Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung: Krankenpflegehelfer. Eingruppierung eines Krankenpflegehelfers in der Tätigkeit eines Krankenpflegers nach AVR Caritasverband

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Krankenpflegehelfer, der die Tätigkeit eines Krankenpflegers ausübt, hat nach den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes keinen Anspruch, wie ein Krankenpfleger vergütet zu werden. Aus dem System der Regelungen folgt, daß im Gesundheitswesen auf die subjektiven Eingruppierungsvoraussetzungen abgestellt werden muß.

 

Normenkette

AVR Caritasverband § 12; Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anlage 2a VergGr. Kr 1, Kr 2, Kr 3, Kr 4, Kr 5, Kr 5a, Anlage 1a Abschn. Ic

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 05.04.1995; Aktenzeichen 7 Sa 12/95)

ArbG Köln (Urteil vom 08.09.1994; Aktenzeichen 6 Ca 11076/93)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die arbeitsvertragsrichtliniengerechte Eingruppierung des Klägers.

Der am 25. September 1950 geborene Kläger ist ausgebildeter Krankenpflegehelfer. Seit 1. Januar 1981 steht er in den Diensten der Beklagten. Dem Arbeitsverhältnis liegt der “Dienstvertrag” vom 30. Dezember 1980 zugrunde, wovon die Parteien übereinstimmend ausgehen, nachdem der Kläger nach einer Unterbrechung ab 2. Mai 1982 wieder für die Beklagte tätig ist.

In § 2 dieses Vertrages heißt es:

“Für das Dienstverhältnis gelten die ‘Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes’ (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der ‘Caritas-Korrespondenz’ veröffentlichten Fassung.

Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.

Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der ’Caritas-Korrespondenz’ veröffentlichte Fassung, ohne daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.”

Der Kläger übt die Tätigkeit eines Krankenpflegers aus. Er erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe Kr 4 AVR.

Mit der beim Arbeitsgericht am 8. Dezember 1993 eingegangenen Klage verlangt der Kläger Bezahlung nach Vergütungsgruppe Kr 5 AVR.

Er hat die Ansicht vertreten, er habe aufgrund der Bestimmung Abschnitt Ic der Anlage 1 zu den AVR Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe Kr 5. Er übe die Tätigkeit eines Krankenpflegers aus. Als Krankenpfleger hätte er Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe Kr 5a. Da er die vorausgesetzte Ausbildung nicht besitze, aber die Tätigkeit eines Krankenpflegers ausübe, habe er nach Abschnitt Ic der Anlage 1 zu den AVR Anspruch auf Vergütung nach der nächst niedrigeren Vergütungsgruppe, demnach auf Vergütung aus Vergütungsgruppe Kr 5. Für Januar 1992 bis einschließlich November 1993 hat er 5.009,86 DM brutto verlangt (23 × 217,82 DM brutto, Differenz zwischen der gewährten Vergütung aus Vergütungsgruppe Kr 4 und der begehrten Vergütungsgruppe Kr 5).

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

  • die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.009,86 DM nebst 7 % Zinsen seit 24. Dezember 1993 zu zahlen;
  • festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger nach Stufe Kr 5 AVR zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne nicht besser als ein ausgebildeter Krankenpflegehelfer bezahlt werden. Die vom Kläger genannte Bestimmung Abschnitt Ic der Anlage 1 zu den AVR sehe die Einschränkung vor, daß etwas anderes bestimmt sei. Das sei der Fall. Dem Gesamtzusammenhang der Regelung der Anlage 2a zu den AVR sei zu entnehmen, daß die AVR bei den Pflegekräften drei Gruppen unterschieden. Die erste Gruppe seien die Mitarbeiter in der Pflege ohne entsprechende Ausbildung (Vergütungsgruppen Kr 1 und Kr 2). Die zweite Gruppe seien die ausgebildeten Krankenpflegehelfer (Vergütungsgruppen Kr 2 bis Kr 4). Die dritte Gruppe seien die Krankenpfleger und Krankenschwestern (ab Vergütungsgruppe Kr 4). Die einzelnen Gruppen seien voneinander klar abgegrenzt. Sie hätten ihre einzelnen Vergütungsgruppen zugewiesen erhalten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, daß 4 % Zinsen vom Nettobetrag zu zahlen sind. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe Kr 5 der AVR.

