Entscheidungsstichwort (Thema)
Feiertagsvergütung im Arbeitskampf
Orientierungssatz
1. Eine Verdienstausfallentschädigung kann nach § 1 FeiertLohnzG nur gefordert werden, wenn der Feiertag die einzige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist.
2. Wird ein Arbeitnehmer, der sich am Arbeitskampf beteiligt, durch eine arbeitsrechtliche Sonderregelung zur Arbeitsleistung herangezogen, dann leben selbst bei vorhergehender Teilnahme am Arbeitskampf seine Rechte und Pflichten im Zeitpunkt der Heranziehung wieder auf.
Normenkette
FeiertLohnzG § 1
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 08.07.1987; Aktenzeichen 2 Sa 417/85) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 22.01.1985; Aktenzeichen 15 Ca 10062/84) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Feiertagsvergütung für Fronleichnam, am 21. Juni 1984, während des Arbeitskampfes in der Druckindustrie beanspruchen kann.
Die Klägerin ist als Texterfasserin bei der Beklagten angestellt. Die Beklagte stellt Tageszeitungen her und druckt für das Bundesjustizministerium den Bundesanzeiger.
In der Zeit vom 12. April 1984 bis zum 6. Juli 1984 wurde der Betrieb der Beklagten an 34 Arbeitstagen bestreikt. Hiervon ausgenommen war aber die Herstellung des Bundesanzeigers (Vereinbarung zwischen dem Bundesjustizminister und dem Hauptvorstand der IG-Druck und Papier vom 10. Februar 1978 sowie Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Landesbezirksvorstand der IG-Druck und Papier vom 27. Februar 1978.
Entsprechend einer betrieblichen Sonderregelung über den Arbeitseinsatz der Mitarbeiter in der zentralen Texterfassung während des Arbeitskampfes wurde die Klägerin am 18., 19. und 20. Juni 1984 in der Frühschicht zur Arbeit am Bundesanzeiger herangezogen.
Am Donnerstag, dem 21. Juni 1984 (Fronleichnam), wurde im Betrieb der Beklagten für den Bundesanzeiger nicht gearbeitet. Jedoch wurden die von der Beklagten herausgegebenen Tageszeitungen Stadtanzeiger und Express von nicht am Streik beteiligten Arbeitnehmern hergestellt.
Am folgenden 22. Juni 1984 wurde die Klägerin nach dem Schichtplan nicht zur Mitarbeit an der Herstellung des Bundesanzeigers herangezogen und hat sich am Arbeitskampf beteiligt.
Die Klägerin hat behauptet, sie hätte am 21. Juni 1984 während des Arbeitskampfes an der Herstellung des Bundesanzeigers gearbeitet, wenn kein Feiertag gewesen wäre und verlangt hierfür Feiertagsvergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe von 138,56 DM.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die
Klägerin 138,56 DM brutto nebst 4 %
Zinsen seit dem 4. Dezember 1984 zu
zahlen.
Die Beklagte hat demgegenüber Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Klägerin sei am 21. Juni 1984 nicht zur Arbeit am Bundesanzeiger eingeteilt gewesen und hätte deshalb an diesem wie auch am folgenden Tage gestreikt. Sie hätte aber anstatt zu streiken, an der Herstellung der Tageszeitungen mitarbeiten können wie andere Arbeitswillige auch, denn die Herstellung der Tageszeitungen hätte vor dem Arbeitskampf ebenfalls zu ihrem Aufgabengebiet in der zentralen Textverarbeitung gehört. Deshalb sei nicht der Feiertag, sondern der Streik ursächlich dafür, daß die Klägerin am 21. Juni 1984 wie auch an dem folgenden Tage nicht gearbeitet habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 26. Juni 1985 die Klage zunächst mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Feiertagsvergütung schon wegen des Ablaufs der tariflichen Verfallfristen nicht zu.
Auf die Revision der Klägerin hat der Senat mit Urteil vom 10. Dezember 1986 - 5 AZR 507/85 - das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, weil die Klageforderung nicht verfallen sei und deswegen aufgeklärt werden müsse, ob die Klägerin sich am Fronleichnam, dem 21. Juni 1984, am Streik beteiligt hätte oder ob sie zur Arbeit herangezogen worden wäre.
Daraufhin hat das Landesarbeitsgericht in dem jetzt mit der Revision angegriffenen Urteil vom 8. Juli 1987 - 2 Sa 417/85 - die Berufung erneut zurückgewiesen mit der Begründung, es komme nicht darauf an, ob die Klägerin am Fronleichnam, dem 21. Juni 1984, zur Mitarbeit am Bundesanzeiger herangezogen worden wäre, denn es sei nunmehr unstreitig geworden, daß die Arbeit im Betrieb der Beklagten nicht vollständig geruht habe. Die Klägerin hätte wie vor dem Arbeitskampf an der Herstellung der Tageszeitungen ebenso wie andere Arbeitswillige mitarbeiten können.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klageziel weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und muß erneut zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht führen (§ 565 Abs. 1 ZPO).
I.1. Die Revision rügt zu Recht, daß sich das Landesarbeitsgericht nicht an die Rechtsauffassung des Senats gehalten hat, wonach aufzuklären ist, ob die Klägerin sich am Fronleichnamstage, dem 21. Juni 1984, am Streik beteiligt hätte oder ob sie zur Arbeit herangezogen worden wäre. An diese Rechtsauffassung im Senatsurteil vom 10. Dezember 1986 - 5 AZR 507/85 - (zu II der Entscheidungsgründe) ist das Berufungsgericht gebunden (§ 565 Abs. 2 ZPO). Das ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu berücksichtigen (BGHZ 3, 321, 324).
