Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedingter Aufhebungsvertrag eines Berufsausbildungsverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
Eine einzelvertragliche Vereinbarung, nach welcher ein Berufsausbildungsverhältnis ohne weiteres endet, wenn das Zeugnis des Auszubildenden für das nächste Berufsschulhalbjahr in einem von bestimmten in der Vereinbarung aufgeführten Fächern die Note "mangelhaft" aufweist, ist wegen Umgehung zwingenden Kündigungsrechts unwirksam (im Anschluß an BAG 19.12.1974 2 AZR 565/73 = BAGE 26, 417 = AP Nr 3 zu § 620 BGB Bedingung).
Normenkette
BBiG § 15; BGB §§ 242, 620; KSchG § 4 Fassung 1969-08-25; ArbGG § 111 Fassung: 1979-07-02
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 27.09.1984; Aktenzeichen 5 Sa 737/83) |
ArbG Kiel (Entscheidung vom 24.08.1983; Aktenzeichen 4b Ca 629/83) |
Tatbestand
Die Beklagte bildete den am 2. September 1965 geborenen Kläger aufgrund eines im Februar 1981 für die Zeit vom 1. September 1981 bis 31. August 1984 abgeschlossenen Berufsausbildungsvertrages vom 1. September 1981 an zum Rohrinstallateur aus. Im ersten Halbjahreszeugnis der Berufsschule erhielt der Kläger in den Fächern Gemeinschaftskunde die Note "befriedigend", in Betriebswirtschaft und Fachzeichnen die Note "ausreichend" und in Fachkunde und Fachrechnen die Note "mangelhaft". Im Berufsschuljahresschlußzeugnis wurden seine Leistungen in den Fächern Gemeinschaftskunde und Fachzeichnen mit "ausreichend" und in den Fächern Betriebswirtschaft, Fachkunde und Fachrechnen jeweils mit "mangelhaft" bewertet. Daraufhin schrieb die Beklagte an die Eltern des Klägers unter dem 9. August 1982, daß für eine erfolgreiche Ausbildung die enge Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten wichtige Voraussetzung sei, und lud sie und den Kläger zu einem Gespräch am 17. August 1982 ein. Zu diesem Gespräch erschien der Kläger mit seinem Vater. Sie unterzeichneten eine mit "Auflösungsvertrag" überschriebene Vereinbarung, die unter anderem folgende Regelung enthielt:
"...für den Fall, daß das nächste Halbjahres-
zeugnis der Berufsschule, das im Winter
1982/83 erteilt wird und dem Unternehmen
unverzüglich vorzulegen ist, noch in einem
der folgenden Fächer die Note fünf auf-
weist, wird das Ausbildungsverhältnis im
beiderseitigen Einvernehmen mit Vorlege-
datum des Zeugnisses aufgelöst.
...Die H stellt dem Auszubildenden
einen Katalog mit Rechenaufgaben zur
Verfügung, damit er über den üblichen Rahmen
hinaus gezielt üben kann. Die H ist bereit,
nach vorheriger Terminabsprache zwischen dem
Auszubildenden und den Mitarbeitern der Aus-
bildungsabteilung die Übungen zu korrigieren
und Hinweise zu geben, für eine richtige Lösung
im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten.
Wenn die Lernleistungen des Auszubildenden sich
im wesentlichen bessern, und keine mangelhaften
Noten von der Berufsschule im Zeugnis sind, ist
dieser Vertrag gegenstandslos."
Im Zeugnis für das dritte Berufsschulhalbjahr 1982/83 erhielt der Kläger in den Fächern Gemeinschaftskunde, Betriebswirtschaft, Fachkunde und Fachrechnen jeweils die Note "mangelhaft" und im Fachzeichnen die Note "ausreichend". Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin bei Vorlage dieses Zeugnisses am 31. Januar 1983 mit, daß nunmehr das Ausbildungsverhältnis wegen seiner Lernunwilligkeit beendet sei.
Der Kläger beantragte mit Schriftsatz vom 23. Februar 1983, bei der Industrie- und Handelskammer zu Kiel am 24. Februar 1983 eingegangen, das Schlichtungsverfahren nach § 111 Abs. 2 ArbGG. Die Antragsschrift war von einer Sekretärin des Geschäftsführers der Verwaltungsstelle Kiel der Industriegewerkschaft Metall "i. A." unterzeichnet. Als sich dies in der Schlichtungsverhandlung am 11. März 1983 herausstellte, erbat der Geschäftsführer der Verwaltungsstelle einen neuen Termin, um den Mangel der Formunwirksamkeit heilen zu können. Mit Schriftsatz vom 23. März 1983 übernahm dann die Landesrechtsstelle des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Landesbezirk Nordmark, die Vertretung des Klägers. Der bei der Industrie- und Handelskammer zu Kiel nach § 111 ArbGG gebildete Schlichtungsausschuß entschied durch einen am 26. April 1983 verkündeten Spruch, daß das Ausbildungsverhältnis des Klägers mit der Beklagten über den 31. Januar 1983 hinaus fortbestehe.
Im Januar/Februar 1983 war bei der Beklagten ein Flugblatt verteilt worden, in dem unter anderem Auflösungsverträge als "neue Masche zur Disziplinierung" bezeichnet wurden und der Beklagten vorgeworfen wurde, sich der Pflicht zur Ausbildung entziehen zu wollen. Ferner wurde behauptet, die Beklagte versuche mit den "üblen Tricks", daß bei Fünfen im Berufsschulzeugnis die Lehrlinge und Eltern neuerdings zur Ausbildungsleitung bestellt würden, das Berufsbildungsgesetz zu umgehen.
