Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt des freigestellten Betriebsratsmitglieds
Normenkette
BetrVG 1972 § 37 Abs. 4, § 78 S. 2
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 17.10.1990; Aktenzeichen 5 Sa 206/90) |
ArbG Kiel (Urteil vom 28.03.1990; Aktenzeichen 5 a Ca 193/90) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17. Oktober 1990 – 5 Sa 206/90 – aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin ist seit November 1987 freigestelltes Mitglied des bei der Beklagten, einem Handelsunternehmen der Lebensmittelbranche, bestehenden Betriebsrats. Am 1. September 1989 hat die Beklagte die Stelle des Marktleiters ihrer Filiale … in N. in der die Klägerin vor ihrer Freistellung als Substitutin tätig war, neu besetzt. Die Klägerin geht davon aus, daß diese Stelle mit ihr besetzt worden wäre, wenn sie nicht Mitglied des Betriebsrats wäre. Sie verlangt daher von der Beklagten, sie ab diesem Zeitpunkt wie eine Marktleiterin zu entlohnen; vorliegend hat sie den sich nach ihrer Berechnung daraus ergebenden Differenzbetrag zu dem ihr ausgezahlten Gehalt für die Monate September 1989 bis einschließlich Januar 1990 eingeklagt.
Die Klägerin ist seit 1971 bei der Beklagten beschäftigt. In der Folgezeit hatte sie bereits zeitweilig eine Filiale der Beklagten in H. kommissarisch geleitet. Auch während ihrer Tätigkeit als Substitutin in der Filiale in N. seit 1981 hat die Klägerin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mehrfach bei Abwesenheit des Marktleiters diesen vertreten.
Die Beklagte geht selbst davon aus, daß die Klägerin in der Lage gewesen wäre, die Stelle des Filialleiters in N. auszufüllen. Im Vorfeld der Neubesetzung der Stelle in N. kam es im Juli 1989 darüber zu Gesprächen mit dem Betriebsrat, an dem auf selten der Beklagten Herr M., Personalleiter bei der Geschäftsführung, teilnahm. Die näheren Umstände dieser Gespräche und ihr Inhalt sind zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls hat Herr M. in den Gesprächen deutlich gemacht, daß er einer Bewerbung der Klägerin um die Filialleiterstelle positiv gegenüberstehen würde; er war jedenfalls auch bereit, ein Gespräch mit dem für die Entscheidung zuständigen Geschäftsführer, Herrn K., zu vermitteln. In einem vorprozessualen Schreiben an die Klägerin hat die Beklagte den Vorgang folgendermaßen beschrieben:
„In diesem Zusammenhang gab Herr M. zu erkennen, daß wir Ihnen sicher auch die Leitung dieses Objektes zutrauen würden und er hat Sie bei Interesse Ihrerseits an den entscheidungsberechtigten Geschäftsführer Herrn K. verwiesen.”
Ein Gespräch der Klägerin mit Herrn K. fand aus unbekannten Gründen nicht statt, obwohl es für den 20. Juli 1989 dafür bereits einen Termin gab. In der Folgezeit ist die Klägerin in dieser Sache nicht mehr aktiv geworden. Die Stelle des Filialleiters in N. wurde Herrn P. am 1. September 1989 übertragen. Er war bereits zuvor Leiter der Filiale in O.
