Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitkonto. Urlaub. Ausschlußfristen
Leitsatz (amtlich)
Beträgt der Urlaub bei einer regelmäßig auf fünf Arbeitstage verteilten Arbeitszeit 30 Arbeitstage, ist für die Umrechnung des Urlaubs eines Teilzeitbeschäftigten, der mit dem Arbeitgeber eine Jahresarbeitszeit vereinbart hat, auf die im Kalenderjahr möglichen Arbeitstage abzustellen. Der Urlaub des Teilzeitbeschäftigten verringert sich entsprechend.
Wird die Arbeitszeit des Teilzeitbeschäftigten in einem Zeitkonto erfaßt, sind sämtliche auf Grund des gesetzlichen Urlaubs ausfallenden Arbeitsstunden als “Ist-Arbeitszeit” anzusetzen.
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf “Gutschrift” von zu Unrecht nicht berücksichtigten Urlaubsstunden ist zu mindern, soweit der Arbeitgeber ihm “zuviel” freie Tage angerechnet hat.
Ausgleichsansprüche wegen zu Unrecht nicht berücksichtigter Urlaubsstunden werden im Sinne eines Tarifvertrags jedenfalls erst dann mit Ende des Ausgleichszeitraumes fällig, wenn im Tarifvertrag eine zweistufige Ausschlußfrist bestimmt ist, deren Lauf mit der “Fälligkeit” eines Anspruchs beginnt.
Orientierungssatz
Mit einer auf “Gutschrift” von Arbeitsstunden im Arbeitszeitkonto gerichteten Klage macht der Arbeitnehmer regelmäßig einen Anspruch auf bezahlte Freistellung geltend. Ein solcher Anspruch besteht dann nicht mehr, wenn das Arbeitszeitkonto vereinbarungsgemäß zu einem Stichtag geschlossen wird. Der Ausgleichsanspruch des Arbeitnehmers beschränkt sich dann auf die Zahlung von Arbeitsentgelt. Ob ein Anspruch auf “Gutschrift” wegen unrichtiger Führung des Arbeitszeitkontos zum jeweiligen Monatsende im Sinne tarifvertraglicher Ausschlußfristen fällig wird, hat der Senat nicht entschieden. Jedenfalls dann, wenn im Tarifvertrag eine zweistufige Ausschlußfrist angeordnet ist, beginnt der Lauf der Ausschlußfristen nicht vor Schließung des Arbeitszeitkontos.
Eine Betriebsvereinbarung, nach der Vollzeitbeschäftigte bei Urlaub die tatsächlich ausgefallenen Arbeitsstunden im Arbeitszeitkonto als “Ist-Arbeitszeit” angerechnet erhalten, während bei den nicht an allen Tagen im Jahr Teilzeitbeschäftigten nur die sich im Jahresdurchschnitt ergebenden Arbeitsstunden angerechnet werden, ist unwirksam. Sie widerspricht dem geltenden Urlaubsrecht und ist regelmäßig auch nicht mit dem Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 BetrVG zu vereinbaren.
Eine solche Regelung ist außerdem geeignet, Teilzeitbeschäftigte grundlos zu benachteiligen. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung ergibt sich nicht daraus, daß der Arbeitgeber allen Arbeitnehmern einen Urlaub von 30 Arbeitstagen gewährt. Der Urlaub der unregelmäßig zur Arbeit herangezogenen Teilzeitbeschäftigten mit einer vereinbarten Jahresarbeitszeit ist zwar entsprechend dem Verhältnis der möglichen Arbeitstage und der tatsächlich mit Arbeitspflicht belegten Arbeitstage im Kalenderjahr zu berechnen. Die Anrechnung der im Jahresdurchschnitt geltenden Arbeitszeit gewährleistet aber nicht, daß der gesetzliche Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsentgelt erfüllt wird.
Ergeben sich bei Schließung des Arbeitszeitkontos zugunsten des Arbeitnehmers wegen der rechtsfehlerhaft nicht angerechneten Urlaubsstunden Ausgleichsansprüche, so mindern sich die Plusstunden um die vom Arbeitgeber für die zuviel gewährten freien Tage angerechneten Stunden.
Normenkette
BUrlG §§ 1, 5, 13; BetrVG § 77; Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie in der ab 1. Januar 1997 geltenden Fassung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin-West § 15
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. Januar 2001 – 11 Sa 988/00 – wird zurückgewiesen, soweit das Landesarbeitsgericht die auf Gutschrift von 64 und 85 Stunden gerichtete Klage abgewiesen hat.
Im übrigen wird auf die Revision des Klägers das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die “Gutschrift” von Arbeitsstunden für die Jahre 1999 und 2000 auf dem Arbeitszeitkonto.
