Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplanleistungen aufgrund einer Nachbesserungsklausel
Leitsatz (redaktionell)
Schließen die Arbeitsvertragsparteien im Hinblick auf eine geplante Betriebsänderung einen Aufhebungsvertrag unter Zahlung einer Abfindung und vereinbaren sie, daß der Arbeitnehmer Leistungen aus einem noch abzuschließenden Sozialplan bekommen solle, falls dieser günstiger sei, so hat eine solche Nachbesserungsklausel regelmäßig den Sinn, dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Sozialplanleistungen gerade für den Fall einzuräumen, daß der Arbeitnehmer vom zeitlichen Geltungsbereich des Sozialplans wegen seines frühzeitigen Ausscheidens nicht mehr erfaßt wird.
Wird der Arbeitnehmer vom zeitlichen Geltungsbereich des Sozialplans noch erfaßt, läuft die Nachbesserungsklausel leer. Der Arbeitnehmer hat nach § 77 Abs 4 BetrVG einen unmittelbaren und unabdingbaren Anspruch auf die - gegebenenfalls höheren - Leistungen aus dem Sozialplan.
Normenkette
BGB § 157; BetrVG § 112
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Leistungen aufgrund eines Sozialplanes beanspruchen kann.
Der am 3. Oktober 1945 geborene Kläger war bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit dem 1. April 1962 beschäftigt. Er wurde als Techniker in der Entwicklungsabteilung zu einem Gehalt von zuletzt 5.314,00 DM eingesetzt. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50 %.
Am 8. Oktober 1990 teilte die Beklagte auf einer Betriebsversammlung mit, daß sie infolge dauerhaft verlustbringender Ergebnisse das Werk E restrukturieren müsse; es sei deshalb erforderlich, im Jahre 1991 noch 200 und im Jahre 1992 weitere 300 der insgesamt rund 1.100 Arbeitnehmer zu entlassen. Es stand fest, daß die Abteilung, in der der Kläger beschäftigt war, bereits zum 31. Dezember 1990 aufgelöst werde.
Aufgrund dieser Umstände führten die Parteien Gespräche über die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Am 29. November 1990 schlossen sie einen Aufhebungsvertrag, deren für die Entscheidung des Rechtsstreits relevante Bestimmungen die Beklagte dem Kläger mit einem Anschreiben wie folgt bestätigte:
"1. Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis
wird wegen Arbeitsmangel in gegenseitigem
Einvernehmen mit dem 30. Juni 1991 beendet.
2. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ge-
währen wir Ihnen einen einmaligen Abfindungs-
betrag in Höhe von brutto DM 63.000,00 (drei-
undsechzigtausend).
3. Die in Ziffer 2. genannte Zahlung gewähren
wir Ihnen ohne Anerkennung einer Rechts-
pflicht.
4. Sollten Sie vor dem 30. Juni 1991 ein neues
Beschäftigungsverhältnis eingehen, werden die
restlichen Gehälter in eine Abfindung umge-
wandelt.
5. Sollte noch während des Beschäftigungsver-
hältnisses ein Sozialplan für das Werk E -
abgeschlossen werden, dessen Bedingungen
für Sie günstiger wären, so gelten diese an-
stelle der in Ziffer 2 + 4 genannten.
6. Sie werden vom 01. Januar 1991 bis 30. Juni
1991 unter Fortzahlung Ihrer vertragsgemäßen
Bezüge von Ihren Dienstleistungsverpflich-
tungen beurlaubt, womit alle etwaigen Rest-
urlaubsansprüche abgegolten sind."
Am 16. Dezember 1990 teilte der Kläger der Beklagten mit, daß er eine neue Arbeitsstelle gefunden habe. Er bat um die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 1. Februar 1991 und Zahlung der im Aufhebungsvertrag vereinbarten Abfindung. Die Beklagte zahlte daraufhin an den Kläger 89.570,00 DM. Der Betrag setzt sich aus 63.000,00 DM und 26.570,00 DM gemäß den im Aufhebungsvertrag unter Ziffern 2 und 4 getroffenen Vereinbarungen zusammen.
