Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Kinderkrankenhaus

 

Normenkette

BGB § 613a; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 24.04.1996; Aktenzeichen 15 Sa 10/96)

ArbG Berlin (Urteil vom 29.08.1995; Aktenzeichen 36 Ca 40177/94)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 24. April 1996 – 15 Sa 8/96 und 10/96 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützten Kündigung des Beklagten, hilfsweise um eine Abfindung aus einem Maßnahmenplan.

Die im März 1935 geborene Klägerin war seit 1981 als Arztsekretärin im C.-Kinderkrankenhaus (CKK) des Beklagten beschäftigt. Der Senat von Berlin beschloß im Jahre 1993, das CKK mit seinen 135 Betten als Krankenhausstandort aufzugeben und eine Kinderklinik als Abteilung des St. J.-Krankenhauses (SJK), dessen Rechtsträgerin die Streithelferin ist, in den Krankenhausplan aufzunehmen. Diese Kinderklinik mit 76 Betten befand sich im Bau und sollte 1995 fertiggestellt werden. Im Juni 1994 entschied der Beklagte, das CKK im Juli 1995 zu schließen. Die Senatsverwaltung für Gesundheit stellte mit Bescheid vom 2. Januar 1995 fest, daß das CKK „mit Inbetriebnahme des Neubaus für die Pädiatrie im SJK aus dem Krankenhausplan 1993 ausscheide”, weil es für das Erreichen der Ziele der Krankenhausplanung im Land Berlin ab diesem Zeitpunkt nicht mehr benötigt werde.

Der Beklagte kündigte allen Arbeitnehmern des CKK, die nicht ohnehin aufgrund von Aushilfs- und Zeitverträgen beschäftigt waren, ordentlich zum 30. Juni 1995. Die Klägerin erhielt die Kündigung mit Schreiben vom 14. Dezember 1994 zum 30. Juni 1995.

Der Betrieb des CKK wurde entsprechend der Planung am 30. Juni 1995 eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren 26 Betten belegt. Die Kinder wurden in die neue Kinderklinik des SJK verlegt. Der Beklagte führt auf dem Gelände eine wirtschaftlich und organisatorisch vom Krankenhausbetrieb unabhängige Behinderteneinrichtung fort. Dort arbeitet im Anschluß an ein arbeitsgerichtliches Urteil vom 22. Juni 1995 als Schreibkraft halbtags Frau Z., die zuvor im CKK tätig war und ebenfalls eine Kündigung erhalten hatte.

Die Streithelferin integrierte die neue Kinderklinik in die vorhandene Organisation ihres Krankenhausbetriebs, u.a. durch den Anschluß an bestehende Versorgungseinrichtungen und an die ärztliche Versorgung. Die Kinderklinik nutzt die vorhandenen medizinischen Großgeräte des SJK. Der förderungsfähige Kostenaufwand für ihre eigenen medizinischen Geräte betrug 5,8 Mill. DM bei 36,6 Mill. DM für die Einrichtung der Pädiatrie insgesamt. Bei Schließung des CKK wurden von dort medizinische Geräte mit einem Anschaffungswert von 939.000,00 DM bei einem Restbuchwert von 275.000,00 DM und Wirtschaftsgüter mit einem Anschaffungswert von 88.000,00 DM bei einem Restbuchwert von 43.000,00 DM übernommen. Das übrige Inventar des CKK wurde anderweitig veräußert oder entsorgt. Organisatorischer Aufbau und Arbeitsabläufe der neuen Kinderklinik sind eigenständig und anders als im ehemaligen CKK organisiert.

Die Streithelferin stellte nach Durchführung eines Bewerbungsverfahrens etwa die Hälfte der bisher im CKK beschäftigten Arbeitnehmer ein, darunter den Chefarzt und den größten Teil der Stationsschwestern. Die 60 Schüler und Auszubildenden des CKK setzten ihre Ausbildung im SJK fort.