Mit seiner am 25. März 1983 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses zum 31. Januar 1983 gewandt. Er hat vorgetragen, ihm sei von der Beklagten die fristlose Kündigung für den Fall angedroht worden, daß sein Vater die Auflösungsvereinbarung nicht unterzeichne. Er fechte sie daher gemäß § 123 Abs. 1 BGB an. Seine unzureichenden Schulnoten beruhten nicht auf fehlendem Interesse. Die in einigen Sachgebieten unzureichenden Schulnoten lägen außerhalb seines Einflußbereiches. Auch habe ihm die Beklagte nicht genügend Hilfestellung gegeben. Der Auflösungsvertrag vom 17. August 1982 sei wegen Umgehung des § 15 BBiG und des § 626 BGB nichtig. Die Bedingung, bei deren Eintritt das Ausbildungsverhältnis enden solle, sei unabhängig von seinem Willen. Er sei auch nicht in der Lage gewesen, bei Abschluß des Auflösungsvertrages zu überblicken, ob er die vereinbarte Bedingung erfüllen könne.
Der Kläger hat weiter geltend gemacht, er habe schon dadurch einen Schaden erlitten, daß er bei der Beklagten aus von ihr zu vertretenden Gründen nicht ausgebildet werde. Er werde an der Facharbeiterprüfung nicht teilnehmen können. Der Beruf des Busfahrers, zu dem er inzwischen ausgebildet werde, sei mit dem eines Facharbeiters nicht vergleichbar. Außerdem werde die Ausbildungszeit bei der Beklagten auf die jetzige Berufsausbildung nicht angerechnet. Darüber hinaus sei er vom 1. Februar 1983 bis 31. Juli 1983 arbeitslos gewesen. Ihm sei somit ein Schaden entstanden, der noch nicht beziffert werden könne.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
1. festzustellen, daß das Ausbildungsverhältnis des
Klägers bei der Beklagten über den 31. Januar
1983 hinaus fortbesteht;
2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,
dem Kläger wegen der Auflösung des Ausbildungsver-
hältnisses und unterlassener Ausbildung Schadenser-
satz zu leisten.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, daß die nach dem 23. März 1983 bei dem Schlichtungsausschuß eingegangenen Anträge des Klägers verfristet seien. Die Antragsschrift vom 23. Februar 1983 sei rechtsunwirksam und deshalb nicht zu berücksichtigen. Sie habe auch mit einem erneuten Antrag des Klägers nicht rechnen müssen. Im Interesse der Rechtssicherheit gelte § 4 KSchG auch für Auszubildende. Daher hätte der Kläger auch das Vorverfahren durch Anrufung des Ausschusses innerhalb von drei Wochen einleiten müssen. Diese Frist habe er jedoch versäumt. Auch sei die Klagebefugnis verwirkt. Hierfür sei von dem rechtswirksamen Antrag vom 23. März 1983 auszugehen. Die in den Flugblättern enthaltenen falschen Behauptungen seien allein auf den Kläger zurückzuführen. Der Kläger habe weiterhin in der Ausgabe der Illustrierten "Stern" vom 30. März 1983 die unrichtige Behauptung verbreitet, er bzw. sein Vater habe den Auflösungsvertrag unterschreiben müssen. Setze ein Auszubildender den Ausbildenden und dessen Ausbilder in dieser Weise herab, müßten die Angegriffenen nicht noch damit rechnen, der Auszubildende wolle von ihnen weiter ausgebildet werden.
Sie habe dem Kläger am 17. August 1982 keine fristlose Kündigung angedroht, sondern lediglich auf den Kläger Druck ausüben wollen, damit er endlich seinen Lernpflichten nachkomme. Der Aufhebungsvertrag sei sachlich gerechtfertigt und das letzte Mittel gewesen, den Kläger auf seine Verpflichtungen aus § 9 BBiG hinzuweisen. Nur bei Erfüllung der Mitwirkungspflichten des Auszubildenden gemäß § 9 BBiG sei sie in der Lage, ihrer Ausbildungspflicht nachzukommen. Ein Auszubildender, der seine Lernpflichten fortwährend verletze, könne fristlos entlassen werden. Sie habe im Interesse des Klägers diese Möglichkeit nicht genutzt und ihm mit der Vereinbarung vom 17. August 1983 eine letzte Chance eingeräumt. Der Kläger könne auch keinen Schadenersatz beanspruchen, weil das Ausbildungsverhältnis allein aus Gründen aufgelöst worden sei, die er verschuldet habe.
Beide Vorinstanzen haben den zuletzt gestellten Anträgen des Klägers entsprochen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist im wesentlichen unbegründet.
A. Das Ausbildungsverhältnis des Klägers hat bis zum 31. August 1984, dem vereinbarten Ende der Ausbildungszeit, fortbestanden.
I. Das Ausbildungsverhältnis ist nicht aufgrund der Vereinbarung vom 17. August 1982 am 31. Januar 1983 beendet worden.
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daß der Kläger die Unwirksamkeit der Vereinbarung vom 17. August 1982 nicht verspätet geltend gemacht hat.
a) Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der von beiden Parteien in den Vorinstanzen vertretenen Ansicht ohne nähere Begründung in der Vereinbarung vom 17. August 1982 einen bedingten Aufhebungsvertrag gesehen: Das Berufsausbildungsverhältnis sollte danach mit der Vorlage des Zeugnisses des Klägers für das Berufsschulhalbjahr 1982/83 enden, falls dieses in einem der in der Vereinbarung bezeichneten Fächer die Note fünf aufweisen sollte; einer weiteren Erklärung oder Vereinbarung seitens der Parteien über die Auflösung des Ausbildungsverhältnisses bedurfte es danach nicht. Durch eine solche Vereinbarung wird der Berufsausbildungsvertrag selbst unter eine auflösende Bedingung gestellt, da er mit dem Eintritt der Bedingung enden soll (vgl. - für den insoweit gleichgelagerten Fall der Vereinbarung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei verspäteter Rückkehr aus dem Urlaub - Senatsurteil BAG 26, 417 = AP Nr. 3 zu § 620 BGB Bedingung, zu B II 3 c der Gründe).