Der Kläger ist bei der Beklagten, die sich mit der Herstellung von Kalendern und Lederwaren befaßt, seit 1991 als Buchbinder beschäftigt. Seit dem 1. Januar 1995 arbeitet der Kläger mit einer jährlichen Arbeitszeit von 1.300 Arbeitsstunden. Auf das Arbeitsverhältnis sind kraft einzelvertraglicher Vereinbarungen die jeweiligen tariflichen Bestimmungen in der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie anzuwenden. Die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit beträgt 35 Stunden/Woche; sie kann unregelmäßig auf einen Zeitraum bis zu 52 Wochen verteilt werden. Nach § 15 II. Nr. 1 des Manteltarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie vom 17. Januar 1997 (MTV) beträgt der Urlaubsanspruch für alle Arbeitnehmer 30 Urlaubstage. Nach Nr. 3 zählen als Urlaubstage fünf Arbeitstage je Woche mit Ausnahme der gesetzlichen Feiertage. § 15 III. Nr. 1 MTV sieht vor, daß das Urlaubsentgelt nach dem Durchschnittsverdienst mit Ausnahme der Mehrarbeit und der auf die Mehrarbeit fallenden Zuschläge der letzten drei abgerechneten Lohnperioden berechnet wird. Durch Betriebsvereinbarung kann einheitlich für den ganzen Betrieb ein längerer Bezugszeitraum bis zu einem Jahr festgelegt werden. In Nr. 2 heißt es:
“Die Zahl der für den einzelnen Urlaubstag zu vergütenden Stunden beträgt ein Fünftel der wöchentlichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers nach dem Durchschnitt der letzten drei abgerechneten Lohnperioden ohne Mehrarbeitsstunden, mindestens der letzten 13 Wochen.”
Nach § 15 III. Nr. 3 MTV wird das Urlaubsentgelt je Urlaubstag für das Urlaubsjahr vor dem ersten Urlaubsantritt nur einmal berechnet.
Nach § 19 Nr. 1 MTV sind tarifvertragliche Ansprüche schriftlich oder zur Niederschrift des Lohnbüros geltend zu machen: a) Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung und Zuschläge wegen ungünstiger Lage der Arbeitszeit innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen der Lohnabrechnung, bei der sie hätten abgerechnet werden müssen, b) sonstige Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit. In Nr. 2 ist bestimmt:
“Ist ein Anspruch rechtzeitig geltend gemacht und lehnt der andere Teil die Erfüllung ausdrücklich ab, so muß der Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung rechtshängig gemacht werden. Eine spätere Klageerhebung ist ausgeschlossen.”
In Nr. 4 des Arbeitsvertrags haben die Parteien ua. vereinbart:
“Die Arbeitszeit richtet sich nach dem Arbeitsanfall. Die jährliche Arbeitszeit beträgt 1.300 Stunden. Es wird eine normale tägliche Arbeitszeit von 5 Stunden festgelegt. Der Arbeitgeber ist berechtigt, mit der tariflichen Ankündigungsfrist die normale tägliche Arbeitszeit (Teilzeit) einzuschränken oder auszuweiten. Für die Einschränkung gilt: An maximal 70 Arbeitstagen pro Jahr auf null Stunden. Darüberhinaus können weitere Tage im gegenseitigen Einvernehmen vereinbart werden. Die Vergütung dieser Tage erfolgt auf Basis des Durchschnittsverdienstes der letzten drei abgerechneten Lohnperioden vor der Einschränkung. Für die Ausweitung gilt: Sie findet in Abstimmung mit dem Vorgesetzten statt. Der Mitarbeiter verpflichtet sich zur Ableistung der regelmäßigen täglichen betrieblichen Arbeitszeit. Darüberhinaus ist die Leistung freiwillig.
Unabhängig von der täglichen Arbeitsleistung erfolgt die Vergütung auf der Grundlage der vereinbarten normalen täglichen Arbeitszeit von 5 Stunden. Überstundenvergütungen werden erst mit Überschreitungen der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit fällig.
Bezahlte Fehl- und Urlaubstage werden mit der normalen täglichen Arbeitszeit von 5 Stunden gerechnet. Werden dem Mitarbeiter in Zeiten der ausgeweiteten Arbeit bezahlte Fehl- oder Urlaubstage gewährt, so werden diese mit der vereinbarten normalen Arbeitszeit von 5 Stunden gerechnet und vergütet.”
Die Beklagte und der bei ihr gebildete Betriebsrat schlossen am 10. September 1999 im Verlauf eines Einigungsstellenverfahrens eine Betriebsvereinbarung über “Dauer, Lage und Verteilung der tariflichen Arbeitszeit” (BV Arbeitszeit). Deren Geltungsbereich erstreckt sich ua. auf die Abteilung Falzerei, in der der Kläger beschäftigt ist (§ 1 BV Arbeitszeit). Nach § 2 BV Arbeitszeit wird die tarifliche Arbeitszeit von 1.820 Stunden auf 52 Wochen in den Zeiträumen 1. Februar 1999 bis 30. Januar 2000 sowie 31. Januar 2000 bis 28. Januar 2001 nach den als Anlage zur BV Arbeitszeit genommenen Arbeitszeitplänen verteilt. Des Weiteren haben die Betriebspartner ua. folgende Regelungen getroffen:
“§ 4 Urlaubs- und Ausfalltage bei Vollzeitbeschäftigten
Bei Urlaubs-, Krankheits- und Feiertagen, sonstigen Freistellungen unter Fortzahlung der Vergütung oder unbezahlten Zeiten werden die sich aus dem Dienst- bzw. Schichtplan ergebenden Stunden auf dem Arbeitszeitkonto angerechnet. …
Es können nur volle Arbeitstage als Urlaubstage genommen werden. Jeder als Urlaubstag genommene Arbeitstag zählt ohne Rücksicht auf die an diesem Arbeitstag ausgefallene Arbeitszeit als ein Urlaubstag.
