Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrenten und Altersgeld für Landwirte
Leitsatz (amtlich)
- Sollen auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung andere Leistungen angerechnet werden, müssen die Anrechnungstatbestände für den Vertragspartner (Arbeitnehmer) eindeutig und unmißverständlich beschrieben werden.
- Das Altersgeld für Landwirte ist mit Leistungen aus den gesetzlichen Rentenversicherungen nicht vergleichbar. Versorgungsordnungen, in denen dem Arbeitnehmer eine Gesamtversorgung zugesagt wird und die deshalb die Anrechnung von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen auf die Betriebsrente vorsehen, erfassen nur bei eindeutigem Wortlaut das Altersgeld für Landwirte.
- Hat ein Arbeitnehmer neben seinem Arbeitsverhältnis eine Nebenerwerbslandwirtschaft betrieben, könnte die Anrechnung des Altersgeldes für Landwirte auf die Betriebsrente unzulässig sein.
Normenkette
BetrAVG § 1 Allgemeines, § 5 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 04.08.1987; Aktenzeichen 11 Sa 500/87) |
ArbG Aachen (Urteil vom 22.01.1987; Aktenzeichen 5 Ca 1152/86) |
Tenor
- Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 4. August 1987 – 11 Sa 500/87 – aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 22. Januar 1987 – 5 Ca 1152/86 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.948,-- DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 30. Juli 1986 zu zahlen.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berechnung des betrieblichen Ruhegeldes.
Der 1924 geborene Kläger war vom 16. Mai 1960 bis zum 13. Juli 1984 bei der Beklagten beschäftigt. Nach seinem Ausscheiden bezog er eine Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte zahlte ihm eine Betriebsrente.
Vor der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten war der Kläger selbständiger Landwirt. Nach Begründung des Arbeitsverhältnisses betrieb er die Landwirtschaft im Nebenerwerb weiter. 1978 gab er die Landwirtschaft ganz auf.
Von 1962 bis 1978 war der Kläger Pflichtversicherter in der Alterskasse der Rheinischen Landwirtschaft (Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte in der Fassung vom 14. September 1965, BGBl. I S. 1448 – GAL). Für die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 31. Dezember 1961 hat der Kläger Beiträge zur Alterskasse freiwillig nachentrichtet. Für die Zeit von 1978 bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit hat er Beiträge freiwillig abgeführt, um seine Anwartschaft auf eine Altershilfe aufrechtzuerhalten. Aufgrund seiner Beiträge erhält der Kläger ab 1. Juli 1985 ein Altersgeld für Landwirte von monatlich 534,20 DM. Davon entfallen 413,70 DM auf Beiträge, die auf der Pflichtversicherung beruhen. 50 % dieses Betrages will die Beklagte auf ihr betriebliches Ruhegeld anrechnen. Sie beruft sich dabei auf die “Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R…, E…” (RR). Diese haben – soweit sie in diesem Rechtsstreit von Bedeutung sind – folgenden Inhalt:
Ҥ 4
- …
- Auf das Ruhegeld werden die Renten nach Maßgabe des § 6 angerechnet. Das Belegschaftsmitglied ist daher verpflichtet, solange sein Einkommen die in den Rentenversicherungsgesetzen festgelegte Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht überschreitet, die Rentenversicherung – auch bei einer etwaigen Befreiungsmöglichkeit – aufrechtzuerhalten. Desgleichen ist ein Belegschaftsmitglied verpflichtet, sofern die Voraussetzungen der Weiterversicherung vorliegen, die Wartezeit für das gesetzliche Altersruhegeld in einer vom Vorstand festgelegten Höhe zu erfüllen; dabei wird das Unternehmen die Hälfte der Beitragsleistungen übernehmen. Wird diesen Verpflichtungen zuwidergehandelt, so wird das Ruhegeld bzw. Hinterbliebenengeld unter Berücksichtigung einer staatlichen Rente derart gerechnet, als wenn die Rentenversicherung gemäß Satz 2 aufrechterhalten bzw. die Wartezeit gemäß Satz 3 erfüllt worden wäre.
§ 6
- Es ist davon auszugehen, daß das Belegschaftsmitglied durch seine Versetzung in den Ruhestand durch das Unternehmen nicht bessergestellt wird, als es sich vorher bei dem Unternehmen bezüglich seines Einkommens im Sinne des § 5 gestanden hat.
