Entscheidungsstichwort (Thema)
Sanierungsbedürfnis als betriebsbedingter Grund
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache zu 2 AZR 61/89
Normenkette
KSchG 1969 §§ 1-2; ZPO § 85 Abs. 2, § 233
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 01.12.1988; Aktenzeichen 5 (13) Sa 668/88) |
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 15.04.1988; Aktenzeichen 8 Ca 919/88) |
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. Dezember 1988 – 5 (13) Sa 668/88 – aufgehoben.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. April 1988 – 8 Ca 919/88 – abgeändert.
3. Es wird festgestellt, daß die Änderungskündigung der Beklagten vom 28. Januar 1988 rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 1988 hinaus zu den ursprünglichen Bedingungen fortbesteht.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.
Der am 4. Oktober 1948 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist seit 1966 bei der Beklagten als Baumaschinenvorarbeiter mit einem Stundenlohn von zuletzt 17,93 DM beschäftigt. Neben seinem Lohn erhielt er bisher außertariflich ein Fahrgeld von 8,– DM und eine Teilauslösung von 14,– DM pro Arbeitstag. Arbeitsort des Klägers ist die Werkstatt O., ein unselbständiger stationärer Betriebsteil der Niederlassung der Beklagten in D., für den kein eigener Betriebsrat gewählt und gebildet worden ist.
In der Werkstatt O. werden die Fahrzeuge und Arbeitsgerätschaften, die die Beklagte auf ihren Baustellen verwendet, gewartet und repariert. Anfang 1987 waren dort 104, Ende 1987 noch 83 Arbeitnehmer beschäftigt, von denen 70 die genannten Zulagen erhielten. Mit 54 dieser Beschäftigten erzielte die Beklagte Einigkeit über einen Wegfall der Zulagen zum 30. Juni 1988. Soweit dies – wie bei dem Kläger dieses Verfahrens – nicht gelang, sprach die Beklagte nach Anhörung des für die Hauptniederlassung D. bestehenden Betriebsrates am 28. Januar 1988 fristgemäße Änderungskündigungen zum 30. Juni 1988 aus, mit denen sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ohne die genannten Zulagen erreichen will. Ausgenommen hiervon wurden lediglich sechs Arbeitnehmer mit besonderem Kündigungsschutz. Der Kläger hat die Änderungskündigung vor dem 17. Februar 1988 unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung gegenüber der Beklagten angenommen.
Die Beklagte begründet die Streichung der Zulagen mit der schlechten Konjunktur im Bausektor, die im Bereich der Niederlassung D. zu erheblichem Umsatzrückgang (1986: – 3,2 %; 1987: – 8,7 %) und Verlusten in Millionenhöhe geführt habe. Eine dadurch veranlaßte Überprüfung der Kosten habe ergeben, daß die Werkstatt O. unrentabel arbeite. Die im Werkstattbereich verursachten Kosten lägen über den am Markt erzielbaren Preisen.
Für die in der Werkstatt erbrachten Arbeiten gebe es interne Verrechnungssätze, die auf langjährigen Erfahrungen beruhten und in die Kalkulation einflössen. Der so errechnete Stundensatz betrage zur Zeit 56,– DM. Bei „externer Vergabe” betrügen die Preise für entsprechende Leistungen zwischen 42,– und 44,– DM pro Arbeitsstunde. Für Elektroarbeiten seien ihr, der Beklagten, teilweise nur 40,– DM in Rechnung gestellt worden.
Bei der Angebotskalkulation müßten die auf das jeweilige Projekt entfallenden Werkstattleistungen mit den internen Verrechnungssätzen in Ansatz gebracht werden. Wegen des konjunkturell bedingt hohen Konkurrenzdruckes seien diese Preise über den Markt nicht hereinzuholen. Die mit ihr konkurrierenden Unternehmen legten ihren Angeboten niedrigere Verrechnungssätze zugrunde.
Im Bereich der Werkstatt seien aufgrund der bisherigen Kostenbelastungen Unterdeckungen von
0,336 Mio. DM im Jahre 1985 und
1,412 Mio. DM im Jahre 1986
entstanden. Die genaue Höhe der Verluste für 1987 sei bei Ausspruch der Kündigung noch nicht errechnet gewesen. Später habe sich für diesen Betriebsteil (Werkstatt) ein Betrag von 0,279 Mio. DM ergeben, obwohl durch Personalabbau 1987 eine Kostenentlastung um 0,9 Mio. DM erreicht worden sei. Bei Ausspruch der Änderungskündigung sei für 1988 mit einer Unterdeckung von ca. 0,5 Mio. DM zu rechnen gewesen. Dabei seien die eingeleiteten Sparmaßnahmen bereits berücksichtigt worden, nämlich:
1) |
0,14 |
Mio. DM |
durch Abbau weiterer drei Stellen; |
|
0,02 |
Mio. DM |
durch Umorganisation der Dispositionsstelle; |
2) |
0,08 |
Mio. DM |
durch Reduzierung des Wagenparks und |
3) |
0,075 |
Mio. DM |
durch Streichung der Zulagen, die auch Gegenstand dieses Verfahrens sind, im zweiten Halbjahr 1988 (Ersparnis insoweit insgesamt: 0,150 Mio. DM). |
Die für die Werkstatt aufzubringenden Personalkosten sollten auf diese Weise von 4,515 Mio. DM im Jahre 1986 über 3,911 Mio. DM im Jahre 1987 auf ca. 3,5 Mio. DM im Jahre 1988 gesenkt werden.
