Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigung nach unterlassener Auskunftserteilung
Leitsatz (amtlich)
- Für die von der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes begehrte Auskunftserteilung nach den Verfahrenstarifverträgen für das Baugewerbe ist die Entschädigungssumme nach § 61 Abs 2 ArbGG in der Regel um 20 vH von dem zu erwartenden Zahlungsanspruch zu kürzen (Bestätigung von BAG Urteil vom 27 August 1986 – 4 AZR 280/85 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, und von BAGE 48, 390, 398 = AP Nr 67 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
- Die Verurteilung zur Auskunftserteilung und zur Zahlung einer Entschädigung, falls die Auskunft nicht erteilt wird (§ 61 Abs 2 ArbGG), schließt die Geltendmachung eines Leistungsanspruchs, der sich aus der Auskunft ergeben könnte, nicht aus. In dem Rechtsstreit über den Leistungsanspruch kann der Beweis mit allen nach der ZPO zulässigen Beweismitteln geführt und die Höhe der geschuldeten Leistung gegebenenfalls nach § 287 Abs 2 ZPO geschätzt werden.
Normenkette
ArbGG § 61 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. September 1986 – 6/5 Sa 416/86 – aufgehoben.
Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juli 1986 – 6/5 Sa 416/86 – wird aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 13. Dezember 1985 – 6 Ca 4281/85 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelinstanzen mit Ausnahme der Kosten des Berufungsverfahrens, die durch die Säumnis des Beklagten entstanden sind. Diese Kosten trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Mit der Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Auskunftserteilung nach den Sozialtarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum von Januar 1984 bis Juli 1985 und für den Fall der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung binnen zwei Wochen nach Urteilszustellung gemäß § 61 Abs. 2 ArbGG auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 79.800,-- DM in Anspruch genommen. Die Parteien streiten nur noch über die Höhe der Entschädigungssumme, die die Klägerin nach den branchenüblichen Durchschnittsbeiträgen für sechs Arbeitnehmer bemessen hat.
Das Arbeitsgericht hat mit Versäumnisurteil vom 13. Dezember 1985 den Beklagten zur Auskunftserteilung für die Zeit von Januar 1984 bis Juli 1985 verurteilt und die Höhe der Entschädigungssumme für den Fall der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung binnen zwei Wochen nach Urteilszustellung auf 80 % der geforderten Entschädigungssumme (63.840,-- DM) festgesetzt. Hinsichtlich weiterer 20 % der geforderten Entschädigungssumme (15.960,-- DM) wurde die Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin die Hauptsache hinsichtlich der weitergehenden Entschädigungsforderung für die Monate Januar 1985 bis Juli 1985 für erledigt erklärt, weil der Beklagte die begehrten Auskünfte erteilt hatte. Für das Jahr 1984 hat die Klägerin ihren Antrag auf Erhöhung der Entschädigungssumme um 10.080,-- DM auf 50.400,-- DM weiterverfolgt. Dieser Betrag entspricht in etwa der Höhe der geschuldeten Beiträge.
Das Landesarbeitsgericht hat durch Versäumnisurteil vom 18. Juli 1986 dem Klagebegehren hinsichtlich der Erhöhung der Entschädigungssumme entsprochen und festgestellt, daß im übrigen die Hauptsache erledigt ist. Auf den Einspruch des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 26. September 1986 das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Mit der Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin die in der Revisionsinstanz noch anhängige Klageforderung auch darauf gestützt, daß der Beklagte diesen Betrag als tariflichen Beitrag schulde. Der Beklagte ist dem entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landesarbeitsgerichts zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, daß die Entschädigungssumme nach § 61 Abs. 2 ArbGG für den Fall der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung in voller Höhe der von der Klägerin geschätzten Beiträge des Beklagten festzusetzen ist.
Zwischen den Parteien steht aufgrund des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts rechtskräftig fest, daß der Beklagte nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe (Verfahrens-TV) verpflichtet ist, der Klägerin auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Januar 1984 bis Juli 1985 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden, wie hoch die Bruttolohnsumme für diese Arbeitnehmer war und welche Beiträge für die Sozialkassen des Baugewerbes in den genannten Monaten angefallen sind. Rechtskräftig steht ferner fest, daß der Beklagte für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 63.840,-- DM zu zahlen hat. Dieser Betrag entspricht 80 % der von der Klägerin für den Anspruchszeitraum geschätzten Beiträge für sechs Arbeitnehmer.
Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß bei der Festsetzung der von der Klägerin geforderten Entschädigungssumme nach § 61 Abs. 2 ArbGG ein Abschlag von 20 v. H. nicht gerechtfertigt sei. Die Höhe der Entschädigungssumme dürfe nicht nach dem Streitwert des Auskunftsbegehrens bemessen werden, sondern müsse das Interesse der Klägerin angemessen berücksichtigen. Diese bemesse die von ihr geforderte Entschädigungssumme möglichst genau an den branchenüblichen Durchschnittsbeiträgen für die ihr zugängliche Zahl der Mitarbeiter des auskunftspflichtigen Arbeitgebers. Verweigere dieser die Auskunft, so trete, wie im vorliegenden Falle für die Zeit von Januar 1984 bis Dezember 1984, die Entschädigungssumme an die Stelle der tariflichen Beitragsforderung und schließe deren weitere Geltendmachung aus. Eine Festsetzung der Entschädigungssumme unterhalb der von der Klägerin geschätzten branchenüblichen Durchschnittsbeiträge stelle deshalb einen Anreiz für auskunftspflichtige Arbeitgeber dar, die Auskunft tarifwidrig zu verweigern und anstelle der tariflich geschuldeten Beiträge nur noch die um 20 v. H. niedrigere Entschädigungssumme zu zahlen. Dies führe zu unbilligen Ergebnissen und einer unzulässigen Umgehung der tariflichen Beitragsregelung.
Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Bei der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung nach dem Verfahrens-TV handelt es sich um die Vornahme einer Handlung, bei der für den Fall, daß sie nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen wird, auf Antrag des Klägers nach § 61 Abs. 2 ArbGG der Beklagte zur Zahlung einer vom Gericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen ist. Maßgebend für die Festsetzung der Entschädigung, die entsprechend § 287 ZPO vorzunehmen ist (Grunsky, ArbGG, 4. Aufl. 1981, § 61 Rz 14; Rohlfing/Rewolle/Bader, ArbGG, § 61 Erl. 5), ist der Schaden, der der Klägerin unter Würdigung aller Umstände voraussichtlich dadurch entsteht, daß die Auskunft nicht erteilt wird. Eine auf dieser Grundlage erfolgte Festsetzung der Entschädigung durch das Landesarbeitsgericht ist vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüfbar, ob sie auf grundsätzlich falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht, ob gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen ist oder ob wesentliche Umstände außer Betracht gelassen worden sind (BAGE 31, 241, 249 = AP Nr. 16 zu § 5 TVG m. w. N.).
Im vorliegenden Fall beruht die Festsetzung der für den Fall der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung vom Beklagten zu zahlenden Entschädigungssumme in voller Höhe der von der Klägerin geschätzten Beitragsschuld durch das Landesarbeitsgericht allein auf der rechtlichen Erwägung, daß im Falle der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung innerhalb der gesetzten Frist der Auskunftsanspruch erlischt und die Entschädigungssumme an die Stelle der Beitragsforderung tritt. Das ist rechtsfehlerhaft. Zwar ist eine Vollstreckung des Auskunftsanspruchs nach ergebnislosem Ablauf der gesetzten Frist nach § 61 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ausgeschlossen und wird nur noch der Entschädigungsanspruch geschuldet (vgl. BAG Urteil vom 11. Juli 1975 – 5 AZR 273/74 – AP Nr. 3 zu § 61 ArbGG 1953 Zwangsvollstreckung unter Bezugnahme auf BAG Urteil vom 23. Januar 1958 – 2 AZR 62/56 – AP Nr. 22 zu § 61 ArbGG 1953), dies berührt jedoch nicht den Beitragsanspruch. Der Beitragsanspruch ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Er besteht nach § 12 Verfahrens-TV unabhängig vom Auskunftsanspruch und kann von der Klägerin auch dann noch geltend gemacht werden, wenn nach § 61 Abs. 2 ArbGG nach Fristablauf die Entschädigungssumme an die Stelle des Auskunftsanspruchs getreten ist. Demgemäß ist der Schaden, der der Klägerin durch Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung entsteht, an ihrem Interesse an der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung, nicht aber an der Höhe der Beitragsforderung zu messen. Dieses Interesse kann in der Regel nicht der vollen Höhe der geschätzten Beiträge entsprechen, weil auch im Falle der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung der Beitragsanspruch erhalten bleibt. Die Bewertung des Interesses der Klägerin hat sich vielmehr daran zu orientieren, welche Erschwernisse für