Am 15. Februar 1995 erstellte der Beklagte einen Maßnahmenplan, der Ausgleichs- und Milderungsmaßnahmen vorsah. Darin heißt es:

„4. Ausschließungsgründe

Mitarbeiter/innen, die Anspruch auf Altersrente oder vorgezogene Altersrente haben, sind von den Ausgleichs- und Milderungsmaßnahmen ebenfalls ausgeschlossen.

7. Höhe der Abfindung

Für Mitarbeiterinnen, die durch die Schließung des C.-Kinderkrankenhauses ihren Arbeitsplatz dort verlieren und im Anschluß an die Schließung trotz aller Bemühungen keinen neuen, insgesamt gesehen vergleichbaren Arbeitsplatz erhalten können, wird eine Abfindung vereinbart, die sich an der im Kommentar zur Rahmenordnung für die Mitarbeitervertretungsordnung zu § 29 (Sonderheft der Caritas-Korrespondenz III 1988, S. 391) abgedruckten Tabelle orientiert (siehe Anlage).”

Die Klägerin hätte ohne die Kündigung angesichts ihrer wegen eines Versorgungsausgleichs verhältnismäßig geringen Rentenansprüche noch weiter über die Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus gearbeitet.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt und nach § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam. Der Betrieb des CKK sei nicht vollständig eingestellt worden. Der Beklagte könne sie im Schreibdienst eines anderen Krankenhauses oder in der fortgeführten Behinderteneinrichtung weiterbeschäftigen. Sie sei älter und länger bei dem Beklagten beschäftigt als Frau Z. Es liege ein Teilbetriebsübergang auf die Streithelferin vor. Dabei sei nicht so sehr auf die sachlichen Betriebsmittel, sondern auf Struktur, Organisation und Aufgaben abzustellen. Wesentlich seien die gleichen Behandlungsindikationen im pädiatrischen Bereich, die Aufnahme in den Krankenhausplan und der Umstand, daß es in Berlin nur wenige Kinderkrankenhäuser gebe, was für die Übernahme des Patientenstammes spreche. Als Rechtsgeschäft im Sinne des § 613 a BGB seien die dem Krankenhausplan 1993 vorausgegangenen Gespräche zwischen dem Senat, dem Beklagten und der Streithelferin anzusehen, in denen ein Einvernehmen über die Schließung des CKK und die Neueröffnung einer Kinderabteilung des SJK hergestellt worden sei.

Die Klägerin hat weiter die Auffassung vertreten, jedenfalls stehe ihr eine Abfindung nach dem Maßnahmenplan vom 15. Februar 1995 zu. Der Ausschlußtatbestand benachteilige sie wegen ihres Geschlechts, da ein Mann erst ab Vollendung des 63. Lebensjahres hierunterfalle.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 14. Dezember 1994 nicht aufgelöst worden sei,

hilfsweise:

den Beklagten zu verurteilen, an sie eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 49.040,88 DM brutto zu zahlen.

Beklagter und Streithelfer haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, es liege kein Betriebsübergang vor. Der Betrieb des CKK sei vollständig eingestellt worden. Grundlage der Neueinrichtung der Kinderklinik sei der Krankenhausplan gewesen, also eine gesundheitspolitische Entscheidung des Landes und kein Rechtsgeschäft. Auch sei kein funktionsfähiger Betrieb übertragen worden. Mit den übernommenen Gegenständen hätte der Krankenhausbetrieb nicht fortgeführt werden können. Angesichts der Betriebsstillegung sei eine Sozialauswahl entbehrlich gewesen. Einen freien Arbeitsplatz für die Klägerin habe es weder in einem anderen Krankenhaus noch in einer sonstigen Einrichtung des Beklagten gegeben.

