Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenhausarzt. Änderung der Gebührenordnung
Leitsatz (redaktionell)
Gehen die ausdrücklich als variabel bezeichneten Teile der Vergütung eines Chefarztes infolge Änderung der Gebührenordnung für Ärzte zurück, so kommt eine Anpassung der Vergütungsklausel im Dienstvertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage grundsätzlich - von der Frage der Zumutbarkeit abgesehen - nur dann in Betracht, wenn die Parteien bei Vertragsabschluß von einer bestimmten Höhe des variablen Vergütungsteiles oder von der Vorstellung ausgegangen sind, die Gebührenordnung werde sich für die Dauer der Vertragsabwicklung nicht wesentlich ändern.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 242, 611
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage Mindereinnahmen auszugleichen.
Der Kläger ist seit dem 1. März 1978 als Chefarzt der Abteilung Allgemeinchirurgie im Stadtkrankenhaus der Beklagten tätig. Den Rechtsbeziehungen der Parteien liegen der schriftliche Dienstvertrag vom 12. Dezember 1977 (im folgenden: DV) und der Zusatzvertrag gleichen Datums (im folgenden: ZV) zugrunde. Die §§ 3 und 4 DV grenzen die Dienstaufgaben des Klägers im Bereich der Krankenbehandlung und die sonstigen Dienstaufgaben des Klägers ab. § 16 DV regelt seine Tätigkeiten außerhalb der Dienstaufgaben (Nebentätigkeiten: fachärztliche ambulante Praxis im Krankenhaus, Gutachtertätigkeit, konsiliarische Beratung, Durchgangsarzttätigkeit). Hierzu sind die näheren Einzelheiten über die Inanspruchnahme von Räumen, Einrichtungen und Personal des Krankenhauses im Zusatzvertrag geregelt. § 3 ZV bestimmt, daß das Krankenhaus die bei RVO-Patienten anfallenden Sachkosten für ärztliche Sachleistungen unmittelbar mit der Kassenärztlichen Vereinigung nach den Tarifsätzen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV-NT) abrechnet und daß der Kläger die Sachkosten für ärztliche Sachleistungen bei Selbstzahlern nach der Spalte 6 des Tarifs der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG-NT) an das Krankenhaus zu zahlen hat.
Zu der Vergütung für die Tätigkeit des Klägers im dienstlichen Aufgabenbereich heißt es in § 7 Abs. 1 DV wie folgt:
"(1) Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im
dienstlichen Aufgabenbereich (§§ 3 und 4)
a) als feste Vergütung
eine Monatsvergütung nach Vergütungsgruppe I
BAT in der jeweils gültigen Fassung der Vergü-
tungstarifverträge sowie jährlich eine Zuwendung
nach dem Zuwendungstarifvertrag vom 12.10.1973
in der jeweils gültigen Fassung.
b) als variable, nicht gesamtversorgungsfähige
Vergütung (Zulage)
1. eine Beteiligung an den Einnahmen des Kranken-
hausträgers für die von ihm erbrachten Leistun-
gen bei denjenigen Patienten, die gem. § 6
Bundespflegesatzverordnung und den allgem.
Vertragsbestimmungen AVB die gesondert berechen-
bare ärztliche Leistung gewählt und dies mit
dem Krankenhaus vereinbart haben;
2. eine Beteiligung an den Einnahmen des Kranken-
hausträgers für die Gutachterhonorare bei
Personen, die zur Begutachtung (§ 7 Bundes-
pflegesatzverordnung) in Ein- und Zweibett-
zimmern des Krankenhauses aufgenommen und
von ihm persönlich begutachtet worden sind,
soweit die gesonderte Berechnung eines
Gutachterhonorars neben dem Pflegesatz nach
dem Pflegekostentarif des Krankenhauses in
der jeweils gültigen Fassung erfolgt.
Aus den jährlichen Einnahmen für die vorstehend
genannten ärztlichen Leistungen erhält der Arzt
1. von den ersten DM 50.000,-- 100 v. H.
2. von den darüberliegenden Beträgen
bis DM 100.000,-- 75 v. H.
bis DM 150.000,-- 70 v. H.
3. von den darüberliegenden Beträgen 65 v. H."
Weiter haben die Parteien in § 15 DV eine "Entwicklungs- und Anpassungsklausel" vereinbart. Diese Vertragsbestimmung hat folgenden Wortlaut:
"(1) Der Krankenhausträger kann nach Anhörung des
Arztes strukturelle und organisatorische
Änderungen im Krankenhaus vornehmen.