Am 20. Dezember 1990 teilte die Beklagte ihren Mitarbeitern mit, das Werk E solle insgesamt oder in Teilen verkauft oder in einen Industriepark umgewandelt werden; sollte das nicht gelingen, werde es zum 31. Dezember 1992 geschlossen.
Am 30. Januar 1991 vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr gewählten Betriebsrat einen Sozialplan. Seine Bestimmungen, soweit für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung, lauten:
"2. Personenkreis:
Betroffen und berechtigt sind damit sämtliche
Arbeitnehmer des Werkes E im Sinne
des § 5 Abs. 1 BetrVG, die sich am 08/10/1990
in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis be-
fanden.
Hierzu zählen hinsichtlich der Abfindungsre-
gelungen auch diejenigen Arbeitnehmer, die
nach dem 08/10/1990 durch Beendigungsverein-
barung aus dem Unternehmen ausgeschieden sind
oder noch ausscheiden.
...
...
4. Zusätzlicher Kündigungsschutz für sämtliche
Arbeitnehmer.
Die Fristen für eine ordentliche Kündigung
werden bei Arbeitnehmern bis zu ihrem 45. Le-
bensjahr um 2 Monate verlängert. Arbeitnehmer
im Alter von 45 bis 52 Jahren erhalten eine
Verlängerung der Kündigungsfrist für eine or-
dentliche Kündigung von 3 Monaten. Bei Ar-
beitnehmern im Alter von 52 bis 61 Jahren be-
trägt die Fristverlängerung 4 Monate. Der zu-
sätzliche Kündigungsschutz bindet einseitig
den Arbeitgeber.
5. Abfindungen
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch
betriebsbedingte Kündigung oder durch nach
dem 20/12/1990 abgeschlossene Beendigungsver-
einbarung endet bzw. geendet hat, erhalten
eine volle Abfindung.
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch
eine nach dem 08/10/1990, aber vor dem
20/12/1990 geschlossene Beendigungsvereinba-
rung endet bzw. geendet hat, erhalten 50 %
der im folgenden angesetzten Abfindung.
Auf diese Abfindungen werden bereits in den
Aufhebungsverträgen vereinbarte Abfindungen
angerechnet.
...
c. Die Obergrenze der Regelabfindung beträgt:
aa.) grundsätzlich 18 Bruttomonatsverdienste;
bb.) für Schwerbehinderte ab 50 % Behinderung
21 Bruttomonatsverdienste.
..."
In einer Protokollnotiz zum Sozialplan vereinbarten die Betriebspartner u.a. folgendes:
"1. Wird auf Wunsch eines Arbeitnehmers dessen
Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündi-
gungsfrist beendet, so erhält er einen Zu-
schlag zur Abfindung in Höhe von 50 % des
Bruttomonatsverdienstes für die nicht ver-
brauchte Zeit der Kündigungsfrist. Für
Schwerbehinderte beträgt der Zuschlag 80 %
des Bruttomonatsverdienstes.
2. ...
3. Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsende bis
zum 30/06/1991 vorgesehen ist, erhalten in-
soweit einen Zuschlag zur Abfindung in Höhe
von 50 % der Bruttomonatsverdienste, die
ihnen entgangen sind, weil der sich aus dem
Sozialplan ergebende zusätzliche Kündi-
gungsschutz nicht mehr greift.
4. Die sich aus den Ziffern 1 - 3 der Proto-
kollnotiz ergebenden zusätzlichen Abfindun-
gen werden nicht von der für Regelabfindun-
gen vorgesehenen Obergrenze eingegrenzt.
5. Diese Protokollnotiz ist Bestandteil des
Sozialplanes."
Das Arbeitsverhältnis, das der Kläger 1991 eingehen konnte, endete bereits nach etwa vier Wochen. Anschließend hat der Kläger als selbständiger Versicherungsfachmann gearbeitet. Seit Anfang November 1994 ist er arbeitslos.
