Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordentliche Kündigung gegenüber einem wissenschaftlichen Hochschulangestellten
Orientierungssatz
Durch § 35 Abs 7 Satz 3 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes soll die Freiheit der Hochschule zur Auswahl ihres Personals gegenüber Drittmittelgeber abgesichert werden.
Normenkette
HSchulG ND § 35 Abs. 7 S. 3; KSchG § 1 Abs. 2 Fassung 1969-08-25
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Entscheidung vom 05.07.1984; Aktenzeichen 7 Ca 54/83) |
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 05.03.1984; Aktenzeichen 13 Sa 183/83) |
Tatbestand
Der Kläger, der nach Studien der Philosophie und der katholischen Theologie in den Jahren 1967 bis 1971 Landespflege an der Universität Hannover studiert und dieses Studium mit dem Diplom der Fachrichtung Landespflege abgeschlossen hatte, war von 1971 bis 1973 freiberuflicher Mitarbeiter an der Universität Göttingen. Ab dem Jahre 1973 schloß er mit dem beklagten Land zwölf befristete Arbeitsverträge ab, auf deren Grundlage er als wissenschaftlicher Angestellter an der Universität Hannover beschäftigt war. Am 5. März 1980 schlossen die Parteien einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Der Kläger arbeitete zuletzt im Institut für Landschaftspflege und Naturschutz im Fachbereich Landespflege der Universität Hannover. Er wurde in verschiedenen drittmittelfinanzierten Forschungsvorhaben eingesetzt, zuletzt im Projekt "Beurteilung der ökologischen Einflüsse und landschaftspflegerischen Begleitplanung zur Bundesautobahn 44 (Düsseldorf- Bochum-Dortmund) im Bereich Bochum-Hattingen". Seine Vergütung erfolgte aus den von Dritten für dieses Forschungsvorhaben gezahlten Mitteln.
Am 21. August 1981 kündigte das beklagte Land dem Kläger erstmals zum 31. Dezember 1981. Der dagegen eingereichten Kündigungsschutzklage wurde durch Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 19. Januar 1982 - 7 Ca 486/81 - stattgegeben. Die vom beklagten Land eingelegte Berufung wurde durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 3. November 1982 - 7 Sa 44/82 - zurückgewiesen.
Das beklagte Land kündigte dem Kläger erneut mit Schreiben vom 14. Januar 1983 zum 30. Juni 1983. Das Kündigungsschreiben lautet auszugsweise wie folgt:
"...
Eine Weiterbeschäftigung im Institut für Land-
schaftspflege und Naturschutz ist nicht möglich,
da die dafür notwendigen Mittel bzw. Stellen nach-
weislich nicht zur Verfügung stehen. Eine Umfrage
nach Unterbringungsmöglichkeiten im gesamten Uni-
versitätsbereich sowie bei anderen Hochschulen im
Raum Hannover ist ohne Erfolg geblieben.
Im Institut für Landschaftspflege und Naturschutz
besteht auch nicht die Möglichkeit, unter Abwägung
sozialer Gesichtspunkte einem anderen wissenschaft-
lichen Mitarbeiter zu kündigen, da solche dort z.Z.
nicht beschäftigt werden, die hinsichtlich Qualifi-
kation und Ausbildung miteinander vergleichbar und
untereinander austauschbar sind."
Am 15. Februar 1983 wurde am Institut für Bodenkunde eine Planstelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters der VergGr. BAT II a besetzt. Diese Stelle wurde dem Kläger nicht angeboten. Im regionalen Rechenzentrum Niedersachsen, einer Einrichtung der Universität Hannover, wurde im April 1983 die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters ausgeschrieben, die ebenfalls nicht mit dem Kläger besetzt wurde.
Im Bereich der drittmittelfinanzierten Stellen wurden in den Jahren 1982 und 1983 folgende Stellen ausgeschrieben und besetzt:
a) Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im
Institut für Freiraumentwicklung und planungsbe-
zogene Soziologie, Besetzung ab dem 1. Januar 1983,
VergGr. BAT II a;
b) Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im
Institut für Grundplanung und Gartenarchitektur,
Besetzung ab dem 1. Dezember 1982, VergGr. BAT II a;
c) Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters mit
20 Wochenstunden im Institut für Landesplanung und
Raumforschung, VergGr. BAT II a;
d) Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im
Institut für Städtebau, Wohnungswesen und Landes-
planung, Besetzung ab dem 1. Oktober 1983,
VergGr. BAT II a;
e) Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im
Institut für Technik in Gartenbau und Landwirt-
schaft, Besetzung ab dem 1. Januar 1983, 30 Wochen-
stunden, VergGr. BAT II a.
