Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang im Baugewerbe
Orientierungssatz
1. Es spricht nicht für einen Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB, wenn von den für einen Baubetrieb wesentlichen sachlichen Bestandteilen Büroräume, Bauhof, Geräte wie LKW, PKW, Kräne, Mannschaftswagen, Schalungsteile und Kleingeräte lediglich einzelne, leicht austauschbare Wirtschaftsgüter übernommen wurden und Bauhof und Büroräume nicht übernommen wurden (vergleiche Urteil des BAG vom 3.7.1986, 2 AZR 68/85 = AP Nr 53 zu § 613a BGB).
2. Es spricht gegen einen Betriebsübergang, wenn die einen Baubetrieb in erster Linie ausmachenden immateriellen Betriebsmittel wie Marktstellung, Kundenkontakte und Auftragsbestand nicht übernommen wurden (vergleiche BAG Urteil vom 25.6.1985, 3 AZR 254/83 = AP Nr 23 zu § 7 BetrAVG).
3. Der Senat läßt es offen, ob auch die Übertragung wesentlicher immaterieller Wirtschaftsgüter eines Betriebes durch Überwechseln der Führungsmannschaft des alten Betriebes zu einem neu gegründeten als rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang nach § 613a Abs 1 S 1 BGB führen kann.
Normenkette
ZPO §§ 320, 139, 286; BGB § 613a Abs. 1 S. 1; ZPO § 554 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 10.11.1987; Aktenzeichen 13 (14) Sa 644/87) |
ArbG Hameln (Entscheidung vom 26.02.1987; Aktenzeichen 1 Ca 587/86) |
Tatbestand
Der Kläger begehrt unter Berufung auf § 613 a BGB die Feststellung, daß zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit besteht.
Der Kläger war seit 1. März 1961 als Maschinist bei dem Bauunternehmer F F (in der Folge: Einzelfirma) beschäftigt, über dessen Vermögen am 30. Oktober 1986 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Die Einzelfirma beschäftigte zuletzt etwa 50 gewerbliche Arbeitnehmer.
Durch Gesellschaftsvertrag vom 1. August 1986 gründeten Verwandte des Inhabers der Einzelfirma die beklagte GmbH, Geschäftsführer wurde sein Sohn Fr F. In § 9 des Gesellschaftsvertrages ist bestimmt:
"Es besteht Einigkeit unter den Gesellschaftern darüber,
daß die betrieblichen Anlagen (H , Fl straße)
angepachtet werden. Das nähere regelt ein noch abzu-
schließender Pachtvertrag mit Herrn F F
(Erbbauberechtigter). Die Büroräume B straße 10 a
werden ebenfalls vom Eigentümer angepachtet."
Die Beklagte wurde am 16. September 1986 im Handelsregister und mit Wirkung vom selben Tag in der Handwerksrolle, der Inhaber der Einzelfirma als ihr Betriebsleiter eingetragen. Im Antrag auf Eintragung in die Handwerksrolle vom 1. Oktober 1986 gab die Beklagte an:
"Eine Teilübernahme Firma F F -
2230034772 000 erfolgt in Abschnitten, aus Ab-
wicklungsgründen, gemäß Mietvertrag."
Die Beklagte mietete am 3. Oktober 1986 Büroräume im Haus B-Straße 10 a an. Die Büroräume der Einzelfirma im Haus B-Straße 10 sowie ihr Bauhof wurden nicht übernommen.
Am 6. Oktober 1986 erhielt die Beklagte in Arbeitsgemeinschaft mit der Firma St GmbH & Co. den Auftrag für den Neubau der Postpassage. Sie hatte im Oktober 1986 keine eigenen Arbeitnehmer und keine Gerätschaften. Zur Erledigung dieses Auftrags schloß sie am 2. Oktober 1986 mit der Einzelfirma einen Subunternehmervertrag. Danach hatte die Einzelfirma gegen Stundenlohnsätze für die Zeit vom 16. Oktober 1986 bis 15. Dezember 1986 sieben Arbeitskräfte einschließlich Werkpolier und Kleingeräte zur Verfügung zu stellen. Örtlicher Bauleiter war der bei der Einzelfirma angestellte Bautechniker B, nach Behauptung der Beklagten als Teilzeitkraft. Diesen Vertrag kündigte die Beklagte am 30. Oktober 1986 fristlos. Die auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer nahmen danach unter dem Bauführer B geschlossen ihre Arbeit bei der Beklagten auf.