Der Kläger hat das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse für die Änderung der Arbeitsbedingungen, insbesondere die von der Beklagten behauptete kostenmäßige Unterdeckung der Werkstatt bestritten. Es sei nicht nachvollziehbar, inwieweit gerade der mit der Änderungskündigung erstrebte Fortfall der Zulagen eine nicht zu vermeidende Sparmaßnahme darstelle. Die Beklagte möge die ordnungsgemäße Anhörung des bei ihr bestehenden Betriebsrats darlegen.
Er hat beantragt
festzustellen, daß die Änderungskündigung vom 28. Januar 1988 zum 30. Juni 1988 sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis zu den ursprünglichen Bedingungen über den 30. Juni 1988 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hält die Änderungskündigung für wirksam. Das Bundesarbeitsgericht habe den sich aus einer Vergabe bestimmter Arbeiten an Drittfirmen ergebenden Arbeitskräfteüberhang ausdrücklich als dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung anerkannt. Daher müßten auch die zur Vermeidung einer solchen Auslagerung unerläßlichen Änderungskündigungen sozial gerechtfertigt sein, die für sie die einzige Möglichkeit seien, Arbeitsplätze zu erhalten und so ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden. Da sie bei Versagung der Kürzungsmöglichkeiten zu einer Fremdvergabe der Arbeiten gezwungen wäre, wäre dann die Existenz der Arbeitsplätze unmittelbar gefährdet.
Der Betriebsrat sei mit Schreiben vom 18. Januar 1988 unterrichtet worden. Unabhängig davon sei er verschiedentlich, u.a. in einer Betriebsversammlung am 25. September 1987, sehr ausführlich über die betriebliche Situation und die unumgänglichen Einsparungen informiert worden.
Im Jahre 1987 habe sie auch im Hauptbetrieb Verluste hinnehmen müssen. Die Gesamtsituation der Hauptniederlassung D. könne jedoch allenfalls im Rahmen einer Interessenabwägung berücksichtigt werden, die bei einer betriebsbedingten Kündigung nur in Ausnahmesituationen erforderlich sei, die vorliegend nicht gegeben seien.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Kürzung der Zulagen sei unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gerechtfertigt. Die weit überwiegende Zahl der Beschäftigten habe sich mit der Maßnahme einverstanden erklärt. Auch im Interesse der Erhaltung des Betriebsfriedens stelle nunmehr die Beseitigung der Ungleichbehandlung ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderungskündigung dar.
Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und insbesondere geltend gemacht, die Kündigung könne nicht auf die wirtschaftliche Situation des Gesamtbetriebes gestützt werden, weil der Betriebsrat darüber nicht informiert worden sei.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Gegen das ihm am 28. Dezember 1988 zugestellte Berufungsurteil hat der Kläger am 1. Februar 1989 Revision eingelegt, mit der er seinen ursprünglichen Klageantrag weiterverfolgt. Gleichzeitig hat er wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Glaubhaftmachung seines Vortrages hat er eine eidesstattliche Versicherung der Sekretärin seines Anwaltes vorgelegt.
Die Beklagte beantragt, den Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen und die Revision zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision ist zulässig. Dem Kläger ist auf seinen form- und fristgerechten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision zu gewähren.
I. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn die Partei eine Notfrist ohne ihr Verschulden nicht eingehalten hat. Die Frist zur Einlegung der Revision ist, auch wenn im ArbGG ein ausdrücklicher Hinweis fehlt, eine Notfrist im Sinne dieser Vorschrift (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 552 ZPO). Das Verschulden des Bevollmächtigten steht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO demjenigen der Partei gleich. Wechselt zwischen zwei Instanzen der Prozeßbevollmächtigte, dann sind für die Einhaltung der Rechtsmittelfrist beide Prozeßbevollmächtigte im Rahmen ihres jeweiligen Mandats verantwortlich (BGH Beschluß vom 7. November 1979 – IV ZB 144/79 – VersR 1980, 193).
II. Ein Verschulden des jetzigen Prozeßbevollmächtigten des Klägers an der Versäumung der Revisionsfrist scheidet bereits deshalb aus, weil er das Mandat erst nach Ablauf der versäumten Frist übernommen hat.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 47, 320, 322 = NJW 1967, 1567, 1568; BGHZ 50, 82, 83 = NJW 1968, 1330; BGH Beschluß vom 17. Mai 1982 – VII ZB 25/81 – VersR 1982, 950; Beschluß vom 12. Juni 1985 – IV a ZB 6/85 – VersR 1985, 962) wird ein Rechtsanwalt nicht bereits durch den Zugang eines bestimmten Auftrags nebst Prozeßvollmacht in seiner Kanzlei Vertreter im Sinne von § 85 Abs. 2 ZPO (früher: § 232 Abs. 2 ZPO), sondern erst wenn er den Auftrag angenommen hat. Diese Annahme kann durch schlüssiges Verhalten (z.B. Fertigung der Rechtsmittelschrift) zum Ausdruck gebracht werden, setzt aber die Kenntnisnahme des Anwalts von der Auftragserteilung voraus.
Der bloße Zugang gemäß § 130 BGB genügt nicht, weil der Anwalt das Recht und gegebenenfalls sogar die Pflicht hat (§ 45 BRAO), das ihm angetragene Mandat abzulehnen (BGHZ 47, 320, 322 = NJW, a.a.O.). Auch die allgemeine Anweisung an das Büropersonal, eingehende Rechtsmittelaufträge büromäßig sofort zu erledigen, ist keine schlüssige Auftragsannahme im Einzelfall (BGH Beschluß vom 17. Mai 1982, a.a.O.).