Der Kläger hält die im Sozialplan getroffene Regelung für unwirksam, soweit darin den Arbeitnehmern, die vor dem 20. Dezember 1990 einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben, nur eine halbe Abfindung zugesprochen wird. Außerdem habe er mit dem Personalreferenten F. vereinbart, daß er durch die Nachbesserungsklausel im Aufhebungsvertrag so gestellt werden müsse wie er stehen würde, wenn er nach den Bestimmungen des noch zu vereinbarenden Sozialplanes ausscheide.
Der Kläger hat von der Beklagten auf der Grundlage seines Rechtsstandpunktes eine Reihe von Ansprüchen geltend gemacht, die zum Teil erledigt sind. Für die Revisionsinstanz von Bedeutung sind noch zwei Ansprüche.
Die volle Abfindung nach dem Sozialplan würde sich für den Kläger auf 116.823,00 DM belaufen. Die Differenz zu den gezahlten 63.000,00 DM in Höhe von 53.823,00 DM verlangt der Kläger.
Er ist weiter der Ansicht, daß nach Nr. 4 des Sozialplans davon auszugehen sei, daß sein Arbeitsverhältnis erst am 30. September 1991 geendet habe. Ihm stünde daher nach der Protokollnotiz für weitere drei Monate ein Zuschlag zur Abfindung in Höhe von 50 % seines Bruttomonatsverdienstes, für drei Monate gleich 9.034,00 DM zu.
Das Landesarbeitsgericht hat alle vom Kläger geltend gemachten Ansprüche abgewiesen. Nur gegen die Abweisung der beiden genannten Ansprüche, deren Summe der Kläger auf 62.866,00 DM (richtig 62.857,00 DM) berechnet, richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Klägers, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
I. Das Landesarbeitsgericht ist in seiner Entscheidung zunächst davon ausgegangen, daß die umstrittene Bestimmung des Sozialplanes wirksam ist, nach der Arbeitnehmer, die zwischen dem 8. Oktober 1990 und dem 20. Dezember 1990 einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben, nur eine halbe Abfindung erhalten. Für diese differenzierende Regelung habe ein sachlicher Grund vorgelegen. Nach dem Sozialplan stünde daher dem Kläger nur die halbe Regelabfindung in Höhe von 58.412,00 DM und der Zuschlag nach Nr. 3 der Protokollnotiz - dieser ebenfalls nur in halber Höhe - in Höhe von 3.985,00 DM, zusammen 62.397,00 DM zu. Der Kläger habe insgesamt 89.570,00 DM erhalten, so daß eine Differenz zu seinen Gunsten nicht bestehe.
Die vom Kläger behauptete Vereinbarung, wonach er so habe gestellt werden sollen, als sei er unter den Bedingungen des Sozialplanes ausgeschieden, sei aufgrund der vor dem Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht erwiesen. Im Aufhebungsvertrag sei lediglich vereinbart worden, daß der Kläger die Leistungen aus dem Sozialplan solle beanspruchen können, falls diese günstiger seien, als die vereinbarte Abfindung.
II. Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung zu folgen.
1. Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die streitige Bestimmung des Sozialplanes sei wirksam, nach der Arbeitnehmer, die zwischen dem 8. Oktober 1990 und dem 20. Dezember 1990 einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben, nur eine halbe Abfindung erhalten, ist diese Entscheidung nicht zu beanstanden.
a) Der Senat hat über die Wirksamkeit des hier vorliegenden Sozialplanes bereits in einem früheren Verfahren entschieden (Urteil vom 24. November 1993 - 10 AZR 311/93 - AP Nr. 72 zu § 112 BetrVG 1972). Er hat darauf abgestellt, daß bis zum 20. Dezember 1990 die Arbeitnehmer nur mit einem Personalabbau rechnen mußten, während ab diesem Datum festgestanden habe, daß der Betrieb stillgelegt wird. Für die Arbeitnehmer vor und nach dem 20. Dezember 1990 habe daher eine andere Situation - insbesondere auf dem Arbeitsmarkt - bestanden. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannte Entscheidung Bezug genommen.
b) Gegen diese Würdigung richtet sich die Revision. Sie macht geltend, schon vor dem 20. Dezember 1990 habe aufgrund einer Reihe von tatsächlichen Umständen, die der Kläger im einzelnen vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, damit gerechnet werden müssen, daß der Betrieb geschlossen wird. Die Situation für die Arbeitnehmer sei daher vor und nach dem 20. Dezember 1990 gleich gewesen. Das habe das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt.