Die Beklagte erhielt aufgrund werbender Tätigkeit im Oktober 1986 und in der Folgezeit eigene Aufträge, und zwar auch aus dem ehemaligen Kundenkreis der Einzelfirma; dazu gehörte u.a. auch das Bauvorhaben Elektrizitätswerk W. Die Einzelfirma war im Zeitpunkt der Konkurseröffnung an den Arbeitsgemeinschaften Sto und Kreissparkasse beteiligt. Nach Darstellung der Beklagten kündigten die Arbeitsgemeinschaften aufgrund der Konkurseröffnung das Vertragsverhältnis mit der Einzelfirma und schlossen unter dem 30. Oktober 1986 mit der Beklagten Subunternehmerverträge für die Bauarbeiten im Stundenlohn ab. Eine Baustelle der Einzelfirma - Feuerwehrhaus M - wurde nicht weitergeführt. Die Beklagte transportierte von dieser Baustelle die Geräte ab.
Die Beklagte beschäftigte ab 30. Oktober 1986 noch 26 Arbeitnehmer, davon fünf bis sechs in befristeten Arbeitsverhältnissen. Es handelte sich überwiegend um ehemals bei der Einzelfirma beschäftigte Arbeitnehmer. Mit Schreiben vom 10. November 1986 begrüßten der Geschäftsführer der Beklagten sowie der Inhaber der Einzelfirma diese Mitarbeiter "in unserem neugegründeten Bauunternehmen". Bereits im Oktober 1986 erwarb die Beklagte von der Einzelfirma drei PKW. Aufgrund von Verträgen aus November und Dezember 1986 mietete sie vom Konkursverwalter Baustelleneinrichtungsgegenstände wie Sanitärwagen, Mannschaftswagen, Kleingeräte, Schalungs- und Gerüstteile sowie einen Ford-Kleintransporter mit Anhänger. Als Großgeräte besaß die Einzelfirma eine Raupe, einen Tieflader, einen Sechzehn-Tonnen-LKW und drei Kräne. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, zwei Kräne seien nach Konkurseröffnung entsprechend den geschlossenen Arbeitsgemeinschaftsverträgen in den Arbeitsgemeinschaften Sto und Kreissparkasse verblieben.
Der Kläger und weitere neun Arbeitnehmer, die in Parallelverfahren Klage erhoben haben, werden von der Beklagten nicht beschäftigt. Die Einzelfirma und nochmals ihr Konkursverwalter kündigten die Arbeitsverhältnisse, der Konkursverwalter das des Klägers mit Schreiben vom 4. November 1986. Diese Kündigung ist wegen fehlender Anhörung des Betriebsrates rechtskräftig für unwirksam erklärt worden (Urteil des LAG Niedersachsen vom 13. Mai 1987 - 5 Sa 304/87 -).