2. Der derzeitige Prozeßbevollmächtigte des Klägers ist erst nach Ablauf der Revisionsfrist, nämlich am 31. Januar 1989 bevollmächtigt worden. Vor Übernahme des Mandats trafen ihn keinerlei Sorgfaltspflichten zur Wahrung der Revisionsfrist. Da es für die Frage der schuldhaften Pflichtverletzung auf den Zeitpunkt ankommt, in welchem die Pflicht zu erfüllen war, kann die nachträgliche Annahme des Mandats am 31. Januar 1989 ein Verschulden am Ablauf der Revisionsfrist nicht begründen.
III. Die zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers trifft ebenfalls kein Verschulden an der Versäumung der Revisionsfrist.
1. Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zu der Frage, welche Sorgfaltspflichten einen Prozeßbevollmächtigten treffen, der einen (anderen) Rechtsanwalt mit der Einlegung eines Rechtsmittels beauftragt, liegen nicht vor.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 50, 82, 84 = NJW, a.a.O.; Urteil vom 7. Februar 1975 – V ZR 99/73 – NJW 1975, 1125, 1126; Beschluß vom 9. Dezember 1975 – VI ZB 19/75 – VersR 1976, 442, 443; Beschluß vom 30. November 1978 – III ZR 139/78 – VersR 1979, 190; Beschluß vom 17. Mai 1982 – VII ZB 25/81 – VersR 1982, 950; Beschluß vom 8. Juni 1982 – VI ZB 3/82 – VersR 1982, 1192; Beschluß vom 21. Oktober 1982 – VII ZB 12/82 – VersR 1983, 81; Beschluß vom 30. November 1983 – IV b ZB 110/83 – VersR 1984, 166, 167; Beschluß vom 7. Juni 1984 – I ZB 3/84 – VersR 1984, 788, 789; Beschluß vom 4. Dezember 1986 – I ZB 7/86 – VersR 1987, 589) muß der beauftragende Prozeßbevollmächtigte grundsätzlich in geeigneter Weise überwachen, ob der Auftrag eingegangen und zur Ausführung angenommen ist. Die früher vom Achten Senat des BGH vertretene Ansicht, der Auftraggeber müsse – unabhängig vom Ablauf der Rechtsmittelfrist – nur dann nachfragen, wenn die Bestätigung des Rechtsmittelauftrags nach der üblichen Zeit nicht vorliege (Urteil vom 19. April 1967 – VIII ZR 46/65 – NJW 1967, 1567, 1568 = VersR 1967, 753, insoweit in BGHZ 47, 320 nicht abgedruckt), hat dieser Senat in seinem Beschluß vom 22. März 1972 (– VIII ZB 10/72 – NJW 1972, 1047 = VersR 1972, 645) ausdrücklich aufgegeben.
3. Die vom Bundesgerichtshof vertretene Auffassung führt in ähnlich gelagerten Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen:
Wird der Rechtsmittelauftrag von dem beauftragten Rechtsanwalt vor Ablauf der Rechtsmittelfrist angenommen und dann aufgrund eines Kanzleiversehens nicht rechtzeitig ausgeführt, so ist – auch nach Ansicht des BGH (Urteil vom 7. Februar 1975 – V ZR 99/73 – NJW 1975, 1125, 1126) – der Auftraggeber entlastet. Sein in dem Verzicht auf eine Überwachung des Auftragseingangs liegendes Verschulden ist nach den Grundsätzen der überholenden Kausalität unbeachtlich. Das gilt nach dem zitierten Beschluß des Bundesgerichtshofs selbst dann, wenn durch eine rechtzeitige Nachfrage das Versehen in der Kanzlei des beauftragten Rechtsanwalts aufgedeckt worden und das Rechtsmittel fristgemäß eingelegt worden wäre.
Wird dagegen dem beauftragten Rechtsanwalt aufgrund eines gleichartigen Kanzleiversehens der Rechtsmittelauftrag gar nicht erst vorgelegt, bleibt es beim Verschulden des vorinstanzlichen Bevollmächtigten. Weil mit dem beauftragten Rechtsanwalt kein Mandatsverhältnis entsteht (vgl. oben zu A 2), kommt kein Verschulden seinerseits in Betracht.
4. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser generellen Differenzierung zu folgen ist, weil vorliegend folgende Gründe eine fallbezogene Würdigung ermöglichen, die im Einklang mit der weiteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht.
a) Wie der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen betont hat, besteht eine Überwachungspflicht des beauftragenden Prozeßbevollmächtigten nicht generell, sondern nur in besonders gelagerten Einzelfällen (Beschluß vom 22. März 1972 – VIII ZB 10/72 – NJW 1972, 1047; Beschluß vom 9. Oktober 1978 – VIII ZB 19/78 – VersR 1978, 1162; Beschluß vom 7. Februar 1979 – VIII ZB 40/78 – VersR 1979, 444).
b) Solche besonderen Umstände, die eine Nachfrage geboten hätten, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Wie gerichtsbekannt ist, wird der derzeitige Prozeßbevollmächtigte des Klägers von der in der zweiten Instanz vertretenden Gewerkschaft im Rahmen des von ihr zu gewährenden Rechtsschutzes regelmäßig mit der Durchführung arbeitsrechtlicher Revisionsverfahren beauftragt. Dieses dauernde Bevollmächtigungsverhältnis und der deutliche und zutreffende Hinweis auf den Fristablauf in dem Auftragsschreiben machen vorliegend eine weitere Nachfrage verzichtbar. Die Übernahme des Mandats war nicht ernsthaft ungewiß. Eine Nachfrage hätte faktisch nur der Vermeidung von Kanzleiversehen im Bereich des derzeitigen Prozeßbevollmächtigten gedient. Diese Verpflichtung trifft den beauftragenden Prozeßbevollmächtigten aber selbst nach der strengen Rechtsprechung des BGH nicht (Beschluß vom 7. Februar 1975, a.a.O.).
