Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusage einer Betriebsrente bei vorzeitigem Ausscheiden
Leitsatz (amtlich)
- Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und Zusagen auf diese Leistungen sind gegen Insolvenz des Arbeitgebers nach Maßgabe der §§ 7 ff BetrAVG geschützt.
Zu den Merkmalen einer betrieblichen Altersversorgung gehören das Versprechen einer Leistung zum Zweck der Versorgung, ein den Versorgungsanspruch auslösendes Ereignis wie Alter, Invalidität oder Tod, sowie die Zusage an einen Arbeitnehmer durch einen Arbeitgeber aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl zuletzt Urteil des Senats vom 26. April 1988 – 3 AZR 411/86 – AP Nr 45 zu § 7 BetrAVG).
- Für die rechtliche Beurteilung der Zusage kommt es darauf an, welches Ereignis den Anspruch auslöst; es kommt nicht darauf an, aus welchem Grund die Zusage erteilt wurde.
- Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unterscheiden sich durch ihre Zwecksetzung von sonstigen Leistungen, etwa zur Vermögensbildung, zur Überbrückung der Arbeitslosigkeit und Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes. Wird eine Leistung zur Deckung des Versorgungsmehrbedarfs nach Ausscheiden aus dem Berufsleben (Versorgungsfall Altersrente) zugesagt, dient sie der Altersversorgung.
- Es gehört nicht zu den Merkmalen der betrieblichen Altersversorgung, daß Leistungen in Erwartung erst künftig zu erbringender Betriebstreue versprochen werden. Eine insolvenzgeschützte Zusage kann auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber eine Rente unabhängig von einer schon erbrachten oder noch zu erbringenden Betriebstreue zusagt.
- Ein Versicherungsmißbrauch nach § 7 Abs 5 Satz 1 BetrAVG kommt nur in Betracht, wenn nach objektiver Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers die Annahme gerechtfertigt ist, der alleinige oder überwiegende Zweck der Zusage sei es gewesen, den Träger der Insolvenzsicherung in Anspruch zu nehmen.
Normenkette
BetrAVG § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 5, § 6; BGB §§ 133, 157, 242
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 19.01.1989; Aktenzeichen 10 Sa 704/88) |
ArbG Köln (Urteil vom 14.04.1988; Aktenzeichen 8 Ca 9088/87) |
Tenor
Von Rechts wegen !
Tatbestand
Der Kläger fordert vom beklagten Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) Insolvenzschutz für eine monatliche Rente, die ihm sein früherer Arbeitgeber anläßlich der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zugesagt hatte.
Der am 20. Mai 1922 geborene Kläger war vom 1. April 1987 bis zum 30. Juni 1981 bei der R… H… GmbH & Co. KG, Druckerei und Verlag (H… KG) als Lithograph beschäftigt. Diese hatte ihm ein betriebliches Ruhegeld gemäß ihrer Pensionsordnung zugesagt. Danach konnte er mit Vollendung des 65. Lebensjahres und bei vorzeitigem Ausscheiden eine Altersrente beanspruchen.
Im Frühjahr 1981 einigten sich der Kläger und die H… KG, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Die Gesellschaft schrieb dem Kläger am 3. April 1981:
“Sehr geehrter Herr K…,… die Firma … H… GmbH & Co. KG zahlt Ihnen aufgrund des vorzeitig beendeten Arbeitsverhältnisses mit Ihnen eine einmalige Abfindung in Höhe von DM 15.000,--, zahlbar am 30. Juni 1981.
Außerdem gewährt Ihnen die Firma unabhängig von der betrieblichen Altersversorgung eine monatliche Zahlung in Höhe von DM 100,-- bis zu Ihrem Ableben. Die Zahlung der betrieblichen Rente beginnt mit dem Eintritt des vorgezogenen Altersruhegeldes.
Weitere Rechtsansprüche aus dem bestehenden Beschäftigungsverhältnis bestehen nach dem Ausscheiden nicht mehr.”
Anlaß dieser Vereinbarung waren wirtschaftliche Schwierigkeiten der H… KG in den Vorjahren. Die Arbeitsverhältnisse mit drei weiteren Arbeitnehmern wurden unter ähnlichen Bedingungen beendet. Insgesamt reduzierte die Gesellschaft 1981 die Zahl ihrer Arbeitnehmer um 19 auf 252.