Der Kläger vertritt demgegenüber erstmals in der Revisionsinstanz die Ansicht, die Vereinbarung vom 17. August 1982 stelle lediglich einen Vorvertrag dar, der die Parteien bei Eintritt der vereinbarten Bedingung zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages verpflichte; die Beklagte hätte ihn deshalb auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung verklagen müssen. Dieser Würdigung kann nicht gefolgt werden.
Der Senat kann die Auslegung selbst vornehmen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte in der Vergangenheit inhaltsgleiche Vereinbarungen mit etwa 60 Auszubildenden abgeschlossen: Bei der mit dem Kläger getroffenen Vereinbarung handelt es sich somit um einen typischen Vertrag, dessen Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. BAG Urteil vom 29. Juni 1978 - 2 AZR 681/76 - AP Nr. 5 zu § 4 KSchG 1969, zu II 1 der Gründe).
Die Auslegung führt zu dem von den Vorinstanzen angenommenen Vertragsinhalt. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung "wird" das Ausbildungsverhältnis "im beiderseitigen Einvernehmen mit Vorlegedatum des Zeugnisses aufgelöst", falls das Zeugnis die bezeichneten Leistungsmängel ausweist. Durch den Gebrauch des Verbums "auflösen" in der Form des Präsens Passiv ist eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß das Ausbildungsverhältnis mit der Vorlage eines die entsprechenden Noten enthaltenen Zeugnisses enden, diese Rechtswirkung somit bei Erfüllung dieses Tatbestandes unmittelbar eintreten soll. Hätten die Parteien beabsichtigt, die Beendigung des Ausbildungsvertrages bei Vorlage eines entsprechenden Zeugnisses erst durch einen dann abzuschließenden Vertrag herbeizuführen, so hätten sie zumindest die Form des Futurs Passiv gewählt und formuliert, daß das Ausbildungsverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen mit Vorlegedatum des Zeugnisses aufgelöst "werden wird".
b) Der Kläger hat den Schlichtungsausschuß am 24. Februar 1984 und somit 23 Tage nach dem 31. Januar 1983, dem von der Beklagten angenommenen Auflösungstermin des Ausbildungsvertrages, angerufen. Damit hat er die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages und der auflösenden Bedingung des Ausbildungsvertrages rechtzeitig geltend gemacht. Denn er war nicht gehalten, hierfür eine Frist von drei Wochen zu wahren.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BAG 27, 279 = AP Nr. 2 zu § 111 ArbGG 1953) muß bei Streit um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG vor der Klageerhebung zum Arbeitsgericht das Verfahren vor dem Ausschuß zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden durchgeführt werden, sofern die zuständige Handwerksinnung oder eine andere zuständige Stelle - wie im vorliegenden Fall die Industrie- und Handelskammer - einen solchen Ausschuß gebildet hat. Ob für die Anrufung des Schlichtungsausschusses eine Frist einzuhalten ist und wie lang diese ist, ist gesetzlich nicht geregelt. Der Senat hat in dem vorbezeichneten Urteil wie auch in dem Urteil vom 29. November 1984 - 2 AZR 354/83 - (EzA § 9 n. F. KSchG Nr. 19, zu II 2 b der Gründe) offengelassen, ob seine Rechtsprechung, nach der für die außerordentliche Kündigung auch beim befristeten Arbeitsverhältnis die Klagefrist des § 4 KSchG gilt, auf den Fall der außerordentlichen Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses zu übertragen ist. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte sowie im Schrifttum gehen die Meinungen hierüber weit auseinander (vgl. die Angaben bei Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 13 Rz 23 und Natzel, Berufsausbildungsrecht, 3. Aufl., S. 295 zu Fußn. 211 bis 214). Diese Streitfrage braucht jedoch auch im vorliegenden Fall nicht abschließend beantwortet zu werden, soweit über die Wirksamkeit des bedingten Aufhebungsvertrages und die darin enthaltene auflösende Bedingung des Berufsausbildungsvertrages zu befinden ist.
bb) Sowohl der erkennende Senat (Urteil vom 26. April 1979 - 2 AZR 431/77 - AP Nr. 47 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) als auch der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 24. Oktober 1979 - 5 AZR 851/78 - AP Nr. 49 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) haben erwogen, ob ein Arbeitnehmer, der die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages wegen Umgehung von Kündigungsschutzbestimmungen geltend macht, nicht gehalten ist, innerhalb von drei Wochen seit Ablauf des befristeten Vertrages die Unwirksamkeit gerichtlich geltend zu machen. Der Siebte Senat hat jedoch in dem Urteil vom 7. März 1980 (- 7 AZR 177/78 - AP Nr. 54 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 1 b der Gründe) die entsprechende Anwendung des § 4 KSchG mit der Begründung abgelehnt, sie würde die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschreiten und damit Art. 20 Abs. 3 GG verletzen. Die Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen sei in § 620 BGB gesetzlich geregelt. Es gehe deshalb bei der Einführung einer Klagefrist um eine gesetzesüberschreitende Rechtsfortbildung. Eine zulässige Rechtsfortbildung setze jedoch voraus, daß die Rechtsfrage weder im Wege der Gesetzesauslegung noch aufgrund einer gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung in einer Weise gelöst werden könne, die der Mindestanforderung genüge, die sich aus einem unabweisbaren Bedürfnis des Rechtsverkehrs und der Forderung nach Praktikabilität und Rechtsklarheit der Rechtsnormen ergäben. Die Rechtsfrage der Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen sei nach der grundlegenden Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Oktober 1960 (BAG 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) dahin geklärt, daß die Regel des § 620 Abs. 1 BGB und der Grundsatz der Vertragsfreiheit eingeschränkt und befristete Arbeitsverhältnisse nur zulässig seien, wenn ein sachlicher Grund für die Befristung bestehe. Damit sei durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung § 620 BGB in Übereinstimmung mit dem im Gesetz selbst zum Ausdruck kommenden Grundgedanken ausgelegt worden, und deswegen fehle es an einer Gesetzeslücke als Voraussetzung für eine gesetzesüberschreitende Rechtsfortbildung.