Der Kläger ist der Auffassung, es liege ein Betriebsübergang nach § 613 a BGB vor. 60 % der Arbeitnehmer der Einzelfirma seien von der Beklagten nahtlos weiterbeschäftigt worden. Die Beklagte habe ab 30. Oktober 1986 alle Gerätschaften der Einzelfirma, nämlich Baufahrzeuge, Kräne und Schalungsmaterial übernommen. Die Beklagte sei in sämtliche am 30. Oktober noch laufenden Aufträge der Einzelfirma eingetreten und habe sie weiter fortgeführt. Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte auf den Baustellen Sto und Kreissparkasse als Subunternehmer tätig geworden sei. Den Auftrag Arbeitsgemeinschaft Postpassage habe die Beklagte übernommen, als sie keine Arbeitnehmer beschäftigt habe. Dies sei im Hinblick auf die Übernahme der Beschäftigten der Einzelfirma geschehen. Schließlich habe die Beklagte Aufträge aus dem ehemaligen Kundenkreis der Einzelfirma erhalten. Von der durch die Einzelfirma bereits vor dem 30. Oktober eröffneten Baustelle Feuerwehrhaus M habe die Beklagte das gesamte Material zur Baustelle Postpassage gebracht und dort verbraucht.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß zwischen den Parteien ein Arbeits-
verhältnis auf unbestimmte Zeit besteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Voraussetzungen für einen Betriebsübergang seien nicht gegeben. Ihr Geschäftsführer habe nach dem Studium ein eigenes Unternehmen mit den Schwerpunkten Betonsanierung und Kanaltiefbau gründen wollen. Deshalb und nicht zur Übernahme der Einzelfirma oder im Hinblick auf drohenden Konkurs sei die GmbH gegründet worden. Das sogenannte organisatorische und technische Wissen habe sie sich wegen der Forderung der Handwerkskammer gezwungenermaßen bereits weit vor Konkursanmeldung der Einzelfirma dadurch verschaffen müssen, daß sie den Inhaber der Einzelfirma mit Anstellungsvertrag vom 30. September 1986 als Betriebsleiter eingestellt habe. Der Konkurs der Einzelfirma sei damals noch nicht absehbar gewesen, sondern habe sich erst Ende Oktober 1986 abgezeichnet. Sie habe keine Aufträge von der Einzelfirma übernommen, sondern selbst Aufträge erhalten und durchgeführt. Sie sei auch nicht anstelle der Einzelfirma in die Arbeitsgemeinschaften Sto und Kreissparkasse eingetreten, sondern dort aufgrund neuer Subunternehmerverträge tätig geworden. Sie habe auch sonstige Großprojekte der Einzelfirma nicht fortgeführt. Zu einer Teilübernahme der Einzelfirma, wie in § 9 des Gesellschaftsvertrages und in der Anmeldung zur Handwerksrolle angegeben, sei es infolge des Konkurses nicht gekommen. Es handele sich insoweit lediglich um Absichtserklärungen. Sie habe die Büroräume, den Lagerplatz und auch die Großgeräte der Einzelfirma nicht übernommen, sondern lediglich Schalungsteile, Kleingerät und ähnliches sei vom Konkursverwalter angemietet. Die von der Einzelfirma in die Arbeitsgemeinschaften eingebrachten Kräne und Schalungsmaterialien seien dort verblieben. Zwischen ihr und der Einzelfirma bestünden keine Verträge irgendwelcher Art.
Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Betriebsübergang nach § 613 a BGB könne nicht festgestellt werden. Es hat ausgeführt, entscheidend sei nicht, daß die Beklagte mit Fachpersonal der Einzelfirma ihren Betrieb aufgenommen und den Inhaber der Einzelfirma als Betriebsleiter eingestellt habe. Die sächlichen Mittel eines Baubetriebs wie Büroräume, Bauhof und Geräte seien in ihrer Bedeutung für den Betrieb nur eingeschränkt zu bewerten. Sie könnten durch Anmietung und Ankauf leicht ersetzt werden. Auch die Bewertung der immateriellen Betriebsmittel wie Marktstellung, Kundenkontakte sowie Auftragsbestand gestalte sich schwierig. Diese hätten zwar einen erheblichen Wert, seien aber nicht dauerhaft. Von einem rechtsgeschäftlichen Übergang dieser immateriellen Betriebsmittel könne nur ausgegangen werden, wenn der neue Betrieb in irgendeiner Form durch Leistung des alten Betriebsinhabers in den Genuß dieser Betriebsmittel gelangt sei. Nicht ausreichend sei es, daß der neue Betrieb unter Teilnahme am Wettbewerb Aufträge aus dem Kundenstamm des Altbetriebes an sich ziehe. Die Beklagte habe weder Großgeräte noch sämtliche Betriebsmittel von der Einzelfirma übernommen, sondern nur einzelne Geräte und Werkzeuge. Auch Aufträge der Einzelfirma habe sie nicht übernommen. Die Subunternehmerverträge mit den Arbeitsgemeinschaften könnten nicht als Übertragung von Betriebsteilen der Einzelfirma gewertet werden. Auch hinsichtlich der Aufträge aus dem ehemaligen Kundenstamm der Einzelfirma ergäben sich keine Anhaltspunkte, daß sich die Beklagte mit Hilfe und Duldung der Einzelfirma am Markt etabliert habe.