Insbesondere kann er
a) den Umfang der Allgemeinchirg./Unfall-
chirurg. Abteilung in Größe, Ausstattung
und Leistungsumfang sowie Zahl und Auftei-
lung der Betten ändern;
b) die Ausführung bestimmter Leistungen von
der Abteilung ganz oder teilweise zuschlagen
oder abtrennen und anderen Fachabteilungen,
Funktionsbereichen, Instituten, Unter-
suchungs- oder Behandlungseinrichtungen
oder Ärzten zuweisen;
c) weitere selbständige Fachabteilungen, Funk-
tionsbereiche oder Institute im Krankenhaus
neu einrichten, unterteilen, abtrennen oder
schließen;
d) weitere Ärzte als leitende Abteilungsärzte
einstellen oder als Belegärzte zulassen.
(2) Der Krankenhausträger kann nach Anhörung des
Arztes diesen Vertrag an die gesetzlichen
Bestimmungen oder an die durch die Änderung
der gesetzlichen Bestimmungen sich ergebenden
neuen Möglichkeiten des Krankenhauswesens
anpassen.
(3) Jeder Vertragsteil kann diesen Vertrag außer-
halb der Vereinbarungen in § 17 mit einer Frist
von drei Monaten kündigen, wenn durch Gesetze
oder Verordnungen des Bundes oder des Landes
neue Vorschriften im Bereich des Gesundheits-
wesens, des Krankenhauswesens oder des Sozial-
leistungswesens erlassen werden, die entweder
unmittelbar die Rechte und Pflichten einer
Vertragspartei ändern oder auf den Inhalt des
Vertragsverhältnisses mittelbar so einwirken,
daß die Änderungen der Rechte und Pflichten
ohne Bestehen des Vertrages ohne weiteres
eintreten würden. Die Kündigung wird frühestens
wirksam mit dem Tag des Inkrafttretens der
Rechtsnorm, die Anlaß für die Kündigung ist.
(4) Dem Arzt stehen bei Maßnahmen nach den Absätzen
1 und 2 keine Entschädigungsansprüche zu (wenn
seine Vergütung für die Tätigkeit im dienst-
lichen Aufgabenbereich - §§ 3 und 4 - wengistens
70 v. H. der durchschnittlichen Vergütungen
gem. § 7 Abs. 1 in den letzten 60 Monaten
erreicht. § 17 bleibt unberührt)."
Nachdem am 1. Januar 1983 die Gebührenordnung für Ärzte vom 12. November 1982 (GOÄ 1982, BGBl. I S. 1522), die die vorhergehende Gebührenordnung vom 18. März 1965 ablöste, in Kraft getreten war, gingen die Einkünfte des Klägers aus der privatärztlichen Behandlung stationärer Wahlleistungspatienten (künftig als "privat-stationärer Bereich" bezeichnet) zurück. Während er in den Jahren von 1979 bis 1982 jährlich durchschnittlich 283.785,-- DM verdiente, beliefen sich seine Einnahmen im Jahr 1983 auf 219.290,-- DM, im Jahre 1984 auf 226.994,-- DM und im Jahre 1985 auf 157.640,-- DM. Die Patientenzahl entwickelte sich in dieser Zeit wie folgt: 1982: 206 Patienten, 1983: 187 Patienten, 1984: 200 Patienten und 1985: 173 Patienten.
Der Kläger führt diese Einkommensverluste allein auf die Neuregelung der Gebührenordnung für Ärzte vom 12. November 1982 (in Verbindung mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte und der Vierten Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung vom 20. Dezember 1984, BGBl. I S. 1680) zurück. Er verlangt von der Beklagten aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Verlustausgleich sowie Anpassung seiner vertraglichen Vergütungsregelungen. Dazu hat er weiter vorgetragen, inzwischen lägen die Kostenanteile nach DKG-NT rund 50 % über den Anteilen nach KBV-NT. Hierdurch entstünden ihm jährlich Einkommenseinbußen von 5.000,-- bis 8.000,-- DM. Wegen dieser Entwicklung müsse die Beklagte darin einwilligen, daß künftig die Sachkosten für ärztliche Leistungen bei Selbstzahlern ebenfalls nach den Tarifsätzen der KBV-NT statt nach Spalte 6 DKG-NT abgerechnet würden; weiter sei die Beklagte verpflichtet, ihm die durch die bisherige Abrechnung nach Spalte 6 DKG-NT entstandenen Einkommenseinbußen ab dem 1. November 1983 zu ersetzen.