1. Die Klage ist zulässig.

Soweit der Kläger Feststellung begehrt, handelt es sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die auch außerhalb des öffentlichen Dienstes allgemein üblich ist und nach ständiger Senatsrechtsprechung keinen prozeßrechtlichen Bedenken begegnet (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 358/92 –, – 4 AZR 382/92 –, – 4 AZR 383/92 – AP Nr. 2, 3, 4 zu § 12 AVR Caritasverband, zu B I bzw. I der Gründe, jeweils mit weiteren Nachweisen). Auch die Leistungsklage ist zulässig. Der Streitgegenstand (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist hinreichend bestimmt. Der Kläger verlangt für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 30. November 1993 5.009,86 DM brutto als Differenz zwischen der Vergütung nach Vergütungsgruppe Kr 4 und der Vergütung aus Vergütungsgruppe Kr 5 ohne Weihnachtszuwendung, wie sich aus der Klageschrift vom 7. Dezember 1993 ergibt. Das reicht aus.

2. Die Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe Kr 5 der Vergütungsgruppen für Mitarbeiter/-innen im Pflegedienst in stationären Einrichtungen der Anlage 2a zu den AVR.

a) Auf das Arbeitsverhältnis sind, wovon die Parteien auch übereinstimmend ausgehen, die AVR Caritasverband in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

aa) Zwar können die AVR Caritasverband nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine normative Wirkung entfalten, sondern nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung finden (vgl. Urteile des Senats vom 26. Mai 1993, aaO; BAG Urteil vom 6. Dezember 1990 – 6 AZR 159/89 – BAGE 66, 314, 320 = AP Nr. 12 zu § 2 BeschFG 1985, zu II 2b der Gründe, m.w.N.). Eine solche Vereinbarung liegt aber vor. Sind die AVR im Arbeitsvertrag vereinbart, kommt es nicht darauf an, ob die AVR auch ohne eine solche Vereinbarung angesichts der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (GO) vom 22. September 1993 (NZA 1994, 112 = NJW 1994, 1394), die mit normativer Kraft per 1. Januar 1994 umgesetzt wurde, wirksam würden (vgl. dazu Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 8. Aufl., § 186 X, S. 1577 ff.).

bb) Die Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Verweisung auf die AVR Caritasverband in der jeweils geltenden Fassung ergibt, daß für die Eingruppierung des Klägers unabhängig von der bei Vertragsabschluß festgelegten Vergütungsgruppe jeweils die einschlägigen Bestimmungen der AVR maßgeblich sein sollen. Es ist nämlich, wie der Senat in seinem Urteil vom 12. Dezember 1990 (– 4 AZR 306/90 – AP Nr. 1 zu § 12 AVR Diakonisches Werk) ausführlich begründet hat, davon auszugehen, daß eine Verweisung auf die AVR in ihrer jeweils geltenden Fassung nur widerspiegeln soll, was nach den AVR rechtens ist. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte muß bei Vorliegen einer solchen Verweisung angenommen werden, daß die Arbeitsvertragsparteien zum Ausdruck bringen wollten, daß sich die Vergütung jeweils nach der Vergütungsgruppe richten soll, deren Voraussetzungen der Arbeitnehmer mit seiner Tätigkeit erfüllt.

cc) Nach § 12 AVR richten sich die Bezüge der Mitarbeiter/-innen in erster Linie nach deren Tätigkeit und Vorbildung. Die Höhe der Vergütung ergibt sich aus der diesen Richtlinien beigefügten Vergütungsordnung (Anlage 1 zu den AVR).