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, hilfsweise Zahlung der Abfindung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

A. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Die Kündigung sei angesichts der Schließung des CKK nicht sozial ungerechtfertigt. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Der Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin Z. scheide schon deshalb aus, weil es sich um eine Teilzeitstelle handle. Die Kündigung sei auch nicht nach § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam, da weder der ganze Betrieb noch ein Betriebsteil übergegangen sei. Außerdem fehle es an einem Rechtsgeschäft; Herausnahme des CKK aus und Hereinnahme des SJK in den Krankenhausplan seien durch die Feststellungsbescheide der Senatsverwaltung erfolgt. Außerdem seien weder ein Kundenstamm noch das wesentliche Anlagevermögen übergegangen. Die Übernahme von Arbeitnehmern sei nicht Tatbestandsvoraussetzung, sondern Rechtsfolge des § 613 a BGB.

Der Abfindungsanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Die Ausschlußregelung in § 4 Abs. 2 des Maßnahmenplans sei nicht zu beanstanden. Der Umstand, daß die Ausschlußregelung Arbeitnehmerinnen bereits mit 60 Jahren, Arbeitnehmer hingegen erst mit 63 Jahren erfasse, stelle keine Diskriminierung wegen des Geschlechts dar. Es gehe um die Milderung wirtschaftlicher Nachteile. Wenn das Erfordernis einer solchen Milderung bei Frauen bereits ab 60, bei Männern erst ab 63 entfalle, so beruhe das auf einer Entscheidung des Gesetzgebers. Bei einer freiwilligen und einseitigen Leistung des Arbeitgebers sei eine solche Differenzierung nicht zu beanstanden. Die individuelle Situation der Klägerin müsse außer Betracht bleiben.

B. Das angefochtene Urteil hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung sowohl zum Hauptantrag als auch zum Hilfsantrag stand.

I. Die Kündigung des Beklagten vom 14. Dezember 1994 hat das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1995 aufgelöst.

1. Die Kündigung ist nicht wegen des Überganges eines Betriebes oder eines Betriebsteils ausgesprochen worden (§ 613 a Abs. 4 BGB). Ein (Teil-) Betriebsübergang war weder vorgesehen noch ist ein solcher erfolgt.

a) Wegen eines Betriebsübergangs im Sinne von § 613 a BGB wird eine Kündigung dann ausgesprochen, wenn der Betriebsübergang die überwiegende Ursache der Kündigung bildet. Der Betriebsübergang muß Beweggrund für die Kündigung sein. Dabei ist ausschließlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung abzustellen. Damit kann ein bevorstehender Betriebsübergang nur dann zur Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 613 a Abs. 4 BGB führen, wenn die den Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung feststehen und bereits greifbare Formen angenommen haben (vgl. nur Senatsurteil vom 13. November 1997 – 8 AZR 295/95 – AP Nr. 169 zu § 613 a BGB, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 1 der Gründe, m.w.N.).

b) Ein Betriebsübergang setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Der Begriff Einheit bezieht sich auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehört als Teilaspekt der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Eine Einheit darf allerdings nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (ständige Rechtsprechung des Senats im Anschluß an das Urteil des EuGH vom 11. März 1997 – Rs C-13/95 – EuGHE I 1997, 1259 = AP Nr. 14 zu EWG – Richtlinie Nr. 77/187 [Ayse Süzen]; vgl. nur Senatsurteile vom 24. April 1997 – 8 AZR 848/94 – n.v., zu II 2 b der Gründe; und vom 22. Januar 1998 – 8 AZR 623/96 – n.v., zu B II 1 b der Gründe).

In Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung von deren Identität ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Es hängt von der Struktur eines Betriebes oder Betriebsteils ab, welcher nach Zahl und Sachkunde zu bestimmende Teil der Belegschaft übernommen werden muß, um von der Übernahme einer bestehenden Arbeitsorganisation ausgehen zu können. Haben die Arbeitnehmer einen geringen Qualifikationsgrad, muß eine hohe Anzahl von ihnen beschäftigt werden, um auf einen Fortbestand der vom Konkurrenten geschaffenen Arbeitsorganisation schließen zu können. Ist ein Betrieb stärker durch das Spezialwissen und die Qualifikation der Arbeitnehmer geprägt, kann neben anderen Kriterien ausreichen, daß wegen ihrer Sachkunde wesentliche Teile der Belegschaft übernommen werden (BAG Urteil vom 11. Dezember 1997 – 8 AZR 729/96 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B I 2 b der Gründe).