Nach seinem Ausscheiden bezog der damals 59 Jahre alte Kläger zunächst Arbeitslosengeld. Seit dem 1. Juli 1982 erhält er vorgezogenes Altersruhegeld gemäß § 1248 Abs. 2 RVO. Seither zahlte auch die H… KG an den Kläger eine Betriebsrente von monatlich 158,62 DM nach der Pensionsordnung sowie zusätzlich den im Schreiben vom 3. April 1981 zugesagten Betrag von monatlich 100,-- DM.
Die H… KG hatte auch im Jahre 1981 wegen des Preisverfalls in der Druckindustrie bei einem Umsatz von 31,717 Millionen DM einen Verlust von 1,14 Millionen DM hinnehmen müssen. Sie geriet im Oktober 1982 mit Gehaltszahlungen in Rückstand und stellte auch ihre Zahlungen an den Kläger ein. Am 11. November 1982 wurde über ihr Vermögen das Vergleichsverfahren und am 31. Dezember 1982 das Anschlußkonkursverfahren eröffnet. Seit November 1982 zahlte der beklagte PSV die Rente nach der Pensionsordnung in Höhe von 158,62 DM. Die Zahlung der mit Schreiben vom 3. April 1981 zugesagten weiteren 100,-- DM lehnte er ab.
Der Kläger verlangt vom beklagten PSV diese weitere rückständige monatliche Rente von 100,-- DM für die Zeit vom 1. November 1982 bis zum 31. Oktober 1987 in Höhe von 6.000,-- DM sowie deren weitere Zahlung. Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse auch für die Rente von 100,-- DM monatlich einstehen, da es sich dabei um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handele. Zur Zeit der Zusage sei der spätere Konkurs nicht abzusehen gewesen. Damals habe die Gesellschaft über ein positives Eigenkapital verfügt. Die Sachwerte hätten den erst später festgestellten Verlust des Jahres 1981 abgedeckt. Zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei es nicht wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation, sondern wegen eines Überhanges an Arbeitskräften aufgrund der Einführung neuer Technologien gekommen.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen,
- an ihn 6.000,-- DM für die Zeit vom 1. November 1982 bis 31. Oktober 1987 nebst 4 % Zinsen seit dem 17. Dezember 1987 zu zahlen;
- ihm aus Anlaß des gerichtlichen Vergleichsverfahrens und Anschlußkonkurses der H… GmbH & Co. KG neben den bereits gezahlten 158,62 DM Leistungen in Höhe von 100,-- DM monatlich nachträglich zu gewähren.
Der beklagte PSV hat beantragt die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die dem Kläger zugesagte Zahlung von 100,-- DM monatlich sei nicht insolvenzgeschützt. Es handele sich nicht um betriebliche Altersversorgung, sondern um eine zusätzliche Abfindung für den vorzeitigen Verlust des Arbeitsplatzes in Form eines Leibrentenversprechens. Diese Leistung sei nicht durch ein biologisches Ereignis ausgelöst worden, da ihr Grund in der Aufgabe des Arbeitsverhältnisses bestehe. Die Zusage habe nicht die Versorgung im Alter, sondern die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezweckt. Die Zusage stelle auch einen Versicherungsmißbrauch im Sinne des § 7 Abs. 5 BetrAVG dar. Bereits im April 1981 sei wegen der wirtschaftlichen Lage der H… KG zu erwarten gewesen, daß sie nicht erfüllt werden könne. Der Preisverfall für Druckerzeugnisse sei bereits im Laufe des Jahres 1981 eingetreten, die ungünstige wirtschaftliche Entwicklung für die H… KG sei absehbar gewesen. Das ergebe sich auch aus dem Bericht des vorläufigen Vergleichsverwalters vom 9. Dezember 1982. Danach habe eine Situation vorgelegen, in der eine Insolvenz zwar nicht sicher bevorgestanden habe, aber auch nicht auszuschließen gewesen sei. Die Entlassung des Klägers und anderer Arbeitnehmer belege die damals schlechte wirtschaftliche Lage.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Der Beklagte hat gemäß § 7 Abs. 1 BetrAVG für die dem Kläger mit Schreiben vom 3. April 1981 zugesagte monatliche Rente von 100,-- DM einzustehen.
I. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG haben Versorgungsempfänger, deren Ansprüche aus einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers nicht erfüllt werden, weil über das Vermögen des Arbeitgebers das Konkursverfahren eröffnet worden ist, gegen den Träger der Insolvenzsicherung einen Anspruch in Höhe der Leistung, die der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungszusage zu erbringen hätte. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
1. Die Entscheidung in diesem Rechtsstreit hängt davon ab, ob es sich bei den versprochenen 100,-- DM monatlich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handelt. Nur Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und Zusagen auf diese Leistungen sind gegen Insolvenz des Arbeitgebers geschützt (§ 7 Abs. 1 und 2 BetrAVG). Diese Einordnung ist eine Rechtsfrage, die nicht zur Disposition der Parteien steht (vgl. BAGE 51, 51, 56 = AP Nr. 18 zu § 59 KO, zu II 2a der Gründe). Es ist deshalb unerheblich, ob die Parteien eine betriebliche Altersversorgung wollten und ob sie diesen Willen in ihrer Vereinbarung zum Ausdruck brachten. Entscheidend ist allein, ob die zugesagte Leistung die Merkmale der betrieblichen Altersversorgung erfüllt, insbesondere nach ihrem Inhalt mit ihr die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter bezweckt wird.
2. Welche Leistungen des Arbeitgebers solche der betrieblichen Altersversorgung sind, ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Hiernach sind Leistungen der betrieblichen Altersversorgung Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, die aus Anlaß eines Arbeitsverhältnisses zugesagt werden. Zu den Merkmalen einer betrieblichen Altersversorgung gehören mithin das Versprechen einer Leistung zum Zwecke der Versorgung, ein den Versorgungsanspruch auslösendes Ereignis wie Alter, Invalidität oder Tod, sowie die Zusage an einen Arbeitnehmer durch einen Arbeitgeber aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses. Das ist ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die auch vom Bundesgerichtshof geteilt wird (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 26. April 1988 – 3 AZR 411/86 – AP Nr. 45 zu § 7 BetrAVG; BAGE 34, 242, 245 f. = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG, zu I 1 der Gründe; 51, 51, 56 = AP Nr. 18 zu § 59 KO, zu II 2a der Gründe; 53, 131 = AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG, zu I 1 der Gründe; BAG Urteil vom 2. August 1983 – 3 AZR 370/81 – AP Nr. 19 zu § 7 BetrAVG, zu 2a der Gründe; BGH Urteil vom 16. März 1981 – II ZR 222/79 – AP Nr. 10 zu § 7 BetrAVG, zu II der Gründe; BGH Urteil vom 28. September 1981 – II ZR 181/80 – AP Nr. 12 zu § 7 BetrAVG, zu V der Gründe). Das Schrifttum ist dieser Begriffsbestimmung, die bereits dem Gesetzgebungsverfahren zugrunde lag (BT-Drucks. 7/1281, S. 221, gefolgt (Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, mit arbeitsrechtlicher Grundlegung, Teil 1 Rz 5 ff.; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 1 Rz 13 ff.; Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. 1, 2. Aufl., ArbGr. Rz 19, 24). Diese Voraussetzungen sind nach der Zusage vom 3. April 1981 erfüllt.
a) Nach der Zusage sollte der Anspruch auf die Rente durch ein bestimmtes Ereignis ausgelöst werden. Der Kläger sollte sie erst “mit dem Eintritt des vorgezogenen Altersruhegeldes” erhalten. Die Leistung war damit an die gleichen Bedingungen wie die Rente nach der Pensionsordnung geknüpft, nämlich daran, daß der Kläger die Voraussetzungen für den Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes gemäß § 1248 Abs. 2 RVO erfüllte. Dazu gehört das Erreichen des 60. Lebensjahres. Die Regelung entspricht § 6 BetrAVG. Es handelt sich um den Fall einer vom Erreichen einer Altersgrenze abhängigen Leistung.