II. Die Revision mußte ohne Erfolg bleiben, da die rechtliche und tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts jedenfalls im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung standhält. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht einen Betriebsübergang verneint.
Die Revision rügt erfolglos die fehlerhafte Anwendung des § 613 a BGB mit der Begründung, die Besonderheit des Falles liege darin, daß sich der stufenförmig gestaltete Übergang innerhalb eines einheitlichen Personenkreises, der Familie F, vollzogen habe und der Inhaber der Einzelfirma sowohl bei dieser als auch bei der Beklagten Betriebsleiter gewesen sei. Maßgeblich für einen im regionalen Einzugsbereich arbeitenden handwerklichen Baubetrieb sei das Renommee des Inhabers und seiner leitenden Angestellten. Durch die weitgehende Personenidentität, insbesondere auch hinsichtlich des Namens, und die Kontinuität der Führungskräfte seien technisches know-how und good-will der Einzelfirma auf die Beklagte übertragen worden.
Diese Rüge ist aus folgenden Gründen nicht berechtigt:
1. Das Eingreifen von § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils voraus.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BAG (BAGE 35, 104 = AP Nr. 24 zu § 613 a BGB; BAGE 47, 13 = AP, aaO, Nr. 39; BAGE 48, 345 = AP, aaO, Nr. 41; BAGE 48, 365 = AP, aaO, Nr. 42; Senatsurteil vom 3. Juli 1986 - 2 AZR 68/85 - AP, aaO, Nr. 53, zu B II 4 der Gründe) gehören zu einem Betrieb im Sinne von § 613 a BGB nur die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel. Diese machen einen Betrieb dann aus, wenn der neue Inhaber mit ihnen und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Entscheidend ist, ob der neue Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder Betriebsteil im wesentlichen fortführen kann. Die Übertragung eines Betriebes setzt nicht die Übernahme aller Betriebsmittel voraus.
b) Bei einem Handels- oder Dienstleistungsunternehmen kann die Fortführung von markanten Teilen der alten Firma, das know-how und der good-will, also die Einführung des Unternehmens auf dem Markt und die Fachkenntnisse eingearbeiteter Mitarbeiter in ihrer Bedeutung für die Fortführung des Betriebes, im Vordergrund stehen. Nach außen kann dies deutlich werden durch Eintritt des neuen Inhabers in bestehende Lieferverträge, Übernahme von Aufträgen und der Kundenkartei (BAG Urteil vom 25. Juni 1985 - 3 AZR 254/83 - AP Nr. 23 zu § 7 BetrAVG). Für die Frage, welche Betriebsbestandteile und Betriebsmittel zur Annahme eines funktionstüchtigen Betriebs übergehen müssen, ist auf den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebes abzustellen (Senatsurteile vom 30. Oktober 1986 - 2 AZR 696/85 - AP, aaO, Nr. 58 = EzA Nr. 58 zu § 613 a BGB (Einzelhandelsgeschäft) und vom 26. Februar 1987 - 2 AZR 321/86 - AP, aaO, Nr. 63 (Konditorei-Cafe).
