Entscheidungsstichwort (Thema)
Überschreiten der Fünf-Monats-Frist
Leitsatz (redaktionell)
Ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasstes Urteil ist als nicht mit Gründen versehen anzusehen, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt und von den Richtern unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben worden sind.
Normenkette
ZPO § 547 Nr. 6 nF
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 24. September 2002 – 7 Sa 387/01 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß zwischen den Parteien auf der Grundlage des Schreibens der Pädagogischen Hochschule Erfurt vom 21. Juli 2000 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis der VergGr. C 4 BBesO C besteht, das über den 31. März 2001 hinaus fortbesteht;
- den beklagten Freistaat zu verurteilen, den Kläger als Vertreter der C 4 Professur „Slawistische Linguistik” an der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 21. Juli 2000 hinaus weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat mit einem am 24. September 2002 verkündeten Urteil die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Das Berufungsurteil ist vom Vorsitzenden am 6. März 2003 abgesetzt und unterzeichnet worden. Mit den Unterschriften der ehrenamtlichen Richter ist es auf der Geschäftsstelle am 13. März 2003 eingegangen.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter und rügt, das Urteil des Landesarbeitsgerichts sei nicht mit Gründen versehen, weil es erst nach Ablauf von fünf Monaten seit Verkündung abgesetzt und vollständig von den Richtern unterzeichnet zur Geschäftsstelle gelangt sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 6 ZPO nF liegt vor.
1. Nach der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschluß vom 27. April 1993 – GmS-OGB 1/92 – BVerwGE 92, 367 = AP ZPO § 551 Nr. 21 = EzA ZPO § 551 Nr. 1) ist ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil als nicht mit Gründen versehen anzusehen, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt und von den Richtern unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben worden sind (ebenso BAG 17. Februar 2000 – 2 AZR 350/99 – BAGE 93, 360 = AP ZPO § 551 Nr. 52 = EzA ZPO § 551 Nr. 8; 19. Oktober 2000 – 6 AZR 238/99 –; 26. September 2001 – 10 AZR 166/01 –).
2. Das angefochtene Urteil vom 24. September 2002 ist am 13. März 2003 von allen Richtern unterzeichnet zur Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts gelangt. Damit waren seit der Verkündung mehr als fünf Monate vergangen. Das Urteil ist daher gemäß § 562 Abs. 1, § 547 Nr. 6, § 563 Abs. 1 ZPO nF auf die in der Revisionsbegründung ordnungsgemäß erhobene Rüge des Klägers aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert. Müller-Glöge, Linck, Heel, Rehwald
Fundstellen