…
§ 7 Arbeitszeitkonto
Für jeden Mitarbeiter, der in den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung fällt, wird ein individuelles Arbeitszeitkonto mit den täglichen Soll- und Istarbeitszeiten geführt.
Die Ist-Arbeitszeit entspricht der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit. Dabei wird zwischen regelmäßiger Arbeitszeit und zuschlagspflichtiger Mehrarbeit unterschieden.
Die Soll-Arbeitszeit ist die betrieblich vereinbarte tägliche Arbeitszeit entsprechend den Arbeitszeitplänen, die als Anlagen Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung sind.
…
§ 10 Teilzeitbeschäftigte
Die Teilzeitbeschäftigten werden im Rahmen der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit entsprechend den Schicht- und Arbeitszeitplänen der Vollzeitbeschäftigten eingesetzt.
Werden die Teilzeitbeschäftigten über die betrieblich festgelegten Arbeitszeiten hinaus eingesetzt, werden die zusätzlich geleisteten Stunden als Mehrarbeit mit den tariflichen Zuschlägen vergütet.
…
Die mit den Teilzeitbeschäftigten vereinbarte Arbeitszeit wird regelmäßig im Zeitraum 01.02. bis zum 31.01. des Folgejahres geleistet. Die über die vereinbarte Jahresarbeitszeit hinaus geleisteten Stunden werden spätestens mit der Abrechnung Mai ausgezahlt.
Die Abrechnung der Urlaubs- und Krankheitstage der Teilzeitbeschäftigten mit verstetigtem Monatseinkommen erfolgt in der Weise, daß auf dem Arbeitszeitkonto jeder Urlaubstag und jeder Krankheitstag mit der vereinbarten täglichen Arbeitszeit angerechnet wird.”
Nach § 11 BV Arbeitszeit werden fünf Tarifurlaubstage betrieblich durch die Beklagte und den Betriebsrat festgelegt. Im Zusammenhang mit möglichen Überschneidungen von verplantem Tarifurlaub mit Resturlaub/Freizeitausgleich heißt es:
“Damit stehen jedem Mitarbeiter noch 25 Tarifurlaubstage des laufenden Jahres zur Verfügung”.
Der Kläger war in den Monaten August, September und Oktober 1999 an mehreren Tagen urlaubsabwesend. Während dieser Monate war er für arbeitstäglich zwischen sieben bis neun Stunden eingeteilt. Die Beklagte brachte dem Kläger für jeden Urlaubstag fünf Arbeitsstunden auf dem Arbeitszeitkonto als geleistete Arbeitszeit gut.
Mit seiner im November 1999 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte müsse die im Jahr 1999 infolge des Urlaubs tatsächlich ausgefallenen Arbeitsstunden seinem Arbeitszeitkonto gutschreiben. Die Regelung in § 10 Abs. 5 BV Arbeitszeit benachteilige Teilzeitbeschäftigte. Sie bewirke, daß ein Teilzeitbeschäftigter mehr als die geschuldeten 1.300 Jahresarbeitsstunden zu erbringen habe. Für das Jahr 1999 hat der Kläger eine Differenz von 64 Stunden und für das Jahr 2000 85 Stunden ermittelt, deren Gutschrift, hilfsweise Zahlung er mit der im Dezember 2000 erfolgten Klageerweiterung geltend macht.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
dem Zeitkonto des Klägers insgesamt 64 Stunden gutzuschreiben,
hilfsweise an ihn einen Betrag in Höhe von 1.662,08 DM brutto zu zahlen,
dem Zeitkonto des Klägers weitere 85 Stunden gutzuschreiben, hilfsweise
an ihn einen Betrag in Höhe von 2.207,45 DM brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat va. vorgebracht, die Stunden, die über fünf Stunden täglich hinaus gingen, seien nicht zu berücksichtigen, weil der Kläger nach § 11 BV Arbeitszeit 30 Arbeitstage Urlaub erhalte. Tatsächlich sei sein tariflicher Urlaubsanspruch deutlich geringer, weil er nicht an allen Arbeitstagen im Jahr beschäftigt werde. Die praktikable Regelung des § 10 Abs. 5 BV Arbeitszeit gleiche diesen Vorteil des Klägers lediglich aus.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Die Beklagte beantragt deren Zurückweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist teilweise begründet.
Die Klage ist zulässig.