Dieses Vorbringen vermag eine andere Würdigung nicht zu rechtfertigen. Die Betriebspartner haben mit ihrer Unterscheidung für die Arbeitnehmer vor und nach dem 20. Dezember 1990 eine Stichtagsregelung für die unterschiedliche Behandlung zweier Arbeitnehmergruppen getroffen. Der Senat hat wiederholt entschieden, daß Stichtagsregelungen in Sozialplänen zulässig sind, wenn die Wahl des Zeitpunktes am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist (Urteile vom 19. April 1983, BAGE 42, 217 = AP Nr. 124 zu Art. 3 GG, vom 30. November 1994 - 10 AZR 578/93 - AP Nr. 89 zu § 112 BetrVG 1972, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, vom 24. Januar 1996 - 10 AZR 155/95 - AP Nr. 98 zu § 112 BetrVG 1972). Hier haben die Betriebspartner für die beiden Stichtage - 8. Oktober 1990 und 20. Dezember 1990 - diejenigen Tage gewählt, an denen die Beklagte ihre jeweilige Entscheidung, Personal abzubauen bzw. den Betrieb stillzulegen, offiziell bekanntgegeben hat. Das ist sachlich gerechtfertigt. Sie müssen nicht darauf abstellen, daß schon vorher Gerüchte im Umlauf waren oder Anzeichen für eine bevorstehende Betriebsänderung vorlagen.
c) Der Senat hat in der genannten Entscheidung vom 24. November 1993 zu dem hier vorliegenden Sozialplan noch dahingestellt sein lassen, ob die in Nr. 5 Abs. 2 des Sozialplanes getroffene Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern, die einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben, und solchen, denen betriebsbedingt gekündigt worden ist, sachlich gerechtfertigt ist, weil die Beklagte im fraglichen Zeitraum keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen hat, somit eine Ungleichbehandlung dieser beiden Arbeitnehmergruppen nicht gegeben war. Die hier getroffene Unterscheidung ist jedoch zulässig. Der Senat hat wiederholt entschieden, daß es sachlich gerechtfertigt ist, zwischen betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmern und solchen, die einen Aufhebungsvertrag schließen, zu unterscheiden, wenn nicht der Aufhebungsvertrag vom Arbeitgeber veranlaßt worden ist (Urteile vom 20. April 1994 - 10 AZR 323/93 - AP Nr. 77 zu § 112 BetrVG 1972, vom 19. Juli 1995 - 10 AZR 885/94 - AP Nr. 96 zu § 112 BetrVG 1972, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, und vom 24. Januar 1996 - 10 AZR 155/95 - AP Nr. 98 zu § 112 BetrVG 1972). Die fragliche Differenzierung ist daher gerechtfertigt, unabhängig davon, ob sie sich im vorliegenden Falle überhaupt ausgewirkt hat.
2. Soweit das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung damit begründet hat, es sei nicht erwiesen, daß die Parteien vereinbart hätten, der Kläger müsse im Ergebnis so gestellt werden als hätte er nach Abschluß des Sozialplanes und damit nach dem 20. Dezember 1990 einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen, ist auch diese Entscheidung im Ergebnis nicht zu beanstanden.