die Klägerin bei der Durchsetzung des Beitragsanspruchs ohne die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung auftreten. Aus diesen Gründen hat der Senat in ständiger Rechtsprechung (BAGE 48, 390, 398 = AP Nr. 67 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau und Urteil vom 27. August 1986 – 4 AZR 280/85 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) bei der Festsetzung der Entschädigungssumme für den Fall der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung in der Regel einen Abschlag von 20 v. H. von der von der Klägerin auf der Grundlage der geschätzten vollen Beitragssumme geforderten Entschädigungssumme für angemessen erachtet. Zur Begründung hat der Senat darauf verwiesen, daß der Bemessung der Entschädigungssumme gerade nicht der Streitwert des Auskunftsbegehrens zugrunde zu legen ist, der je nach den Umständen des Einzelfalls nur mit einem Zehntel oder einem Viertel des Wertes einer nach erteilter Auskunft angestrengten Leistungsklage angesetzt wird, sondern das Interesse der Klägerin wesentlich höher, nämlich mit 80 v. H. der bei Erfüllung der Auskunftsverpflichtung zu erwartenden Beiträge zu bewerten ist. Damit hat der Senat der Erfüllung der tariflichen Auskunftsverpflichtung wesentliche Bedeutung beigemessen, da für die Klägerin, wie sie im einzelnen auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt hat, erhebliche praktische Schwierigkeiten bestehen, Beitragsforderungen ohne Erfüllung der Auskunftsverpflichtung durchzusetzen. Diese bestehen darin, daß in der Regel keine zuverlässigen Angaben über die Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die von ihnen erzielten Bruttolöhne vorliegen. Diese praktischen Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Beitragsanspruchs rechtfertigen es jedoch nicht, abweichend von den prozessualen Mitteln, wie z. B. dem Zeugenbeweis, denen sich jeder Gläubiger zum Nachweis der Berechtigung seiner Forderung bedienen muß, der Klägerin die Möglichkeit zu eröffnen, über die Regelung in § 61 Abs. 2 ArbGG den Einzug der geschuldeten tariflichen Beiträge dadurch zu ersparen, daß ihr eine Entschädigung in Höhe der geschätzten Beitragsschuld zugesprochen wird. Vielmehr hat der Senat schon im Urteil vom 27. August 1986 (– 4 AZR 280/85 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) die Klägerin auf die ihr gegebenenfalls zur Verfügung stehenden prozessualen Mittel hingewiesen. Sie kann den Auskunftsanspruch ohne Antrag nach § 61 Abs. 2 ArbGG geltend machen und diesen vollstrecken. Hierbei kann sie mit einer monatlichen Einklagung der Auskunft und der Vollstreckung nach § 888 ZPO durch Festsetzung eines Zwangsgeldes erheblichen Druck auf den beitragspflichtigen Arbeitgeber ausüben, sich tarifgerecht zu verhalten. Die Klägerin kann auch im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO vorgehen, wobei ihr wiederum die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung des Auskunftsanspruchs nach § 888 ZPO eröffnet ist.
Klagt die Klägerin, wie bisher, auf Auskunftserteilung und stellt sie den Antrag nach § 61 Abs. 2 ArbGG, so bleibt es ihr außerdem unbenommen, die Entschädigungssumme zu vollstrecken und den darüber hinausgehenden – tatsächlichen – Beitragsanspruch, der weiterhin besteht, durch Leistungsklage geltend zu machen. Insoweit führt die Bemessung der Entschädigungssumme nach der Rechtsprechung des Senats keinesfalls zur Belohnung des tarifwidrig die Auskunft verweigernden Arbeitgebers, sondern führt im Gegenteil zu einem erhöhten Erfüllungszwang im Vergleich zu sonstigen Auskunftsansprüchen, die der Vorbereitung einer Leistungsklage dienen. Der Arbeitgeber muß nämlich damit rechnen, nach einem verlorenen Rechtsstreit um die Auskunftsverpflichtung und nach der Vollstreckung der Entschädigungssumme in einem weiteren Rechtsstreit hinsichtlich der zu zahlenden Beiträge zu unterliegen. Eine Leistungsklage ist der Klägerin auch ohne Verfolgung des Anspruchs auf Auskunfterteilung möglich, da ihr im Regelfalle durchaus Angaben über die Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer vorliegen und ihr die branchenüblichen Durchschnittsbruttoeinkommen bekannt sind. In einem solchen Rechtsstreit kann der Beweis mit allen nach der ZPO zulässigen Beweismitteln geführt werden. Die Klägerin kann sich hierbei gegebenenfalls auch auf § 287 Abs. 2 ZPO berufen.