Mit seiner am 31. Januar 1983 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger u.a. die Ansicht vertreten, er könne im Institut für Landschaftspflege und Naturschutz aus der C 1-Stelle, aus der gegenwärtig Herr G bezahlt werde, und aus der BAT II a-Stelle des Instituts, die für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ausgewiesen werde, vergütet werden. Er sei in besonderem Maße dafür qualifiziert, die im regionalen Rechenzentrum ausgeschriebene Stelle zu besetzen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien be-
stehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung
der Universität Hannover vom 14. Januar 1983 nicht
beendet ist, vielmehr ungekündigt fortbesteht.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat im wesentlichen vorgetragen, der Kläger sei aufgrund seiner geringeren Qualifikation nicht in der Lage gewesen, die Stelle im Institut für Bodenkunde wahrzunehmen, da dort vertiefte Kenntnisse in der Bodenkunde notwendig seien. Der Institutsleiter Professor R habe dies beurteilen können, da er den Kläger aus dessen Promotionsverfahren kenne. Die Stelle im Rechenzentrum setze voraus, daß der Stellenbewerber sich hauptberuflich mit der EDV-Informatik und der EDV-Ausbildung befaßt habe; insoweit sei ausschließlich Bewerbern der Fachrichtung Informatik sowie Mathematik mit dem Nebenfach Informatik der Zugang zu dieser Stelle ermöglicht worden.
Die weiteren vom Kläger benannten Stellen, die unstreitig im Bereich der sog. Drittmittelforschung angesiedelt seien, seien nach § 35 Abs. 7 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) nur befristet zu besetzen. Vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung seien von Seiten der Personalverwaltung sämtliche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten geprüft worden, jedoch stets mit negativem Ergebnis. Gegen den Willen des Projektleiters und insbesondere auch gegen den Willen des jeweiligen Auftraggebers könne nicht die unbefristete Beschäftigung von Mitarbeitern erzwungen werden, die für das jeweilige Projekt nicht als geeignet angesehen würden. Insoweit müsse unter dem Gesichtspunkt der Wissenschaftsfreiheit die Entschließungsfreiheit des Projektleiters gewährleistet werden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und im wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Zwischen den Parteien sei unstreitig, daß ab dem 1. Januar 1983 die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im Institut für Freiraumentwicklung und planungsbezogene Soziologie mit der VergGr. BAT II a, die auch der Kläger beziehe, und ab 1. Dezember 1982 die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im Institut für Grundplanung und Gartenarchitektur (VergGr. BAT II a) frei gewesen seien. Dabei handele es sich um Institute der Universität Hannover; die entsprechenden Stellen seien deshalb als freie Stellen im Rahmen der Abwägung der Kündigungsgründe zu berücksichtigen. Zwischen den Parteien sei unstreitig, daß der Kläger als Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Landespflege grundsätzlich die Ausbildung habe, die für jede dieser Stellen erforderlich sei. Das beklagte Land, das die Kündigungsgründe darlegen und beweisen müsse, habe nicht hinreichend dargetan, daß der Kläger infolge mangelnder Qualifikation für die betreffenden Stellen nicht geeignet sei oder daß sonstige Gründe es unmöglich machten, den Kläger auf einer dieser beiden Stellen einzusetzen. Zwar sei es ein Grund, den Kläger auf diesen Positionen nicht zu beschäftigen, wenn derjenige, der die Drittmittel zur Verfügung stelle, hinsichtlich der personellen Besetzung bestimmte Personen für das Forschungsvorhaben vorschreibe, da in diesem Fall der Projektleiter und damit die Universität Hannover nicht frei entscheiden könne, wen sie mit den Forschungsvorhaben jeweils beschäftige. Für derartige Umstände fehle jedoch jeder konkrete Hinweis. Auch unter dem Gesichtspunkt der Wissenschaftsfreiheit sei es nicht geboten, daß - ohne daß dafür sachliche Gründe wie mangelnde Qualifikation des Klägers ersichtlich seien - die Entschließungsfreiheit des Projektleiters hinsichtlich der Besetzung der Position gesichert sein müsse.