a) Die Parteien haben in Nr. 5 des Aufhebungsvertrages vereinbart, daß die Bedingungen eines Sozialplanes gelten sollten, wenn diese günstiger seien als die in Nr. 2 und 4 des Aufhebungsvertrages vereinbarten Bedingungen, allerdings nur, wenn dieser Sozialplan noch während des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers abgeschlossen wird. Allein vom Wortlaut her ist dieser Vereinbarung der vom Kläger behauptete Sinn nicht zu entnehmen. Soweit das Landesarbeitsgericht unter Würdigung der Aussage des Zeugen F. angenommen hat, auch die Begleitumstände bei Abschluß des Aufhebungsvertrages ließen einen solchen Sinn nicht erkennen, ist seine Würdigung nicht zu beanstanden.
b) Die Revision wendet sich dagegen vor allem mit dem Einwand, das Landesarbeitsgericht habe den Sinn dieser "Nachbesserungsklausel" in Nr. 5 des Aufhebungsvertrages nicht ausreichend berücksichtigt. Dieser Einwand ist berechtigt, führt aber im vorliegenden Falle zu keinem anderen Ergebnis.
Der Senat hat sich in letzter Zeit wiederholt mit solchen Nachbesserungsklauseln in Aufhebungsverträgen befaßt (vgl. die Entscheidungen vom 25. Juni 1997 - 10 AZR 51/97 - und vom 6. August 1997 - 10 AZR 714/96 -).
Versteht man die Nachbesserungsklausel in Nr. 5 des Aufhebungsvertrages so, wie sie ihrem Wortlaut nach zu verstehen ist und wie sie das Landesarbeitsgericht verstanden hat, so ist sie im Grunde überflüssig und macht keinen Sinn.
Wird für eine Betriebsänderung ein Sozialplan abgeschlossen, der von seinem zeitlichen Geltungsbereich her auch Arbeitnehmer erfaßt, die schon frühzeitig einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen haben oder gekündigt worden sind, und sieht dieser Sozialplan für diese Arbeitnehmer bestimmte Leistungen vor, so haben die Arbeitnehmer auf diese Leistungen einen unabdingbaren Anspruch unabhängig davon, ob sie entsprechende Leistungen schon in einem Aufhebungsvertrag vereinbart und auch erhalten haben. Sind die Leistungen des Sozialplanes günstiger als die vereinbarten Leistungen, kann der Arbeitnehmer auch ohne eine vereinbarte Nachbesserungsklausel die höheren Leistungen des Sozialplanes verlangen.
Nachbesserungsklauseln in Aufhebungsverträgen machen daher nur Sinn, wenn durch sie verhindert werden soll, daß der Arbeitnehmer Nachteile dadurch erleidet, daß er nicht mehr vom zeitlichen Geltungsbereich des Sozialplanes erfaßt wird, weil er - gleich aus welchem Grunde - im Hinblick auf eine geplante Betriebsänderung einen Aufhebungsvertrag schon zu einem Zeitpunkt abgeschlossen hat, der außerhalb des zeitlichen Geltungsbereiches des später abgeschlossenen Sozialplanes liegt.
Dieser Sinn könnte auch der Nachbesserungsklausel in Nr. 5 des Aufhebungsvertrages zugrunde liegen. Allerdings spricht dagegen, daß nach dieser Vereinbarung eine Nachbesserung aufgrund einer Sozialplanregelung überhaupt nur dann in Betracht kommen sollte, wenn dieser Sozialplan noch während des Beschäftigungsverhältnisses, d.h. noch vor dem 30. Juni 1991 abgeschlossen werden sollte.
c) Der Senat kann zugunsten des Klägers davon ausgehen, daß der Nachbesserungsklausel im Aufhebungsvertrag dieser Sinn innewohnt, diese also so, wie es der Kläger in Anspruch nimmt, zu verstehen ist. Auch dann steht dem Kläger keine volle Abfindung zu.