Unter Abschnitt I der Anlage 1 zu den AVR Caritasverband heißt es:

  • Die Eingruppierung des Mitarbeiters ist bei seiner Einstellung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppeneinteilung nach Anlage 2 oder 2b zu den AVR bzw. Anlage 2a oder 2c zu den AVR vorzunehmen.
  • Für die Eingruppierung des Mitarbeiters ist die vorgesehene Tätigkeit maßgebend.

Der Kläger verrichtet unstreitig Tätigkeiten eines examinierten Krankenpflegers.

dd) Damit ist für die Eingruppierung des Klägers die Anlage 2a zu den AVR heranzuziehen, in der die Vergütungsgruppen für Mitarbeiter/-innen im Pflegedienst in stationären Einrichtungen geregelt sind.

Für den Kläger kommen folgende Vergütungsgruppen in Betracht:

“Vergütungsgruppe Kr 1

Kranken- und Altenpflege

1. Mitarbeiter/-innen in der Pflege ohne entsprechende Ausbildung (z.B. Pflegehelfer/-in).

Vergütungsgruppe Kr 2

1. Krankenpflegehelfer/-innen mit entsprechender Tätigkeit.

3. Mitarbeiter/-innen in der Pflege ohne entsprechende Ausbildung nach Ableistung eines qualifizierenden Kurses.

4. Mitarbeiter/-innen in der Pflege ohne entsprechende Ausbildung nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe Kr 1 Ziffer 1.

Vergütungsgruppe Kr 3

Kranken- und Altenpflege

1. Krankenpflegehelfer/-innen mit entsprechender Tätigkeit nach zweijähriger Tätigkeit in Vergütungsgruppe Kr 2 Ziffer 1.

Vergütungsgruppe Kr 4

Krankenpflege

1. Krankenschwestern/-pfleger mit entsprechender Tätigkeit.

2. Krankenpflegehelfer/-innen mit entsprechender Tätigkeit nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe Kr 3 Ziffer 1.

Vergütungsgruppe Kr 5

Krankenpflege

1. Krankenschwestern/-pfleger mit entsprechender Tätigkeit nach zweijähriger Tätigkeit in Vergütungsgruppe Kr 4 Ziffer 1.

…”

Vergütungsgruppe Kr 5a

Krankenpflege

1. Krankenschwestern/-pfleger der Vergütungsgruppe Kr 5 Ziffern 1 bis 3 nach vierjähriger Bewährung in einer dieser Ziffern, frühestens jedoch nach sechsjähriger Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis.

…”

Die in Bezug genommenen Anmerkungen zu den Tätigkeitsmerkmalen haben – soweit es hier interessiert – folgenden Wortlaut:

“III

Von der Bezeichnung Krankenschwester/-pfleger sind auch die Kinderkrankenschwestern/-pfleger umfaßt.

4. Der Bewährungsaufstieg erfolgt frühestens nach sechsjähriger Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis; ….

7. Ein qualifizierender Kurs im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmales liegt vor, wenn der Kurs mindestens 110 theoretische Unterrichtsstunden umfaßt (z.B. Schwesternhelferinnen-Kurs).

…”

b) Der Kläger verrichtet zwar unstreitig Tätigkeiten eines examinierten Krankenpflegers, weist aber nicht eine abgeschlossene Ausbildung zum Krankenpfleger auf. Er erfüllt sonach nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe Kr 4 Fallgruppe 1. Der Kläger ist kein Krankenpfleger, sondern Krankenpflegehelfer. Daß er die Tätigkeiten eines Krankenpflegers ausübt, reicht nicht aus. Er konnte dann auch nicht am Zeitaufstieg in Vergütungsgruppe Kr 5 Fallgruppe 1 und am Bewährungsaufstieg in Vergütungsgruppe Kr 5a Fallgruppe 1 teilhaben.

Vergütungs- oder Fallgruppen für Krankenpflegehelfer in der Tätigkeit von Krankenpflegern oder Vergütungs- oder Fallgruppen für sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrung(en) Krankenpflegertätigkeiten ausüben, sind in der Anlage 2a zu den AVR, die die Vergütungsgruppen für Mitarbeiter/-innen im Pflegedienst in stationären Einrichtungen enthält, nicht vorhanden.