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zu Recht zurückgewiesen, denn das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 14. Januar 1983 nicht beendet worden.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, auch wenn der Arbeitsplatz des Klägers im Projekt "Beurteilung der ökologischen Einflüsse und landschaftspflegerischen Begleitplanung zur Bundesautobahn 44 (Düsseldorf-Bochum-Dortmund) im Bereich Bochum-Hattingen" entfallen sein sollte, habe das beklagte Land die zumutbare Möglichkeit gehabt, den Kläger auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu beschäftigen. Der Kläger habe ab 5. Februar 1983 am Institut für Bodenkunde beschäftigt werden können. Denn zu diesem Zeitpunkt sei dort eine Stelle zu besetzen gewesen, für deren Stelleninhaber eine Vergütung nach der VergGr. BAT II a vorgesehen sei. Die Umsetzung des Klägers auf diesen Arbeitsplatz sei dem beklagten Land zumutbar gewesen. Der Kläger erfülle dafür die allgemeinen Voraussetzungen. Soweit das beklagte Land behaupte, der Kläger verfüge nicht über besondere Voraussetzungen, nämlich die erforderlichen vertieften Kenntnisse in der Bodenkunde, und es sei dem beklagten Land daher nicht zumutbar, den Kläger umzusetzen, erweise sich der Vortrag des beklagten Landes als pauschales Werturteil und enthalte keinerlei einlassungsfähige und aufklärungsfähige substantiierte Tatsachen. Das beklagte Land hätte die erforderlichen vertieften Kenntnisse wenigstens mit leitsatzartiger Beschreibung inhaltlich schildern müssen. Es hätte weiter darlegen müssen, warum ein in mehreren Berufen ausgebildeter Akademiker in einem seiner Fachgebiete nach jahrelanger Tätigkeit an einer wissenschaftlichen Hochschule nicht in der Lage sein solle, sich in angemessener Zeit die vertieften Kenntnisse anzueignen bzw. warum die Frist zur Anpassung nicht zumutbar sein solle. An einem solchen Vortrag fehle es gänzlich.
Gleiches gelte im Ergebnis für die vom beklagten Land ausgeschriebene Stelle im regionalen Rechenzentrum. Auch insoweit enthalte die Darstellung des beklagten Landes keinerlei Tatsachen, sondern nur ein nicht nachvollziehbares Werturteil. Ferner stimme der Text der Stellenausschreibung nicht mit dem Vortrag des beklagten Landes bezüglich der Voraussetzungen überein, die an den zukünftigen Stelleninhaber zu stellen seien. Gerade der Kläger erfülle angesichts seiner Ausbildung die in der Ausschreibung kumulativ genannten Voraussetzungen wie nur wenige.
Der Kläger hätte weiterhin auf der Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im Institut für Freiraumplanung und planungsbezogene Soziologie beschäftigt werden können. Zur Nichteignung des Klägers im Hinblick auf diesen Arbeitsplatz habe das beklagte Land ebenfalls nicht substantiiert vorgetragen. Die Tatsache der Drittmittelfinanzierung in Verbindung mit § 35 Abs. 7 NHG begründe nicht die Unzumutbarkeit der Umsetzung des Klägers auf den drittmittelfinanzierten Arbeitsplatz. Wenn es im letzten Satz des § 35 Abs. 7 NHG heiße, das Recht auf freie Auswahl der Mitarbeiter durch die Leitung des Forschungsvorhabens bleibe unberührt, so verstehe das Landesarbeitsgericht diese Vorschrift entgegen der Auffassung des beklagten Landes als Abwehrvorschrift der Hochschule gegenüber dem die Mittel für das Forschungsvorhaben zur Verfügung stellenden Dritten, nicht als Regelung des Arbeitsrechts, die den Einsatz vorhandener oder einzustellender Mitarbeiter reglementiere. Der Gesetzgeber habe nach dem systematischen Zusammenhang der einzelnen Absätze des § 35 NHG die Hochschule und damit die Freiheit der Wissenschaft vor der Einflußnahme des Geldgebers schützen und mit der Formulierung des letzten Satzes in Absatz 7 verhindern wollen, daß der Hochschule von außen Mitarbeiter im Forschungsprojekt vorgeschrieben würden. Mit diesem Satz bleibe die Frage unberührt, welchen arbeitsrechtlichen Regeln die Hochschule als Arbeitgeber unterworfen sei.
Die vorstehenden Ausführungen hätten entsprechende Geltung für die Stellen an den Instituten für Grünplanung und Gartenarchitektur, Städtebau und Wohnungswesen sowie Gartenbau und Landwirtschaft, wobei das mildere Mittel der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung hätte angewandt werden müssen, wenn die vorstehend genannten Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung versagt hätten.