Die Rechtsprechung des Senats zur Festsetzung der Entschädigungssumme in Höhe von 80 v. H. der geschätzten Beitragsschuld bei Auskunftsklagen nach dem Verfahrens-TV bezieht sich außerdem nur auf Regelfälle. Stellt das Tatsachengericht im Einzelfalle Umstände fest, die den Schluß auf ein höheres oder niedrigeres Interesse der Klägerin an der begehrten Auskunft zulassen, so kann eine anderweitige Festsetzung der Entschädigungssumme geboten sein. Vorliegend sind derartige Umstände für eine höhere Entschädigung vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden. Ob eine niedrigere Entschädigung festzusetzen gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben, da das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit rechtskräftig geworden ist. Für den Zeitraum von Januar 1984 bis Dezember 1984 mußte es demgemäß bei der erstinstanzlichen Festsetzung der Entschädigungssumme in Höhe von 80 v. H. der erwarteten Beitragsleistung verbleiben.
Eine andere Entscheidung war auch nicht deshalb geboten, weil die Klägerin insoweit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Protokoll erklärt hat, daß sie ihre in der Revisionsinstanz noch anhängige Klageforderung auch darauf stütze, daß der Beklagte diesen Betrag als tariflichen Beitrag schulde. Sofern die Klägerin ihre Klageforderung in Höhe von 10.080,-- DM für den Zeitraum von Januar 1984 bis Dezember 1984 damit auf den rechtlichen Gesichtspunkt stützen will, daß es sich um eine nach § 287 ZPO geschätzte Beitragsforderung handele, kann sie damit keinen Erfolg haben. Die Klageforderung ist nach dem Antrag der Klägerin nämlich nur abhängig von der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung. Sie hat damit aber eine andere rechtliche Voraussetzung als eine Beitragsforderung, die auf der Erfüllung der tariflichen Voraussetzungen beruht und nicht schon für den Fall der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung geschuldet ist. Soweit in der Erklärung der Klägerin eine Klageerweiterung liegen sollte, mit der sie zusätzlich zu der geforderten Entschädigungssumme oder hilfsweise diesen Betrag als Beitragsforderung geltend machen will, ist eine solche in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig (BAG Urteil vom 8. September 1971 – 4 AZR 405/70 – AP Nr. 46 zu §§ 22, 23 BAT; Urteil vom 25. Juni 1981 – 2 AZR 219/79 – AP Nr. 1 zu § 256 ZPO). Davon ist auch vorliegend keine Ausnahme zu machen, zudem der Beklagte der Erklärung der Klägerin entgegengetreten ist und eine Behandlung der Klageforderung als Beitragsforderung nicht sachdienlich sein konnte, weil sie dem Beklagten die Möglichkeit genommen hätte, in tatsächlicher Hinsicht zur Höhe der von der Klägerin geschätzten Beitragsschuld Stellung zu nehmen. Auch im Rahmen des § 287 ZPO muß dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt werden (Art. 103 Abs. 1 GG).
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war auch insoweit aufzuheben und unter Aufhebung des Versäumnisurteils das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen, als das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, daß die Berufung in der Hauptsache erledigt ist, soweit sie den abgewiesenen Teil der Entschädigungssumme für die Monate Januar bis Juli 1985 betrifft. Das Landesarbeitsgericht hat diese Feststellung zu Unrecht getroffen. Die Klägerin hat insoweit in der Berufungsinstanz die Hauptsache für erledigt erklärt, weil der Beklagte die geforderten Auskünfte nachträglich erteilt hatte und sich daraus ergab, daß er ab Januar 1985 keine Arbeitnehmer mehr beschäftigte. Dieser Erledigungserklärung hat sich der Beklagte nicht angeschlossen, sondern Zurückweisung der Berufung der Klägerin in vollem Umfange beantragt. Das Landesarbeitsgericht hätte auf die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin die entsprechende Feststellung mithin nur treffen können, wenn die Klage in diesem Umfange von Anfang an begründet gewesen wäre (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 44. Aufl., § 91a Erl. 2 D c). Dies war jedoch nicht der Fall, da auch für den Zeitraum von Januar 1985 bis Juli 1985 keine Umstände vorlagen, die die Festsetzung der Entschädigungssumme entsprechend der vollen Höhe der geschätzten Beitragsschuld gerechtfertigt hätten, sondern auch insoweit ein Abschlag von 20 v. H. geboten war.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 344 ZPO.
Unterschriften
Dr. Etzel, Matthes, Dr. Freitag, Preuße, Polcyn
Fundstellen
Haufe-Index 872435 |
RdA 1987, 317 |