Da die Anlage 2a ausdrücklich Vergütungsgruppen für Krankenpflegehelfer und für Krankenpfleger mit jeweils entsprechenden Tätigkeiten vorsieht, kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß es allein auf die Tätigkeiten, nicht aber auf die ihnen entsprechenden Ausbildungen ankommen soll. Denn Mitarbeiter/-innen in der Pflege ohne entsprechende Ausbildung sind in Vergütungsgruppe Kr 1 eingruppiert. Haben sie keine Ausbildung als Pflegehelfer/-in, weisen sie aber die “Ableistung eines qualifizierenden Kurses” nach, sind sie in Vergütungsgruppe Kr 2 eingruppiert, nehmen aber im Gegensatz zu den ausgebildeten Krankenpflegehelfern/Krankenpflegehelferinnen nicht mehr an einem Zeit-/Bewährungsaufstieg teil.

Nach den Blättern zur Berufskunde, Krankenpflegehelferin/Krankenpflegehelfer, 2-II A 10, 4. Aufl. 1993, steht die Krankenpflegehelferin/der Krankenpflegehelfer den Krankenschwestern/Krankenpflegern zur Seite, die für die Durchführung der Pflege die Verantwortung tragen (S. 5). Die Ausbildung dauert ein Jahr und erfolgt an einer Schule für Krankenpflegehilfe (S. 9). Demgegenüber pflegen die Krankenschwestern und die Krankenpfleger kranke Menschen in jeder Situation u.a. in Krankenhäusern. Sie sind eigenverantwortlich für die dem Zustand des Patienten angepaßte Pflege (Blätter zur Berufskunde, Krankenschwester/Krankenpfleger, 2-II A 20, 3. Aufl. 1991, S. 2). Die Ausbildungszeit beträgt drei Jahre und findet überwiegend in den verschiedenen Abteilungen/Stationen eines Krankenhauses und in der angegliederten Krankenpflegeschule statt (aaO, S. 6).

Im Hinblick auf die unterschiedlichen Berufsbezeichnungen und Ausbildungswege ist schon bei der Auslegung des Begriffs “Krankenpfleger” nach dem in erster Linie zu berücksichtigenden Wortlaut (vgl. dazu BAGE 46, 308, 314 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung) nicht davon auszugehen, daß die Richtliniengeber auch Krankenpflegehelfer unter die Vergütungsgruppen für Krankenpfleger fallen lassen wollten, wenn sie denn Tätigkeiten eines Krankenpflegers ausüben.

Die AVR regeln nicht, was unter Krankenschwester/Krankenpfleger im Sinne der Vergütungsgruppen für Krankenschwestern/Krankenpfleger zu verstehen ist. Die Richtliniengeber verwenden einen Rechtsbegriff, der durch eine gesetzliche Regelung im Krankenpflegegesetz vom 4. Juni 1985 (BGBl I S. 893, zuletzt geändert durch das EWR-Ausführungsgesetz vom 27. April 1993, BGBl I S. 512, 523) vorgegeben ist. Das Gesetz stellt das Führen der Berufsbezeichnung unter einen besonderen Schutz. Da die Richtlinien u.a. die Vergütung für diesen Personenkreis regeln wollen, ist davon auszugehen, daß sie den Begriff Krankenschwester/Krankenpfleger im gesetzlichen Bedeutungsumfang verwenden. Hiervon ist der Senat für die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes ausgegangen. In seinem Urteil vom 20. April 1983 (– 4 AZR 416/80 – AP Nr. 72 zu §§ 22, 23 BAT 1975) hat er für den Bereich des BAT/VKA ausgeführt, daß der tarifliche Begriff der Krankenschwester dem des öffentlichen Medizinalrechts entspricht und deshalb die tarifliche Mindestvergütung als Krankenschwester nur mit Erfolg verlangen kann, wer über die entsprechende Erlaubnis nach dem Krankenpflegegesetz verfügt. Er hat dazu ausgeführt:

“…

Nach dem Krankenpflegegesetz … darf … Krankenpflege unter der Bezeichnung ‘Krankenschwester’, ‘Krankenpfleger’ oder ‘Kinderkrankenschwester’ nur ausgeübt werden, wenn die betreffende Person die staatliche Erlaubnis besitzt, die nach Ablegung einer Prüfung erteilt wird (vgl. §§ 1, 2 Krankenpflegegesetz …). Die Tarifvertragsparteien knüpfen damit ersichtlich an das zwingende staatliche Medizinalrecht an. Es kann nicht angenommen werden, daß sie in die Vergütungsgruppen Kr IV und Kr V BAT sogenannte ‘Krankenschwestern’ eingruppieren wollten, die diese Bezeichnungen nach dem Krankenpflegegesetz nicht führen dürfen und die gesetzlichen Erfordernisse nicht erfüllen.”

Bereits im Urteil vom 10. November 1982 (– 4 AZR 109/80 – AP Nr. 69 zu §§ 22, 23 BAT 1975) hat der Senat für den Bereich des BAT/BL darauf hingewiesen, daß nur solche Angestellte Anspruch auf Vergütung nach den Vergütungsgruppen für medizinisch-technische Assistenten/Assistentinnen haben, die nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des öffentlichen Medizinalrechts ausgebildet und geprüft worden sind.

Für den Bereich der AVR gilt nichts anderes. Das folgt nicht nur daraus, daß sich die AVR an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes in der Regel anlehnen, sondern ergibt sich aus den Richtlinien selbst: Nach Anmerkung III Satz 1 zur Anlage 2a zu den AVR sind von der Bezeichnung Krankenschwester/-pfleger auch die Kinderkrankenschwestern/-pfleger umfaßt. Damit ist ersichtlich ein Bezug zu § 1 KrpflG hergestellt. Nach § 1 KrpflG bedarf der Erlaubnis auch, wer die Berufsbezeichnung Kinderkrankenschwester oder Kinderkrankenpfleger führen will. Außerdem wird in der Fallgruppe 1 der Vergütungsgruppe Kr 5a bei Krankenschwestern/Krankenpflegern im Zusammenhang mit dem Bewährungsaufstieg auf die sechsjährige Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis abgestellt. Nach der in Bezug genommenen Anmerkung 4 erfolgt der Bewährungsaufstieg frühestens nach sechsjähriger Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis.

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe Kr 5 im Hinblick auf Abschnitt Ic der Anlage 1 zu den AVR:

“Wird für eine Eingruppierung eines Mitarbeiters in einer Vergütungsgruppe eine bestimmte Ausbildung vorausgesetzt und übt er die Tätigkeit dieser Vergütungsgruppe aus, ohne die Ausbildungsvoraussetzung hierfür zu erfüllen, so ist er bei der Einstellung (Abschnitt I der Anlage 1 zu den AVR) bzw. bei einer Höhergruppierung (Abschnitt Ia der Anlage 1 zu den AVR) eine Vergütungsgruppe niedriger als im Vergütungsgruppenverzeichnis (Anlage 2 oder 2b bzw. Anlage 2a oder 2c zu den AVR) einzugruppieren, sofern im Vergütungsgruppenverzeichnis im Einzelfall nichts anderes bestimmt ist.”