II. Dieser Würdigung des Landesarbeitsgerichts schließt sich der Senat im Ergebnis und weitgehend in der Begründung an.
1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung ist im Revisionsverfahren nur beschränkt nachprüfbar. Bei der Frage der Sozialwidrigkeit handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die der Nachprüfung grundsätzlich nur dahin unterliegt, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt ist, ob bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob bei der Interessenabwägung alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt worden sind (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts; vgl. etwa Urteil vom 12. Oktober 1979 - 7 AZR 959/77 - AP Nr. 7 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).
2. Derartige revisible Rechtsfehler sind weder von der Revision aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht ist vom zutreffenden Rechtsbegriff der Sozialwidrigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG ausgegangen und hat ihn auch bei seiner das Berufungsurteil tragenden Würdigung nicht verlassen, das beklagte Land habe den Kläger auf anderen freien Arbeitsplätzen, für die er geeignet gewesen sei, weiterbeschäftigen können.
a) Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, das Landesarbeitsgericht habe die Grundsätze über die Darlegungs- und Beweislast verkannt, indem es nähere Ausführungen des beklagten Landes über die von ihm behauptete Nichteignung des Klägers hinsichtlich der freien Arbeitsplätze vermißt habe, kann dem nicht gefolgt werden. Die Revision räumt selbst ein, daß der Kläger von sich aus die Arbeitsplätze bezeichnet hat, für die er sich als geeignet ansah und die seine Weiterbeschäftigung ermöglicht hätten. Damit hatte der Kläger jedoch im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast seine Obliegenheit der Darlegung erfüllt, wie er sich seine anderweitige Beschäftigung vorstellt; nunmehr mußte das beklagte Land entsprechend dem Grundsatz des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung des Klägers auf einen entsprechenden freien Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei (BAG Urteil vom 3. Februar 1977 - 2 AZR 476/75 - AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).
Zu dieser Darlegung hätte es, wie das Landesarbeitsgericht richtig gesehen hat, zumindest eines Tatsachenvortrags über die für den freien Arbeitsplatz bestehenden Qualifikationsanforderungen bedurft. Erst dann hätte das Landesarbeitsgericht konkrete Anhaltspunkte zur Prüfung der von der Revision zu Unrecht in den Vordergrund gestellten Frage gehabt, ob dem beklagten Land bei seiner Entscheidung, ob der Kläger diese Qualifikationsanforderungen erfüllte, aus wissenschaftlichen oder verfassungsrechtlichen Gründen ein Beurteilungsspielraum einzuräumen ist bzw. ob sich das Gericht bei dieser Beurteilung der Hilfe von Sachverständigen bzw. sachverständigen Zeugen bedienen sollte. Da derartige konkrete Tatsachen jedoch nicht in das Wissen der vom beklagten Land benannten Zeugen gestellt worden waren, fehlt es bereits an der schlüssigen Darlegung einer Nichteignung des Klägers.
b) Die (hilfsweise) Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe § 139 ZPO verletzt, weil es auf der Grundlage seiner (nach Auffassung der Revision falschen) Rechtsauffassung zur Verteilung der Darlegungslast das beklagte Land zu näherem Vortrag hätte auffordern müssen, ist bereits unzulässig, weil auch die Revision nicht angibt, welche Tatsachen aufgrund einer derartigen Aufforderung vorgetragen worden wären. Überdies ergibt sich sowohl aus dem Berufungsurteil als auch aus den eigenen Ausführungen der Revision, daß das Landesarbeitsgericht seiner Aufklärungspflicht nachgekommen ist. Es hat den Prozeßbevollmächtigten des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung auf Lücken im Sachvortrag hingewiesen (Berufungsurteil S. 8 und 9); diese zum Tatbestand des Berufungsurteils zu rechnenden Feststellungen hat die Revision nicht als sachlich falsch beanstandet. Vielmehr räumt die Revision selbst ein, daß das Landesarbeitsgericht seine von der des beklagten Landes abweichende Rechtsauffassung in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht habe. Entgegen der Ansicht der Revision müssen Aufklärungsmaßnahmen nicht bereits vor der mündlichen Verhandlung erfolgen. Schon weil sie auf der Rechtsmeinung der Kammer beruhen können, verstößt allenfalls der Vorsitzende gegen seine Pflichten aus § 64 Abs. 7 in Verbindung mit § 56 ArbGG, nicht aber das Gericht gegen § 139 ZPO, wenn vorher mögliche Aufklärungsmaßnahmen erst in der mündlichen Verhandlung erfolgen. Dies kann zwar eine Vertagung erforderlich machen; bei einem Beharren des Aufzuklärenden auf seinem Rechtsstandpunkt, nicht weiter vortragen zu müssen, besteht jedoch auch hierzu kein Anlaß.
c) Unbehelflich sind die Ausführungen der Revision, dem Schutz des Drittmittelbeschäftigten werde ausreichend durch die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG Rechnung getragen. Denn die Frage der richtigen sozialen Auswahl stellt sich erst, wenn die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Schon hieran fehlt es jedoch, wenn der Arbeitnehmer, dem gekündigt worden ist, auf einem freien Arbeitsplatz hätte weiterbeschäftigt werden können.