2. Der von § 613 a BGB erfaßte Wechsel der Inhaberschaft beschränkt sich nicht auf ein Rechtsgeschäft mit dem Betriebsveräußerer. Entscheidend ist, daß der neue Betriebsinhaber die Befugnis zur Betriebsführung aus einem oder mehreren Rechtsgeschäften - auch mit Dritten - herleitet, sofern diese Rechtsgeschäfte auf den Übergang eines lebendigen und funktionsfähigen Betriebes gerichtet sind. Auf die Art des Rechtsgeschäftes kommt es nicht an (Senatsurteile vom 3. Juli 1986, aaO, zu B IV 1 der Gründe und vom 14. Oktober 1982 - 2 AZR 811/79 - AP, aaO, Nr. 36; BAGE 48, 376 = AP, aaO, Nr. 43; BAGE 48, 345 = AP, aaO, und BAGE 48, 59 = AP, aaO, Nr. 44). Verwendet der Erwerber die wesentlichen Betriebsmittel des bisherigen Geschäftsinhabers, kann ein Anscheinsbeweis dafür sprechen, daß dies aufgrund eines Rechtsgeschäfts im Sinne von § 613 a BGB geschieht (BAGE 48, 345 = AP, aaO).
3. Das Landesarbeitsgericht hat unter Anwendung dieser Rechtssätze aufgrund des von ihm festgestellten Sachverhaltes in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise einen Betriebsübergang verneint.
a) Als für einen Baubetrieb wesentliche sächliche Bestandteile hat das Berufungsgericht zutreffend Büroräume, Bauhof, Geräte wie LKW, PKW, Kräne, Mannschaftswagen, Schalungsteile und Kleingeräte angesehen.
aa) Bauhof und Büroräume sind unstreitig nicht übernommen worden. Nach den gemäß § 561 Abs. 2 ZPO für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte von der Einzelfirma im Oktober drei PKW erworben und im November vom Konkursverwalter einen Kleintransporter mit Anhänger, Baustelleneinrichtungsgegenstände, Kleingeräte und Schalungsmaterial angemietet. Großgeräte wie Kräne, LKW und Tieflader hat sie nicht übernommen. Hinsichtlich der Kräne ist das Berufungsgericht mangels substantiierten Vortrages des Klägers der Darstellung der Beklagten gefolgt, diese seien in den Arbeitsgemeinschaften verblieben. Die Annahme des Berufungsgerichts bei den übernommenen Betriebsmitteln handele es sich um einzelne, leicht austauschbare Wirtschaftsgüter, deren Übernahme keinen Betriebsübergang darstelle, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte war nicht in der Lage, mit diesen Wirtschaftsgütern allein und zudem an anderer Büro- und Lagerstätte den Betrieb der Einzelfirma in der Stellung, den diese sich am Markt erworben hatte, fortzuführen.
bb) Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die beiden nach der nicht substantiiert bestrittenen Darstellung der Beklagten auf den Baustellen der Arbeitsgemeinschaften Sto und Kreissparkasse verbliebenen Kräne der Einzelfirma nicht von der Beklagten übernommen worden sind. Es hat nicht festgestellt, daß die Beklagte die Möglichkeit hatte, die Kräne im Rahmen der Subunternehmerverträge zu verwenden.
b) Die in diesem Zusammenhang vom Kläger nach §§ 286, 139 ZPO erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den Beweisantrag des Klägers übergangen, den Zeugen H über seine Behauptung zu vernehmen, alle sächlichen Betriebsmittel der Einzelfirma seien auf die Beklagte übergegangen. Soweit es seine Behauptung für nicht substantiiert gehalten habe, erhebe sie die Rüge mangelnder richterlicher Aufklärung.
bb) Bei einer Rüge nach § 139 ZPO muß im Hinblick auf § 554 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO im einzelnen angegeben werden, welche Fragen hätten gestellt werden müssen und was die Partei darauf erwidert hätte (BAG Urteil vom 23. Februar 1962 - 1 AZR 49/61 - AP Nr. 8 zu § 322 ZPO). Der Kläger weist jedoch insoweit nur pauschal auf mangelnde richterliche Aufklärung hin.