B.I. Die damit zulässige Revision ist auch begründet. Die streitige Änderungskündigung ist sozial nicht gerechtfertigt und deswegen der Klage unter Aufhebung und Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen stattzugeben.
Das Landesarbeitsgericht hat das angefochtene Urteil im wesentlichen wie folgt begründet:
1. Die Klage könne nicht mit der vom Arbeitsgericht gegebenen Begründung abgewiesen werden. Das Recht zur gerichtlichen Überprüfung einer Änderungskündigung könne dem Arbeitnehmer nicht durch die Hintertür dadurch genommen werden, daß man das Unterlassen der Lohnkürzung bei den Arbeitnehmern, die nicht mit einer Vertragsänderung einverstanden waren, zu einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz mache oder allein die Anpassung der unveränderten Arbeitsbedingungen an die der übrigen Arbeitnehmer als dringendes betriebliches Erfordernis anerkenne.
2. Die angestrebte Kürzung sei jedoch aufgrund der betrieblichen Situation der Beklagten sozial gerechtfertigt.
a) Die Werkstatt O. arbeite unrentabel. Die Beklagte habe substantiiert dargelegt, daß die Werkstatt monatliche Kosten von ca. 251.592,– DM verursache. Sie müsse daher, um kostendeckend zu arbeiten, einen Verrechnungssatz von 56,– DM pro Arbeitsstunde in die Kalkulation einfließen lassen. Unter Berücksichtigung dieses Betrages – ein höherer Kostendeckungsbetrag sei über den Baumarkt nicht zu erzielen – hätten sich negative Betriebsergebnisse ergeben. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung sei trotz der bisher bereits eingeleiteten Sparmaßnahmen für 1988 mit einer Unterdeckung von 0,5 Mio. DM zu rechnen gewesen. Diese betriebliche Situation habe Sparmaßnahmen erforderlich gemacht, zu denen auch die Kürzung übertariflicher Zulagen gehöre. Der prognostizierte Spareffekt von 150.000,– DM jährlich sei Teil des zur Sanierung erforderlichen Gesamtkonzepts der Beklagten.
b) Falls nicht allein auf die Unrentabilität der Werkstatt O. abzustellen sei, weil es sich hierbei (unstreitig) um einen unselbständigen Betriebsteil handele, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Die betriebliche Situation der Niederlassung D. sei gleichermaßen ungünstig. Bei Kündigungsausspruch sei im Hinblick auf den stetigen Umsatzrückgang mit Verlusten in Millionenhöhe zu rechnen gewesen. Daher seien Sparmaßnahmen erforderlich gewesen.
c) Das von der Beklagten vorgetragene Zahlenmaterial sei gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehen, da der Kläger dem im Laufe des Rechtsstreits ständig ergänzten eingehenden Vorbringen nicht entgegengetreten sei.
d) Den Abbau der übertariflichen Leistungen müsse der Kläger billigerweise hinnehmen. Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Beklagte die notwendigen Kürzungen aufgrund der Verhandlungen mit dem Betriebsrat bereits um ein halbes Jahr hinausgezögert habe. Ein schrittweiser Abbau sei daher nicht mehr zu erwarten gewesen.
3. Auch die Anhörung des Betriebsrates sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe, nachdem der Kläger die Betriebsratsanhörungen in seiner Klageschrift bestritten hatte, bereits im Schriftsatz vom 18. März 1988 behauptet, der Betriebsrat sei verschiedentlich sehr ausführlich über die gesamte Sachlage unterrichtet worden. Der Kläger habe hierzu nichts vorgetragen. Soweit er daher in der Berufungsinstanz rüge, das Vorbringen der Beklagten zu der wirtschaftlichen Lage des Gesamtbetriebes dürfe nicht berücksichtigt werden, da der Betriebsrat hierzu nicht gehört worden sei, sei dieses Vorbringen als verspätet zurückzuweisen (§ 67 Abs. 2 ArbGG).
II. Dieser Würdigung kann im Ergebnis und in der tragenden Begründung nicht gefolgt werden.
1. Das gilt zunächst für die Hauptbegründung des Landesarbeitsgerichts, ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Änderungskündigung ergebe sich bereits aus der Unrentabilität der Werkstatt O., einem unselbständigen Betriebsteil der Niederlassung D. der Beklagten.
a) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Werkstatt O sei ein unselbständiger Betriebsteil, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Ein Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern durch Einsatz technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (ständige Rechtsprechung: BAG Beschluß vom 17. Februar 1981 – 1 ABR 101/78 – AP Nr. 9 zu § 111 BetrVG 1972, zu II 2 b der Gründe; Urteil vom 5. November 1987 – 2 AZR 190/87 – n.v., zu B I der Gründe; ebenso: KR-Becker, 3. Aufl., § 1 KSchG Rz 80; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 1 Rz 31; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 1 Rz 58).
bb) Demgegenüber ist ein Betriebsteil eine zwar abgrenzbare, von ihrer Organisation her aber nicht unabhängig von anderen funktionsfähige Einheit, die eine begrenzte, von denjenigen anderer Einheiten unterscheidbare Aufgabe wahrnimmt, welche in aller Regel dem arbeitstechnischen Zweck des Gesamtbetriebes dient (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 1989 – 2 AZR 405/88 – n.v., zu II 3 b der Gründe; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, a.a.O., § 4 Rz 5; Dietz/Richardi, a.a.O., § 4 Rz 11).
cc) Wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen Betrieb und Betriebsteil ist die organisatorische Selbständigkeit (vgl. Dietz/Richardi, a.a.O., § 4 Rz 12), nicht die am Betriebszweck orientierte Teilfunktion. Denn das zuletzt genannte Merkmal ist auch bei Nebenbetrieben erfüllt, die organisatorisch selbständig sind und daher alle Merkmale des Betriebsbegriffs erfüllen.