Von dieser Rechtsprechung ist weiterhin auszugehen. Der erkennende Senat hat zwar in dem Urteil vom 9. September 1982 (- 2 AZR 248/80 - n. v., zu B I 1 b der Gründe) die vom Siebten Senat gegebene Begründung nicht für zwingend erachtet. Auch die Grenzen der zulässigen Befristung seien durch eine Rechtsfortbildung bestimmt worden, bei der zweifelhaft sei, ob sie gesetzesimmanent oder gesetzesüberschreitend sei. Mit der gleichen Methode könnte an sich auch die entsprechende Anwendung des § 4 KSchG begründet werden, soweit die restriktive Auslegung des § 620 Abs. 1 BGB wegen der Umgehung des KSchG geboten sei. Der Senat hat jedoch im Interesse der Rechtssicherheit und der Stetigkeit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon abgesehen, diese Rechtsprechung des Siebten Senats, auf die sich die Instanzgerichte und die Arbeitnehmer gerade eingestellt hatten, sogleich wieder durch eine Anrufung des Großen Senats in Frage zu stellen. Er hat sich vorbehalten, die Möglichkeit der entsprechenden Anwendung des § 4 KSchG erneut zu überprüfen, wenn sich künftig zunehmende Unzulänglichkeiten aus der gegenwärtigen Rechtsprechung ergeben sollten. Dahingehende Erkenntnisse liegen dem Senat jedoch bisher nicht vor, so daß auch weiterhin kein Grund besteht, von der Rechtsprechung des Siebten Senats abzuweichen.
cc) Diese zur entsprechenden Anwendung des § 4 KSchG auf Befristungsfälle entwickelten Grundsätze gelten auch dann, wenn sich der Arbeitnehmer auf die Unwirksamkeit einer auflösenden Bedingung des Arbeitsvertrages berufen will. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sind die Grundsätze des Großen Senats zur Zulässigkeit befristeter Arbeitsverhältnisse (BAG 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) auch auf auflösend bedingte Arbeitsverträge anzuwenden. Der Senat hat zwar in dem Urteil vom 9. Juli 1981 (BAG 36, 112 = AP Nr. 4 zu § 620 BGB Bedingung) erwogen, das auflösend bedingte Arbeitsverhältnis grundsätzlich für unwirksam zu erklären, sofern die auflösende Bedingung nicht vornehmlich dem Interesse des Arbeitnehmers diene oder ihr Eintritt allein von seinem Willen abhänge. Er hat jedoch zwischenzeitlich auch auflösende Bedingungen, die für den betroffenen Arbeitnehmer nicht uneingeschränkt vorteilhaft waren, auf ihre sachliche Rechtfertigung nach den zur Wirksamkeit von Befristungen entwickelten Grundsätzen überprüft. Da die Befristung nur in Verbindung mit dem Zweck zur Umgehung des Kündigungsschutzes führt, die auflösende Bedingung jedoch unmittelbar darauf hinausläuft, daß Sachverhalte das Arbeitsverhältnis beenden sollen, die nach § 1 KSchG oder § 626 BGB möglicherweise nicht als Beendigungsgründe ausreichen würden, sind an die sachliche Rechtfertigung der auflösenden Bedingungen allerdings besonders strenge Anforderungen zu stellen (Senatsurteile vom 9. Februar 1984 - 2 AZR 402/83 - AP Nr. 7 zu § 620 BGB Bedingung, zu B I 3 der Gründe, sowie vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - EzA § 620 BGB Bedingung Nr. 4, zu B I 4 der Gründe). Deshalb kann auch für die zeitliche Geltendmachung der Unwirksamkeit einer auflösenden Bedingung nichts anderes gelten als in den Befristungsfällen.
dd) Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daß auch die Unwirksamkeit der auflösenden Bedingung eines Berufsausbildungsvertrages selbst dann nicht innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG gerichtlich, oder, sofern ein Schlichtungsausschuß nach § 111 Abs. 2 ArbGG besteht, durch dessen Anrufung geltend gemacht werden muß, wenn § 4 KSchG für fristlose Kündigungen von Berufsausbildungsverhältnissen gälte.