Für einen Krankenhausbetrieb sind die Gesamtheit der sachlichen Betriebsmittel einschließlich der medizinischen und technischen Einrichtungen, das ärztliche, pflegerische und sonstige Personal sowie die Betriebsorganisation von besonderer Bedeutung. Durch deren Übernahme erhält der Erwerber das wesentliche Substrat eines Krankenhauses und damit die Möglichkeit, die Erfahrungen und den Ruf des bisherigen Betreibers weiter zu nutzen. Er kann mit weiteren Einweisungen durch die niedergelassenen Ärzte rechnen und die Tätigkeit im wesentlichen unverändert fortsetzen. Ein Patientenstamm besteht demgegenüber nicht. Die behandelten Indikationen sind nicht notwendig an ein bestimmtes Krankenhaus gebunden. Die Aufnahme in den Krankenhausplan eröffnet zwar faktisch erst die Möglichkeit zur Betriebstätigkeit, betrifft aber nicht die Identität der organisierten Einheit Krankenhaus. Die Einweisung der Patienten in bestimmte Fachkliniken oder Fachabteilungen der Krankenhäuser erfolgt völlig unabhängig davon, ob die betreffende Klinik oder Abteilung etwa ersatzweise für eine andere Einheit in den Krankenhausplan aufgenommen worden ist.

c) Bei Anwendung dieser Grundsätze trifft das vom Landesarbeitsgericht aufgrund einer Gesamtwürdigung vertretene Ergebnis zu.

aa) Die Streithelferin hat nur einen ganz untergeordneten Teil der sachlichen Betriebsmittel des ehemaligen CKK übernommen. Das ergibt sich schon aus dem Wertvergleich. Ein Krankenhausbetrieb hätte damit keinesfalls aufrechterhalten werden können. Auch das Gebäude ist neu.

bb) Die Streithelferin hat nicht die bisherige Krankenhausorganisation des CKK übernommen. Das CKK ist nicht als Teilbetrieb in das SJK eingegliedert worden. Vielmehr sind durch Ergänzung der bei dem SJK bereits bestehenden Organisation neue, auf das SJK ausgerichtete Strukturen für die Kinderklinik geschaffen worden.

cc) Das SJK hat nicht die frühere Tätigkeit des CKK im wesentlichen unverändert fortgesetzt. Dem steht die mit 76 gegenüber 135 erheblich geringere Bettenzahl, also die starke Einschränkung der Tätigkeit, entgegen. Ein immerhin möglicher Teilbetriebsübergang scheitert schon daran, daß eine abgrenzbare Teileinheit nicht ersichtlich ist. Mit der Neueinrichtung und der deutlichen Qualitätsverbesserung verbundene inhaltliche und organisatorische Änderungen der Tätigkeit kommen hinzu, auch wenn es hier wie dort um Kinderheilkunde geht.

dd) Die Streithelferin hat nicht die Hauptbelegschaft des CKK übernommen. Die Einstellung etwa der Hälfte des Personals reicht nicht aus. Das besonders wichtige ärztliche Personal ist im wesentlichen nicht eingestellt worden. Gerade die Anbindung an die im SJK bestehenden personellen Strukturen und die sich daraus in fachlicher Hinsicht ergebenden weitergehenden Behandlungsmöglichkeiten machen die Kinderklinik im SJK aus. Die Übernahme der Schüler und Auszubildenden ist demgegenüber ohne Belang, da diese die Identität des Betriebs nicht prägen.

ee) Ein Betriebsübergang folgt nicht daraus, daß die zum Zeitpunkt der Schließung des CKK stationär behandelten Kinder in das SJK verlegt worden sind. Die kontinuierliche Fortsetzung des Krankenhausbetriebes hinsichtlich der Behandlung und Versorgung der Patienten, die sich zum Zeitpunkt der Übernahme in der Klinik befinden, kann bei einem Krankenhaus ein Indiz für den Übergang der vorhandenen Betriebsmittel sein. Hier ist aber unstreitig, daß die übergegangenen Betriebsmittel gerade nicht geeignet waren, den Betrieb fortzuführen.

ff) Liegt demnach kein Übergang des Krankenhausbetriebs und jedenfalls mangels abgrenzbarer Teileinheit auch kein Teilbetriebsübergang vor, kommt es auf das Tatbestandsmerkmal „Rechtsgeschäft” in § 613 a Abs. 1 BGB nicht mehr an.

2. Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt.

a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt (§ 1 Abs. 2 KSchG).

aa) Dringende betriebliche Erfordernisse können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (vgl. nur BAG Urteil vom 26. September 1996 – 2 AZR 200/96 – AP Nr. 80 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.).

bb) Der Beklagte hat vor Ausspruch der Kündigung die unternehmerische Entscheidung getroffen, das CKK zu schließen. Er hat seine Entscheidung wie vorgesehen umgesetzt. Mit dieser organisatorischen Maßnahme ist ab Juli 1995 das Bedürfnis entfallen, die Klägerin als Arztsekretärin zu beschäftigen.

cc) Die Arbeitsgerichte können die unternehmerische Entscheidung nicht auf deren Zweckmäßigkeit oder sachliche Rechtfertigung, sondern nur auf die Einhaltung äußerster Grenzen der offenbaren Unvernunft oder Willkür hin überprüfen (BAG Urteil vom 26. September 1996, aaO, zu II 2 b der Gründe, m.w.N.). Nach der Herausnahme aus dem Krankenhausplan war es dem Beklagten nicht mehr möglich, das Krankenhaus fortzuführen. Die Krankenkassen sind nach § 108 SGB V verpflichtet, Leistungen durch solche Krankenhäuser zu erbringen, die in den maßgeblichen Krankenhausplan aufgenommen sind.

b) Der Beklagte konnte die Kündigung nicht durch andere Maßnahmen vermeiden.

aa) Die betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein, also eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der bei Ausspruch der Kündigung bestehenden betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art zu entsprechen als durch eine Beendigungskündigung (BAG Urteil vom 7. Dezember 1978 – 2 AZR 155/77BAGE 31, 157, 161 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1 a der Gründe).

bb) Die Möglichkeit anderweitiger Beschäftigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG setzt das Vorhandensein eines „freien” Arbeitsplatzes bei demselben Arbeitgeber voraus (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem Urteil vom 13. September 1973 – 2 AZR 601/72BAGE 25, 278, 289 f. = AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969, zu III 2 a der Gründe). Frei sind alle Arbeitsplätze, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind. Sofern der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung mit hinreichender Sicherheit vorhersehen kann, daß ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung stehen wird, ist ein derartiger Arbeitsplatz ebenfalls als frei anzusehen (BAG Urteil vom 7. Februar 1991 – 2 AZR 205/90BAGE 67, 198, 203 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Umschulung, zu B II 1 a der Gründe). Auch ein Arbeitsplatz, der unmittelbar nach Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung steht, ist frei und damit als anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit zu berücksichtigen. In einem solchen Fall kann das Arbeitsverhältnis ebenso „nahtlos” fortgesetzt werden, wie wenn der andere Arbeitsplatz am letzten Tag der Kündigungsfrist frei würde (BAG Urteil vom 15. Dezember 1994 – 2 AZR 320/94BAGE 79, 66, 71 = AP Nr. 66 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu B II 3 a der Gründe). Der Arbeitnehmer muß sich im Prozeß darauf berufen, zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen, daß zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestehen werde (vgl. BAG Urteil vom 7. Februar 1991 – 2 AZR 205/90 – aaO).

