Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspätete Urteilsabsetzung
Normenkette
ZPO §§ 550, 551 Nr. 7
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 8. September 1998 – 7 Sa 139/97 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Zeit vom 1. August 1979 bis zum 31. Juli 1990, in der die Klägerin als Lehrerin, stellvertretende Direktorin und Direktorin an verschiedenen Schulen in Weimar tätig war, nach § 19 BAT-O als Beschäftigungszeit anzurechnen ist oder ob dem die Bestimmung in Nr. 4 Buchst. c der Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O entgegensteht.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß als Beschäftigungszeit im Sinne des § 19 BAT-O für die Klägerin die Zeit vom 1. August 1979 bis 31. Juli 1990 anzurechnen ist.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Zeit vor dem 1. August 1990 sei von der Anrechnung als Beschäftigungszeit ausgeschlossen, weil der Klägerin die Tätigkeiten als stellvertretende Direktorin und Direktorin wegen besonderer persönlicher Systemnähe übertragen worden seien.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter und rügt ua., das vollständig abgesetzte Berufungsurteil sei erst nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung von allen Richtern unterzeichnet zur Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts gelangt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war ohne weitere Sachprüfung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, weil das Berufungsurteil als nicht mit Gründen versehen zu betrachten ist (§§ 550, 551 Nr. 7 ZPO).
1. Der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes hat mit Beschluß vom 27. April 1993 (GmS-OGB 1/92 – AP ZPO § 551 Nr. 21 = EzA ZPO § 551 Nr. 1) entschieden, daß ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen ist, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt und von den Richtern unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Dieser zu der mit § 551 Nr. 7 ZPO wortgleichen Bestimmung des § 138 Nr. 6 VwGO ergangenen Rechtsprechung hat sich das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. etwa BAG 4. August 1993 – 4 AZR 501/92 – BAGE 74, 44; 7. Oktober 1993 – 2 AZR 293/93 – nv.; 24. November 1993 – 10 AZR 371/93 – nv.; 16. Dezember 1993 – 8 AZR 114/93 – nv.; 8. Februar 1994 – 9 AZR 591/93 – BAGE 75, 355; 15. November 1995 – 2 AZR 1036/94 – APZPO § 551 Nr. 34 = EzA ZPO § 551 Nr. 4; 16. November 1995 – 6 AZR 843/94 – nv.). Daran hält der erkennende Senat fest.
2. Das angefochtene Urteil wurde am 8. September 1998 verkündet. Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils gelangten nach dem Vermerk der Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts am 15. März 1999 von allen Richtern unterzeichnet zur Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts. Damit waren seit der Verkündung mehr als fünf Monate vergangen.
3. Das angefochtene Urteil war daher gemäß §§ 564, 565, 550, 551 Nr. 7 ZPO auf die in der Revisionsbegründung ordnungsgemäß erhobene Rüge der Klägerin aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, G. Helmlinger, H. Schmidt
Fundstellen