Als Filialleiterin hätte die Klägerin monatlich 5.960,– DM brutto verdient. Zur Zeit erhält sie einen Tariflohn in Höhe von 3.275,– DM brutto sowie eine Funktionszulage in Höhe von 250,– DM brutto. Die Beklagte zahlt der Klägerin außerdem monatlich 350,– DM brutto „freiwillig und jederzeit widerruflich … nur für den Zeitraum als freigestelltes Betriebsratsmitglied” als „Überstundenpauschale”. Schließlich erhält die Klägerin zum Ausgleich der Aufwendungen für die täglichen Fahrten von ihrer Wohnung in He. zum Sitz des Betriebsrats in K. monatlich 575,– DM netto, wobei diese Pauschale für jeden Arbeitstag, an dem die Klägerin nicht nach K. fährt, um 1/21 gekürzt wird.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr sei die Stelle als Filialleiterin von Herrn M. rechtsverbindlich angeboten worden. Damit sei die Klage aus § 37 Abs. 4 wie aus § 78 Satz 2 BetrVG begründet. Für den Anspruch aus § 37 Abs. 4 BetrVG dürfe sie nicht mit allen anderen Substituten verglichen werden, sondern – wegen ihrer Leistungen und Fähigkeiten – nur mit besonders qualifizierten Substituten; aus diesem Kreis rekrutiere die Beklagte regelmäßig ihre Filialleiter. Die Beklagte gehe selbst davon aus, daß die Klägerin geeignet und in der Lage gewesen wäre, die Filiale in N. zu leiten. Da sie – die Klägerin – von seiten der Beklagten auf die Position angesprochen worden sei, sei davon auszugehen, daß sie eine reelle Aufstiegschance gehabt hätte. Ihr Aufstieg in N. hätte daher der betriebsüblichen Entwicklung entsprochen. Der Anspruch sei auch aus § 78 Satz 2 BetrVG begründet. Die Klägerin sei wegen ihrer Betriebsratstätigkeit und der dadurch fehlenden beruflichen Praxis von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs ist die Klägerin der Auffassung, zu ihrem Gehalt zähle nur der Tariflohn und die Funktionszulage (zusammen 3.525,– DM brutto); die sog. „Überstundenpauschale” sei als Ersatz für die erhöhten Fahrtkosten und für die Fahrzeiten gedacht gewesen. Selbst wenn man diese sog. Überstundenpauschale als Abgeltung der im Rahmen der Betriebsratstätigkeit anfallenden Mehrarbeit ansehe, schmälere sich ihr Anspruch nicht, da die Mehrarbeit nach wie vor anfalle.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.175,– DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 8. Februar 1990 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage für unbegründet. § 37 Abs. 4 BetrVG setze voraus, daß das Betriebsratsmitglied nach den geltenden betriebsüblichen Auswahlkriterien hätte befördert werden müssen; dies treffe auf die Klägerin nicht zu. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Übertragung dieser Stelle. Es gebe nicht einmal eine Erfahrungsregel, nach der alle Substituten nach einer gewissen Zeit mit der Leitung von Märkten betraut würden. Schließlich sei der Klägerin die Leitung dieses Marktes auch nicht angeboten worden. Der Anspruch könne auch nicht aus § 78 Satz 2 BetrVG hergeleitet werden; hierzu fehle es bereits an jedem Zusammenhang zwischen der Betriebsratstätigkeit und der Nichtberücksichtigung als Filialleiterin; vielmehr habe die Klägerin ihrerseits eine Bewerbung um diese Position unterlassen. Zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs vertritt die Beklagte die Auffassung, die sog. Überstundenpauschale müsse zum Gehalt der Klägerin hinzugerechnet werden und verringere somit den Differenzbetrag; die Klage könne daher jedenfalls nicht in vollem Umfang begründet sein.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat zum Inhalt der streitigen Gespräche Beweis erhoben und sodann nach dem klägerischen Antrag entschieden. Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision durch Beschluß vom 30. Januar 1991 (– 7 AZN 523/90 –) zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des der Klage stattgebenden Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat offengelassen, ob der Klägerin hinsichtlich der Marktleiterposition eine rechtsverbindliche Zusage gemacht wurde. Vielmehr hat es den Zahlungsanspruch aus „dem Arbeitsvertrag der Parteien sowie den tariflichen Regelungen in Verbindung mit den §§ 37 Abs. 4, 5 sowie 78 Satz 2 BetrVG” hergeleitet. Dabei hat das Landesarbeitsgericht u.a. ausgeführt, die Regelung des § 37 Abs. 4 BetrVG konkretisiere das allgemeine Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Das Betriebsratsmitglied solle grundsätzlich dasselbe Arbeitsentgelt erhalten, das es verdient haben würde, wenn es das Betriebsratsamt nicht übernommen und deshalb vielleicht eine bessere berufliche Entwicklung genommen hätte. Der Schutzzweck des § 78 Satz 2 BetrVG erfordere, in das Benachteiligungsverbot auch solche Maßnahmen einzubeziehen, die einem Betriebsratsmitglied eine konkrete Chance in der beruflichen Entwicklung vereiteln; durch die Einsetzung eines anderen Mitarbeiters als Marktleiter in N. habe die Beklagte der Klägerin die Chance zur beruflichen Entwicklung genommen. Die Beklagte habe die Klägerin daher so zu stellen, als wenn sie für den geltend gemachten Zeitraum als Marktleiterin in N. eingesetzt worden wäre. Dem stehe nicht entgegen, daß die Klägerin sich nicht um diese Stelle beworben, sondern etwa drei Wochen nach dem Gespräch erklärt habe, daß „sie das in N. nicht machen wolle”; es sei nicht auszuschließen, daß sie sich zur Annahme der Marktleiterposition entschieden hätte, wenn sie weiterhin Substitutin in N. gewesen wäre. Auch stehe nicht entgegen, daß es bei der Beklagten keine zwangsläufige Entwicklung des beruflichen Werdegangs zum Substituten bzw. Marktleiter gebe. Entscheidend sei, daß – wie die Beweisaufnahme ergeben habe – der Personalleiter Marten die Klägerin für geeignet gehalten habe, die Position der Marktleiterin in N. Zum 1. September 1989 zu übernehmen.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Es ist schon nicht hinreichend deutlich ersichtlich, auf welchen konkreten Rechtssätzen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts beruht, der Klägerin stehe das Tarifgehalt einer Filialleiterin zu, obwohl diese Position ihr weder vertraglich übertragen noch tatsächlich von ihr ausgeübt wurde. Rechtsfehlerhaft ist jedenfalls die das Berufungsurteil tragende Ansicht des Landesarbeitsgerichts, das Gehalt der Klägerin sei deshalb nach dieser Filialleiterposition zu bemessen, weil die Klägerin ohne ihr Betriebsratsamt „vielleicht” in diese Position aufgestiegen wäre bzw. weil die Beklagte durch die Nichtübertragung dieser Position eine „konkrete Chance” der Klägerin zu ihrer beruflichen Entwicklung vereitelt habe.
