Leitsatz (redaktionell)
(Vorübergehende Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit) Bei der Anwendung des § 24 Abs 1 BAT gelten folgende Grundsätze:
1. Es kommt nicht auf eine rückschauende Betrachtung, sondern auf den bei der Übertragung der Tätigkeit ausdrücklich oder stillschweigend zum Ausdruck gebrachten Willen des Arbeitgebers an. Für den Angestellten muß jedoch deutlich erkennbar werden, daß er die betreffende Tätigkeit nur vorübergehend ausüben soll.
2. Eine zeitliche Grenze für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit besteht nicht.
3. Für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit bedarf es jeweils eines sachlichen Grundes, der auch für deren Dauer vorliegen muß. Fehlt es an einem solchen sachlichen Grund, so liegt Rechtsmißbrauch vor.
Orientierungssatz
Grenzen der Aufklärungs- und Hinweispflicht nach § 139 ZPO.
Normenkette
BAT § 24; BAT Anlage 1a; BGB § 242; ZPO §§ 139, 286, 554; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 01.07.1987; Aktenzeichen 2 Sa 985/86) |
ArbG Mainz (Entscheidung vom 28.08.1986; Aktenzeichen 6 Ca 326/86) |
Tatbestand
Der Kläger trat am 16. März 1960 bei der Verteidigungsverwaltung in ein Angestelltenverhältnis zur Beklagten. Er wurde als Lohnrechner bei der Standortverwaltung B eingesetzt. Die Parteien haben einzelvertraglich die Geltung des BAT und der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge für das Arbeitsverhältnis vereinbart. Vergütet wurde der Kläger nach VergGr. V c BAT.
Seit dem Jahre 1970 beabsichtigte die Beklagte, im Bereich des Bundesministers der Verteidigung ein einheitliches Gesamtverfahren unter Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) für die Aufbereitung und Auszahlung der Bezüge aller Beamten, Angestellten, Arbeiter und Soldaten einzuführen. Seit 1976 wurde an der Entwicklung dieses neuen Verfahrens gearbeitet. Da sich ein Gesamtverfahren im Laufe der Entwicklung als zu umfangreich erwies, wurde zunächst das entsprechende Verfahren für die Aufbereitung der Bezüge der Lohnempfänger vorgezogen. Der Entwicklung wurden die Richtlinien des Bundesministers der Verteidigung für den Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen (DV-Richtlinien) zugrundegelegt. Sie sehen die fünf Entwicklungsphasen Grundsatzforderung, Konzept, Definition, Entwicklung sowie Einführung und Betrieb vor. Die Entwicklungsarbeiten wurden von einer Arbeitsgruppe im Bundesministerium der Verteidigung in Zusammenarbeit mit dem Bundesfinanzministerium und Fachleuten aus der Industrie durchgeführt. Mit der Umstellung auf das EDV-Verfahren wurde unter anderem die Absicht verfolgt, die gesamte Lohnberechnung bei den Wehrbereichsgebührnisämtern zusammenzufassen und damit die herkömmliche manuelle Lohnberechnung bei zahlreichen Einzeldienststellen zu erübrigen.
Zunächst war der 1. Januar 1983 als Zeitpunkt für die Einführung des neuen maschinellen Verfahrens vorgesehen. Dieser Termin konnte jedoch nicht eingehalten werden. Erst im Frühjahr 1984 wurde das neue Verfahren im Wehrbereich III (Düsseldorf) eingeführt und dort erprobt. Ab 1. Januar 1985 erfolgte nach und nach die Einführung in den übrigen Wehrbereichen. Im Wehrbereich IV, zu dem B gehört, wurde der Zentralisierungsvorgang gegen Ende des Jahres 1985 abgeschlossen.
Vom 1. Juni 1981 an wurde der Kläger auf der damals frei gewordenen Stelle eines Lohnfestsetzers der VergGr. V b BAT beschäftigt. Mit Schreiben der Wehrbereichsverwaltung vom 9. Juli 1981 wurde ihm mitgeteilt, diese höherwertige Tätigkeit werde ihm gemäß § 24 Abs. 1 BAT vorübergehend bis zur Auflösung der Lohnstelle in B übertragen. Demgemäß wurde dem Kläger eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen den Bezügen nach den VergGr Vc und Vb BAT gezahlt. Mit Schreiben vom 25. November 1985 teilte die Wehrbereichsverwaltung dem Kläger mit, ab 31. Oktober 1985 seien die Voraussetzungen zur Fortzahlung der Zulage entfallen.
