Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung einer betrieblichen Übung
Leitsatz (amtlich)
- Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß eine betriebliche Übung dadurch geändert werden kann, daß die Arbeitnehmer einer neuen Handhabung über einen Zeitraum von drei Jahren nicht widersprechen (Bestätigung von BAG Urteil vom 26. März 1997 – 10 AZR 612/96 – AP Nr. 50 zu § 242 BGB Betriebliche Übung).
- Die Annahme einer geänderten betrieblichen Übung in bezug auf die Zahlung eines Weihnachtsgeldes nur noch unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit der Leistung erfordert jedoch, daß der Arbeitgeber klar und unmißverständlich erklärt, die bisherige betriebliche Übung einer vorbehaltlosen Zahlung solle beendet und durch eine Leistung ersetzt werden, auf die in Zukunft kein Rechtsanspruch mehr bestehe.
Normenkette
BGB §§ 242, 611
Verfahrensgang
Tenor
- Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 24. Februar 1998 – 3 Sa 498 a/97 – wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über ein Weihnachtsgeld für das Jahr 1996.
Der Kläger wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 7. März 1988 eingestellt. Diese zahlte, ohne tarifgebunden zu sein, an alle Arbeitnehmer des Betriebes ein Weihnachtsgeld nach Maßgabe des Tarifvertrages über betriebliche Sonderzahlungen für die Arbeitnehmer der Metallindustrie Schleswig-Holsteins (TV-Sonderzahlung). Die Zahlung erfolgte bis zum Jahre 1990 ohne weitere Hinweise.
In einer internen Mitteilung vom 23. Oktober 1991 wurde folgendes bekanntgegeben:
“Weihnachtsgeldzahlung
Sehr geehrte Mitarbeiterinnen, sehr geehrte Mitarbeiter, wir informieren Sie hiermit über die Termine ihrer Weihnachtsgeldzahlung. Diese Vergütung wird in freiwilliger Anlehnung an den Tarifvertrag über zu zahlende betriebliche Sonderzahlungen vorgenommen.
…
Anspruch auf diese freiwillige Sonderzahlung haben Lohn- und Gehaltsempfänger, die zum Zeitpunkt der Auszahlung dem Betrieb sechs Monate angehören, ausgenommen sind Mitarbeiter, die zu diesem Zeitpunkt ihr Arbeitsverhältnis gekündigt haben.
…
Wir weisen aus rechtlichen Gründen darauf hin, daß Weihnachtsgeldzuwendungen freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistungen sind, deren Gewährung einen Rechtsanspruch für die Zukunft nicht begründen.”
Im Jahre 1992 erfolgte die Zahlung ohne weitere Hinweise.
Ein Aushang am Schwarzen Brett vom 2. November 1993 hatte u.a. folgenden Inhalt:
“Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
wir informieren Sie hiermit über die Termine Ihrer Weihnachtsgeldzahlung 1993. Diese Vergütung wird in freiwilliger Anlehnung an den Tarifvertrag über zu zahlende betriebliche Sonderzahlungen vorgenommen.”
Der Aushang vom 3. November 1994 hatte u.a. folgenden Inhalt:
“…
wir informieren Sie hiermit über die Termine Ihrer Weihnachtsgeldzahlung 1994. Diese Vergütung wird in freiwilliger Anlehnung an den Tarifvertrag über zu zahlende betriebliche Sonderzahlungen vorgenommen.”
Im Aushang 1995 heißt es:
“…
wir informieren sie hiermit über die Termine Ihrer Weihnachtsgeldzahlung 1995.
Diese Vergütung wird als freiwillige betriebliche Leistung gewährt und begründet keine Rechtsansprüche für die Zukunft. Wir behalten uns vor, die gezahlte Weihnachtsgratifikation in voller Höhe, bis auf einen Restbetrag von Brutto DM 200,00 zurückzufordern, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 31.03.1996 durch Ihre Kündigung beendet werden sollte.”
Im Jahre 1996 gab die Beklagte mit Schreiben vom 26. November 1996 folgendes bekannt:
“Sehr geehrte Mitarbeiter,
mit aller Deutlichkeit möchte ich Ihnen heute nochmals mitteilen, daß solange die ständig kostenverursachende Blockierungspolitik des Betriebsrates stets vorangetrieben wird, eine Weihnachtsgeldzahlung in diesem Jahr nicht erfolgen kann.
Eine erneute Überlegung hierzu könnte zum 31. März 1997 erfolgen. Dann wird die heutige Situation neu durchdacht sein.”
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. März 1997. Im Mai 1997 zahlte sie allen beschäftigten Arbeitnehmern ein Weihnachtsgeld für das Jahr 1996 in Höhe von 50 % des Bruttolohns, berechnet nach dem Lohn für das Jahr 1994.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 1996, das er nach dem TV-Sonderzahlung i.d.F. vom 14. März 1994 mit 60 % des Monatsverdienstes nach dem Stand vom 31. Mai 1994 berechnet.
Der Kläger vertritt die Auffassung, der Anspruch sei aus betrieblicher Übung begründet, da die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin das Weihnachtsgeld in der tariflich vorgesehenen Höhe mehr als dreimal hintereinander ohne jeden Vorbehalt gezahlt habe. Der Anspruch hätte nur durch Änderungskündigung oder Änderungsvertrag, aber nicht durch einseitige Mitteilung am Schwarzen Brett beseitigt werden können. Auch sei in den Aushängen in den Jahren 1993 und 1994 nicht hinreichend deutlich gemacht worden, daß eine Zahlung in Zukunft nicht mehr erfolgen werde. Allein aufgrund des Aushanges im Jahre 1995 sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, ihn von der Zahlung für das Jahr 1996 auszuschließen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.071,82 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 16. Februar 1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dem Kläger stehe für das Jahr 1996 kein Anspruch auf Weihnachtsgeld zu. Zwar könne davon ausgegangen werden, daß aufgrund der Zahlung in den früheren Jahren eine betriebliche Übung in bezug auf die Gewährung eines Weihnachtsgeldes entstanden sei. Diese sei jedoch dadurch beseitigt worden, daß in den Jahren 1992 bis 1995 jeweils darauf hingewiesen worden sei, daß die Zahlung freiwillig erfolge. Diese Erklärung sei von den Arbeitnehmern widerspruchslos hingenommen worden. Daraus folge eine einvernehmliche Aufhebung der entsprechenden arbeitsvertraglichen Ansprüche. Sie sei deshalb berechtigt gewesen, den Kläger von der Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 1996 auszunehmen, weil sein Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung im Mai 1997 nicht mehr bestanden habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten im wesentlichen zurückgewiesen und die Klage nur hinsichtlich des Zinsanspruchs abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf das Weihnachtsgeld für das Jahr 1996 in Höhe von 2.071,82 DM brutto zu.
Unterschriften
Dr. Freitag, Dr. Jobs, Hauck, Hermann, N. Schuster
Fundstellen
Haufe-Index 871676 |
BAGE, 283 |
BB 1999, 1924 |
DB 1999, 1907 |
DStR 1999, 2082 |
NJW 2000, 308 |
NWB 1999, 3755 |
FA 1999, 303 |
JR 2000, 220 |
NZA 1999, 1162 |
SAE 2000, 81 |
ZAP 1999, 1189 |
ZTR 1999, 525 |
AP, 0 |
AuA 2000, 45 |
MDR 1999, 1390 |
ZfPR 2000, 115 |
RdW 1999, 694 |