Die als Leistungsanträge formulierten Hauptanträge sind nach der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auszugehen ist von der Abrede der Parteien, nach der die Beklagte dem Kläger ein monatlich verstetigtes Entgelt zahlt und der Kläger als Gegenleistung in zwölf Monaten 1.300 Stunden zu erbringen hat. Das nach der BV Arbeitszeit hierüber zu führende Arbeitszeitkonto dient der Feststellung, ob bezahlte und vertraglich geschuldete Leistung sich decken. Je nach dem Stand können sich zugunsten der einen oder der anderen Partei Ansprüche auf Ausgleich ergeben. Bei einem Saldo zugunsten des Arbeitnehmers kommen Ansprüche auf (bezahlte) Freistellung oder auf Entgelt in Betracht (vgl. BAG 26. September 2001 – 5 AZR 539/00 – BAGE 99, 112).
Auf diese Rechtsfolgen zielt der Antrag des Klägers. Er erstrebt keine Verurteilung der Beklagten zur tatsächlichen Aufschreibung von Daten und deren Übernahme in die Datensammlung “Arbeitszeitkonto” im Sinne einer nach § 887 ZPO zu vollstreckenden Handlung. Die Beklagte soll vielmehr verurteilt werden, die nach der Behauptung des Klägers geleisteten Mehrstunden auszugleichen, vorrangig durch bezahlte Freistellung und hilfsweise durch Entgelt.
Die Revision des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg. Zwar kann der Kläger von der Beklagten für die Jahre 1999 und 2000 keine bezahlte Freistellung für 64 oder 85 Stunden beanspruchen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß dem Kläger zumindest ein Teil der hilfsweise geltend gemachten Vergütungsansprüche zustehen. Die Revision führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils, mit dem das Landesarbeitsgericht die vollständige Klageabweisung durch das Arbeitsgericht bestätigt hat. Der Rechtsstreit war an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, weil für eine abschließende Sachentscheidung Feststellungen fehlen.
I. Die Hauptanträge sind unbegründet. Mögliche Ansprüche des Klägers auf bezahlte Freistellung wegen Überschreitung der geschuldeten 1.300 Jahresarbeitsstunden sind infolge Zeitablaufs erloschen.
1. Nach § 10 BV Arbeitszeit bezieht sich die mit Teilzeitbeschäftigten vereinbarte Jahresarbeitszeit regelmäßig auf den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Januar des Folgejahres. Die Betriebspartner haben damit den Zeitraum “Jahr” festgelegt, in dem Teilzeitbeschäftigte die vertraglich vereinbarte Arbeit zu erbringen haben. Zugleich haben sie den 31. Januar als Stichtag bestimmt, zu dem das Arbeitszeitkonto abzuschließen ist. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf “Übertrag” eines zu seinen Gunsten festgestellten Zeitsaldos in das Arbeitszeitkonto des folgenden Abrechnungszeitraumes besteht nicht. Ansprüche wegen zu wenig angerechneter Arbeitsstunden beschränken sich auf Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags. Dieser ist “spätestens mit der Abrechnung Mai” auszuzahlen.
Die Arbeitszeitbestimmungen der Betriebsvereinbarung sind nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden. Der Kläger hat mit der Beklagten vertraglich keine günstigere Regelung getroffen. Die zu erbringenden 1.300 Arbeitsstunden werden im Arbeitsvertrag zwar als “Jahresarbeitszeit” bezeichnet. Dem entspricht aber auch der Zeitraum vom 1. Februar eines Jahres bis 31. Januar des Folgejahres.
2. Der für den Zeitraum 1. Februar 1999 bis 31. Januar 2000 maßgebende Stichtag war bereits zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht verstrichen. Daß der Stichtag 31. Januar 2001 für Ansprüche aus den vorangegangenen zwölf Monate erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgerichts lag, steht einer Entscheidung des Senats nicht entgegen. Diese Tatsache ist offenkundig; schutzwürdige Belange des Klägers stehen ihrer Berücksichtigung nicht entgegen (vgl. BGH 10. Mai 1990 – IX ZR 246/89 – NJW 1990, 2754, zur Verjährung). Seine Interessen werden hinreichend durch die Verpflichtung der Beklagten gewahrt, möglicherweise nicht ausgeglichene Plusstunden zu bezahlen.
II. Ansprüche des Klägers auf Entgelt kommen nach § 611 Abs. 1 BGB, § 1 BUrlG, § 15 III. MTV in Betracht. Die Beklagte hat Urlaubsstunden zu Unrecht nicht im Arbeitszeitkonto erfaßt. Daraus folgt, daß der Kläger Anspruch auf weiteres Urlaubsentgelt haben kann. Das betrifft indessen nicht jeden der von der Beklagten gewährten 30 Urlaubstage. Betroffen ist nur die Dauer des Urlaubs, den der Kläger entsprechend der Verteilung seiner Arbeitszeit in den Jahren 1999 und 2000 beanspruchen konnte.