dd) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Bewertung der Werkstatt O. als ein unselbständiger Betriebsteil, beruht auf dem unbestrittenen, allerdings nicht näher substantiierten Vortrag der Beklagten, den der Kläger insoweit übernommen hat. Eine nähere Sachverhaltsschilderung war vorliegend nicht erforderlich, weil die Beklagte sich insoweit auf einen Rechtsbegriff bezogen hat, dem der Kläger dieselbe Bedeutung eingeräumt hat wie die Beklagte. Eine übereinstimmende Verwendung eines Rechtsbegriffs durch die Parteien bindet das Gericht hinsichtlich des in dem Rechtsbegriff enthaltenen Tatsachenvortrags (Zöller/Stephan, ZPO, 15. Aufl., § 288 Rz 2) dann, wenn nach dem Bildungsgrad der Mittelsperson und der Einfachheit und Geläufigkeit des Begriffs dessen Verwendung einem ausreichenden Tatsachenvortrag gleichsteht (Senatsurteil vom 20. Mai 1988 – 2 AZR 682/87 – EzA § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung Nr. 3, zu C I 2 b der Gründe).
Das setzt allerdings voraus, daß von der richtigen Verwendung des Begriffs durch beide Parteien auszugehen ist.
Im vorliegenden Fall spricht die Verwendung der Begriffsverbindung „unselbständiger Betriebsteil” durch die Parteien dafür, daß sie die organisatorische Selbständigkeit als wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen Betrieb und Betriebsteil erkannt und die Begriffe entsprechend verwendet haben. Die Beklagte hat zudem auch nur den für den Bereich der Hauptniederlassung gebildeten Betriebsrat zur Kündigung des Klägers angehört. Ihr Vortrag gibt auch keinen Anlaß zur Prüfung, ob der „Werkplatz O.” etwa nach § 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG als selbständiger Betrieb gelten könnte.
2. Das Landesarbeitsgericht hat aber rechtsfehlerhaft bei der Prüfung, ob ein dringendes betriebliches Erfordernis für die streitgegenständliche Änderungskündigung besteht, in der Hauptbegründung allein auf die wirtschaftliche Situation des unselbständigen Betriebsteils Werkstatt O. abgestellt.
a) Die Möglichkeit einer solchen Beschränkung der Beurteilungsgrundlage für das dringende betriebliche Erfordernis zur betriebsbedingten Kündigung ist bisher im Schrifttum und in der Rechtsprechung nicht eingehend erörtert worden. Der nicht näher begründeten Auffassung des Berufungsgerichts stehen aber durchgreifende systematische Bedenken entgegen.
aa) § 1 Abs. 2 KSchG bietet hierfür keine Grundlage. Schon dessen Wortlaut, eine Kündigung sei unter anderem dann sozial ungerechtfertigt ist, wenn sie nicht durch „… dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist” spricht deutlich dafür, daß nach der Systematik des KSchG zur Ermittlung kündigungsrechtlich erheblicher Umstände auf den Gesamtbetrieb und jedenfalls nicht auf unselbständige Betriebsteile abzustellen ist. Es werden „betriebliche Erfordernisse” vorausgesetzt, die einer Weiterbeschäftigung in „diesem Betrieb”, also demjenigen, in dem das betriebliche Erfordernis vorliegen muß, entgegenstehen.
bb) Literatur und Rechtsprechung gehen dementsprechend entweder ausdrücklich von der Maßgeblichkeit der Verhältnisse im Betrieb des gekündigten Arbeitnehmers aus (Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 1 Rz 172; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 1 Rz 102; MünchKomm-Schwerdtner, BGB, 2. Aufl., Vor § 620 Rz 511) oder setzen diesen Maßstab stillschweigend als vorgegeben voraus (KR-Becker, a.a.O., § 1 KSchG Rz 290 ff.).
cc) Bei der Bestimmung des Inhalts der Weiterbeschäftigungspflicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz hat der Senat zum KSchG 1951 mehrfach betont, das KSchG sei betriebsbezogen, die unternehmensweite Versetzungspflicht eine vom Gesetzgeber vorgesehene Ausnahme (BAGE 41, 72, 85 f. = AP Nr. 1 zu § 1 KSohG 1969 Konzern, zu B II 1 der Gründe; BAGE 46, 191, 201 = AP Nr. 21 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu C III der Gründe).
Vor der Neufassung des Gesetzes ist die Rechtsprechung im Regelfall von einer auf den Betrieb begrenzten Umsetzungspflicht ausgegangen (BAGE 3, 155, 157 = AP Nr. 18 zu § 1 KSchG; BAGE 20, 345, 352 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG Krankheit).
dd) Von Bedeutung ist die Frage des kündigungsrechtlich erheblichen „Betriebsbereiches” darüber hinaus auch im Zusammenhang bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG. Insoweit vertritt nur eine vom Senat bereits abgelehnte Mindermeinung (LAG Frankfurt am Main Urteile vom 15. Oktober bzw. 13. November 1957, AP Nr. 45 und 46 zu § 1 KSchG) die Auffassung, die Sozialauswahl sei auf den von der Kündigung betroffenen Betriebsteil bzw. auf Arbeitnehmer, die in „Nachbarschaft zueinander” eingesetzt waren, zu beschränken. Die ganz herrschende Meinung lehnt diese Beschränkung mangels gesetzlicher Grundlage jedoch zutreffend ab (Senatsurteil vom 22. Mai 1986 – 2 AZR 612/85 – AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Konzern, zu B I 5 b, bb der Gründe; Senatsurteil vom 26. Februar 1987 – 2 AZR 177/86 – AP Nr. 15 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B III 1 der Gründe; KR-Becker, a.a.O., § 1 KSchG Rz 345; Weller, AuR 1986, 225, 230; Herschel/Löwisch, a.a.O., § 1 Rz 215; B. Preis, DB 1984, 2244; Färber, NZA 1985, 175; Jobs, DB 1986, 538; Weng, DB 1978, 884, 885).