cc) Im Streitfalle fehlt es bereits am Vortrag der Klägerin dazu, ob zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit für die Zeit ab dem 1. Juli 1995 mit einer freien Stelle als Schreibkraft in der Behinderteneinrichtung zu rechnen war. Die Klägerin legt lediglich dar, daß die Arbeitnehmerin Z. nach einem Urteil vom 22. Juni 1995 weiterbeschäftigt worden ist. Sie gibt auch nicht den konkreten Zeitpunkt an. Deshalb kann nicht einmal angenommen werden, die Stelle der Frau Z sei frei gewesen. Es kann daher dahinstehen, ob der Beklagte die Teilzeitstelle überhaupt anbieten mußte. Dem Vortrag der Klägerin läßt sich jedenfalls nicht entnehmen, ob ihr der Umstand, daß es sich um eine Teilzeitstelle handelte, überhaupt bewußt war. Soweit sich die Klägerin auf Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Krankenhäusern beruft, ist ihr Vortrag gänzlich unsubstantiiert.

c) Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 3 KSchG sozial ungerechtfertigt. Für eine Sozialauswahl war angesichts der Schließung des gesamten Krankenhauses kein Raum.

3. Die vertragliche Kündigungsfrist der Klägerin von sechs Monaten zum Schluß eines Kalendervierteljahres (§ 14 AVR-Caritas) ist gewahrt.

II. Die Klägerin kann die begehrte Abfindung aufgrund der Ausschließungsregelung in Ziff. 4 des Maßnahmenplans nicht beanspruchen. Sie hat die Voraussetzungen einer Diskriminierung nicht dargelegt. Die differenzierende Regelung in Ziff. 4 des Maßnahmenplans knüpft nicht an das Geschlecht, sondern an das Merkmal der Altersrentenberechtigung an. Deshalb scheidet eine unmittelbare Diskriminierung der Klägerin aus. In Betracht kommt eine mittelbare Diskriminierung, wenn das Differenzierungskriterium wegen der überwiegend nachteiligen Betroffenheit eines Geschlechts zu faktisch unterschiedlicher Behandlung der Geschlechter führt.

Maßgebend ist das Ergebnis der Regelung. Hierfür sind die von der Regelung Begünstigten und die von ihr Benachteiligten einander gegenüberzustellen. In diese Vergleichsgruppen sind alle Arbeitnehmer einzubeziehen, für die die Regelung getroffen wird. In einem zweiten Schritt ist die nachteilige Betroffenheit der weiblichen bzw. der männlichen Arbeitnehmer zu prüfen (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 10. Dezember 1997 – 4 AZR 264/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, zu II 2.2.3 der Gründe).

Die Klägerin hat nicht dargelegt, sie sei als Frau durch Ziff. 4 des Maßnahmenplans gegenüber männlichen Arbeitnehmern des Beklagten benachteiligt worden. Die Regelung hat einen genau abgegrenzten Regelungsbereich. Ob der Maßnahmenplan eine diskriminierende Regelung enthält, kann nur anhand des Personenkreises, auf den er Anwendung finden soll, festgestellt werden. Nur dann, wenn von der Regelung ein Mann in vergleichbarer Situation wie die Klägerin betroffen war und diesem aufgrund des Maßnahmenplans eine Abfindung gezahlt wurde, käme eine Diskriminierung der Klägerin in Betracht (vgl. EuGH Urteil vom 27. März 1980 – Rs 129/79 – Macarthys – EuGHE 1980, 1275). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht hat mangels entsprechenden Vortrags der darlegungspflichtigen Klägerin keine Feststellungen hierzu getroffen. Im übrigen bestehen keine objektiv greifbaren Anhaltspunkte für eine Frauendiskriminierung, zumal der Beginn der gesetzlichen Ansprüche auf Altersrente oder vorgezogene Altersrente nicht nur bei Frauen und Männern, sondern nach den §§ 35 ff., 237 ff. SGB VI auch sonst differiert. Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob Ziff. 4 des Maßnahmenplans wegen seines Ausgleichszwecks objektiv gerechtfertigt ist.

C. Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision und gemäß § 101 Abs. 1 ZPO die Kosten der Streithilfe zu tragen.

 

Unterschriften

Ascheid, Müller-Glöge, Mikosch, Brückmann, Morsch

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1127021

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