c) Das Feststellungsbegehren des Klägers ist auch nicht prozessual verwirkt.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 11, 353 = AP Nr. 1 zu § 242 BGB Prozeßverwirkung; Urteil vom 7. März 1980, aaO; Urteil des erkennenden Senats vom 11. November 1982 - 2 AZR 552/81 - AP Nr. 71 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 3 der Gründe) kann das Recht, eine Klage zu erheben, verwirkt werden mit der Folge, daß eine gleichwohl erhobene Klage unzulässig ist. Die Verwirkung der Klagebefugnis tritt ein, wenn neben einem Zeitablauf (Zeitmoment) besondere Umstände vorliegen, aus denen sich für den Gegner ein selbständiger prozessualer, sich also gerade auf die Klageerhebung erstreckender Vertrauenstatbestand ergibt und das Erfordernis des Vertrauensschutzes für den Gegner derart überwiegt, daß das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs zurücktreten muß (Umstandsmoment). Diese Grundsätze gelten nach den vorbezeichneten Urteilen des Siebten Senats vom 7. März 1980 (aaO; ebenso Urteile vom 3. Oktober 1984 - 7 AZR 292/82 - sowie vom 26. Juni 1985 - 7 AZR 215/84 - n. v.) und des erkennenden Senats vom 11. November 1982 auch für den Fall der Feststellung der Unwirksamkeit einer Befristung. Zur Konkretisierung des Zeitmoments kann in diesen Fällen auf die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG zurückgegriffen werden. Denn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf sind im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit der Zeitspanne, in der der Vertrauenstatbestand für die Nichterhebung der Feststellungsklage wegen der Unzulässigkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses geschaffen wird, enge Grenzen zu setzen. Da, wie ausgeführt, die Wirksamkeit der auflösenden Bedingung eines Arbeitsverhältnisses nach den Regeln über die Wirksamkeit von Befristungen zu beurteilen ist, sind diese Grundsätze auf die gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit einer auflösenden Bedingung anzuwenden. Soweit es um den Fortbestand von Berufsausbildungsverhältnissen geht, tritt an die Stelle der Klageerhebung die Anrufung des Schlichtungsausschusses nach § 111 Abs. 2 ArbGG, soweit ein solcher bei der Handwerksinnung oder der sonst zuständigen Stelle im Sinne dieser Vorschrift, wie vorliegend bei der Industrie- und Handelskammer, errichtet ist.
bb) Der Kläger hat am 24. Februar 1983 einen Antrag auf Einleitung des Schlichtungsverfahrens bei der Schlichtungsstelle eingereicht, der allerdings nicht von dem Geschäftsführer der Verwaltungsstelle Kiel der zuständigen Gewerkschaft, sondern von dessen Sekretärin "i. A." unterzeichnet war. Geht man zur Konkretisierung des Zeitmoments der Verwirkung von der Drei-Wochen- Frist des § 4 KSchG aus, so war diese Frist, wie ausgeführt, durch den Antrag nicht mehr gewahrt. Es kann deshalb insoweit dahingestellt bleiben, ob der Antrag wegen Unterzeichnung durch die nicht bevollmächtigte Sekretärin des Geschäftsführers unwirksam war und dieser Formmangel auch durch die von dem Bevollmächtigten unterschriebene neue Antragsschrift vom 23. März 1983 nicht rückwirkend geheilt werden konnte.
Das Zeitmoment reicht jedoch für die Annahme einer Prozeßverwirkung nicht aus. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, fehlen im vorliegenden Fall besondere Umstände, denen die Beklagte entnehmen durfte, der Kläger werde die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages nicht mehr geltend machen (Umstandsmoment). Auch wenn die Antragsschrift vom 23. Februar 1983 nicht den Formerfordernissen entsprochen haben sollte, konnte die Beklagte jedoch bereits diesem Schriftstück entnehmen, daß der Kläger mit der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses aufgrund des Aufhebungsvertrages nicht einverstanden war. Sie mußte sich somit schon wenige Tage nach Ablauf der Drei-Wochen- Frist auf eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Kläger einrichten. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner angenommen, daß die Beklagte auch im Hinblick auf das im Januar/Februar 1983 verteilte Flugblatt sowie den am 30. März 1983 im "Stern" erschienenen Artikel, in denen gegen die Aufhebungsverträge polemisiert worden war, selbst dann nicht annehmen durfte, der Kläger wolle das Ausbildungsverhältnis nicht mehr fortsetzen, wenn die Angaben auf ihn zurückzuführen sein sollten. Nachdem darin die Vertragspraxis der Beklagten für rechtswidrig angesehen wurde, spricht dieses Vorbringen eher dafür, daß der Kläger sich eben mit allen Mitteln gegen eine Vertragsbeendigung zur Wehr setzen wollte. Der erst am 30. März 1983 im "Stern" erschienene Artikel konnte ein Vertrauen der Beklagten, der Kläger sehe das Ausbildungsverhältnis als beendet an, auch deshalb nicht mehr begründen, weil bereits unter dem 23. März 1983 eine von dem Bevollmächtigten des Klägers unterschriebene Antragsschrift bei der Schlichtungsstelle eingereicht und die am 25. März 1983 bei Gericht eingegangene Klage der Beklagten am 30. März 1983 zugestellt worden war. Der Kläger hatte damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß er das mit dem Antrag vom 23. Februar 1983 eingeleitete Schlichtungsverfahren fortsetzen und notfalls auch gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen wolle. Zudem hat die Beklagte nichts dafür vorgetragen, daß ihr durch die verspätete Antragstellung ein prozessualer Nachteil erwachsen ist.
d) Der Kläger hat schließlich auch die zweiwöchige prozessuale Ausschlußfrist des § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG gewahrt. Denn er hatte bereits vor Zustellung des Spruchs der Schlichtungsausschusses Klage beim Arbeitsgericht erhoben. Diese war zwar zunächst unzulässig, da die Schlichtungsverhandlungen gemäß § 111 Abs. 2 Satz 6 ArbGG der Klage vorangehen muß. Die Klage ist aber mit Abschluß des Schlichtungsverfahrens zulässig geworden (Senatsurteil vom 25. November 1976 - 2 AZR 751/75 - AP Nr. 4 zu § 15 BBiG, zu I 2 der Gründe).