1. Die Unrichtigkeit des Arbeitszeitkontos ergibt sich schon aus dem BUrlG. Dessen §§ 1 bis 12 sind nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG zwingend. Abweichende Vereinbarungen können nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG allein Tarifvertragsparteien treffen. Auch das gilt nicht uneingeschränkt. Die §§ 1 bis 3 BUrlG sind auch der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien entzogen. Auf die BV Arbeitszeit kann sich die Beklagte daher nicht berufen. Soweit in ihr der Urlaub abweichend vom MTV geregelt ist, ist sie nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam.
a) Bei Abrufarbeit, wie sie hier vorliegt, werden mit der Konkretisierung der Arbeitszeit zugleich die Arbeitsstunden bestimmt, die der Arbeitgeber auch dann zu vergüten hat, wenn der Arbeitnehmer zwar tatsächlich nicht arbeitet, die aber auf Grund arbeitsrechtlicher Bestimmungen als geleistet gelten. Hierzu gehören Urlaubszeiten. Der Arbeitnehmer hat nach § 1 BUrlG in jedem Kalenderjahr gegen den Arbeitgeber Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Insoweit erhält die Vorschrift dem Arbeitnehmer für die Dauer des gesetzlichen Mindesturlaubs den Anspruch auf Vergütung der infolge des Urlaubs ausfallenden Arbeitszeit aufrecht (ständige Rechtsprechung des BAG vgl. 22. Februar 2000 – 9 AZR 107/99 – BAGE 93, 376). In das Arbeitszeitkonto sind deshalb die infolge der Freistellung ausgefallenen Soll-Arbeitsstunden als “Ist-Stunden” einzustellen. Urlaubstage und -stunden sind Teil der effektiven Jahresarbeitszeit (BAG 25. Juli 1989 – 1 ABR 46/88 – AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 38 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 38). Werden Ausfallzeiten dem Arbeitnehmer nicht gutgeschrieben, bedeutet das nichts anderes, als daß ihm die hierfür zustehende Urlaubsvergütung vorenthalten wird.
Dem steht die Zahlung des auf der Grundlage der vereinbarten Jahresarbeitszeit ermittelten verstetigten Entgelts nicht entgegen. Diese Form der Auszahlung sichert dem Arbeitnehmer lediglich gleichmäßig hohe Einkünfte trotz zeitweiser Nichtbeschäftigung. Maßgeblich ist das Arbeitszeitkonto, das den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers – nur in anderer Form – ausdrückt (BAG 13. Februar 2002 – 5 AZR 470/00 – AP EntgeltFG § 4 Nr. 57 = EzA EntgeltfortzG § 4 Nr. 5). Andernfalls müßte der Arbeitnehmer (zusätzliche) Stunden leisten um ein ausgeglichenes Konto zu erreichen, wie der Kläger zu Recht geltend macht. Hätte die Beklagte die über fünf Stunden hinausgehenden Urlaubsstunden im Arbeitszeitkonto angerechnet, hätte sich die Zahl seiner geschuldeten Arbeitsstunden entsprechend verringert.
b) Allerdings sind nicht alle außer Ansatz gelassenen Stunden als Ist-Stunden zu berücksichtigen. Erfaßt werden nur die Stunden, die an den Urlaubstagen ausgefallen sind, die der Kläger von der Beklagten beanspruchen konnte.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezieht sich der gesetzliche Urlaubsanspruch von 24 Werktagen (§ 3 Abs. 1 BUrlG) auf eine Arbeitszeit von sechs Tagen in der Woche. Er ist deshalb umzurechnen, wenn der Arbeitnehmer an weniger als sechs Tagen arbeitet. Es gilt die Formel: tatsächliche Arbeitstage/Woche × 24 : 6 = Urlaubsanspruch (vgl. BAG 14. Februar 1991 – 8 AZR 97/90 – BAGE 67, 217). Lassen sich die mit Arbeitspflicht belegten Arbeitstage nur auf Grund eines Jahresvergleichs ermitteln, so sind diese Tage ins Verhältnis zu den gesetzlich möglichen Arbeitstagen zu setzen. Dabei geht das Bundesarbeitsgericht für die 6-Tage-Woche von 312 und für die 5-Tage-Woche von 260 möglichen Arbeitstagen im Jahr aus (BAG 18. Februar 1997 – 9 AZR 738/95 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 13 = EzA BUrlG § 3 Nr. 20). Änderungen der Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des jeweiligen Bezugszeitraum sind zu berücksichtigen. Unter Umständen muß daher die Urlaubsdauer mehrfach berechnet werden (BAG 28. April 1998 – 9 AZR 314/97 – BAGE 88, 315).
bb) Für den Tarifurlaub gilt vorbehaltlich tariflicher Sonderregelungen nichts anderes als für den gesetzlichen Urlaub. Beruht seine Dauer auf der Fünf-Tage-Woche und verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers auf mehr oder weniger als auf fünf Arbeitstage in der Woche, erhöht oder vermindert sich die Urlaubsdauer entsprechend (BAG 20. Juni 2000 – 9 AZR 309/99 – BAGE 95, 117 mwN). Bei wechselnder Verteilung der Arbeitszeit erfolgt die Umrechnung in gleicher Weise wie im gesetzlichen Urlaubsrecht, es sei denn, der Tarifvertrag enthält hiervon abweichende Regelungen. Solche enthält der MTV nicht.
