Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung: Angestellter in einem Haus der Offenen Tür. Eingruppierung eines Pädagogen nach dem Arbeitsvertragsrecht der Bayerischen (Erz-)Diözesen (ABD), der über den Abschluss Magister Artium an der Universität Erlangen verfügt, mit einer Tätigkeit in einem Haus der Offenen Tür. Gleichbehandlung
Orientierungssatz
Ein Pädagoge, der als Referent für die Beratungsseelsorge in einem in kirchlicher Trägerschaft stehenden Haus der Offenen Tür, einem Menschen aller Altersgruppen offenstehenden “Zentrum der Begegnung, Beratung und Seelsorge”, zeitlich überwiegend Hilfesuchenden Unterstützung bei Existenznöten, Selbstzweifeln, Lebensangst, Einsamkeit und Verzweiflung, Partnerschaftsproblemen, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit oder Erziehungsfragen bietet, ist als “sonstiger Angestellter” nach den Tätigkeitsmerkmalen für “Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” des Teils A, 3.3 der Vergütungsordnung zum ABD eingruppiert.
Normenkette
Arbeitsvertragsrecht der Bayerischen (Erz-)Diözesen (ABD) §§ 22, 23a; Vergütungsordnung zum ABD Teil A, 3.2 “Allgemeine Tätigkeitsmerkmale” VergGr. IIa Fallgr. 1a, VergGr. Ib Fallgr. 2, Anmerkung Nr. 1, 3.3 “Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” VergGr. III Fallgr. 8, Anmerkung Nr. 5, 8 Buchst. c
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Vergütung des Klägers.
Der am 1. Dezember 1954 geborene Kläger wurde von der Beklagten zum 1. Oktober 1981 mit einer Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als “Innendienstleiter der ‘Offenen Tür und Beratungsseelsorge E…’ – pädagogischer Berater” eingestellt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 21. Oktober 1981 ist die Vergütung des Klägers, der seinerzeit Student in dem Magisterstudiengang der Pädagogik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg war, nach VergGr. III BAT vereinbart. Am 29. Juli 1982 schloss der Kläger sein Studium mit dem Magister Artium ab. Ein Abschluss des Studiengangs Pädagogik mit einer ersten Staatsprüfung oder Diplomprüfung ist an der Universität Erlangen-Nürnberg nicht vorgesehen.
Seit dem 1. Januar 1985 richtet sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 13. November 1985. Nach dessen § 2 “bemißt sich” das Arbeitsverhältnis “nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages vom 23.2.1961 (BAT) und den zur Ergänzung sowie Änderung abgeschlossenen bzw. künftig abzuschließenden Tarifverträgen”.
§ 5 des Arbeitsvertrages lautet:
“Dem Angestellten obliegen in der Regel folgende Tätigkeiten: Innendienstleiter der ‘Offenen Tür und Beratungsseelsorge E…’ – pädagogischer Berater –
Nach den vorgenannten überwiegend auszuübenden Tätigkeiten wird der Angestellte entsprechend den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1a zum BAT ab Dienstantritt in die Vergütungsgruppe III BAT eingereiht; ab 1.8.1985 Verg.Gr. IIa”
Gemäß § 9 Buchst. b des Arbeitsvertrages ist ua. die Dienst- und Besoldungsordnung der Erzdiözese Bamberg in der jeweiligen Fassung Bestandteil des Arbeitsvertrages. Damit ist das Arbeitsvertragsrecht der Bayerischen (Erz-)Diözesen (ABD) in Bezug genommen. Entsprechend dieser vertraglichen Vereinbarung erhält der Kläger seit dem 1. August 1985 Vergütung nach VergGr. IIa BAT bzw. ABD. Die Eingruppierungsregelungen des ABD entsprechen im hier interessierenden Zusammenhang nach Aufbau und Inhalt denen des BAT, wobei die Parteien im Rechtsstreit für den Klaganspruch auf das ABD abstellen.
Bei der “Offenen Tür E…” (OTE), deren Träger die Beklagte ist, handelt es sich um ein Zentrum der Begegnung, Beratung und Seelsorge. Dieses bietet Menschen mit Existenznöten zB wegen Arbeitslosigkeit, mit Partnerschaftsproblemen, bei Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit oder in Erziehungsfragen – insbesondere durch Beratung – Hilfe an; zum Teil sind die Ratsuchenden suizidgefährdet. Die Leitung der OTE, zu deren Arbeitsbereichen ua. die Telefonseelsorge, die Beratungsseelsorge und der Offene Bereich gehören, ist Pater R… B… übertragen. In den Arbeitsbereichen Beratungsseelsorge und Offener Bereich sind der Kläger als Referent für diesen Arbeitsbereich, der 1997 von der Beklagten eingestellte und jedenfalls seit 2002 nach VergGr. Ib ABD bezahlte Diplompsychologe W… und zwei Schreib- und Verwaltungskräfte tätig. Referent für die Telefonseelsorge ist der nach dem Kläger eingestellte und seit dem 1. August 1998 nach VergGr. Ib vergütete Diplompsychologe S….