- Das Ruhegeld wird um die Hälfte derjenigen Beträge vermindert, die dem Belegschaftsmitglied aufgrund jeweils bestehender Gesetze über Versicherungen, Pensionen und dergleichen zustehen, von der Anrechnung sind jedoch solche Beträge ausgeschlossen, die auf Zeiten entfallen, für die das Belegschaftsmitglied freiwillige Versicherungsbeiträge in anderen Fällen als nach § 4 Ziff. 5 entrichtet hat.
- Bezieht ein in den Ruhestand versetztes Belegschaftsmitglied außer seinem Ruhegeld weitere Einnahmen aus einer Tätigkeit in einem anderen Arbeitsverhältnis, so sollen diese Einkommen, zu dessen wahrheitsgemäßer Angabe das Belegschaftsmitglied verpflichtet ist, und das Ruhegeld zusammen nicht höher sein als die Bezüge im Sinne des § 5, unter Berücksichtigung der Höchstgrenze nach Ziff. 5.
- …
Das Gesamtmonatseinkommen eines Ruhegeldempfängers (Ruhegeld, staatliche Renten, soweit nicht von der Anrechnung ausgenommen, und Einkommen aus einer Tätigkeit in einem anderen Arbeitsverhältnis) darf die nachstehend aufgeführten, nach der Dienstdauer ab vollendetem 20. Lebensjahr berechneten Höchstgrenzen nicht überschreiten, andernfalls erfolgt entsprechende Kürzung.
Höchstgrenzen sind |
|
bis zum 20. Dienstjahr |
75 % |
ab vollendetem 20. Dienstjahr |
77 % |
ab vollendetem 21. Dienstjahr |
77,4 % |
für jedes weitere vollendete Dienstjahr erhöht sich die Höchstgrenze um 0,4 % |
der Begrenzungsgrundlage |
die Höchstgrenze endet ab Vollendung des 35. Dienstjahres bei |
83 %. |
Als Begrenzungsgrundlage gilt ein Zwölftel von dreizehn ruhegeldfähigen monatlichen Diensteinkommen im Sinne von § 5 der Richtlinien.”
Nach Anrechnung von 206,85 DM (50 % von 413,70 DM) kommt die Beklagte auf eine monatliche Betriebsrente von 1.504,-- DM. Der Kläger wehrt sich gegen die Anrechnung der Altershilfe. Ohne deren Anrechnung betrüge das betriebliche Ruhegeld 1.772,-- DM. Die Differenz von monatlich 268,-- DM fordert der Kläger für die Zeit vom 1. Juli 1985 bis 31. Mai 1986 (elf Monate) in Höhe von 2.948,-- DM.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach den Ruhegeldrichtlinien der Beklagten sei die Anrechung der Altershilfe für Landwirte nicht möglich. Diese Altershilfe sei keine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung; sie sei mit diesen Leistungen auch nicht vergleichbar.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.948,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 30. Juli 1986 (Zustellung der Klage) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Altershilfe für Landwirte sei gesetzlichen Renten gleichzustellen. Insbesondere könne nicht danach unterschieden werden, mit welchen Mitteln die Rente finanziert werde.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Nach den Ruhegeldrichtlinien der Beklagten ist eine Anrechnung der Altershilfe für Landwirte nicht möglich.
1. Für die Anrechnung anderweitiger Versorgungsleistungen auf das betriebliche Ruhegeld muß eine besondere Rechtsgrundlage bestehen. Bestimmungen, die eine Anrechnung anderweitiger Versorgungsleistungen vorsehen, müssen die Anrechnungstatbestände für den Vertragspartner erkennbar und eindeutig beschreiben.
2. Nach § 6 Nr. 2 der Richtlinien ist die Anrechnung der Altershilfe für Landwirte nicht möglich.
a) § 6 Nr. 2 der Richtlinien ist die Norm, die die Anrechnung anderweitiger Versorgungsleistungen regelt. Die vorhergehenden und die nachfolgenden Regelungen sind zwar zum Verständnis der Norm heranzuziehen. Sie enthalten selbst aber keine Anrechnungsbestimmungen. Das gilt auch für § 4 Nr. 5 der Richtlinien, auf die der Kläger verweist. Satz 1 dieser Regelung steht im Zusammenhang mit den folgenden Bestimmungen. Es geht um die Verpflichtung des Arbeitnehmers, die Rentenversicherung aufrechtzuerhalten. Der Versorgungsbedarf eines Arbeitnehmers soll – soweit wie möglich – durch die gesetzliche Rentenversicherung befriedigt werden. Nur in diesem Zusammenhang verweist Satz 1 auf die spätere Regelung des § 6. Die Regelung beschreibt nicht abschließend, welche Versorgungsleistungen angerechnet werden dürfen.