Zu diesem Zeitpunkt wurden die Lohnstelle bei der Standortverwaltung B aufgelöst und ihre Aufgaben auf das Wehrbereichsgebührnisamt IV übertragen. Ab 1. November 1985 bezieht der Kläger demgemäß wieder Vergütung nach VergGr. V c BAT. Mit Schreiben vom 4. November 1985 wandte sich der Kläger gegen den Widerruf der Zulage und verlangte zugleich Weiterzahlung der Vergütung nach VergGr. V b BAT. Die Beklagte lehnte diese Forderung des Klägers ab.
Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, an ihn ab 1. November 1985 Vergütung nach VergGr. V b BAT zu zahlen. Dazu hat der Kläger vorgetragen, für die nur vorübergehende Übertragung der Tätigkeit eines Lohnfestsetzers fehle es an einem sachlichen Grund. Es sei daher davon auszugehen, daß es sich bei dieser Tätigkeit um seine nach dem Arbeitsvertrag und gemäß §§ 22, 23 BAT auszuübende Tätigkeit handele. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, daß er die höherwertige Tätigkeit ununterbrochen über den langen Zeitraum von 4 1/2 Jahren hin ausgeübt habe. Die von der Beklagten beabsichtigte Einführung der elektronischen Datenverarbeitung für die Lohnberechnung und Lohnzahlung habe sich jahrelang verzögert, was die Beklagte zu vertreten habe. Damit habe hinsichtlich der Dauer der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit völlige Ungewißheit geherrscht, während die Beklagte ihm im Jahre 1981 bei Übernahme dieser Tätigkeit zu verstehen gegeben habe, der Zeitpunkt des Abschlusses der Vorarbeiten für die Einführung des EDV-Verfahrens sei bereits abzusehen. Die eingetretene mehrfache Verschiebung des Einführungstermins könne nicht mit irgendwelchen pauschalen Erklärungen begründet werden. Im übrigen verstoße die Beklagte gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, denn sie habe anderen Angestellten in vergleichbarer Lage auf Dauer Vergütung nach VergGr. V b BAT zugesprochen und gezahlt. Ihr Verhalten verstoße auch gegen den Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom 29. Oktober 1971. Demgemäß hat der Kläger beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet
ist, an den Kläger ab 1. November 1985 Vergütung
nach VergGr. V b BAT zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, für die vorübergehende Übertragung der Tätigkeit eines Lohnfestsetzers der VergGr. V b BAT an den Kläger habe ein sachlicher Grund bestanden. Als dem Kläger diese Tätigkeit übertragen worden sei, sei nämlich die Auflösung der Lohnstelle in B absehbar gewesen, weil damals die Umstellung der Lohnberechnung auf das maschinelle Verfahren bereits erhebliche Fortschritte gemacht und ihre Realisierung kurz bevorgestanden habe. Die eingetretenen Verzögerungen bei der EDV-Abrechnung hätten vielfältige Gründe, die sie nicht zu vertreten habe. Schon 1981 habe aufgrund der geleisteten Vorarbeiten mit der baldigen Einführung des neuen Verfahrens gerechnet werden können. Rund zwei Jahre seien damals als wahrscheinlicher Zeitraum für die Wahrnehmung der höherwertigen Tätigkeit durch den Kläger veranschlagt worden. Erst zum 31. Oktober 1985 sei es zur Auflösung der Lohnstelle B deswegen gekommen, weil es immer wieder unvorhergesehene Verzögerungen gegeben habe. Diese hätten verschiedene Ursachen. Einmal beruhten sie auf der ungewöhnlichen Komplexität und dem gewaltigen Umfang der geplanten Umstellung. Hinzu kämen die langwierigen Abstimmungsprozesse zwischen den beteiligten Ministerien sowie der krankheitsbedingte Ausfall verantwortlicher Mitarbeiter. Weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen den Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz habe sie verstoßen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß es für das Klagebegehren keine Rechtsgrundlage gibt. Der Kläger kann über den 31. Oktober 1985 hinaus keine Vergütung nach VergGr. V b BAT verlangen.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einzelvertraglich die Geltung des BAT vereinbart. Demgemäß stünde dem Kläger, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, die eingeklagte Vergütung zu, wenn die von ihm ab 1. November 1985 auszuübende Tätigkeit den Merkmalen der VergGr. V b BAT entsprechen würde. Das ist jedoch unstreitig nicht der Fall.