Nach § 565 Abs. 2 ZPO hat das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung, welche der Aufhebung zugrundegelegt ist, auch seiner neuen Entscheidung zugrundezulegen (BGHZ 3, 321, 325). Allein die Verletzung dieser Vorschrift ist ein Revisionsgrund (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20. Aufl., § 565 Rz 15).
2. Allerdings entfällt die Bindung an die Rechtsauffassung des Revisionsgerichts, wenn das Berufungsgericht nach Zurückverweisung des Rechtsstreits neue Tatsachenfeststellungen trifft, die zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen (BAG Urteil vom 25. März 1976 - 2 AZR 127/75 - AP Nr. 10 zu § 626 BGB Ausschlußfrist, zu III der Gründe; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20. Aufl., § 565 Rz 4 m.w.N.; Wieczorek/Rössler, ZPO, 2. Aufl., § 565 Rz B II f). Darauf stützt sich das Berufungsgericht, denn es hat hierzu ausgeführt:
Nach der Zurückverweisung des Rechtsstreits sei unstreitig geworden, daß die Arbeit am Fronleichnamstage, dem 21. Juni 1984, nicht vollständig geruht habe, wie das Revisionsgericht angenommen habe. Lediglich die Arbeit am Bundesanzeiger sei nicht fortgesetzt worden. Die Klägerin hätte sich aber ebenso wie andere Arbeitswillige an der Herstellung des Stadtanzeigers und des Express beteiligen können. Das habe sie nicht getan, weil sie gestreikt habe. Unstreitig habe die Klägerin vor dem Streik an allen Presseerzeugnissen der Beklagten mitgearbeitet.
II. Es ist zwar richtig, daß der erkennende Senat bisher davon ausgegangen ist, daß die Arbeit an Fronleichnam 1984 vollständig geruht hat. Jedoch ergibt sich aus dem jetzt vom Berufungsgericht neu festgestellten Sachverhalt keine andere rechtliche Beurteilung für das Klagebegehren.
1. Ein Anspruch der Klägerin auf Feiertagsvergütung am Fronleichnam, dem 21. Juni 1984, setzt nach § 1 Feiertagslohnzahlungsgesetz voraus, daß die Arbeit "infolge" eines Feiertages ausgefallen ist. Eine Verdienstausfallentschädigung kann hiernach nur dann gefordert werden, wenn der Feiertag die einzige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist (BAGE 1, 241 = AP Nr. 1 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG; BAGE 8, 80 = AP Nr. 6 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG; BAGE 13, 220 = AP Nr. 14 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG; BAGE 38, 255 = AP Nr. 36 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG und BAGE 44, 160 = AP Nr. 41 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG). Die Klägerin kann hiernach nur Feiertagsvergütung beanspruchen, wenn sie am 21. Juni 1984 gearbeitet hätte, falls kein Feiertag gewesen wäre.
2. Es ist richtig, daß die Klägerin wegen der Teilnahme am Arbeitskampf nicht an den Tageszeitungen Express und Anzeiger gearbeitet hat. Dafür verlangt sie auch nichts. Sie macht vielmehr geltend, daß sie während des Arbeitskampfes nach einem Schichtplan nur zur Mitarbeit an der Herstellung des Bundesanzeigers herangezogen worden wäre. Der Bundesanzeiger war aber nach einer Sonderregelung vom Arbeitskampf ausgenommen, so daß das Streikgeschehen für die Mitarbeit hieran ohne Bedeutung ist. Wenn ein Arbeitnehmer, wie die Klägerin, infolge einer Sonderregelung zur Herstellung bestimmter Arbeiten nicht streiken darf, so kann sie nicht anders behandelt werden als solche Arbeitnehmer, die am Arbeitskampf nicht teilnehmen. Wenn ein Arbeitnehmer sich am Arbeitskampf beteiligt, aber - wie hier - durch eine arbeitskampfrechtliche Sonderregelung zur Arbeitsleistung herangezogen wird, dann leben selbst bei vorhergehender Teilnahme am Arbeitskampf seine Rechte und Pflichten im Zeitpunkt der Heranziehung wieder auf (Löwisch/Mikosch, "Erhaltungsarbeiten im Arbeitskampf", ZfA 1978, 153, 166).
Unter diesen Umständen kommt es aber nach wie vor darauf an, wie der Senat für die Vorinstanz bindend im Urteil vom 10. Dezember 1986 - 5 AZR 507/85 - ausgeführt hat, ob die Klägerin sich am 21. Juni 1984 am Streik beteiligt hätte oder ob sie, wie sie behauptet hat, für diesen Tag wie für die vorausgegangenen Tage des 18. bis 20. Juni 1984 zur Arbeit am Bundesanzeiger herangezogen worden wäre. Im letzteren Fall steht ihr die Feiertagsbezahlung zu, da die Arbeit dann wegen des Feiertages als entscheidende Ursache ausgefallen ist.
3. Die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen hat nach wie vor das Landesarbeitsgericht zu treffen. Die Klägerin kann nicht darauf verwiesen werden, daß sie den Verdienstausfall vermieden hätte, wenn sie mit anderen Arbeitswilligen zusammen an der Herstellung der Tageszeitungen Anzeiger und Express gearbeitet hätte, denn sie beansprucht keine Verdienstausfallentschädigung dafür, sondern für die vom Arbeitskampf ausgenommene Arbeit am Bundesanzeiger.
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog
Pallas Krebs
Fundstellen