§ 6 Nr. 5 der Richtlinien enthält eine Höchstbegrenzungsklausel. Die Betriebsrente soll gekürzt werden, wenn das Gesamtmonatseinkommen eines Ruhegeldempfängers die in der Bestimmung genannten Höchstgrenzen überschreitet. Diese Bestimmung setzt die vorherige Berechnung der Rente voraus. Die Regelung kann deshalb auch nur zur Auslegung der eigentlichen Anrechnungsbestimmungen in § 6 Nr. 2 der Richtlinien herangezogen werden; sie enthält selbst keine Vorschriften über die Berechnung der Betriebsrente.
b) Der Wortlaut des § 6 Nr. 2 der Richtlinien spricht gegen die Anrechnungsbefugnis. Die Versorgungsleistungen, die angerechnet werden dürfen, werden inhaltlich beschrieben. Sie müssen auf Gesetzen beruhen. Das ist bei der Altershilfe für Landwirte der Fall. Darüber hinaus muß es sich jedoch um Gesetze über “Versicherungen, Pensionen und dergleichen” handeln. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte ist kein “Gesetz über Versicherungen” im Sinne von § 6 Nr. 2 der Richtlinien. Mit diesen Gesetzen über Versicherungen sind Sozialversicherungsgesetze im engeren Sinne gemeint. Leistungen aus diesen Gesetzen über Versicherungen sind die Renten der Arbeiter-, Angestellten- und knappschaftlichen Rentenversicherung, die bei Erreichen der Altersgrenze oder bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zu zahlen sind (vgl. BAGE 43, 173, 177 = AP Nr. 8 zu § 5 BetrAVG; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 5 Rz 77). Die Anrechnung dieser Renten ist geboten, weil die Beklagte eine Gesamtversorgung, bestehend aus diesen Renten und einer Betriebsrente, versprochen hatte.
Gegen die Einbeziehung des Altersgeldes in die nach § 6 Nr. 2 anrechenbaren Leistungen sprechen die deutlichen Unterschiede beider Versorgungssysteme. Die Rentenversicherungen sind dazu bestimmt, als beitragsabhängige Vollversorgung dem Versicherten oder seinen Hinterbliebenen im Alter, bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeit oder Tod des Versicherten einen am früheren Arbeitseinkommen orientierten Lebensunterhalt sicherzustellen. Demgegenüber sind Beiträge und Leistungen der Altershilfe für Landwirte einheitlich hoch, unabhängig von der Höhe des Einkommens aus der versicherten Erwerbstätigkeit. Das Altersgeld bietet seiner Höhe nach von vornherein nur eine Teilversorgung neben etwaigen Pachtzahlungen und Altenteilsleistungen. Diese Versicherung ist auch möglich bei Nebenerwerbsbetrieben. Sie zielt dann darauf ab, dem Arbeitnehmer im Alter den Lebensstandard zu sichern, den er schon als Arbeitnehmer mit Einkünften aus verschiedenen Erwerbstätigkeiten erreicht hatte. Die spätere Versorgung eines solchen Arbeitnehmers beruht im Vergleich zu dem Arbeitnehmer, der ausschließlich in einem Arbeitsverhältnis tätig war, auf zusätzlicher Erwerbstätigkeit während des Arbeitslebens (vgl. BVerwG Urteil vom 26. Juni 1986 – 2 C 66.85 – BVerwGE 74, 285).
Auch der Gesetzgeber behandelt die Altershilfe für Landwirte als eine eigenständige Versorgung neben der Versorgung durch “Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen”. Das Sozialgesetzbuch spricht von der “gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Altershilfe für Landwirte” (SGB I, § 4 Abs. 2, § 23; SGB IV, § 1 Abs. 1). Die Gleichbehandlung in Rentenanpassungsgesetzen darf nicht mißverstanden werden. Rechtlich Unterschiedliches kann in bezug auf bestimmte Sachverhalte durchaus gleichbehandelt werden, ohne daß damit die zuvor bestehenden rechtlichen Unterschiede aufgehoben werden.