Demgemäß hat der Kläger zuletzt beantragt,
1. festzustellen, daß der Kläger zukünftig in
Abänderung des § 3 Ziff. 3 des Zusatzvertrages
vom 12. Dezember 1977 zu § 16 Abs. 5 des
Dienstvertrages der Parteien vom 12. Dezember
1977 befugt ist, für ärztliche Sachleistungen
im Krankenhaus der Beklagten die Sachkosten
(allgemeine und besondere Unkosten) an das
Krankenhaus anstelle der Spalte 6 DKG-NT nach
Maßgabe des KBV-NT in der jeweiligen Fassung
zu erstatten;
2. die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verur-
teilen,
a) dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen,
wie hoch die Differenz der Einnahmen aus
den Sachkosten gemäß § 3 Ziff. 3 des Zusatz-
vertrages vom 12. Dezember 1977 zu § 16
Abs. 5 des Dienstvertrages vom 12. Dezember
1977 für die Leistungen des Klägers im fach-
ärztlichen ambulanten Bereich ist, wenn
anstelle der Spalte 18 DKG-NT ab dem
1. November 1983 nach KBV-NT abgerechnet
wird,
b) nach Auskunft der Beklagten diese zu verur-
teilen, an den Kläger für dessen Leistungen
im fachärztlichen ambulanten Bereich die
sich aus der Auskunft ergebende Differenz
der Einnahmen aus den Sachkosten gemäß § 3
Ziff. 3 des Zusatzsvertrages vom 12. Dezember
1977 zu § 16 Abs. 5 des Dienstvertrages der
Parteien vom 12. Dezember 1977, die sich
daraus ergibt, daß anstelle der Spalte 8
DKG-NT ab dem 1. November 1983 nach KBV-NT
abgerechnet wird, nebst 4 % Zinsen seit
Zustellung der Klage zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
247.431,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem
1. Januar 1984 aus 64.494,-- DM sowie seit
dem 1. Januar 1985 aus 56.791,-- DM und aus
weiteren 126.145,-- DM seit dem 1. Januar 1986
zu zahlen;
4. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, dem
Kläger für die Dauer des Arbeitsverhältnisses
der Parteien zum 31. Dezember eines jeden
Jahres, beginnend mit dem Jahre 1986, die
Differenz der Einnahmen des Klägers aus dem
privat-stationären Bereich aus dem jeweiligen
Zeitjahr im Vergleich zum durchschnittlichen
Einkommen des Klägers aus dem privat-statio-
nären Bereich aus den Jahren 1979 bis 1982 in
Höhe von 283.785,--DM zu zahlen;
sowie hilfsweise
1. festzustellen, daß zwischen den Parteien § 7
Abs. 1 b des Dienstvertrages vom 12. Dezember
1977 mit der Maßgabe weiterbesteht, daß der
Kläger aus den jährlichen Einnahmen gem. § 7
Abs. 1 b für seine ärztlichen Leistungen
von den ersten 50.000,-- DM 100 %
von den darüberliegenden Beträgen
bis 100.000,-- DM 90 %
bis 150.000,-- DM 85 %
von den darüberliegenden Beträgen 80 %
erhält.