Umgekehrt besteht zwischen den Parteien auch kein Streit darüber, daß die Tätigkeit des Klägers als Lohnfestsetzer, die er vom 1. Juni 1981 bis 31. Oktober 1985 ausgeübt hat, den Merkmalen der VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 a entspricht, wovon auch das Landesarbeitsgericht ausgeht. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Beklagte dem Kläger diese höherwertige Tätigkeit wirksam gemäß § 24 Abs. 1 BAT nur vorübergehend übertragen hat und sie demgemäß befugt war, sie dem Kläger ab 1. November 1985 wieder zu entziehen und ihn nunmehr wieder wie zuvor nach der VergGr. V c BAT zu vergüten und mit einer dieser Vergütungsgruppe entsprechenden Tätigkeit zu beschäftigen.
Das wird vom Landesarbeitsgericht mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung bejaht, wobei es sich in allen entscheidenden Rechtsfragen an der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats orientiert hat. Mit Recht beantwortet das Landesarbeitsgericht die Rechtsfrage, ob dem Kläger die höherwertige Tätigkeit "vorübergehend" im Sinne des § 24 Abs. 1 BAT übertragen worden ist, nicht aufgrund einer rückschauenden Betrachtung, sondern nach dem bei der Übertragung der Tätigkeit ausdrücklich oder stillschweigend zum Ausdruck gebrachten Willen des Arbeitgebers (vgl. den Beschluß des erkennenden Senats vom 13. Januar 1987 - 4 AZN 370/86 - AP Nr. 30 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz sowie die Urteile des Senats BAGE 19, 295, 297 = AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: BAVAV, BAGE 31, 26, 32 = AP Nr. 8 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und 25. Oktober 1967 - 4 AZR 12/67 - AP Nr. 1 zu § 24 BAT). Es nimmt dabei auch Bedacht darauf, daß die vorübergehende Übertragung einer Tätigkeit nach § 24 Abs. 1 BAT sowohl durch eine entsprechende ausdrückliche Erklärung des öffentlichen Arbeitgebers als auch im Wege konkludenten Verhaltens erfolgen kann, wobei freilich für den Angestellten jeweils deutlich erkennbar werden muß, daß er die betreffende Tätigkeit nur vorübergehend ausüben soll (vgl. die Urteile des Senats vom 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 - AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, und BAGE 31, 26, 32 = AP Nr. 8 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Wenn die Wehrbereichsverwaltung IV dem Kläger unter dem 9. Juli 1981 schriftlich mitgeteilt hat:
"Auf Antrag der Standortverwaltung B
übertrage ich Ihnen vorübergehend die auf dem
Dienstposten TE/ZE 250/015 - Lohnfestsetzer Bewertung
nach VergGr. V b BAT - wahrzunehmenden
höherwertigen Tätigkeiten mit Wirkung vom
01. Juni 1981 bis zur Auflösung der Lohnstelle
im B ...",
dann folgert daraus zutreffend das Landesarbeitsgericht, daß hiermit in aller Eindeutigkeit dem Kläger, was ihm zudem auch schon bekannt gewesen ist, die höherwertige Tätigkeit ausdrücklich und erkennbar nur vorübergehend übertragen werden sollte. Zudem konnte der Kläger aus dem Schreiben der Wehrbereichsverwaltung deutlich erkennen, daß die vorübergehende Tätigkeit mit der Schließung der Lohnstelle bei der Standortverwaltung B ihr Ende finden sollte.
In Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung nimmt das Landesarbeitsgericht weiter zutreffend an, daß es im Regelungsbereich des § 24 Abs. 1 BAT eine zeitliche Grenze für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht gibt (vgl. die Urteile des Senats vom 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 - AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, 15. Februar 1984 - 4 AZR 595/82 - AP Nr. 8 zu § 24 BAT und 25. Oktober 1967 - 4 AZR 12/67 - AP Nr. 1 zu § 24 BAT mit weiteren Nachweisen). Mit den Grundsätzen dieser Senatsrechtsprechung ist es, wovon mit Recht auch das Landesarbeitsgericht ausgeht, unbedenklich vereinbar, daß die Beklagte dem Kläger bei der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit lediglich mitgeteilt hat, er solle sie solange ausüben, bis die Lohnstelle bei der Standortverwaltung in B aufgelöst wird. Der Angabe eines genauen Zeitpunktes dafür bedurfte es entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht. Zudem war der Beklagten nach den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Umständen des vorliegenden Falles eine derartige Zeitangabe auch überhaupt nicht möglich. Das wiederum schließt entgegen der Rechtsauffassung des Klägers eine Heranziehung des § 24 Abs. 1 BAT durch einen öffentlichen Arbeitgeber nicht aus.