Aus diesen Gründen kann die Altershilfe für Landwirte auch nicht als eine Leistung verstanden werden, die der Arbeitnehmer aus vergleichbaren (“dergleichen”) Gesetzen erhält. Die Leistungen nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte sind den Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen nicht vergleichbar.
c) Sinn und Zweck des § 6 Nr. 2 RR sprechen ebenfalls gegen eine Anrechnung. Die Leistungen, die angerechnet werden sollen, müssen in einem sachlichen Zusammenhang mit den Leistungen stehen, die der Arbeitgeber erbringt. Nur mit der Anrechnung solcher Leistungen muß ein Arbeitnehmer rechnen. Nur dann ist eine Anrechnung in Form einer Kürzung der Betriebsrenten sinnvoll.
Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und betriebliches Ruhegeld stehen in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang. Sie knüpfen beide an die Erwerbstätigkeit während der Dauer des Arbeitsverhältnisses an. Beide Versorgungsleistungen sollen den am früheren Arbeitseinkommen orientierten Lebensunterhalt sicherstellen. Insoweit ergänzt die Betriebsrente die gesetzliche Rente. Die Höhe der Betriebsrente ist von der Höhe der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar abhängig.
Dagegen würde die Anrechnung des Altersgeldes nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte zu sinnwidrigen Ergebnissen führen. Altersgeld nach dem GAL erhalten auch Landwirte, die ihren Betrieb neben ihrer Tätigkeit als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer weitergeführt haben (Nebenerwerbslandwirte). Darauf weist das Bundesverwaltungsgericht zu Recht hin. Während des aktiven Arbeitslebens stehen einem solchen Arbeitnehmer Einkünfte aus beiden Erwerbsarten zur Verfügung. So war es auch beim Kläger. Der Kläger war Nebenerwerbslandwirt und vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer und hatte damit zwei Einkommen. Die von der Beklagten zugesagte Gesamtversorgung eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers deckt nur den Versorgungsbedarf des Arbeitnehmers ab. Sie hat mit dem Versorgungsbedarf, der bei Aufgabe der Nebenerwerbslandwirtschaft entsteht, nichts zu tun. Der Arbeitnehmer erhält die Gesamtversorgung als Gegenleistung für die Tätigkeit in einem Vollzeitarbeitsverhältnis. Die Anrechnung anderweitiger Versorgungsleistungen, die mit dieser Tätigkeit nicht in Zusammenhang stehen, würde dem Entgeltcharakter der betrieblichen Altersversorgung widersprechen. Dabei kann der Senat offen lassen, ob eine Anrechnung nach § 5 Abs. 2 BetrAVG zulässig wäre. Mit dieser Anrechnung brauchte der Kläger jedenfalls bei verständiger Würdigung der Ruhegeldrichtlinien nicht zu rechnen.
Die Anrechnung von Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf versicherungspflichtiger Beschäftigung in früheren Arbeitsverhältnissen beruhen, spricht nicht gegen diese Auslegung. Eine solche Anrechnung ist bei Zusage einer Gesamtversorgung notwendig. Verspricht der letzte Arbeitgeber eine Gesamtversorgung, kann er auf den Versorgungsbedarf eines in seinem Berufsleben vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers abstellen und die aus den früheren Arbeitsverhältnissen erdienten Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen. Das ist sachgerecht und sinnvoll.
Das Landesarbeitsgericht hat – anders als der Senat – ausschließlich auf den Zweck des Altersgeldes abgestellt. Das Altersgeld diene der Sicherung des Landwirts bei Minderung der Erwerbsfähigkeit und dem Alter. Entscheidend kommt es aber nicht auf den Zweck des Altersgeldes, sondern auf den mit der Anrechnungsbestimmung verfolgten Zweck an. Dieser wird in § 6 Nr. 1 der Richtlinien beschrieben. Durch Anrechnungen anderer Leistungen soll verhindert werden, daß ein Arbeitnehmer durch Versetzung in den Ruhestand bessergestellt wird, als er “sich vorher bei dem Unternehmen bezüglich seines Einkommens im Sinne des § 5 gestanden hat”. Dieser Zweck wird erreicht, wenn das Altersgeld nicht angerechnet wird. Der Arbeitnehmer steht sich nicht besser, als er vorher – während des Arbeitsverhältnisses – gestanden hat.
d) Schließlich gibt § 4 Nr. 5 Satz 1 der Richtlinien einen Hinweis darauf, wie “Gesetze über Versicherungen” im Sinne des § 6 Nr. 2 der Richtlinien zu verstehen sind. In der zuerst genannten Bestimmung sprechen die Ruhegeldrichtlinien schlicht von “Renten”. Damit sind die Leistungen aufgrund der Gesetze über Versicherungen im Sinne des § 6 Nr. 2 der Richtlinien gemeint.