2. die Beklagte zu verurteilen,
a) dem Kläger darüber Auskunft zu geben, welche
Einnahmen der Kläger für seine Leistungen im
fachärztlichen stationären Bereich gem. § 7
Abs. 1 b des Dienstvertrages vom 12. Dezember
1977 ab dem 1. November 1983 zu beanspruchen
hat, wenn
von den über 50.000,-- DM bis 100.000,-- DM
getätigten Einnahmen des Klägers statt 75 %
nun 90 %,
von den über 100.000,-- DM bis 150.000,-- DM
liegenden vom Kläger getätigten Einnahmen statt
70 % nun 85 %
und von den darüberliegenden Einnahmen statt
65 % nun 80 % an den Kläger zu erstatten sind;
b) die Beklagte nach Auskunftserteilung zu ver-
urteilen, den sich aus der Auskunft der Beklag-
ten zu Ziff. a) ergebenden Betrag an den Kläger
nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, § 7 DV garantiere dem Kläger für den privat-stationären Bereich kein Einkommen in einer bestimmten Höhe. Da § 7 Abs. 1 Buchst. b) DV die dort vereinbarte Vergütung als variable Beteiligung bezeichne, müßten die Parteien das Risiko von Einkommensschwankungen gemeinsam tragen. Gerade diese Risikoverteilung sei Geschäftsgrundlage geworden. Das ergebe sich auch aus der Zusammenschau mit § 15 DV. Im übrigen hat die Beklagte das tatsächliche Vorbringen des Klägers bestritten und schließlich noch behauptet, die Liquidation des Klägers im stationären Bereich sei im Jahr 1986 nach Abzug der vertraglichen Abgaben auf 195.636,-- DM angestiegen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision, mit der der Kläger seine Ansprüche weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Mit dem Landesarbeitsgericht ist eine Rechtsgrundlage für die vom Kläger verlangten Vertragsänderungen zu verneinen. Damit entfallen, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, die Anspruchsgrundlagen für die Zahlungsbegehren und die Ansprüche auf Auskunftserteilung.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts sind Geschäftsgrundlage die bei Abschluß des Vertrages zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut (BGHZ 25, 390, 392, mit weiteren Nachweisen; BAGE 52, 273, 276 = AP Nr. 7 zu § 242 BGB Geschäftsgrundlage, zu 2 b der Gründe, ebenfalls mit weiteren Nachweisen). Anerkannt ist in der Rechtsprechung weiter, daß Gesetzesänderungen die Geschäftsgrundlage eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages so verändern können, daß Leistung und Gegenleistung nicht mehr in dem zuvor vereinbarten Verhältnis stehen und daß die vertraglichen Abreden dann nach den Regeln über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage anzupassen sind (BAGE 42, 336, 343 = AP Nr. 12 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag, zu I 1 der Gründe, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Die Anpassung ist dann geboten, wenn der Vertrag selbst keine Regelung darüber enthält, wie bei einer Änderung der Geschäftsgrundlage zu verfahren ist, und wenn einer Partei das weitere Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist (BGH NJW 1962, 29, 30 m. w. N.). Diese Grundsätze hat der Senat bereits mehrfach auf Fallgestaltungen angewandt, welche die Anpassung eines Chefarztvertrages mit Liquidationsbefugnis für Leistungen im Belegarztbereich gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung betrafen (vgl. BAGE 42, 336 = AP Nr. 12 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag; zuletzt in der nicht veröffentlichten Entscheidung vom 17. Februar 1988 - 5 AZR 575/86 -).
Von den Fällen des Verlustes des Liquidationsrechts im Belegarztbereich unterscheidet sich der Streitfall jedoch in einem wesentlichen Punkte. Während in den früheren Fällen die Liquidationsbefugnis für einen bestimmten Arbeitsbereich völlig entfiel, die im Dienste des Krankenhauses erbrachte Tätigkeit aber uneingeschränkt weiter verrichtet werden mußte, liegt im Fall des Klägers kein (vollständiger oder teilweiser) Entzug des Liquidationsrechts vor. Eine Einkommensminderung hat sich für den Kläger jedoch dadurch ergeben, daß aufgrund einer gesetzlichen Änderung der Gebührenordnung für Ärzte jetzt nur noch mit geringeren Sätzen abgerechnet wird. In den früheren Fällen ist den Klägern außerdem nicht der volle Differenzbetrag zwischen dem ursprünglichen und dem späteren Einkommen zuerkannt worden, vielmehr erhielten sie nur einen Ausgleich nach den in Bayern oder in Rheinland-Pfalz vereinbarten besonderen Anpassungsregelungen.
2. Im Streitfall sind die Voraussetzungen für den Wegfall der Geschäftsgrundlage des Dienstvertrages des Klägers nicht erfüllt. Der Kläger könnte mit seiner Klage nur dann Erfolg haben, wenn zur Geschäftsgrundlage seines Dienstvertrages mit der Beklagten entweder die Vorstellung einer bestimmten Einkommenshöhe oder die Vorstellung gehörte, die bei Vertragsabschluß gültige Gebührenordnung für Ärzte werde sich in Zukunft nicht ändern.