Ebenfalls zutreffend und in Übereinstimmung mit der entsprechenden Senatsrechtsprechung geht das Landesarbeitsgericht weiter davon aus, daß es für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 Abs. 1 BAT jeweils eines sachlichen Grundes bedarf, der auch für deren Dauer vorliegen muß (vgl. die Urteile des Senats vom 15. Februar 1984 - 4 AZR 595/82 - AP Nr. 8 zu § 24 BAT, 2. Mai 1979 - 4 AZR 515/77 - AP Nr. 4 zu § 24 BAT und 5. September 1973 - 4 AZR 549/72 - AP Nr. 3 zu § 24 BAT). Fehlt es dagegen für die vorübergehende Übertragung der Tätigkeit oder deren Dauer an einem sachlichen Grund, dann liegt, wie das Landesarbeitsgericht weiter richtig erkannt hat, eine rechtsmißbräuchliche Ausnutzung der Gestaltungsmöglichkeit nach § 24 Abs. 1 BAT vor (vgl. die Urteile des Senats BAGE 49, 95, 98 = AP Nr. 9 zu § 24 BAT, vom 25. März 1981 - 4 AZR 1037/78 - AP Nr. 5 zu § 24 BAT und vom 2. Mai 1979 - 4 AZR 515/77 - AP Nr. 4 zu § 24 BAT).
Sowohl bei dem sachlichen Grund als auch beim Rechtsmißbrauch handelt es sich jeweils um einen unbestimmten Rechtsbegriff, so daß die Anwendung dieser Rechtsbegriffe durch die Tatsacheninstanzen vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie vom jeweils zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen sind, ihn bei der Subsumtion beibehalten haben, ihnen Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und alle entscheidungserheblichen Tatumstände Berücksichtigung gefunden haben (vgl. die Urteile des Senats vom 1. April 1987 - 4 AZR 397/86 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, BAGE 46, 292, 305 = AP Nr. 93 zu §§ 22, 23 BAT 1975 sowie BAGE 32, 203, 206 = AP Nr. 1 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz mit weiteren Nachweisen auf die ständige Senatsrechtsprechung).
Im einzelnen führt das Landesarbeitsgericht näher aus, der Grund für den nur vorübergehenden Einsatz des Klägers auf der Stelle des Lohnfestsetzers sei die beabsichtigte Zentralisierung des Gebührniswesens und die damit verbundene Einführung des EDV-Verfahrens für die gesamte Lohnabrechnung im Bereiche der Verteidigungsverwaltung gewesen, die zwangsläufig zum Wegfall der entsprechenden Stellen für Lohnrechner und Lohnfestsetzer bei den einzelnen Standortverwaltungen geführt habe und habe führen sollen. Dabei weist das Landesarbeitsgericht näher darauf hin, schon im Jahre 1981 habe festgestanden, daß das bereits seit 1976 geplante und entwickelte EDV-Verfahren für die zentrale Lohnzahlung definitiv eingeführt werde, der entsprechende Realisierungsplan sei fertiggestellt gewesen und schon im August 1980 dem Staatssekretär Dr. H vom Verteidigungsministerium zur Billigung vorgelegt und von diesem auch gebilligt worden. Damit habe festgestanden, daß die bei der Standortverwaltung B frei gewordene und vorübergehend mit dem Kläger besetzte Stelle eines Lohnfestsetzers der VergGr. V b BAT jedenfalls binnen absehbarer Zeit wegen der bevorstehenden Auflösung der Lohnstelle in Wegfall kommen werde. Aus diesen Umständen leitet das Landesarbeitsgericht mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung her, daß vorliegend für die vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an den Kläger ein sachlicher Grund vorgelegen hat.