Nach § 15 II. Nr. 1 MTV haben zwar “alle Arbeitnehmer einschließlich der Jugendlichen” Anspruch auf 30 Urlaubstage. Mit dem Begriff “alle” wird jedoch nur ausgedrückt, daß diese Urlaubsdauer für alle Beschäftigten, also Angestellte, Arbeiter und Auszubildende und unabhängig von ihrem Alter gilt. Die Dauer des Tarifurlaubs selbst ist an der Fünf-Tage-Woche ausgerichtet. Das folgt ua. aus der Formulierung, als Urlaubstage “zählen” fünf Arbeitstage je Woche und wird durch die regelmäßige Verteilung der tariflichen Wochenarbeitszeit auf die Tage Montag bis Freitag (§ 2 Nr. 2 MTV) bestätigt. Der tarifliche Divisor beträgt 260, wie sich aus der Berechnungsregel des § 15 III. Nr. 2 MTV ergibt.
cc) Die Anzahl der dem Kläger danach zustehenden Urlaubstage kann der Senat nicht abschließend berechnen. Das Landesarbeitsgericht hat nicht die Umrechnungsformel des Senats verwendet. Es hat vielmehr auf das rechnerische Verhältnis der täglichen Arbeitszeit abgestellt (5 × 30 : 7 = 21,43 Tage). Damit hat es verkannt, daß der Urlaubsanspruch auf die vollständige Befreiung von der Arbeitspflicht an Arbeitstagen und nicht auf eine stundenweise Befreiung von der Arbeit gerichtet ist. Die ausgefallenen Arbeitsstunden stellen den sog. Zeitfaktor für die Berechnung des (gesetzlichen) Urlaubsentgelts dar.
Deshalb ist auch der Versuch der Beklagten, ihr Abrechnungssystem zu verteidigen, ohne Erfolg. Ihre Handhabung mag “praktisch” sein, weil sie eine – auch mögliche mehrfache – Umrechnung des Urlaubs vermeidet. Es ist aber nicht sicher gestellt, daß die Summe der nicht angerechneten Urlaubsstunden sich mit der Summe der angerechneten Stunden für die “zuviel” gewährten Urlaubstage deckt. Das ist zwar nicht von vornherein auszuschließen. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen jedoch den erforderlichen Vergleich nicht zu.
2. Die Fehlerhaftigkeit des von der Beklagten geführten Arbeitszeitkontos ergibt sich ferner aus dem Benachteiligungsverbot des § 2 BeschFG 1985.
a) Der Kläger ist Teilzeitarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 2 BeschFG (jetzt: § 2 TzBfG). Seine Arbeitszeit von 1.300 Arbeitsstunden bleibt im Jahresdurchschnitt hinter der tariflichen Wochenarbeitszeit von 1.820 Stunden zurück. Nach § 2 BeschFG (jetzt: § 4 TzBfG) dürfen Teilzeitarbeitnehmer nicht wegen ihrer verkürzten Arbeitszeit gegenüber Vollzeitarbeitnehmern ungleich behandelt werden. Die verkürzte Arbeitszeit darf nicht Differenzierungsmerkmal sein. Teilzeitarbeitnehmer haben Anspruch auf alle Leistungen, die proportional ihrer Arbeitszeit entsprechen.
b) Die Beklagte behandelt entgegen ihrer Behauptung Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte unterschiedlich. Sie ist insoweit einem Denkfehler erlegen. Gleichbehandlung wäre nur gegeben, wenn – bezogen auf die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von fünf und sieben Stunden – der Kläger (5 × 30) 150 Urlaubsstunden angerechnet erhielte und Vollzeitbeschäftigte (7× 30) 210 Urlaubsstunden. Die Jahresarbeitszeit des Teilzeitbeschäftigten von 1.300 Stunden würde sich auf 1.150 Stunden verringern, die der Vollzeitbeschäftigten von 1.820 Stunden auf 1.610 Stunden. Tatsächlich verfährt die Beklagte aber nicht in dieser Weise. Indem sie bei Vollzeitbeschäftigten stets die tatsächlich ausfallenden Arbeitsstunden als geleistet anrechnet, erhalten diese nicht nur 210 Urlaubsstunden. Ihr nach Abzug der Urlaubsstunden verbleibendes Zeitkontingent von 1.610 Stunden vermindert sich vielmehr zusätzlich um die berücksichtigten “Mehrstunden”, während die Teilzeitbeschäftigten unverändert 1.150 Jahresarbeitsstunden zu leisten haben.
III. In welcher Höhe dem Kläger Entgeltansprüche zustehen, kann der Senat nicht erkennen. Das Landesarbeitsgericht wird die hierfür erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Dabei ist von folgendem auszugehen.