Daß die Parteien von einer bestimmten Einkommenshöhe bei den Wahlleistungen und den Gutachterhonoraren ausgegangen wären, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Der Vertrag sagt dazu nichts; er spricht diesen Teil der Vergütung vielmehr als "variabel" an. Weiter ist insbesondere aus § 15 DV zu entnehmen, daß die Parteien von der Möglichkeit ausgegangen sind, die gesetzlichen Bestimmungen im Bereich des Gesundheitswesens könnten sich ändern. So haben sie der Beklagten für den Fall der Gesetzesänderung das Recht zur Vertragsanpassung eingeräumt und weiter eine besondere Kündigungsmöglichkeit mit verkürzter Frist vereinbart. Weiter ergibt sich aus der in § 15 Abs. 4 DV getroffenen Vereinbarung, daß dem Kläger bei einer ganz bestimmten Vergütungsentwicklung ein Entschädigungsanspruch zustehen kann. Diese Regelung ist aber ausdrücklich an die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 und Abs. 2 DV geknüpft und daher auf die streitige Fallgestaltung nicht anwendbar. Immerhin läßt sich aus § 15 DV entnehmen, daß die Parteien eben nicht davon ausgegangen sind, die Gebührenordnung für Ärzte in der damals gültigen Fassung werde für alle Zeiten bestehen bleiben.
3. Selbst wenn man wegen der Neuregelung der Gebührenordnung für Ärzte von einer Änderung der Geschäftsgrundlage des Dienstvertrages des Klägers ausgehen wollte, könnte eine Vertragsanpassung nur dann in Betracht kommen, wenn dem Kläger das weitere Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar wäre. Berücksichtigt man jedoch, daß der hier streitige Vergütungsteil des Klägers in seinem Dienstvertrag ausdrücklich als "variabel" bezeichnet ist und daß mit der Änderung der Gebührenordnung für Ärzte gerade eine Kostendämpfung im Gesundheitswesen angestrebt wurde, so ergibt sich, daß die Einkommensminderung des Klägers noch nicht so erheblich ist, daß man ihm das Festhalten am Vertrag billigerweise nicht mehr zumuten könnte.
Dies wird deutlich durch die zutreffende Überlegung des Landesarbeitsgerichts zu der Entwicklung des Gesamteinkommens des Klägers. Das Landesarbeitsgericht hat - ausgehend von der Regelung in § 15 Abs. 4 DV - darauf hingewiesen, daß der Kläger bei Zusammenrechnung seiner festen Vergütung (VergGr. I BAT) und der variablen Vergütung nur im Jahre 1985 geringfügig unter 70 % der aus vier Jahren ermittelten durchschnittlichen Vergütung geblieben ist. Diese Einkommensminderung haben die Parteien in § 15 DV für den Fall, daß der Krankenhausträger strukturelle oder organisatorische Änderungen im Krankenhaus vornimmt sowie bei von ihm durchgeführten Anpassungen an gesetzliche Bestimmungen ausdrücklich noch als tragbar angesehen. Insoweit haben sie nämlich vereinbart, daß dem Kläger keine Entschädigungsansprüche zustehen sollen. Allerdings trifft die Regelung des § 15 DV - wie bereits erwähnt - nicht den Streitfall. Die Änderung der Gebührenordnung für Ärzte hat aber für den Kläger eine vergleichbare Lage geschaffen, sie hat ebenfalls zu einer Änderung des Äquivalenzverhältnisses im Leistungsgefüge des Dienstvertrages geführt. Diese Änderung mit der durch sie geschaffenen Lage ist ihm aber noch in gleicher Weise zumutbar wie im Falle des § 15 Abs. 1, 2, und 4 DV.
4. Soweit der Kläger zu § 3 ZV eine Vertragsänderung verlangt, ist sein Vorbringen nicht schlüssig. Auch wenn in den Abrechnungsbereichen bei Sachkosten für ärztliche Sachleistungen Änderungen eingetreten sind, die jährliche Einkommenseinbußen von 5.000,-- bis 8.000,-- DM für den Kläger im Gefolge haben, ist mangels näherer Darlegung nicht ersichtlich, inwieweit diese Entwicklung für den Kläger unzumutbar geworden sein sollte.
Dr. Thomas Dr. Gehring Ascheid
Dr. Kalb Wengeler
Fundstellen
BAGE 62, 11-18 (LT1) |
BAGE, 11 |
DB 1989, 2236 (L1) |
NJW 1989, 2346 |
NJW 1989, 2346-2347 (LT1) |
JR 1990, 264 |
RdA 1989, 312 |
USK, 8924 (ST) |
ZAP, EN-Nr 301/89 (S) |
AP § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag (LT1), Nr 20 |
ArztR 1990, 233 (K) |
ArztuR 1990, Nr 5, 11 (T) |
EzBAT § 4 BAT Ärzte, Nr 1 (LT1) |
KH 1989, 524 (KT) |
MedR 1990, 48-50 (ST) |
AusR 1990, 11 |