Mit ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung führt das Landesarbeitsgericht weiter im einzelnen aus, daß das Erfordernis des sachlichen Grundes auch für die Dauer vorliegend erfüllt ist. Dazu weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, als die Tätigkeit eines Lohnfestsetzers dem Kläger übertragen worden sei, seien Planung und Entwicklung des EDV-Verfahrens bereits so weit fortgeschritten gewesen, daß man den 1. Januar 1983 als Termin der Einführung habe bekanntgeben können. Der Realisierungsplan habe die Umstellung des Lohnverfahrens zum 1. Januar 1983 ausdrücklich vorgesehen. Demgemäß hätten alle bestehenden Lohnstellen bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1983 aufgelöst sein sollen. Die gleichwohl eingetretene Verzögerung um zwei Jahre sei nicht voraussehbar gewesen. Eine ihrer Ursachen liege bereits darin, daß für rund 90.000 Arbeiter der Verteidigungsverwaltung im gesamten Bundesgebiet die Umstellung habe vorgenommen werden müssen. Dabei habe es der fortgesetzten Abstimmung mit anderen Ministerien und Industriefirmen bedurft, die die Geräte für das Lohnabrechnungsverfahren geliefert hätten. Dabei habe es geradezu notwendigerweise vielfache Verzögerungen gegeben, die technische, finanzielle und personelle Gründe hätten. Schon die gemeinsame Erarbeitung des Verfahrens mit dem Bundesfinanzministerium habe sich schwieriger als erwartet herausgestellt. Bei der Realisierung habe es unerwartete Probleme infolge der für die Zukunft vorgesehenen Integration der Besoldung, Versorgung und Vergütung auch der Angestellten in das EDV-Verfahren gegeben. Neue Methoden und Techniken hätten zur Anwendung gestanden, wofür es an Erfahrungen gefehlt habe. Auch krankheitsbedingte Personalausfälle und unvorhersehbarer Personalwechsel hätten zu weiteren Verzögerungen beigetragen.
Mit dieser Begründung konnte das Landesarbeitsgericht im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes davon ausgehen, daß es für die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an den Kläger einen sachlichen Grund gab, der auch für die Dauer der Übertragung bestand. Daraus konnte das Landesarbeitsgericht weiter im Rahmen seines auch insoweit bestehenden Beurteilungsspielraumes die Folgerung ziehen, daß die Beklagte bei der vorübergehenden Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an den Kläger nicht rechtsmißbräuchlich gehandelt hat. Dabei ist das Landesarbeitsgericht von den zutreffenden Rechtsbegriffen des sachlichen Grundes und des Rechtsmißbrauchs ausgegangen, die es auch bei seiner Subsumtion beibehalten hat. Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze sind nicht ersichtlich, auch nicht die Außerachtlassung entscheidungserheblicher Tatumstände, was auch schon für die entsprechenden Ausführungen des Arbeitsgerichts gilt, denen sich das Landesarbeitsgericht weitgehend angeschlossen hat.
Die demgegenüber erhobenen Einwendungen der Revision greifen nicht durch. Zu Unrecht wendet die Revision ein, das Landesarbeitsgericht habe den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, in Fällen von Planungsfehlern entfalle schlechthin eine Verantwortung des öffentlichen Arbeitgebers, womit das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff des sachlichen Grundes abgewichen sei, diesen unzulässig eingeschränkt und die Grundsätze der Senatsrechtsprechung aufgegeben habe. Vielmehr haben die ausführlichen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu der eingetretenen zweijährigen Verzögerung und ihren vielfachen Gründen ausschließlich fallbezogenen und subsumierenden Charakter. Im übrigen übersieht die Revision, daß bei der vorliegenden Fallgestaltung, die die Umstellung des Lohnabrechnungsverfahrens für alle Arbeiter der Verteidigungsverwaltung im gesamten Bundesgebiet betrifft, eine lediglich zweijährige Verzögerung nicht besonders gewichtig und aus vielfachen Gründen, die das Landesarbeitsgericht näher dargelegt und gewürdigt hat, möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich erscheint.