1. Mögliche Entgeltansprüche des Klägers sind nicht nach § 19 MTV verfallen.
a) Für die Ansprüche des Jahres 1999 ist die Einhaltung der allein in Betracht kommenden Frist von drei Monaten nach Fälligkeit des Anspruchs (§ 19 Nr. 1b MTV) nicht zweifelhaft. Sie beziehen sich auf die Monate August, September und Oktober 1999. Klage ist bereits im November 1999 erhoben worden. Diese war zwar zunächst nur auf “Gutschrift” gerichtet, während Zahlung erst im April 2000 verlangt worden ist. Der Zahlungsanspruch ist aber im Verhältnis zur “Gutschrift” kein neuer Anspruch im Sinne der tariflichen Ausschlußfrist. Er ersetzt ihn lediglich, nachdem eine Freistellung wegen des Ablaufs des Ausgleichszeitraums nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BAG 13. Februar 2002 – 5 AZR 470/00 – aaO).
b) Die Zahlungsansprüche für das Jahr 2000, die bis in den Monat Januar zurück reichen, hat der Kläger mit seiner im Dezember 2000 erhobenen Klage ebenfalls rechtzeitig geltend gemacht.
aa) Ob Ansprüche auf Berücksichtigung von Urlaubsstunden im Arbeitszeitkonto im Sinne eines Tarifvertrags überhaupt monatlich fällig werden und nicht erst dann, wenn das Arbeitszeitkonto geschlossen wird, ist bisher nicht entschieden (offen gelassen in BAG 13. Februar 2002 – 5 AZR 470/00 – aaO). Für eine Fälligkeit erst mit Schließung des Kontos spricht, daß bei einem auf einen bestimmten Zeitraum bezogenen Abrechnungs- und Ausgleichssystem die monatlichen Ausweisungen und erfaßten Positionen kein endgültiges Ergebnis wiedergeben. Lage und Umfang der mit Arbeitspflicht belegten Arbeitstage des auf Abruf beschäftigten Arbeitnehmers können sich auf Grund einseitiger Anordnung, einvernehmlicher Regelung oder auch durch “Nichtabruf” des Zeitkontingents ändern. Hiervon ist zugleich auch die Dauer des Urlaubs betroffen. Ob sich aus der unrichtigen Kontenführung tatsächlich Ausgleichsansprüche des Arbeitnehmers ergeben, kann im fortbestehenden Arbeitsverhältnis daher regelmäßig erst mit der Beendigung des Ausgleichszeitraums beurteilt werden. Erst dann läßt sich feststellen, ob der Arbeitnehmer trotz Erhalt des verstetigten monatlichen Entgelts tatsächlich weitergehende Freistellungs- oder Zahlungsansprüche gegen den Arbeitgeber erworben hat.
bb) Jedenfalls bei Vereinbarung einer zweistufigen Ausschlußfrist, hier in § 19 Nr. 2 MTV, ist davon auszugehen, daß der Lauf der tariflichen Ausschlußfrist erst mit Ende der Abrechnungsperiode beginnt. Der Arbeitnehmer wäre andernfalls gezwungen, zur Vermeidung des Verfalls Klage zu erheben, obwohl nicht sicher ist, daß sich aus dem unrichtigen Zwischensaldo tatsächlich Ausgleichsansprüche ergeben. Das liegt schon wegen der mit jedem Prozeß verbundenen Kosten weder in seinem Interesse noch im Interesse des Arbeitgebers.
2. Die danach für beide Kalenderjahre erforderlichen Feststellungen sind getrennt zu treffen.
a) Zu ermitteln ist zunächst die Zahl der Urlaubstage. Ins Verhältnis zu setzen ist die Zahl der Soll-Arbeitstage mit der Zahl der möglichen 260 Arbeitstage. Zu ermitteln ist der gesetzliche Urlaub auf der Grundlage von 24 Werktagen/20 Arbeitstagen und der tarifliche Urlaub auf der Grundlage von 30 Arbeitstagen.
b) Festzustellen ist sodann die Zahl der an den “eigentlich” geschuldeten Urlaubstagen tatsächlich ausgefallenen Arbeitsstunden, die von der Beklagten nicht angerechnet worden sind. Dabei ist zu unterscheiden.
aa) Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist unabdingbar. Erfüllt der Arbeitgeber Urlaubsansprüche, ist nach der Auslegungsregel des § 366 Abs. 2 BGB davon auszugehen, daß die Beklagte zunächst auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch und sodann auf den tariflichen/vertraglichen Urlaubsanspruch geleistet hat. Die auf Grund des gesetzlichen Urlaubs ausgefallenen Arbeitsstunden sind insgesamt zu berücksichtigen.
bb) Anderes gilt möglicherweise für den über den gesetzlichen Urlaub hinaus gewährten Tarifurlaub.
(1) Nach § 15 III. Nr. 2 MTV sind nicht die am Urlaubstag ausfallenden Arbeitsstunden zu vergüten, sondern die sich aus den letzten drei abgerechneten Lohnperioden ergebende durchschnittliche Zahl von Arbeitsstunden. Eine Durchschnittsberechnung des sog. Zeitfaktors, die nach § 15 III. Nr. 3 MTV für sämtliche Urlaubstage vor Antritt des ersten Urlaubs vorzunehmen ist, ist unwirksam, sofern sie darauf abzielt, die Vergütung des gesetzlichen Mindesturlaub zu vermindern. Die Berücksichtigung der tatsächlich ausfallenden Arbeitsstunden ist dem Arbeitnehmer nach § 1 BUrlG garantiert (BAG 22. Februar 2000 – 9 AZR 107/99 – aaO; ErfK/Dörner 3. Aufl. § 13 BUrlG Rn. 50).