ee) Auch die Verpflichtung des Arbeitgebers, zur Überbrückung von Ausfallzeiten bestimmter Arbeitnehmer Aushilfen bzw. Vertretungen durch betriebsinterne Ausschreibungen zu ermitteln, ist nicht auf den Betrieb begrenzt, in dem der Arbeitnehmer zuletzt beschäftigt worden ist (BAG Urteil vom 20. Mai 1988 – 2 AZR 682/87 – EzA § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung Nr. 3).
ff) Aus der Regelung des § 15 Abs. 5 KSchG ergeben sich keine Argumente für die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung. Nach dieser Vorschrift ist ausnahmsweise auch die ordentliche Kündigung eines nach § 15 Abs. 1 KSchG geschützten Amtsträgers zulässig, wenn sie deswegen ausgesprochen wird, weil eine „Betriebsabteilung” stillgelegt wird, in der der Amtsträger beschäftigt war und eine „Übernahme” in eine andere Betriebsabteilung nicht möglich ist. Auch eine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG setzt einen organisatorisch abgegrenzten Teil eines Betriebes voraus, eine personelle Einheit, der eigene Betriebsmittel zur Verfügung stehen und die einen eigenen Betriebszweck verfolgt, der auch in einem bloßen Hilfszweck gestehen kann (BAGE 45, 26 = AP Nr. 16 zu § 15 KSchG 1969; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 15 Rz 54; KR-Etzel, 3. Aufl., § 15 KSchG Rz 121). Das legt es an sich nahe, den Tatbestand des § 15 Abs. 5 KSchG auf die Stillegung einer selbständigen Betriebsabteilung im Sinne des § 4 BetrVG zu beschränken (vgl. Dietz/Richardi, a.a.O., Anhang § 103 Rz 22, die auch für § 15 Abs. 4 und 5 KSchG auf die Stillegung der „Organisation” abstellen, die „nach ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Abgrenzung” einen Betrieb darstellt). Wäre dieser Maßstab anzulegen, dann kommt aufgrund fallbezogener Würdigung die Werkstatt O auch wegen fehlender organisatorischer Einheit nicht als Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG in Betracht.
Wäre hingegen insoweit nur eine „relativ verselbständigte Einheit” erforderlich (so ebenfalls Dietz/Richardi, a.a.O.) und deswegen unter Betriebsabteilung auch eine unselbständige Betriebsabteilung ohne eigenen Betriebsrat zu verstehen (so ausdrücklich Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, a.a.O., § 103 Rz 16, die zugleich die Notwendigkeit eines organisatorisch abgegrenzten Betriebsteils betonen), dann hätte § 15 Abs. 5 KSchG auch insoweit Ausnahmecharakter (vgl. dazu BAGE 37, 128 = AP Nr. 11 zu § 15 KSchG 1969), als bei diesem Verständnis der Gesetzgeber ausnahmsweise auch den Verhältnissen in einem unselbständigen Betriebsteil kündigungsrechtliche Bedeutung zuerkannt hat. Das rechtfertigte dann aber den Umkehrschluß, daß im übrigen nur die Verhältnisse im Betriebsbereich kündigungsrechtlich bedeutsam sind. Auch der Begriff der Betriebsabteilung bezieht sich im übrigen auf „den Betrieb” und nicht auf (unselbständige) Betriebsteile (BAGE 45, 26 = AP, a.a.O.).
b) Die Bedenken, die dagegen sprechen, das Sanierungsbedürfnis eines Betriebes aufgrund der „Ertragslage” bzw. der „Rentabilität” eines unselbständigen Betriebsteils zu bestimmen, sind nicht nur formal juristischer Natur. Sie werden vielmehr durch betriebswirtschaftliche Gründe ergänzt und bestätigt;
aa) Rentabilität bezeichnet das Verhältnis von durchschnittlichem Gewinn einer Investition je Zeltabschnitt zum durchschnittlichen Kapitaleinsatz während der Projektlaufzeit (Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, Bd. 2, München 1987, Stichwort: Rentabilitätsrechnung; Dr. Gablers Wirtschafts-Lexikon, Bd. 2, 9. Aufl. 1976, Stichwort: Rentabilität). Der Begriff Gewinn wiederum bezeichnet die positive Differenz zwischen Ertrag und Aufwand einer Abrechnungsperiode (Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, a.a.O., Stichwort: Gewinn). Aufschlußreich wird diese Berechnung erst, wenn sie sich auf das Ergebnis einer bestimmten Wirtschaftseinheit bezieht, die sich am Geschäftsleben beteiligt. Wesensmerkmal eines unselbständigen Betriebsteils ist es hingegen, nicht selbständig am Markt aufzutreten.
bb) Hinter dieser begrifflichen Problematik verbergen sich praktisch bedeutsame Unterschiede.
Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 20. März 1986 – 2 AZR 294/85 – AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969, zu B IV 3 a der Gründe) rechtfertigt nicht jede Unrentabilität des Betriebes eine Änderungskündigung zum Zwecke der Lohnsenkung. Es muß hinzukommen, daß durch die mit der Änderungskündigung angestrebte Kostensenkung die Stillegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und soll. Eine solche, das dringende betriebliche Erfordernis darstellende Existenzgefahr geht von der Unrentabilität eines Betriebsteils aber nicht zwangsläufig aus. Entscheidend für den Fortbestand eines Betriebes ist stets dessen Gesamtergebnis. Dabei dürfte eine gleichmäßige Kostenverteilung auf alle Betriebsabteilungen in dem Sinne, daß die Arbeitsstunde in jeder Abteilung die gleichen Kosten verursacht, eher die Ausnahme sein. Die unterschiedliche Bezahlung verschiedener Arbeitnehmer je nach Aufgabe und Qualifikation und der unterschiedliche Einsatz technischer Mittel in verschiedenen Bereichen haben zur Folge, daß die Kostenstruktur regelmäßig sehr unterschiedlich ist. Ein betriebliches Erfordernis für eine gleichmäßige Kostenstruktur ist jedenfalls nicht ersichtlich.
cc) Es besteht auch kein zwangsläufiger Zusammenhang zwischen höheren Kosten der Arbeitsstunde in einer bestimmten Betriebsabteilung und der Kalkulation für die Angebote im Bereich des gesamten Betriebes.
Diese Kostenanteile müssen zwar in die jeweiligen Angebotspreise eingehen, weil die Gesamtkosten plus Gewinn am Markt zu erwirtschaften sind. Über Ablehnung oder Annahme eines Angebots entscheiden aber nicht Einzelposten, sondern der Gesamtpreis. Überdurchschnittliche Kosten einer Abteilung können durch besonders günstige Ergebnisse in anderen Bereichen ausgeglichen werden.
dd) Auch das Argument der Beklagten, es müsse ihr möglich sein, ihre Kosten für bestimmte Arbeiten auf das Marktniveau zu senken, also auf den Betrag, der für entsprechende Dienstleistungen bei der Drittvergabe in Rechnung gestellt würde, rechtfertigt es weder bei juristischer noch bei wirtschaftlicher Betrachtung, ein betriebliches Erfordernis zur Änderungskündigung, unabhängig von der Ertragslage des Betriebes aus einer besonderen Kostenbelastung in einer unselbständigen Betriebsabteilung herzuleiten.
c) Diese Würdigung widerspricht nicht der im Senatsurteil vom 20. März 1986 (– 2 AZR 294/85 – AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969) vertretenen Auffassung. In dem dort entschiedenen Fall ging es zwar auch um Verluste, die in einer Betriebsabteilung, nämlich im Bereich des Fahrzeugsverkaufs entstanden waren. Der Senat hat aber nicht das für diesen Teilbereich ermittelte Teilergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung für erheblich erachtet, sondern dessen Auswirkung auf die wirtschaftliche Gesamtlage des Betriebes. Das ergibt sich eindeutig aus den Hinweisen auf die „Unrentabilität des Betriebes” und der beabsichtigten Abwendung der Stillegung „des Betriebes”.
Zwar kann auch ein schlechtes Betriebsergebnis einer unselbständigen Betriebsabteilung zur Unrentabilität des Betriebes führen und seine Sanierung zu einem dringenden betrieblichen Erfordernis für bestimmte Änderungen der Arbeitsbedingungen werden. Darum geht es aber bei der Hauptbegründung des Landesarbeitsgerichts und der ursprünglichen Begründung der Kündigung durch die Beklagte nicht, die die Erörterung des Sanierungsbedürfnisses zu Unrecht ausschließlich auf den Werkstattbereich in O. beschränken.
2. Mit der Hilfsbegründung kann das angefochtene Urteil deswegen nicht bestätigt werden, weil es an einem hinreichend substantiierten Vortrag der Beklagten fehlt, aus dem sich entnehmen läßt, daß die Beklagte den Betriebsrat im Rahmen des § 102 BetrVG auch zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und der Sanierungsbedürftigkeit im Bereich der Hauptniederlassung D. angehört hat.
a) Bei einer Änderungskündigung muß der Arbeitgeber dem Betriebsrat sowohl die Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen als auch das Änderungsangebot mitteilen (BAGE 38, 106, 117 = AP Nr. 2 zu § 2 KSchG 1969; Senatsurteil vom 20. März 1986 – 2 AZR 294/85 – AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969, zu B II der Gründe; vgl. von Hoyningen-Huene, SAE 1983, 108, 110; KR-Rost, 3. Aufl., § 2 KSchG Rz 115; KR-Etzel, 3. Aufl., § 102 BetrVG Rz 65; Meisel, Anm. zu AP Nr. 2 zu § 2 KSchG 1969, zu I b).
b) Die Mitteilung der Kündigungsgründe ist insofern „subjektiv determiniert”, als der Arbeitgeber nur die Umstände mitteilen muß, auf denen sein Kündigungsentschluß beruht. Ob die mitgeteilten Tatsachen die Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen oder nicht, ist im Rahmen des § 102 BetrVG ohne Bedeutung (BAGE 31, 1, 7 f.; BAGE 34, 309, 315; BAGE 44, 249, 257 = AP Nr. 18, 22 bzw. 30 zu § 102 BetrVG 1972, je zu II C, B II 2, B I 1 der Gründe). Wegen Verletzung einer Mitteilungspflicht ist eine Kündigung nur dann nichtig, wenn der Arbeitgeber Gründe, die seinen Kündigungsentschluß tatsächlich bestimmt haben, nicht oder unvollständig mitteilt (BAGE 44, 201, 206 f. = AP Nr. 29 zu § 102 BetrVG 1972, zu A I 2 b der Gründe; Senatsurteil vom 8. September 1988 – 2 AZR 103/88 – EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 73, zu II 2 c der Gründe).
c) Wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat zwar entsprechend seinen eigenen Vorstellungen unterrichtet, dabei aber in irriger Rechtsauffassung nicht auf Kündigungsgründe oder Umstände verweist, die einen bestimmten Sachverhalt überhaupt erst kündigungsrechtlich relevant machen, dann ist die Kündigung zwar nicht nach § 102 BetrVG nichtig, aber es ist dem Arbeitgeber dann verwehrt, den Kündigungssachverhalt im Kündigungsschutzprozeß zu erweitern, soweit in dem Machschieben von Gründen nicht nur eine Konkretisierung der dem Betriebsrat mitgeteilten Gründe liegt (BAGE 35, 190, 197 f. = AP Nr. 23 zu § 102 BetrVG 1972, zu III 1 der Gründe; BAGE 49, 39, 45 f. = AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972, zu B I der Gründe).
d) Die Darlegungs- und Beweislast für die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats trägt der Arbeitgeber, wobei der Arbeitnehmer sich zunächst darauf beschränken kann, diese Tatsache pauschal zu bestreiten (BAGE 43, 129, 135 = AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu B I 1 der Gründe; Senatsurteil vom 30. April 1987 – 2 AZR 283/86 – AP Nr. 19 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung).
e) Es kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, daß sie bei der Einleitung und Durchführung des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG die wirtschaftlichen Verhältnisse der Hauptniederlassung für die Begründung der Änderungskündigung noch für unerheblich gehalten hat. Dafür spricht ihr erstinstanzlicher Hinweis, darauf könne es allenfalls im Rahmen einer Interessenabwägung ankommen, die vorliegend nicht vorzunehmen sei. Dann fehlt es zwar an einer Verletzung der Mitteilungspflicht, aber eine Sanierungsbedürftigkeit im Rahmen der Hauptniederlassung D. kann dann bei der Prüfung eines dringenden betrieblichen Erfordernisses nicht berücksichtigt werden, weil es zumindest insoweit an einem ausreichenden Vortrag der Beklagten zur Anhörung des Betriebsrates fehlt.
aa) Hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation der Werkstatt O. wird in dem Anhörungsschreiben vom 18. Januar 1988 nur pauschal auf die „ihnen bekannten dringenden betrieblichen Gründe” verwiesen. Daneben werden einige der von der Beklagten eingeleiteten Sparmaßnahmen im Werkstattbereich aufgezählt und zwar ebenfalls mit dem Hinweis, diese, seien dem Betriebsrat bekannt.
bb) Welche Umstände dem Betriebsrat bereits bekannt waren, hat die Beklagte in den Vorinstanzen nicht konkret dargelegt. Sie hat in ihrer Klageerwiderung vom 18. März 1988 nur allgemein behauptet, der Betriebsrat sei bereits verschiedentlich sehr ausführlich über die gesamte Sachlage unterrichtet worden, u.a. auch im Rahmen der Betriebsversammlung am 25. September 1987.
cc) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte damit ihre Darlegungslast hinsichtlich der Anhörung des Betriebsrates zu den wirtschaftlichen Verhältnissen im Werkstattbereich erfüllt hat. Ihr Hinweis, der Betriebsrat sei bereits verschiedentlich sehr ausführlich über die „gesamte Sachlage” unterrichtet worden, bezieht sich nach dem Prozeßverlauf eindeutig nur auf die Betriebsergebnisse des „Werkplatzes O.” Das ergibt sich auch aus dem der Schilderung der wirtschaftlichen Situation der Werkstatt folgenden Vortrag, der Belegschaft des Werkplatzes O seien die betriebliche Situation und die unumgänglichen Einsparungen im Personalsektor in einer Betriebsversammlung am 25. September 1987 „im Beisein des Betriebsrats” eingehend dargelegt worden.
dd) Erst im Berufungsverfahren hat die Beklagte ihren Vortrag zum dringenden betrieblichen Erfordernis eindeutig auch auf das Geschäftsergebnis der Hauptniederlassung bezogen. Insoweit fehlt es jedoch an der ergänzenden Darlegung, der Betriebsrat sei auch über die Sanierungsbedürftigkeit im Bereich der Hauptniederlassung unterrichtet gewesen.
Dieser Ergänzung bedurfte es, weil der Kläger bereits in der Klageerwiderung pauschal eine ordnungsgemäße Anhörung bestritten hatte, indem er verlangt hatte, die Beklagte möge darlegen, daß der Betriebsrat ordnungsgemäß gehört worden sei.
ee) Zweifelhaft kann allenfalls sein, ob dieses pauschale Bestreiten des Klägers hinsichtlich der Unterrichtung des Betriebsrates über die Kostenlage im Werkstattbereich ausgereicht hat, während es – entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts – hinsichtlich der Unterrichtung über die Sanierungsbedürftigkeit im Bereich der Hauptniederlassung keines konkreteren und spezielleren Bestreitens durch den Kläger bedurfte.
ff) Da es insoweit bereits an einem substantiierten Vortrag der Beklagten fehlt, konnte das Landesarbeitsgericht das eingeschränkte Bestreiten des Klägers (bezogen auf die Unterrichtung über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Hauptniederlassung) im Berufungsverfahren auch nicht als verspätetes Vorbringen zurückweisen.
III. Da die Änderungskündigung schon aus den vorstehenden Gründen unwirksam ist, brauchte nicht mehr geprüft zu werden, ob ein durch ein schlechtes Betriebsergebnis im Bereich der Hauptniederlassung bedingtes Sanierungsbedürfnis zu einem dringenden betrieblichen Erfordernis für die erstrebte Änderung der Arbeitsbedingungen geführt hat.
C. Der Änderungsschutzklage war demgemäß mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO stattzugeben.
Unterschriften
Hillebrecht, Triebfürst, Bitter, Brocksiepe, Dr. Wolter
Fundstellen