cc) Die nach § 286 ZPO erhobene Rüge enthält keinen Hinweis darauf, welchen konkreten Beweisantrag das Berufungsgericht übergangen haben soll. Die Fundstelle des Beweisantrages ist jedoch anzugeben, da es sonst an der hinreichend deutlichen Bezeichnung der den Verfahrensmangel ergebenden Tatsachen fehlt (BAGE 12, 328 = AP Nr. 22 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Im übrigen ist im Schriftsatz vom 23. Januar 1987 der Zeuge H nur dazu benannt, die Beklagte habe das gesamte, auf der Baustelle Feuerwehrhaus M vorhandene Gerät und Material abgeholt. Das ist indessen unstreitig. Soweit der Kläger in dem nach der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsrechtszug eingereichten Schriftsatz vom 19. Oktober 1987 den Zeugen dazu benannt hat, die Beklagte nutze nunmehr die Materialien der Einzelfirma, nämlich Schalungsbretter und Gerätschaften, hat das Berufungsgericht diesen Vortrag schon deshalb zu Recht unberücksichtigt gelassen, weil der Schriftsatz nicht nachgelassen war.
Hinsichtlich der Nutzung der Kräne auf den Baustellen Sto und Kreissparkasse ist ein in den Vorinstanzen gestellter Beweisantrag weder in der Revisionsbegründung angeführt noch aus den Vorakten ersichtlich.
c) Ohne durchgreifenden Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Beklagte auch die einen Baubetrieb in erster Linie ausmachenden immateriellen Betriebsmittel wie Marktstellung, Kundenkontakte und Auftragsbestand nicht übernommen habe.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Beklagte habe aufgrund werbender Tätigkeit im Oktober 1986 und in der Folgezeit eigene Aufträge auch aus dem ehemaligen Kundenkreis der Einzelfirma erhalten, jedoch keinen Auftrag der Einzelfirma übernommen und weitergeführt. Soweit sie die Arbeiten der Einzelfirma in den Arbeitsgemeinschaften faktisch weitergeführt habe, seien ihr diese gerade nicht von der Einzelfirma, sondern von den Arbeitsgemeinschaften übertragen worden. Die Beklagte habe nur die Marktlücke, die durch den Konkurs der Einzelfirma entstanden sei, zur Gewinnung von Aufträgen genutzt. Am 6. Oktober 1986 habe sie in Arbeitsgemeinschaft mit der Firma St GmbH & Co. den Auftrag Neubau-Postpassage erhalten, wobei sie zunächst mit der Einzelfirma einen Subunternehmervertrag geschlossen habe.
d) Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind für den Senat bindend, weil hiergegen kein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
aa) Das Berufungsgericht hat aufgrund des Inhalts der Urkunden (Gesellschaftsvertrag, Antrag an die Handwerkskammer) sowie der festgestellten Indiztatsachen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür gesehen, daß die Beklagte sich mit Duldung und Hilfe der Einzelfirma am Markt etabliert habe. Dem in der Einzelfirma seines Vaters beschäftigt gewesenen Geschäftsführer der Beklagten sei es nicht verwehrt gewesen, bei der Einzelfirma erworbene Kenntnisse für das neu gegründete Unternehmen, das am Wettbewerb habe teilnehmen können, nutzbar zu machen. Das Eindringen der Beklagten in den Kundenstamm der Einzelfirma könne dann nicht als stillschweigende Übertragung der Aktivitäten gewertet werden. Es sei der Beklagten letztlich nicht zu widerlegen, daß sie sich als Neugründung neben der Einzelfirma habe etablieren wollen, eine Teilübernahme beabsichtigt gewesen aber infolge überraschenden Konkurses nicht eingetreten sei. Es könne allenfalls vermutet werden, daß die Beklagte als Auffanggesellschaft für die konkursreife Einzelfirma geplant gewesen sei; konkrete Anhaltspunkte und Beweise lägen dafür nicht vor.
bb) Die hiergegen von der Revision erhobene Rüge der fehlerhaften Beweiswürdigung ist nicht begründet.