2. Das Berufungsgericht hat den bedingten Aufhebungsvertrag vom 17. August 1982 im Ergebnis auch zutreffend für unwirksam angesehen.
a) Das Berufungsgericht hat seine Ansicht im wesentlichen wie folgt begründet: Es möge sein, daß es sich bei der vereinbarten Bedingung um eine sog. Potestativbedingung handele, da es Sache des Schülers sei, seine Noten zu verbessern und der Kläger für eine andere Beurteilung der Frage nichts vorgetragen habe. Die Bedingung sei jedoch unwirksam, da Ausbildungsverhältnisse nach Ablauf der Probezeit nur durch eine Kündigung wegen Berufsaufgabe oder -wechsel oder aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden könnten. Da an die Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses besonders strenge Anforderungen gestellt würden und der Auszubildende dadurch in ganz besonderem Maße geschützt werde, müßten die Voraussetzungen, unter denen ein Ausbildungsverhältnis anders beendet werden könne, nach einem besonders strengen Maßstab überprüft werden. Dabei könne man sich an den Grundsätzen ausrichten, die an die Anfechtung von Auflösungsverträgen gestellt würden, die zur Vermeidung einer außerordentlichen Kündigung geschlossen würden. Nach diesen Kriterien könnte die vereinbarte auflösende Bedingung berechtigt sein. Dennoch sei das mit der auflösenden Bedingung verfolgte Ziel auch mit der außerordentlichen Kündigung erreichbar gewesen. Die Vereinbarung sei zwar nicht deshalb unwirksam, weil lediglich der Vater des damals minderjährigen Klägers sein Einverständnis erklärt habe, sondern weil mit der Vereinbarung dem Kläger die Möglichkeit genommen worden sei, die Berufsausbildung bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung gemäß § 14 Abs. 3 BBiG zu verlängern. Die Vereinbarung der Parteien laufe im Ergebnis darauf hinaus, daß der Kläger auf die Wiederholung der Abschlußprüfung verzichtet habe. Bevor der Auszubildende jedoch keine genaue Kenntnis über das Bestehen der Abschlußprüfung habe, könne er auf sein Recht, das Ausbildungsverhältnis zu verlängern, nicht verzichten.
Diesen Ausführungen kann nur im Ergebnis gefolgt werden.
b) Wie bereits ausgeführt, enthält die Vereinbarung vom 17. August 1982 einen bedingten Aufhebungsvertrag, durch den der Berufsausbildungsvertrag unter die auflösende Bedingung gestellt wurde, daß der Kläger im nächsten Berufsschulhalbjahr in einem der in der Vereinbarung bezeichneten Fächer die Note fünf erhielte.
c) Nach der Rechtsprechung des Senats (BAG 26, 417; Urteil vom 13. Dezember 1984 - 2 AZR 294/83 - EzA § 620 BGB Bedingung Nr. 3) ist die vertraglich vereinbarte Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich zulässig und nicht durch Kündigungs- oder Kündigungsschutzvorschriften ausgeschlossen.
aa) Die Vertragspartner dürfen jedoch die Rechtsform eines bedingten Aufhebungsvertrages, der nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit an sich zulässig sein kann, dann nicht anwenden, wenn sie damit zwingende Bestimmungen des Kündigungsrechts umgehen. Eine gesetzliche Umgehung liegt dann vor, wenn der Zweck zwingender Rechtsnormen objektiv dadurch vereitelt wird, daß andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten mißbräuchlich verwendet werden.
Eine solche zwingende Kündigungsschutzbestimmung stellt auch die Vorschrift des § 626 BGB dar. Aus ihrer zwingenden Natur folgt - jedenfalls für die Arbeitgeberkündigung -, daß der für die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung erforderliche wichtige Grund durch eine besondere vertragliche Gestaltung weder beseitigt noch eingeschränkt werden darf. Nur ein Grund, der die Voraussetzungen des § 626 BGB erfüllt, kann ein wichtiger Grund sein. Es ist nicht möglich, bestimmte Sachverhalte zum wichtigen Grund zu erheben, wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Schließlich ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, daß ganz allgemein auf den Kündigungsschutz im Voraus, d. h. vor Ausspruch einer Kündigung, nicht wirksam verzichtet werden kann.
bb) Der Senat hat in dem Urteil BAG 26, 417 einen bedingten Aufhebungsvertrag, in dem die Arbeitsvertragsparteien vereinbart hatten, daß der ausländische Arbeitnehmer am Ende der gewährten Freizeit die Arbeit wieder aufnehmen und das Arbeitsverhältnis andernfalls ohne Rücksicht auf die Gründe des Fernbleibens enden solle, wegen Umgehung des § 626 BGB sowie des allgemeinen Kündigungsschutzes für unwirksam angesehen. Die Gründe hierfür waren im wesentlichen folgende:
Der bedingte Aufhebungsvertrag wird nicht geschlossen, weil das Arbeitsverhältnis - wie bei einer Befristung - von vornherein nur für eine bestimmte Zeit bestehen soll. Vielmehr soll der Arbeitnehmer veranlaßt werden, weiterzuarbeiten, nämlich pünktlich nach Beendigung seines Urlaubs die Arbeit wieder aufzunehmen. Nur bei verspäteter Rückkehr soll durch diese Vereinbarung eine Kündigung erspart werden, die nach dem Vertragsinhalt eine fristlose Kündigung sein müßte.
Im Zeitpunkt des Abschlusses des bedingten Aufhebungsvertrages kann der Arbeitnehmer noch nicht beurteilen, ob er die vereinbarte Bedingung erfüllen kann. Die verspätete Wiederaufnahme der Arbeit kann die verschiedensten Ursachen haben, insbesondere unabhängig vom Willen des Arbeitnehmers, aber auch aufgrund solcher Umstände eintreten, die keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abgeben. Der Arbeitnehmer nimmt zumindest die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen in Kauf, die den Arbeitgeber möglicherweise nicht zur fristlosen Kündigung berechtigen würden.