Auch die prozessualen Rügen der Revision sind nicht begründet. Sie werden vom Kläger auf angebliche Verletzungen von § 139 und § 286 ZPO gestützt. Dabei übersieht der Kläger, daß beide Vorinstanzen ersichtlich von einem unstreitigen Sachverhalt ausgegangen sind, so daß schon deswegen für Rügen nach § 286 ZPO kein Raum ist (vgl. BAGE 46, 292, 307 = AP Nr. 93 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen auf die ständige Rechtsprechung des Senats). Schon gegenüber dem Arbeitsgericht hatten das beide Prozeßparteien schriftsätzlich bestätigt, weswegen auch das Arbeitsgericht einen unstreitigen Sachverhalt angenommen hat. Dem ist der Kläger in der Berufungsbegründung nicht entgegengetreten. Er hat sich darin vielmehr lediglich mit der rechtlichen Würdigung des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt und - rechtsfehlerhaft - die Auffassung vertreten, es sei Sache der Beklagten, die weiteren Umstände dafür darzulegen, daß ein Rechtsmißbrauch nicht vorliege. Weiter hat sich der Kläger in der Berufungsinstanz hierzu weder schriftsätzlich noch, soweit das den Sitzungsprotokollen und dem angefochtenen Urteil zu entnehmen ist, mündlich geäußert, obwohl die Beklagte ihr Vorbringen nach einer gerichtlichen Auflage nochmals in zwei umfangreichen Schriftsätzen erläutert und präzisiert hat. Für entsprechendes Erwiderungsvorbringen stand dem Kläger auch hinreichend Zeit zur Verfügung.
Unter diesen Umständen konnte auch das Landesarbeitsgericht von einem unstreitigen Sachverhalt ausgehen, zumal es zahlreiche, von der Beklagten vorgelegte schriftliche Unterlagen verwertet hat, deren Inhalt der Kläger niemals bestritten hat. Jedenfalls bestand bei dieser Sach- und Prozeßlage für das Landesarbeitsgericht entgegen den Ausführungen der Revision keine Verpflichtung zu entsprechender ergänzender Fragestellung oder Hinweisen nach § 139 ZPO. Wenn nämlich eine Partei sich - wie vorliegend der Kläger gegenüber den Vorinstanzen in der Frage, ob der Sachverhalt streitig oder unstreitig ist - klar und sachdienlich geäussert hat bzw. entsprechendem Vorbringen der Gegenseite nicht entgegentritt, fehlt für ein Gericht jeder Anlaß zu einer weiteren Aufklärungsfrage nach § 139 ZPO (vgl. das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 28. Februar 1952 - IV ZR 59/51, LM Nr. 3 zu § 139 ZPO, auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 46. Aufl., § 139 Anm. II 1 D). Ist aber aus den dargelegten Gründen das Landesarbeitsgericht mit Recht von einem unstreitigen Sachverhalt ausgegangen, dann hatte es auch keinen Anlaß zu Beweiserhebungen, die der Kläger nunmehr in der Revisionsinstanz beantragt, wobei im übrigen zweifelhaft ist, ob es sich nicht um das Angebot eines unzulässigen Ausforschungsbeweises handelt (vgl. BAGE 40, 67, 74 = AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifliche Übung).
Soweit der Kläger sein Klagebegehren auch noch auf eine Verletzung des dem Arbeitsvertragsrecht angehörenden Gleichbehandlungsgrundsatzes und einen Verstoß der Beklagten gegen den Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für die Angestellten des öffentlichen Dienstes vom 29. Oktober 1971 gestützt und das Landesarbeitsgericht hierzu Sachausführungen gemacht hat, ist darauf vom Revisionsgericht schon deswegen nicht mehr einzugehen, weil sich zu diesen selbständigen und jeweils eines besonderen Tatsachenvortrages bedürftigen Anspruchsgrundlagen die Revision nicht mehr äußert (vgl. das Urteil des Senats vom 1. April 1987 - 4 AZR 397/86 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, das Urteil des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juli 1955 - 2 AZR 27/53 - AP Nr. 2 zu § 554 ZPO, Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, § 554 Anm. 2 sowie Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 19. Aufl., § 554 III A 2 mit weiteren Nachweisen).
Die Kosten seiner erfolglosen Revision trägt der Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Feller Dr. Etzel Dr. Freitag
Schaible Koerner
Fundstellen
DB 1988, 1121-1122 (LT1-3) |
DOK 1989, 48 (K) |
RdA 1988, 192 |
USK, 8809 (ST) |
ZTR 1988, 256-258 (LT1-3) |
AP § 24 BAT (LT1-3), Nr 15 |
EzBAT § 24 BAT, Nr 9 (LT1-3) |