Auch in § 6 Nr. 5 der Richtlinien ist von “staatlichen Renten” die Rede. Auch damit sind Leistungen aufgrund bestehender Gesetze über Versicherungen im Sinne von § 6 Nr. 2 der Richtlinien gemeint.
Schließlich sollen die in § 6 Nr. 2 genannten Leistungen auch nur zur Hälfte angerechnet werden. Diese Regelung wird verständlich, wenn sich die Anrechnung auf Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen bezieht. Diese Renten beruhen, abgesehen von freiwilligen Versicherungsbeiträgen, zur Hälfte auf Versicherungsbeiträgen des Arbeitnehmers, zur anderen Hälfte auf Beiträgen des Arbeitgebers. Es liegt deshalb nahe, nur Leistungen in die Anrechnung einzubeziehen, bei denen diese Voraussetzungen erfüllt sind. Der mögliche Hinweis auf “Pensionen” spricht nicht gegen dieses Verständnis der Norm. Unter Pensionen im Sinne dieser Bestimmung sind Beamtenpensionen gemeint. Diese Pensionen werden ausschließlich vom Arbeitgeber (Dienstherrn) finanziert. Deshalb ist bei ihnen eine Anrechnung erst recht möglich. Umgekehrt bestehen Bedenken gegen eine Anrechnung von Leistungen, zu deren Bezug der Arbeitgeber nichts beigetragen hat.
Die Regelungen in § 6 Nr. 3 und 5 der Richtlinien sprechen nicht gegen die hier vertretene Auslegung. Zwar können nach diesen Bestimmungen weitere Einnahmen des Ruheständlers aus einer Tätigkeit in einem anderen Arbeitsverhältnis zu einer Kürzung der Betriebsrente führen, falls die genannten Höchstgrenzen überschritten werden. Diese Regelung mag sinnvoll sein, soweit ein Ruheständler seine durch den Eintritt in den Ruhestand freigewordene Arbeitszeit durch Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses verwertet. Diese Regelung steht jedoch im Widerspruch zu dem in § 6 Nr. 1 der Richtlinien genannten Zweck der Anrechnungen, wenn Einkommen berücksichtigt wird, das der Arbeitnehmer schon während des Arbeitsverhältnisses – in einem zweiten Arbeitsverhältnis – erzielt hat.
3. § 6 Nr. 5 der Richtlinien führt ebenfalls nicht zu einer Kürzung der Betriebsrente. Diese Bestimmung beschreibt Höchstgrenzen für ein Gesamtmonatseinkommen. Berücksichtigt werden nur staatliche Renten, soweit sie nicht von der Anrechnung ausgenommen sind. Insoweit verweist § 6 Nr. 5 der Richtlinien auf § 6 Nr. 2. Nach § 6 Nr. 2 ist das Altersgeld für Landwirte nicht anzurechnen. Diese Versorgungsleistung ist auch kein “Einkommen aus einer Tätigkeit in einem anderen Arbeitsverhältnis” im Sinne dieser Bestimmung. Sie ist mit diesem Einkommen nicht vergleichbar.
4. Da die Ruhegeldrichtlinien keine Anrechnung des Altersgeldes für Landwirte auf das betriebliche Ruhegeld gestatten, braucht der Senat nicht über die Wirksamkeit einer Bestimmung zu entscheiden, die eine solche Anrechnung vorsieht. Gegen eine solche Bestimmung bestehen Bedenken, soweit Bezüge oder Versorgungsleistungen zum Nachteil des Arbeitnehmers berücksichtigt werden sollen, die mit dem Arbeitsverhältnis und den auf diesem beruhenden Versorgungsleistungen nichts zu tun haben. Eine solche Regelung könnte gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen. Dieser gebietet es, wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Eigenart zu unterscheiden (BAG Urteil des Senats vom 23. Februar 1988 – 3 AZR 100/86 –, zu I 1 der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Für die Anrechnung oder Berücksichtigung anderer Bezüge oder Versorgungsleistungen muß es einen sachlichen Grund geben. Ein solcher sachlicher Grund ist im Streitfall nicht zu erkennen.
Unterschriften
Dr. Heither, Schaub, Griebeling, Fieberg, Schoden
Fundstellen
Haufe-Index 872070 |
RdA 1990, 61 |