Die Würdigung des Inhalts der vorgelegten Urkunden sowie der Indizien ist Aufgabe des Tatrichters. § 286 Abs. 1 ZPO normiert den Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Diese kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob sie rechtlich möglich ist und sich der Tatsachenrichter mit dem Beweisergebnis umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen und Verfahrensregeln auseinandergesetzt hat (Senatsurteil vom 20. März 1958 - 2 AZR 60/55 - AP Nr. 3 zu § 580 ZPO, zu 3 b der Gründe; Urteil vom 30. Mai 1984 - 4 AZR 146/82 - AP Nr. 2 zu § 21 MTL II). Ein Verstoß gegen § 286 ZPO liegt nicht schon dann vor, wenn die vom Tatsachenrichter getroffenen Feststellungen und Schlußfolgerungen nicht zwingend sind.
Die Revision will dagegen aus dem äußeren Geschehensablauf und Umständen wie einheitlicher Personenkreis, Familienunternehmen, Erklärungen in § 9 des Gesellschaftsvertrages und im Antrag an die Handwerkskammer, identische Führungsmannschaft, Renommee des Inhabers und seiner leitenden Mitarbeiter auf eine gleitende Verlagerung der Aufträge aufgrund eines von dem Zeitpunkt der Gründung der Beklagten an von den Hauptbeteiligten gefaßten Entschlusses schließen, eine Auffanggesellschaft zu gründen. Damit will sie im Ergebnis die vertretbare tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts durch ihre eigene, möglicherweise ebenfalls vertretbare aber nicht zwingende Würdigung ersetzen.
Die Würdigung des Berufungsgerichts ist möglich. Es hat sich mit allen erheblichen Umständen befaßt. Widersprüche oder Verstöße gegen Denkgesetze sind im Rahmen seiner Würdigung nicht erkennbar. Insbesondere ist weder festgestellt noch vom Kläger konkret vorgetragen, der Inhaber der Einzelfirma sei der Beklagten bei der Auftragsbeschaffung behilflich gewesen oder die Kunden der Einzelfirma hätten sich bei der Auftragsvergabe gerade von der Person des Inhabers der Einzelfirma leiten lassen. Es stellt jedoch noch keinen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang dar, wenn der Sohn des Inhabers und Geschäftsführer der Beklagten aufgrund seiner bei der Einzelfirma erworbenen Kenntnisse, jedoch ohne deren Unterstützung, in deren Kundenstamm eingedrungen ist.
e) Im Hinblick auf diese Feststellungen ist es unerheblich, ob das Berufungsgericht den Umstand, daß die "Führungsmannschaft" der Einzelfirma nach Konkurseröffnung vollständig bei der Beklagten tätig war, rechtlich unzutreffend gewürdigt hat. Denn hierauf beruht das angefochtene Urteil nicht.
aa) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, der Übergang der Arbeitsverhältnisse sei Rechtsfolge, nicht Tatbestandsvoraussetzung des § 613 a BGB (BAGE 48, 376 = AP, aaO). Der Fünfte Senat ist davon ausgegangen, eine fachlich geschulte Belegschaft könne nicht als durch Rechtsgeschäft übertragbarer Betriebsteil im Sinne von § 613 a BGB angesehen werden, wenn ein Betrieb stillgelegt, ein anderer aufgebaut und lediglich der Aufgabenbereich oder die Funktion des stillgelegten Betriebes verlagert werde (vgl. auch Senatsurteil BAGE 41, 72, 89 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern, zu B II 3 c der Gründe).
bb) Daran ist im Grundsatz festzuhalten. Bedenken könnten jedoch geltend gemacht werden, ob dies so einschränkungslos gelten kann, wie es das Berufungsgericht mit seiner Annahme zum Ausdruck bringt, es sei generell unerheblich, daß die Beklagte mit Fachpersonal der Einzelfirma ihren Betrieb aufgenommen und deren Inhaber als Betriebsleiter eingestellt habe.
Bereits im Urteil vom 25. Juni 1985 (- 3 AZR 254/83 - aaO) hat der Dritte Senat darauf hingewiesen, daß zum "know-how" und "good-will" auch die Einführung des Unternehmens auf dem Markt und die Fachkenntnisse eingearbeiteter Mitarbeiter in ihrer Bedeutung für die Fortführung des alten Betriebes gehören können. Im dortigen Streitfall war ein leitender Angestellter des alten Betriebes von der Erwerberin als Geschäftsführer angestellt worden. Der Dritte Senat hat es u.a. durch diesen Umstand von vornherein als sichergestellt gesehen, daß alle für die Fortführung notwendigen Kenntnisse und Informationen vorhanden waren.