Für die rechtliche Beurteilung der Zusage kommt es entgegen der Auffassung des beklagten PSV nur darauf an, welches Ereignis die Versorgung auslöst und nicht darauf, aus welchem Grund die Zusage erteilt wurde. Die Erteilung der Zusage mag zwar davon abhängig gewesen sein, daß der Kläger das Arbeitsverhältnis auflöste. Die zugesagte Leistung war aber dennoch bedingt durch das Erreichen der Altersgrenze; die Beendigung des Arbeitsverhältnisses reichte nicht aus. Ein Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestand allein insoweit, als der Kläger nur bei einer Arbeitslosigkeit von einem Jahr die Möglichkeit hatte, bereits ab dem 60. Lebensjahr das vorgezogene Altersruhegeld aus der gesetzlichen Sozialversicherung zu beziehen. Das ändert aber nichts daran, daß der Kläger die Leistung erst ab einer für die Sozialversicherungsrente geltenden Altersgrenze erhalten sollte. Hinsichtlich der Rente nach der Pensionsordnung hat der Beklagte das auch nicht bezweifelt.
b) Die Rente muß weiter die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter bezwecken, also der Sicherung des Lebensstandards nach seinem Ausscheiden aus dem Berufs- oder aus dem Erwerbsleben dienen. Durch diese Zwecksetzung unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen, etwa Leistungen zur Vermögensbildung, zur Überbrückung einer Arbeitslosigkeit und Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes (BAG Urteil vom 30. September 1986 – 3 AZR 22/85 – BAGE 53, 131 = AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG, zu I 1 der Gründe). Im vorliegenden Fall sollte der Kläger die Rente erst nach seinem Ausscheiden aus dem Berufslebenerhalten, nämlich vom Bezug des vorgezogenen sozialversicherungsrechtlichen Altersruhegeldes an.
Auch das Landesarbeitsgericht geht davon aus, daß mit den weiteren 100,-- DM Versorgungseinbußen ausgeglichen werden sollten, die durch das vorzeitige Ausscheiden entstanden. Dieses habe zu einer um 66,38 DM geringeren Betriebsrente und zu einer Schmälerung des gesetzlichen Altersruhegeldes gegenüber einem Andauern des Arbeitsverhältnisses bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres geführt. Mit diesen Erwägungen wird der Versorgungscharakter der zugesagten Leistung nicht widerlegt, sondern bestätigt. Wird eine Leistung zur Deckung eines Versorgungsmehrbedarfs nach Ausscheiden aus dem Berufsleben zugesagt, dient sie der Altersversorgung. Worauf der Versorgungsmehrbedarf beruht, ist ohne Bedeutung. Der Zweck der Leistung, zur Altersversorgung beizutragen, wird dadurch nicht in Frage gestellt.
Schließlich ist es unerheblich, welche Gründe den Arbeitgeber veranlaßten, die Versorgung zu versprechen. Entscheidend ist der Zweck der versprochenen Leistung, nicht der Grund des Versprechens (vgl. schon BAG Urteil vom 8. Dezember 1977 – 3 AZR 324/76 – AP Nr. 10 zu § 61 KO, zu 2b der Gründe). Es ist nicht ungewöhnlich, daß ein Arbeitgeber mit der Zusage einer Altersversorgung eigene wirtschaftliche oder personalpolitische Ziele verfolgt. Auch wenn Betriebsrenten versprochen werden, um einen Arbeitnehmer zu gewinnen oder von einer Kündigung abzuhalten, sind sie Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Sie können deshalb nicht etwa als “Handgelder” oder “Bleibeprämien” angesehen werden. Ebensowenig wird eine für die Zeit des Ruhestandes zugesagte Leistung zu einer Kündigungsabfindung, weil der Arbeitgeber sie versprochen hat, um den Arbeitnehmer zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes zu bewegen.
c) Die Altersversorgung muß weiter aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses versprochen worden sein. Zwischen Zusage und Arbeitsverhältnis muß ein Zusammenhang bestehen (vgl. Blomeyer/Otto, BetrAVG, Einleitung Rz 28; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 81 I 1d). Das ist hier der Fall. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der H… KG war der einzige Grund für die Zusage. Nicht erforderlich ist es, daß die Zusage im Hinblick auf die Begründung oder die Fortdauer des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Selbst eine nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses versprochene Rente kann betriebliche Altersversorgung sein (vgl. Blomeyer/Otto, aaO, Einleitung Rz 29). Der notwendige Bezug zum Arbeitsverhältnis dient nur dazu, Ruhegeldversprechen abzugrenzen, die auf verwandtschaftlichen, freundschaftlichen oder sonstigen Beziehungen beruhen, die nichts mit einem Arbeitsverhältnis zu tun haben (Blomeyer/Otto, aaO, Einleitung Rz 28; Schaub, aaO, § 81 I 1e). Anhaltspunkte für solche Beziehungen zwischen dem Kläger und der H… KG liegen nicht vor.
