegen einer Heilbehandlung herleiten. Es ist nicht festgestellt, welche vom Arzt schriftlich angeordneten Heilbehandlungen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 3 BhV im einzelnen, und zwar durch eine der genannten Fachkräfte, durchgeführt wurden und welche Kosten hierfür angefallen sind. Der „Pflegekostenaufstellung” des Wohnheims „E.” ist dies nicht zu entnehmen.
III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten mitzuentscheiden haben.
Unterschriften
Dr. Peifer, Richter Prof. Dr. Jobs hat Erholungsurlaub und kann daher nicht unterzeichnen. Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Spiegelhalter, Elias
Fundstellen