3. Gegen die Maßgeblichkeit der dargestellten Grundsätze zur Anwendung des § 1 Abs. 2 KSchG verweist die Revision zu Unrecht auf § 35 Abs. 7 Satz 3 NHG. Dieser Vorschrift will sie entnehmen, daß der Leiter eines drittmittelfinanzierten Forschungsvorhabens ein weitergehendes Recht zur freien Auswahl seiner Mitarbeiter habe, als es nach den allgemeinen Grundsätzen über die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung eines wegen Wegfalls seines Arbeitsplatzes zur Kündigung anstehenden Mitarbeiters auf einem anderen Arbeitsplatz nach Maßgabe des § 1 KSchG besteht.
Diese Ansicht ist unrichtig. § 35 Abs. 7 NHG lautet:
"Die Mittel für Forschungsvorhaben, die nach den
Absätzen 2 und 3 in der Hochschule durchgeführt wer-
den, werden von der Hochschule verwaltet. Soweit aus
Mitteln Dritter zusätzliches Personal an der Hoch-
schule beschäftigt werden soll, wird es von der Hoch-
schule längstens für den Zeitraum, während dessen die
Mittel zur Verfügung stehen, in den Landesdienst über-
nommen. Das Recht auf freie Auswahl der Mitarbeiter
durch die Leitung des Forschungsvorhabens bleibt un-
berührt."
Im vorliegenden Zusammenhang mag dahinstehen, ob der Landesgesetzgeber überhaupt in der Lage ist, Vorschriften des Kündigungsschutzrechts zu modifizieren (vgl. dazu insbesondere BAG (GS) 3, 245, 248 ff. = AP Nr. 20 zu § 1 KSchG, zu II der Gründe). Selbst wenn man dies jedenfalls für die vorliegende Frage der Schaffung von Beurteilungsspielräumen, die aus besonderen Erfordernissen der wissenschaftlichen Hochschulaufgaben geboten sein könnten, annehmen wollte, so gibt doch schon der Wortlaut des § 35 Abs. 7 Satz 3 NHG keinen Anhalt für eine dahingehende Absicht des Landesgesetzgebers. Die Formulierung "bleibt unberührt" zeigt vielmehr deutlich, daß der Landesgesetzgeber ein etwa schon bestehendes freies Auswahlrecht des Forschungsleiters lediglich nicht antasten, nicht aber ein solches Auswahlrecht in irgendeiner Form durch § 35 Abs. 7 Satz 3 NHG selbst konstitutiv begründen wollte. Daher hält auch der Senat die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, durch § 35 Abs. 7 Satz 3 NHG habe die Freiheit der Hochschule zur Auswahl ihres Personals ausschließlich gegenüber dem Drittmittelgeber abgesichert werden sollen, für allein zutreffend.
III. Soweit sich die Revision schließlich auf die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG beruft, steht außer Frage, daß dieser Verfassungsgrundsatz auch bei der Auslegung des Art. 1 Abs. 2 KSchG zu beachten ist. Indessen gibt der Streitfall dem Senat schon deshalb keinen Anlaß zu grundsätzlichen Erwägungen in dieser Richtung, weil mangels jeglicher konkreten Darlegung des beklagten Landes über die Qualifikationsanforderungen der freien Arbeitsplätze und über die angeblich fehlenden Qualifikationsmerkmale des Klägers nicht einmal geprüft werden kann, inwieweit überhaupt wissenschaftliche Gesichtspunkte einschlägig sind oder ob es beim Kläger etwa bereits an formalen Kriterien gefehlt haben soll. Auch in einem möglicherweise durch den Grundsatz der Wissenschaftsfreiheit tangierten Bereich des Kündigungsschutzes muß der Arbeitgeber der ihm durch § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG auferlegten Darlegungslast jedenfalls insoweit genügen, daß erkennbar wird, ob es im konkreten Streitfall auf den Umfang der Wissenschaftsfreiheit überhaupt ankommt.
IV. Die Revision des beklagten Landes war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Dr. Seidensticker Richter Roeper Dr. Steckhan
ist infolge einer Kur
verhindert zu unter-
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Dr. Seidensticker
Imdahl Dr. Gentz
Fundstellen