Der Kläger ist deswegen nicht in Vergütungsgruppe Kr 5 eingruppiert, weil im Vergütungsgruppenverzeichnis etwas “anderes bestimmt ist”. Zwar ist das in der Anlage 2a zu den AVR nicht ausdrücklich festgelegt. Es ergibt sich aber daraus, daß nach der Anlage 2a Mitarbeiter/-innen im Pflegedienst in stationären Einrichtungen ohne entsprechende Ausbildung in Vergütungsgruppe Kr 1 oder in Vergütungsgruppe Kr 2 eingruppiert sind und im übrigen Vergütungsgruppen für ausgebildete Krankenpflegehelfer/-innen und ausgebildete Krankenschwestern/-pfleger vorhanden sind und Vergütungsgruppen für Mitarbeiter ohne entsprechende Ausbildung, aber mit entsprechender Tätigkeit für die Krankenpflege gerade nicht gebildet sind. Das schließt ein Hineinwachsen des Krankenpflegehelfers in die Vergütungsgruppen für Krankenpfleger aus. Aus dem systematischen Gesamtzusammenhang folgt ein in sich geschlossenes System, das sich als andere Bestimmung im Sinne des letzten Halbsatzes des Abschnitts Ic der Anlage 1 zu den AVR darstellt mit der Folge, daß die für die genannten Anlagen grundsätzlich geltende Regel der Eingruppierung eine Gruppe niedriger als im Vergütungsgruppenverzeichnis vorgesehen, wenn zwar die Tätigkeit, aber nicht die Ausbildungsvoraussetzung erfüllt sind, nicht anzuwenden ist. Nur dieses Ergebnis wird dem System der nach Ausbildung und Tätigkeit sowie Tätigkeits-/Bewährungsdauer aufeinander aufbauenden Vergütungsgruppen in Verbindung mit § 12 AVR gerecht, wonach sich die Vergütung in erster Linie neben der Art der Tätigkeit nach der Vorbildung richtet. Es ist zwar richtig, daß der Kläger nicht die Vergütung eines examinierten Krankenpflegers verlangt, sondern im Hinblick auf Abschnitt 1c der Anlage 1 zu den AVR eine Vergütung, die um eine Vergütungsgruppe niedriger liegt, für sich beansprucht unter Hinweis darauf, diese Regelung laufe leer, wenn sie nicht auf Fälle wie den seinigen angewandt werde. Es gehe nicht an, ihn Krankenpflegetätigkeit verrichten zu lassen, ohne eine Mehrleistung dafür zu erbringen. Der Verweis auf eine abschließende Regelung in den einschlägigen Vergütungsgruppen entspreche nicht dem Gerechtigkeitsgebot. Dem steht aber entgegen, daß sich aus dem rechtlichen Umfeld für nichtärztliche Heilberufe der Sache nach eine Sperrwirkung für die Anwendung des Abschnitts Ic der Anlage 1 zu den AVR ergibt. Obwohl das Krankenpflegegesetz ausdrücklich nur die Berufsbezeichnung “Krankenpfleger” unter staatlichen Schutz stellt, erfährt die Ausübung der Krankenpflege als solche hierdurch mittelbar ebenfalls einen gewissen Schutz, da nach den zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen des Gesetzgebers für eine qualifizierte Krankenpflegetätigkeit nur examinierte Pflegekräfte eingesetzt werden sollen (vgl. Kurtenbach/Golombek/Siebers, Krankenpflegegesetz, 2. Aufl. 1987, Erl. § 1 KrPflG S. 95). Auf diesem Hintergrund sind die speziellen Vergütungsgruppen für Kranken- und Altenpflege als ergangen anzusehen mit der Folge, daß sie sich als abschließende und damit als andere Bestimmung im Sinne des Abschnitts Ic der Anlage 1 zu den AVR erweisen. Dem entspricht es, daß der Senat in der nicht zur Veröffentlichung vorgesehenen, aber den Parteien bekannten Entscheidung vom 16. Juni 1993 (– 4 AZR 464/92 – ZMV 1994, 90 f.) trotz vergleichbarer Beschäftigung einer examinierten Kinderpflegerin den Anspruch auf Vergütung einer (Kinder-) Krankenschwester versagt hat (vgl. auch Tetzel/Bahr, Bewertung/Eingruppierung/Grundvergütung nach BAT/BAT-O im Krankenhaus (Bereich VKA), Reihe Basiswissen-aktuell im Krankenhaus, Band 2 [1993] S. 44).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Friedrich, Gotsche, Kiefer

Für Richter Schneider, der sich auf Dienstreise befindet

Schaub

 

Fundstellen

Haufe-Index 884899

ZMV 1997, 252

KHuR 1997, 4

PflR 1997, 149

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