Im einzelnen gilt folgendes:
1. Das Landesarbeitsgericht hat nicht erörtert, ob sich das Klagebegehren unmittelbar auf § 37 Abs. 4 BetrVG stützen läßt. Auf der Grundlage des bisherigen Sachvortrags sind die Voraussetzungen dieser Norm in der Tat nicht erfüllt.
Nach § 37 Abs. 4 BetrVG darf das Arbeitsentgelt eines Betriebsratsmitglieds nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Vergleichbar sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Wahl ähnliche Tätigkeiten wie das Betriebsratsmitglied ausgeübt haben und dafür in ähnlicher Art und Weise wie das Mitglied selbst fachlich und persönlich qualifiziert waren (vgl. Senatsurteil vom 13. November 1987 – 7 AZR 550/86 – AP Nr. 61 zu § 37 BetrVG 1972, zu III 2 der Gründe, m.w.N.). Das Einkommen des Betriebsratsmitglieds ist nach der Einkommensentwicklung dieser Vergleichsgruppe von Arbeitnehmern zu bemessen, wobei aus der Vergleichsgruppe im Laufe der Jahre diejenigen Arbeitnehmer auszuscheiden haben, die eine nicht betriebsübliche Entwicklung durchlaufen haben (vgl. im einzelnen das bereits angeführte Senatsurteil vom 13. November 1987, zu III 3 der Gründe).
Die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß es mit ihr vergleichbare Arbeitnehmer gibt, die inzwischen das von ihr begehrte Einkommen erzielen. Sie ist vielmehr der Auffassung, ihr gebühre dieses Einkommen, da sie selbst – und nicht andere Arbeitnehmer – inzwischen eine Tätigkeit, die dieses Einkommen rechtfertigt, ausüben würde, wenn sie sich nicht in der betrieblichen Mitbestimmung engagiert hätte. Dieser Vortrag ist im Rahmen des § 37 Abs. 4 BetrVG unbeachtlich.
2. Nach dem bisherigen Sachvortrag läßt sich das klägerische Begehren entgegen den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts auch nicht auf § 78 Satz 2 BetrVG stützen.
a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß § 37 Abs. 4 BetrVG nicht abschließend regelt, wie das Arbeitsentgelt eines Betriebsratsmitglieds zu bemessen ist. Auch aus dem allgemeinen Verbot der Benachteiligung eines Betriebsratsmitglieds in seiner beruflichen Entwicklung im Sinne von § 78 Satz 2 BetrVG kann sich ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds gerade wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstellt.
Wie der Senat zu der insoweit gleichgelagerten Regelung von § 8 in Verb. mit § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG bereits in seinem Urteil vom 26. September 1990 (– 7 AZR 208/89 – AP Nr. 4 zu § 8 BPersVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 3 der Gründe) in teilweiser Abweichung von der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 31. Oktober 1985 – 6 AZR 129/83 – AP Nr. 5 zu § 46 BPersVG) entschieden hat, erschöpft sich die Vorschrift des § 78 Satz 2 BetrVG nicht in ihrer Funktion als Verbotsnorm und damit als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Aus ihr können sich vielmehr unmittelbar Erfüllungsansprüche ergeben. Wenn das Gesetz vorschreibt, daß die Tätigkeit eines Betriebsratsmitglieds nicht zu einer Benachteiligung hinsichtlich seiner beruflichen Entwicklung führen darf, so liegt darin auch das an den Arbeitgeber gerichtete Gebot, dem Betriebsratsmitglied eine berufliche Entwicklung angedeihen zu lassen, wie es sie ohne die Betriebsratstätigkeit genommen hätte. Dies bedeutet, daß ein Betriebsratsmitglied, das nur infolge seiner Betriebsratstätigkeit nicht in eine Position mit höherer Vergütung aufgestiegen ist, den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung dieser höheren Vergütung in Anspruch nehmen kann.