Der Kläger wird zunächst vom zeitlichen - und auch persönlichen - Geltungsbereich des Sozialplanes erfaßt. Nach dessen Nr. 2 finden die Abfindungsregelungen auf alle Arbeitnehmer Anwendung, die nach dem 8. Oktober 1990 durch Aufhebungsvertrag aus dem Unternehmen ausgeschieden sind oder noch ausscheiden. Von daher könnte angenommen werden, die Nachbesserungsklausel laufe im vorliegenden Falle auch mit dem zugunsten des Klägers angenommenen Sinn leer, weil der Kläger vom zeitlichen und persönlichen Geltungsbereich des Sozialplanes erfaßt wird. Darauf, daß der Kläger nach dem 8. Oktober 1990 seinen Aufhebungsvertrag geschlossen hat und somit vom Sozialplan grundsätzlich erfaßt wird, kann jedoch allein nicht abgestellt werden.
Der Sozialplan enthält als Stichtag nicht nur den 8. Oktober 1990, sondern auch den 20. Dezember 1990. Mit diesem Stichtag unterscheidet er zwischen Arbeitnehmern, die vor diesem Tag und nach diesem Tag einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben. Erstere erhalten nur eine halbe Abfindung, letztere die volle. Versteht man die Nachbesserungsklausel wie oben dargelegt und zugunsten des Klägers unterstellt, hat diese auch zum Inhalt, daß es dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen soll, daß er seinen Aufhebungsvertrag schon vor dem 20. Dezember 1990 abgeschlossen hat. Ihm stünde dann die volle Abfindung zu.
d) Dieser Sicht stehen jedoch die Besonderheiten des vorliegenden Falles entgegen.
Der Sozialplan regelt im Ergebnis die Folgen zweier geplanter Betriebsänderungen. Am 8. Oktober 1990 plante die Beklagte lediglich einen Personalabbau, erst am 30. Dezember 1990 entschloß sie sich, den Betrieb stillzulegen. Lägen die beiden Zeitpunkte weiter auseinander und hätten die Betriebspartner für den geplanten Personalabbau einen Sozialplan vereinbart, bevor sich die Beklagte entschloß, den Betrieb stillzulegen, dann hätten sie für die von dem geplanten Personalabbau betroffenen Arbeitnehmer - wie den Kläger - vereinbart, daß diese eine volle Abfindung erhalten sollten, wenn sie betriebsbedingt gekündigt worden waren, jedoch nur eine halbe Abfindung, wenn ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden war. Daß diese Unterscheidung zulässig ist, ist oben dargelegt worden. Für den Kläger wäre dann allein entscheidend der Stichtag 8. Oktober 1990 gewesen. Aufgrund der Nachbesserungsklausel hätte der Kläger keine Leistungen aus diesem für den geplanten Personalabbau abgeschlossenen Sozialplan verlangen können.
Erst der für die später geplante Betriebsstillegung abgeschlossene Sozialplan hätte dann einen neuen Stichtag, den Tag der Bekanntgabe der Stillegungsabsicht, gebracht. Aus diesem Sozialplan hätte der Kläger auch bei einem weit verstandenen Sinn der Nachbesserungsklausel keine Ansprüche herleiten können. Er ist nicht aufgrund einer zu irgendeinem späteren Zeitpunkt geplanten Betriebsstillegung ausgeschieden.
Der Umstand, daß im vorliegenden Falle die beiden denkbaren Sozialpläne wegen der Kürze der Zeit, die zwischen den beiden Entscheidungen der Beklagten lag, in einem zusammengefaßt worden sind, vermag an dieser rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. Die Nachbesserungsklausel hat daher auch bei dem zugunsten des Klägers angenommenen weiten Verständnisses nicht zum Inhalt, daß dieser auch keine Nachteile dadurch erleiden sollte, daß er wegen seines frühzeitig abgeschlossenen Aufhebungsvertrages nicht mehr vom Geltungsbereich eines Sozialplanes erfaßt wird, der erst für eine danach geplante Betriebsänderung abgeschlossen wird.
Damit steht fest, daß der Kläger keinen Anspruch auf eine volle Abfindung, hier auf die Höchstabfindung von 116.823,00 DM, hat. Ihm steht vielmehr nur die halbe Abfindung in Höhe von 58.412,00 DM zu.