Hinzu kommt, daß der Arbeitgeber mit der Konstruktion des bedingten Aufhebungsvertrages ein nicht zu billigendes Ziel verfolgt. Der Arbeitnehmer soll unter dem Druck, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, veranlaßt werden, pünktlich aus dem Urlaub zurückzukehren. Der grundsätzlich bestehende Anspruch des Arbeitgebers auf rechtzeitige Arbeitsaufnahme nach Urlaubsende kann aus den verschiedensten Gründen (z. B. Krankheit, Verkehrsstörungen) nicht gegeben sein. Durch die Vereinbarung, den Fall der Nichterfüllung dieses Anspruchs generell mit einer vertraglichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verbinden, wird dem Arbeitnehmer jede Gegenwehr gegen eine sonst erforderliche und regelmäßig der gerichtlichen Nachprüfung unterliegende außerordentliche Kündigung genommen. Dies ist mit den unabdingbaren Grundsätzen des Rechts zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB sowie des allgemeinen Kündigungsschutzes unvereinbar.
d) Diese Überlegungen führen auch zur Unwirksamkeit der vorliegenden Vereinbarung über die bedingte Aufhebung des Berufsausbildungsvertrages der Parteien, wie auch das Arbeitsgericht richtig gesehen hat.
aa) Auch die vertragliche Aufhebung eines Berufsausbildungsverhältnisses ist grundsätzlich zulässig (allg. M.; vgl. Herkert, BBiG, Stand März 1984, § 14 Rz 1; Natzel, aaO, S. 271; Weber, BBiG, Stand Januar 1975, § 14 Anm. 1). Ebenso wie § 626 BGB ist jedoch die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 1 BBiG, nach der ein Berufsausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit, von dem Fall der Berufsaufgabe nach Abs. 2 Nr. 2 abgesehen, nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden kann, zwingendes Recht. Deshalb darf auch der für die Wirksamkeit dieser außerordentlichen Kündigung erforderliche wichtige Grund nicht durch besondere vertragliche Gestaltungen beseitigt oder eingeschränkt und dadurch die in dem Ausschluß der ordentlichen Kündigung liegende Schutzvorschrift umgangen werden. Ebensowenig kann auf diesen besonderen Bestandsschutz des Berufsausbildungsverhältnisses im Voraus verzichtet werden.
bb) Der Verzicht auf den Kündigungsschutz muß deshalb auch der Ausgangspunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit des von den Parteien abgeschlossenen Vertrages über die Aufhebung des Berufsausbildungsverhältnisses sein.
Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts und der Revision handelt es sich bei der in diesem Vertrag vereinbarten Bedingung nicht um eine Potestativbedingung, deren Eintritt allein vom Willen des Klägers abhängig war. Auch schulische Leistungen hängen nicht allein vom Willen und Können des Schülers ab, sondern können auch unabhängig hiervon unter Einfluß anderer Faktoren, wie z. B. längere Krankheit oder Unterrichtsmängel, herbeigeführt werden. Schwache schulische Leistungen in einzelnen Fächern können auf fehlende spezifische Begabung zurückzuführen und müssen deshalb kein Maßstab für die Eignung des Auszubildenden für den angestrebten Beruf oder seine Lernwilligkeit sein. Nach § 35 BBiG ist nur der im Berufsschulunterricht vermittelte Lehrstoff Prüfungsgegenstand, der für die Berufsausbildung wesentlich ist. Was wesentlich ist, läßt sich nicht allgemein für alle Ausbildungsberufe bestimmen, sondern ist letztlich immer nur in bezug auf den einzelnen Beruf möglich. So kann etwa das Fach Gemeinschaftskunde für einen handwerklichen Beruf wie den des Rohrinstallateurs eine geringere Bedeutung haben, als für einen kaufmännischen Beruf (vgl. Herkert, aaO, Stand April 1982, § 35 Rz 8). Die Leistungen in einzelnen schulischen Fächern sind für die Beurteilung der vorliegenden Vereinbarung von besonderer Bedeutung, weil bereits eine unzureichende Note in einem Fach die Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses herbeiführen sollte, ein Umstand also, der möglicherweise für die Frage der Erreichung des Ausbildungsziels nicht von wesentlicher Bedeutung sein würde.