b) Dieser Anspruch setzt allerdings voraus, daß dem Betriebsratsmitglied der Nachweis gelingt, daß es – wenn man seine Tätigkeit als Mitglied einer Betriebsvertretung hinwegdenkt – inzwischen mit einer Aufgabe betraut worden wäre, die ihm den Anspruch auf das begehrte Arbeitsentgelt geben würde. Es bedarf mithin der – wenn auch auf der Feststellung von Hilfstatsachen beruhenden – Feststellung des Tatrichters, daß das Betriebsratsmitglied diese berufliche Entwicklung ohne seine Amtstätigkeit tatsächlich genommen hätte. Die vom Landesarbeitsgericht für ausreichend gehaltene bloße Möglichkeit bzw. „konkrete Chance” einer derartigen beruflichen Entwicklung genügt nicht. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Berufungsurteils.
III. Zu einer abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits sieht sich der Senat jedoch nicht in der Lage, weil die Klägerin möglicherweise aufgrund der vom Landesarbeitsgericht vertretenen Rechtsansicht davon abgesehen hat, weitere Hilfstatsachen vorzubringen, die den Schluß gerechtfertigt hätten, daß sie ohne ihre Betriebsratstätigkeit die Marktleiterposition tatsächlich erhalten hätte. Hierzu ist ihr im erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu geben.
IV. Auch hinsichtlich der Höhe des Klageanspruchs ist das Berufungsurteil nicht rechtsfehlerfrei. Sollte das Landesarbeitsgericht den Anspruch dem Grunde nach erneut für begründet halten, wird es auch die Höhe erneut prüfen müssen.
1. Zwischen den Parteien ist zum einen streitig, ob die „Überstundenpauschale” in Höhe von 350,– DM brutto, die die Klägerin neben ihrem um die Funktionszulage erhöhten Gehalt derzeit monatlich bezieht, zu ihrem Arbeitsentgelt hinzuzurechnen ist oder nicht. Dies hängt in erster Linie davon ab, zu welchem Zweck der Klägerin diese Leistung gewährt wird. Die Klägerin vertritt die Auffassung, es handele sich dabei um eine Abgeltung für die Kosten und den Zeitaufwand, der ihr durch ihre täglichen Fahrten von ihrem Wohnsitz in He. zum Sitz des Betriebsrats entsteht. Die Beklagte ist der Auffassung, daß damit die Mehrarbeit, die die Klägerin im Rahmen ihrer Betriebsratstätigkeit zu erbringen hat, pauschal abgegolten werde. Hierzu wird vor allem die Vereinbarung der Parteien vom 14. Juni 1988 (Bl. 24 VorA) auszulegen und außerdem zu berücksichtigen sein, daß die Klägerin zum einen bereits eine Fahrtkostenpauschale von bis zu monatlich 575,– DM netto erhält und zum anderen mit dem Gehalt eines Marktleiters möglicherweise bereits gewisse Überstunden abgegolten sind.
2. Überdies wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob der Anspruch der Klägerin auf die ihr gewährte Leistung vor dem Gesetz Bestand hat. Sowohl nach dem bisherigen Sachvortrag der Klägerin als auch nach dem der Beklagten erscheint dies zweifelhaft.
Sollte mit dieser Leistung – wie die Beklagte vorträgt – Mehrarbeit im Rahmen der Betriebsratstätigkeit abgegolten werden, so ist zu beachten, daß das Gesetz eine Vergütung von Zeit, die außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit für Betriebsratstätigkeit auf gewandt wurde, nur unter den engen gesetzlichen Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG vorsieht. Es erscheint daher möglich, daß der Klägerin hier Leistungen zufließen, auf die sie nach dem Gesetz keinen Anspruch hätte. Soweit hierin eine Bevorzugung wegen ihres Amtes zu erblicken wäre, wäre die vertragliche Grundlage dieser Leistung nach § 78 Satz 2 BetrVG in Verb. mit § 134 BGB nichtig.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Kremhelmer, Dr. Steckhan, Dr. Knapp, Bea
Fundstellen
Haufe-Index 1065389 |
NZA 1993, 909 |