III. Die Bestimmungen in Nr. 4 des Sozialplanes über den zusätzlichen Kündigungsschutz und in den Protokollnotizen Nr. 1 und 3 gelten auch zugunsten des Klägers. Der Kläger kann daher gegebenenfalls auch den Zuschlag nach Nr. 3 der Protokollnotiz für die drei Monate zusätzlichen Kündigungsschutz vom 1. Juli 1991 bis 30. September 1991 verlangen.
Der Senat kann zugunsten des Klägers davon ausgehen, daß der in Nr. 4 des Sozialplanes geregelte zusätzliche Kündigungsschutz auch für Arbeitnehmer gilt, die einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben, weil der im Aufhebungsvertrag vereinbarte Beendigungszeitpunkt - hätte der Sozialplan schon vorgelegen - auf den 30. September 1990 verlegt worden wäre. Zugunsten des Klägers kann weiter davon ausgegangen werden, daß der Zuschlag zur Abfindung nach Nr. 3 der Protokollnotiz in voller Höhe zu zahlen ist, ebenso wie der Zuschlag nach Nr. 1 der Protokollnotiz für die Zeit, für die auf Wunsch des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist beendet worden ist. Auch dann steht dem Kläger kein weiterer Anspruch mehr zu, weil er insgesamt mehr erhalten hat als er nach dem Sozialplan verlangen kann. Das ergibt die folgende Berechnung. Dem Kläger stünden zu:
Halbe Grundabfindung 58.412,00 DM
80 % des Bruttomonats-
verdienstes für die
Monate Februar bis
Juni 1991 (nach dem
Aufhebungsvertrag)
5.314 x 5 x 0,80 = 21.256,00 DM
Zuschlag für die
Monate Juli bis Sep-
tember 1991
5.314 x 3 x 0,50 = 7.971,00 DM
Zusammen 87.639,00 DM
Der Kläger hat jedoch von der Beklagten 89.570,00 DM erhalten, die nach Nr. 5 Abs. 3 des Sozialplanes auf die nach dem Sozialplan geschuldete Abfindung nebst Zuschlägen anzurechnen sind.
Dem Kläger stehen daher weitere Ansprüche gegen die Beklagte nicht zu. Das Landesarbeitsgericht hat seine Klage, soweit noch darüber noch zu entscheiden war, zu Recht abgewiesen. Die Revision des Klägers ist damit unbegründet und mußte zurückgewiesen werden.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Matthes Richter Prof. Dr. Jobs Hauck
ist durch Urlaub an der
Unterschrift verhindert
Matthes
N. Schuster Peters
Fundstellen
Haufe-Index 436658 |
BB 1997, 2332 (Leitsatz 1) |
BuW 1998, 80 (Kurzwiedergabe) |
EBE/BAG Beilage 1997, Ls 271/97 (Leitsatz 1) |
BetrVG, (34) (Leitsatz 1 und Gründe) |
ARST 1998, 42 (Leitsatz 1) |
EWiR 1998, 55 (Leitsatz 1) |
FA 1998, 25 |
FA 1998, 25 (Leitsatz 1) |
NZA 1998, 155 |
NZA 1998, 155-157 (Leitsatz 1 und Gründe) |
RdA 1998, 62 (Leitsatz 1) |
SAE 1998, 236 |
SAE 1998, 236 (Leitsatz 1) |
ZIP 1997, 2017 |
ZIP 1997, 2017-2020 (Leitsatz 1 und Gründe) |
ZTR 1998, 94 (Leitsatz 1) |
AP § 112 BetrVG 1972, Nr 116 |
AP, 0 |
AR-Blattei, ES 1470 Nr 75 (Leitsatz 1 und Gründe) |
ArbuR 1998, 38 (Leitsatz 1) |
EzA-SD 1997, Nr 22, 21 (Leitsatz 1) |
EzA § 112 BetrVG 1972, Nr 95 (Leitsatz 1 und Gründe) |
JP 1998, 81 (red. Leitsatz) |