Diesen Gedanken hat Loritz in seiner Urteilsanmerkung (SAE 1986, 186 ff.) aufgegriffen. Er meint, die laufende Arbeitsleistung, die ein Arbeitnehmer beim alten Arbeitgeber erbracht habe, sei untrennbar mit seiner Person, nicht mit den sächlichen Betriebsmitteln verbunden. Davon zu unterscheiden seien aber die Fälle, in denen der bisherige Betriebsinhaber immaterielle Wirtschaftsgüter wie "know-how" oder Kundenbeziehungen auf den Erwerber übertrage, indem einer oder mehrere leitende Angestellte, häufig Mitglieder der Geschäftsführung, zum Erwerber überwechselten, um dort ihre Kenntnisse über das Unternehmen einzubringen. Hier seien solcherart übertragene immaterielle Wirtschaftsgüter durchaus in die Entscheidung, ob ein Betriebsteil übergegangen sei, einzubeziehen. Diese "Betriebsmittel" hingen anders als die Leistungen der Arbeitnehmer im betrieblichen Alltag an der Person und nicht am Betrieb.
cc) Es kann dahingestellt bleiben, ob diesem Vorschlag von Loritz (aaO) zu folgen ist. Vorliegend ist nämlich, wie dargelegt, nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht davon auszugehen, "know-how" und "good-will" seien verkörpert durch die Person des Inhabers - und möglicherweise des Bauleiters B - rechtsgeschäftlich von der Einzelfirma auf die Beklagte übertragen worden. Die Beklagte war bereits einige Wochen vor Konkurseröffnung gegründet worden, und das Berufungsgericht hat - frei von revisiblen Rechtsfehlern - Beweise für die Planung einer Auffanggesellschaft für die konkursreife Einzelfirma vermißt. Der Geschäftsführer der Beklagten ist seit Mai 1986 selbst diplomierter Bauingenieur. Der Name F brauchte, als Name auch des Geschäftsführers, nicht auf die Beklagte übertragen zu werden. Der Inhaber der Einzelfirma war bereits vor Konkurseröffnung als Betriebsleiter bei der Beklagten eingestellt worden. Er hätte demnach einen Teil der immateriellen Betriebsmittel, insbesondere seine Fachkenntnisse und Kundenkontakte, schon an die Beklagte abgegeben haben müssen, als die Einzelfirma selbst noch werbend tätig war. Das Rechtsgeschäft im Sinne von § 613 a BGB müßte überdies im am 30. September 1986 mit dem Inhaber der Einzelfirma abgeschlossenen Anstellungsvertrag zu sehen sein. Das hätte zur Folge, daß good-will und know-how gestuft übergegangen wären, zunächst im zur Betriebsleitung notwendigen Umfang und ein denkbarer verbleibender Rest nach Konkurseröffnung. Die dafür erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen sind jedoch nicht festgestellt. Weiter ist nicht festzustellen, daß die Auftragsvergabe sich auf dem "guten Namen" des zudem geschäftlich gescheiterten Inhabers der Einzelfirma und nicht seines Sohnes gründete.
Ob der Streitfall anders zu beurteilen gewesen wäre, wenn der Sohn nicht ebenfalls "vom Fach" wäre und der Inhaber allein das know-how und good-will auch bei der neugegründeten Firma verkörperte, kann dahinstehen. Von einer solchen Sachlage kann angesichts der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgegangen werden.
III. Die Revision war demgemäß mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Hillebrecht Triebfürst Ascheid
Schulze Nipperdey
Fundstellen
EWiR 1988, 1179-1179 (S1) |
KTS 1989, 148-153 (ST]) |
ZIP 1988, 1272 |
ZIP 1988, 1272-1276 (ST1) |
AP § 613a BGB (ST1), Nr 82 |