(2) Eine zu Ungunsten des Arbeitnehmers von § 1 BUrlG abweichende Durchschnittsberechnung ist allerdings für den den gesetzlichen Urlaub übersteigenden Tarifurlaub zulässig. Bei der Anwendung hat das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen, daß sich das im Betrieb praktizierte Arbeitszeitsystem, insbesondere auch für die auf Abruf tätigen Teilzeitbeschäftigten sich mit dem tariflichen Grundmodell nicht deckt. Das kann dazu führen, daß Zeiten der Nichtbeschäftigung für die Ermittlung des Zeitfaktors außer Ansatz zu lassen sind. Dann wären auch sämtliche ausgefallenen und bisher nicht angerechneten Urlaubsstunden für den Tarifurlaub zu berücksichtigen (vgl. ErfK/Dörner 3. Aufl. § 13 BUrlG Rn. 51 mwN).
3. Weiterhin ist die Anzahl der Urlaubsstunden festzustellen, die von der Beklagten an denjenigen Freistellungstagen als Ist-Arbeitszeit erfaßt hat, die über den geschuldeten Urlaub hinausgehen. Diese Stunden können von den sich zugunsten des Klägers ergebenden Plusstunden abzuziehen sein, wobei der Abgleich nach Maßgabe der BV Arbeitszeit nicht nach den Kalenderjahren zu erfolgen hat, sondern nach dem dort bestimmten Abrechnungszeitraum 1. Februar/31. Januar des Folgejahres.
Rechtsgründe stehen der Berücksichtigung der zuviel angerechneten Stunden nicht entgegen.
a) Ausschlußfristen des § 19 MTV sind nicht zu prüfen. Die Beklagte verfolgt keinen selbständigen Anspruch auf Zahlung, der als solcher klageweise durchgesetzt werden könnte. Ihre Verrechnung stellt lediglich das “richtige” Ergebnis des Arbeitszeitkontos her.
b) Das vom Kläger vorgebrachte urlaubsrechtliche generelle “Verbot der Rückforderung” gibt es nicht. Gewährte freie Tage können zwar nicht rückgängig gemacht werden; versäumte Arbeit kann nicht tatsächlich mit rückwirkender Kraft nachgeholt werden. Die Herausgabe der für eine unberechtigte Freistellung gezahlten Vergütung ist dagegen rechtlich und tatsächlich möglich.
aa) Das gesetzliche Urlaubsrecht enthält kein allgemeines Rückforderungsverbot. § 5 Abs. 3 BUrlG regelt die Rechtsfolgen, die sich aus einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Urlaubsjahr und der dadurch bewirkten Kürzung des Urlaubs nach § 5 Abs. 1c BUrlG ergeben. Hat der Arbeitnehmer bereits mehr Urlaub und Urlaubsentgelt erhalten als ihm auf Grund der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusteht, kann der Arbeitgeber das zuviel gewährte Urlaubsentgelt nicht zurückfordern. Es handelt sich insoweit um eine bereicherungsrechtliche Sondervorschrift, die nicht zu verallgemeinern ist (vgl. BAG 23. April 1996 – 9 AZR 317/95 – BAGE 83, 36).
bb) Dem Manteltarifvertrag läßt sich nichts anderes entnehmen. Die Rechtsfolgen einer nachträglichen Kürzung des Urlaubs im Austrittsjahr sind in § 15 III. Nr. 6 MTV bestimmt. Nach Buchst. a) kann der Arbeitgeber das Urlaubsentgelt und das zusätzliche Urlaubsgeld für die zuviel erhaltenen Urlaubstage zurückfordern oder einbehalten, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis selbst gekündigt hat. Auch die Tarifvertragsparteien unterscheiden mithin zwischen der – nicht rückholbaren – Freistellung des Arbeitnehmers und der Rückforderbarkeit der hierfür gezahlten Vergütung.
Für die Annahme, § 15 III. Nr. 6 MTV regele abschließend die sich bei einer “Zuviel”-Gewährung von Urlaub ergebenden Ansprüche des Arbeitgebers, bestehen keine Anhalte.
IV. Das Landesarbeitsgericht hat die danach erforderlichen Feststellungen zu treffen und zu entscheiden. Das betrifft auch die Kosten der Revision.
Unterschriften
Düwell, Zwanziger, Reinecke, Schwarz, Heilmann
Fundstellen
Haufe-Index 933360 |
BAGE 2004, 321 |
DB 2003, 1521 |
ARST 2003, 286 |
NZA 2003, 726 |
SAE 2003, 272 |
AP, 0 |
EzA-SD 2003, 5 |
EzA |
MDR 2003, 816 |
PERSONAL 2003, 60 |
SPA 2003, 4 |