d) Im übrigen gehört es nicht zu den Merkmalen der betrieblichen Altersversorgung, daß diese in Erwartung erst künftig zu erbringender Betriebstreue versprochen werden muß. Das mag zwar im Regelfall zutreffen. Dem Gesetz ist das aber nicht zu entnehmen. Der Gesichtspunkt der Belohnung schon erbrachter Betriebstreue mag bei der Abrenzung von Sonderformen des Arbeitsentgelts eine Rolle spielen (vgl. BAG Urteil vom 30. Oktober 1980 – 3 AZR 805/79 – BAGE 34, 242 = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG). Eine betriebliche Altersversorgung kann aber selbst dann Gegenstand des Leistungsversprechens sein, wenn der Arbeitgeber die Rente unabhängig von einer schon erbrachten oder noch zu erbringenden Betriebstreue zusagt.
II. Der Beklagte ist auch nicht gemäß § 7 Abs. 5 BetrAVG von der Leistungspflicht befreit.
1. Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG besteht kein Anspruch gegen den Beklagten als Träger der Insolvenzsicherung, soweit nach den Umständen des Falles die Annahme gerechtfertigt ist, daß es alleiniger oder überwiegender Zweck der Versorgungszusage gewesen ist, ihn in Anspruch zu nehmen. Diese Annahme ist gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 BetrAVG insbesondere dann gerechtfertigt, wenn bei Erteilung der Versorgungszusage wegen der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers zu erwarten war, daß die Zusage nicht erfüllt werde. Entscheidend dafür ist die objektive Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Zusage (Blomeyer/Otto, aaO, § 7 Rz 294).
Der Beklagte hat sich im wesentlichen auf den Bericht des vorläufigen Vergleichsverwalters vom 9. Dezember 1982 berufen. Aus diesem geht hervor, daß die H… KG im Jahre 1979 eine starke Gewinneinbuße erlitt und 1980 bei leicht gestiegenem Umsatz (33,898 Millionen Deutsche Mark) erstmals einen Verlust von 1,138 Millionen Deutsche Mark hinnehmen mußte. Das Jahr 1981 war sodann gekennzeichnet von einem starken Preisverfall in der Druckindustrie, so daß dieses Jahr wieder mit einem Verlust von 1,14 Millionen Deutsche Mark abschloß. Eine Überschuldung lag jedoch auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Zum Konkurs Ende des Jahres 1982 kam es nach dem Bericht des Vergleichsverwalters deshalb, weil sich der Preisverfall fortsetzte und die Kreditinstitute es ablehnten, höhere Kredite zu gewähren. Schon im Jahre 1981 hätte nach Auffassung des Vergleichsverwalters eine stärkere Personalreduzierung vorgenommen werden müssen.
Diese Feststellungen erlauben nicht den Schluß, daß bereits bei Erteilung der Zusage im April 1981 die Annahme gerechtfertigt war, die H… KG werde sie nicht erfüllen können. Die Behauptung des Beklagten, der Preisverfall in der Druckindustrie habe bereits vor dem Ausscheiden des Klägers begonnen, reicht nicht aus. Insbesondere war noch nicht absehbar, daß der Preisverfall andauern und sich noch im Jahre 1982 fortsetzen werde. Aber selbst dann hätte nach Auffassung des Vergleichsverwalters eine stärkere Personalreduzierung das Unternehmen noch retten können.
2. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht nach § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG ausgeschlossen. Danach werden Verbesserungen der Versorgungszusagen nicht berücksichtigt, soweit sie in dem letzten Jahr vor Eintritt des Sicherungsfalles größer gewesen sind als in dem davorliegenden Jahr. Die Jahresfrist ist gemäß §§ 186 ff. BGB zu berechnen. Das Vergleichsverfahren wurde am 11. November 1982 eröffnet. Die Zusage erfolgte mithin vor dem maßgeblichen Stichtag, dem 11. November 1981.
Unterschriften
Dr. Heither, Schaub, Griebeling, Dr. Hromadka, Arntzen
Fundstellen
Haufe-Index 841001 |
BB 1990, 2410 |
RdA 1990, 317 |
ZIP 1990, 1496 |