Damit nahm auch im vorliegenden Fall der Kläger zumindest die fristlose Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses aus Gründen in Kauf, die den Ausbildenden möglicherweise nicht zu einer fristlosen Kündigung berechtigten, weil sie nicht als wichtiger Grund im Sinnes § 15 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ausreichten. Zwar ist der Auszubildende nach § 9 Satz 2 Nr. 2, § 7 BBiG auch gegenüber dem Ausbildenden verpflichtet, am Berufsschulunterricht teilzunehmen. Dies bedeutete nicht nur die körperliche Anwesenheit in der Schule, sondern auch die geistige Mitarbeit im Unterricht. Allerdings umfaßt die vertragliche Lernpflicht des Auszubildenden gegenüber dem Ausbildenden nach § 9 Satz 1 BBiG nicht unmittelbar den Wissensstoff, den die Berufsschule zu vermitteln hat (Natzel, aaO, S. 206). Jedoch können mangelhafte Leistungen in berufsspezifischen Schulfächern auch ein Anzeichen für fehlende Eignung für den Ausbildungsberuf oder fehlenden Willen sein, sich auch die im Ausbildungsbetrieb vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen. Uninteressiertheit und Faulheit im Unterricht können deshalb geeignet sein, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses durch den Ausbildenden abzugeben (LAG Düsseldorf, BB 1959, 491; Herkert, aaO, § 15 Rz 14; Natzel, aaO, S. 194, 286). Jedoch kommt es im Rahmen der auch nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorzunehmenden Interessenabwägung immer noch auf die Umstände des Einzelfalles an. Hierbei ist die Zweckbestimmung des Berufsausbildungsvertrages zu berücksichtigen, die darauf gerichtet ist, den Auszubildenden zu einem Berufsabschluß zu führen, und deshalb nur unter erschwerten Voraussetzungen die vorzeitige Auflösung des Ausbildungsverhältnisses zuläßt (BAG Urteil vom 10. Mai 1973 - 2 AZR 328/72 - AP Nr. 3 zu § 15 BBiG). Die Beklagte mochte bei Abschluß des Aufhebungsvertrages im Hinblick auf die zuletzt gezeigten, durchweg schlechten schulischen Leistungen des Klägers Anlaß zu der Annahme gehabt haben, der Kläger sei entweder lernunwillig oder für den erstrebten Beruf nicht geeignet. Durch die gewählte Vertragsgestaltung wollte sie jedoch den Fall der Nichterfüllung der Lernpflicht des Klägers generell mit einer pauschalen Regelung der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses verbinden und damit eine Kündigung vermeiden, die der gerichtlichen Überprüfung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände unterliegt. Auch dem Kläger wurde hierdurch jede Gegenwehr gegen eine sonst erforderliche außerordentliche Kündigung genommen. Da zudem bereits die Schlechtleistung in einem möglicherweise für die Erreichung des Ausbildungszwecks nicht maßgeblichen Unterrichtsfach diese Wirkung auslösen sollte, hat die Beklagte die rechtliche Gestaltungsmöglichkeit des bedingten Aufhebungsvertrages objektiv funktionswidrig verwandt.
3. Da der Aufhebungsvertrag bereits wegen Gesetzesumgehung unwirksam ist, kommt es auf die weiteren, vom Kläger geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe (fehlende Vollmacht des Angestellten F und fehlende Gesamtvertretung durch die Eltern des Klägers bei Vertragsabschluß; Anfechtung des Aufhebungsvertrages wegen Drohung) nicht mehr an.
II. Das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch eine fristlose Kündigung der Beklagten am 31. Januar 1983 beendet worden.
Die Beklagte hat erstmals in der Revisionsinstanz geltend gemacht, das Berufungsgericht hätte zumindest prüfen müssen, ob in der Erklärung der Beklagten gegenüber dem Kläger bei der Vorlage des Zeugnisses am 31. Januar 1983, das Ausbildungsverhältnis sei nunmehr wegen seiner Lernunwilligkeit beendet, nicht der Ausspruch einer fristlosen Kündigung zu sehen sei. Diese Rüge greift jedoch schon deshalb nicht durch, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, für diese Kündigung sowie die Gründe für die sofortige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses die nach § 15 Abs. 3 BBiG hierfür erforderliche Schriftform gewahrt zu haben. Wird die Kündigung nicht schriftlich erklärt oder enthält die schriftliche Kündigungserklärung nicht die Angabe der Kündigungsgründe, so ist die Kündigung wegen fehlender Schriftform nach § 125 BGB nichtig (Senatsurteil vom 25. November 1976 - 2 AZR 751/75 - AP Nr. 4 zu § 15 BBiG, zu A III 1 der Gründe). Selbst wenn somit in jener Mitteilung der Beklagten die Erklärung einer fristlosen Kündigung zu sehen wäre, wäre diese wegen Formmangels nichtig. Ihre Unwirksamkeit aus diesem Grund könnte gemäß § 13 Abs. 3 KSchG auch dann ohne Bindung an die Drei-Wochen- Frist des § 4 KSchG geltend gemacht werden, wenn diese Vorschrift auf die außerordentliche Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen anzuwenden wäre. Diese umstrittene Frage braucht deshalb auch in diesem Zusammenhang nicht beantwortet zu werden.
III.Wurde das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien somit nicht am 31. Januar 1983 aufgelöst, so endete es gemäß § 15 Abs. 1 BBiG mit dem Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit am 31. August 1984. Der Kläger kann deshalb auch nur die Feststellung des Fortbestehens des Berufsausbildungsverhältnisses für diesen Zeitraum verlangen. Sein Antrag, den Fortbestand des Vertragsverhältnisses über den 31. Januar 1983 hinaus festzustellen, hat die Feststellung einer Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit zum Gegenstand. Der weitergehende Feststellungsantrag des Klägers war deshalb unter entsprechender Abänderung der vorinstanzlichen Urteile abzuweisen.
B. Soweit das Berufungsgericht der auf Schadenersatz gerichteten Feststellungsklage stattgegeben hat, lassen seine Ausführungen und die von ihm übernommenen Gründe des arbeitsgerichtlichen Urteils keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision erhebt auch insoweit keine Rügen.
Hillebrecht Triebfürst Dr. Weller
zugleich für den
ehrenamtlichen
Richter Sickert, Dr. Kirchner
dessen Amtszeit
abgelaufen ist.
Fundstellen
DB 1986, 2680-2680 (LT1) |
NJW 1987, 279 |
NJW 1987, 279-280 (LT1) |
EzB § 15 Abs 2, Nr 1 BBiG Nr 64 (LT1) |
EzB BBiG § 15 Abs 3, Nr 24 (L1) |
EzB BGB § 620, Nr 7 (L1) |
ARST 1987, 33-35 (LT1) |
NZA 1987, 20-21 (LT1) |
RdA 1986, 333 |
RzK, IV 3b Nr 1 (LT1) |
AP § 620 BGB Bedingung, Nr 10 |
EzA § 620 BGB Bedingung, Nr 5 (LT1) |