Im Juli 1994 erstellte der Kläger auf Bitte der Beklagten eine Arbeitsplatzbeschreibung. Nach deren um die Angabe der Zeitanteile seiner Einzeltätigkeiten ergänzten Neufassung aus August 1996, deren Richtigkeit von der Beklagten nicht bezweifelt wird, entfallen auf die darin aufgeführten Aufgaben des Klägers als “Referent für die Beratungsseelsorge” folgende Anteile seiner Gesamttätigkeit
– |
Bereich der Beratung (davon Einzel- und Paarberatung 50 %) |
66 % |
– |
Bereich des Empfangs |
12 % |
– |
Leitungsbereich |
19 % |
– |
Krisenhilfe |
3 % |
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100 %. |
Auf der Grundlage dieser Arbeitsplatzbeschreibung nahm die Beklagte sodann eine Bewertung der Stelle des Klägers vor. Der damit befasste Personalausschuss der Beklagten kam dabei am 2. Oktober 1996 einstimmig zu dem Ergebnis, die Tätigkeit des Klägers enthalte “überwiegend Merkmale aus dem Sozial- und Erziehungstarifvertrag”, der “eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe IIa ABD Teil A nicht” vorsehe. Sein “Beschlußvorschlag” lautete, eine höhere Vergütung “erfolge” nicht. Der darüber unterrichtete Kläger machte demgegenüber mit Schreiben vom 13. August 2001 geltend, er sei ab 1. August 2000 infolge des 15-jährigen Bewährungsaufstiegs nach § 23a ABD nach VergGr. Ib ABD zu vergüten. Das vom Kläger eingeleitete Schlichtungsverfahren blieb erfolglos.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger den Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Ib ABD ab 1. August 2000 weiter. Er hat vorgetragen, er sei stellvertretender Leiter der Einrichtung und erfülle die Tatbestandsvoraussetzungen der VergGr. IIa ABD Teil A, 3.2 – Allgemeine Tätigkeitsmerkmale. Er verfüge über eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung und sei auch entsprechend tätig geworden. Die von ihm abgelegte Magisterprüfung stehe im Sinne der Anmerkung Nr. 1 zu den vorgenannten Tätigkeitsmerkmalen einer ersten Staatsprüfung oder einer Diplomprüfung gleich. Die Beklagte sei an die von ihr vorgenommene Eingruppierung in die VergGr. IIa ABD gebunden, aus der sich nach 15-jähriger Bewährung gem. § 23a ABD die Eingruppierung in VergGr. Ib ABD ergebe. Außerdem berufe er sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die von der Tätigkeit her vergleichbaren Mitarbeiter S… und W… im Wege des Bewährungsaufstiegs in VergGr. Ib ABD eingruppiert seien. Dies gelte auch für die beim Bezirk Mittelfranken beschäftigte Angestellte K….
Der Kläger hat beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger rückwirkend zum 1. August 2000 in die VergGr. Ib der Allgemeinen Vergütungsordnung nach dem Arbeitvertragsrecht der Bayer. Diözesen (ABD) einzugruppieren und dem Kläger die aus dieser Vergütungsgruppe geschuldete Vergütung zu leisten.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Differenzbetrag zwischen der VergGr. IIa und der VergGr. Ib ABD für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Magisterprüfung entspreche nicht einer ersten Staats- oder Diplomprüfung im Sinne der vorgenannten Anmerkung Nr. 1, weil an anderen bayerischen Universitäten eine Diplomprüfung im Fach Pädagogik abgelegt werden könne. Der Kläger sei zudem in der von ihm angenommenen Ausgangsvergütungsgruppe IIa ABD Teil A, 3.2 – Allgemeine Tätigkeitsmerkmale nicht zutreffend eingruppiert, denn seine überwiegende Tätigkeit entspreche – wie von ihr im Schlichtungsverfahren im Einzelnen dargelegt – derjenigen eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen, so dass sich seine Eingruppierung nach den “zusätzlichen Tätigkeitsmerkmalen für bestimmte Angestelltengruppen” des Teils A, 3.3 – G… 1 Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst richte. Die Mitarbeiter S… und W… seien Diplompsychologen, Frau K… sei bei einem anderen Arbeitgeber tätig.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis mit Recht die Klage abgewiesen.
I. Die als Eingruppierungsfeststellungsklage auszulegende und mit diesem Inhalt zulässige Klage (st. Rspr., zB Senat 10. Dezember 1997 – 4 AZR 221/96 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 237 mwN) ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Ib ABD ab 1. August 2000.
1. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt nicht die Voraussetzungen der arbeitsvertraglichen Regelungen des ABD für den Anspruch auf die von ihm geforderte Vergütung.
a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das ABD in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies folgt aus § 9 Buchst. b des Arbeitsvertrages vom 13. November 1985, in dem die Parteien vereinbart haben, dass die Dienst- und Besoldungsordnung der Erzdiözese Bamberg in der jeweiligen Fassung Bestandteil des Arbeitsvertrages ist. Dies beinhaltet streitlos die Inbezugnahme der arbeitsvertraglichen Regelungen des ABD.
b) Die allgemeinen arbeitsvertraglichen Regelungen für Angestellte, zu denen der Kläger bis zur Vereinheitlichung der Rentenversicherung am 1. Januar 2005 gehörte, sind in Teil A des ABD geregelt. Nach dessen § 22 Abs. 1 richtet sich die Eingruppierung der Angestellten – von einer hier nicht interessierenden Ausnahme abgesehen – nach den Tätigkeitsmerkmalen der Allgemeinen Vergütungsordnung. Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist. Nach § 22 Abs. 2 ABD ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht (Unterabs. 1). Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen (Unterabs. 2 Satz 1).
c) Die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsordnung zum ABD, auf die der Kläger den Anspruch auf regelungskonforme Vergütung stützt, lauten (Teil A, 3.2 “Allgemeine Tätigkeitsmerkmale”):
“Vergütungsgruppe IIa
1a. Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben. *
(Hierzu Anmerkung Nr. 1)
Vergütungsgruppe Ib
1a. …
1b. …
1c. …
1d. …
1e. …
2. Angestellte, die nach mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichneten Tätigkeitsmerkmalen in der Vergütungsgruppe IIa eingruppiert sind, nach elfjähriger Bewährung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe IIa, wenn sie eine zweite Staatsprüfung abgelegt haben, im Übrigen nach fünfzehnjähriger Bewährung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe IIa.
…”
Die Anmerkung Nr. 1 lautet:
“Wissenschaftliche Hochschulen sind Universitäten, Technische Hochschulen sowie andere Hochschulen, die nach Landesrecht als wissenschaftliche Hochschulen anerkannt sind.
Abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung liegt vor, wenn das Studium mit einer ersten Staatsprüfung oder mit einer Diplomprüfung beendet worden ist. Der ersten Staatsprüfung oder der Diplomprüfung steht eine Promotion oder die Akademische Abschlussprüfung (Magisterprüfung) einer Philosophischen Fakultät nur in den Fällen gleich, in denen die Ablegung einer ersten Staatsprüfung oder einer Diplomprüfung nach den einschlägigen Ausbildungsvorschriften nicht vorgesehen ist. Eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung setzt voraus, dass die Abschlussprüfung in einem Studiengang abgelegt wird, der seinerseits mindestens das Zeugnis der Hochschulreife (allgemeine Hochschulreife oder einschlägige fachgebundene Hochschulreife) als Zugangsvoraussetzung erfordert und für den Abschluss eine Mindeststudienzeit von mehr als sechs Semestern – ohne etwaige Praxissemester, Prüfungssemester o.Ä. – vorgeschrieben ist.”
d) Der Kläger hat daher Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Ib (Fallgr. 2) ab 1. August 2000, wenn die in seiner Tätigkeit anfallenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten Umfang die subjektiven und objektiven Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IIa Fallgr. 1a erfüllt und der Kläger sich in dieser Tätigkeit zum vorgenannten Zeitpunkt 15 Jahre bewährt hat (§ 23a ABD).
aa) Der Begriff des Arbeitsvorgangs iSv. § 22 ABD bezeichnet eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (st. Rspr. des Senats zu der gleichlautenden Vorschrift des § 22 BAT, zB 20. Juni 1990 – 4 AZR 91/90 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 150). Maßgeblich sind die Arbeitsergebnisse der übertragenen Aufgaben (Senat 9. Juli 1997 – 4 AZR 177/96 – AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 7). Das Arbeitsergebnis ist ausgehend von dem Aufgabenkreis des Angestellten zu bestimmen (vgl. Anm. 1 zu § 22 Abs. 2 ABD), wobei der enge innere Zusammenhang einzelner Arbeitsleistungen für die Annahme eines einheitlichen Arbeitsvorgangs sprechen kann (Senat 14. März 2001 – 4 AZR 172/00 – ZTR 2002, 71; 26. Januar 2005 – 4 AZR 6/04 – BAGE 113, 291).
bb) Weder das Arbeitsgericht noch das Landesarbeitsgericht haben Ausführungen dazu gemacht, aus welchen Arbeitsvorgängen die Tätigkeit des Klägers besteht. Dies ist unschädlich, da der Senat die Arbeitsvorgänge selbst bestimmen kann (st. Rspr., zB Senat 22. Juli 1998 – 4 AZR 99/97 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 255 mwN). Die dazu erforderlichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen liegen vor. Die die Bestimmung der Arbeitsvorgänge in der Tätigkeit des Klägers ermöglichenden Umstände ergeben sich aus der zwischen den Parteien ihrem Inhalt nach unstreitigen, im August 1996 erstellten Arbeitsplatzbeschreibung. Danach handelt es sich bei der darin so genannten Tätigkeit des Klägers als “Referent für die Beratungsseelsorge in der Offenen Tür E…” um einen einheitlichen Arbeitsvorgang iSv. § 22 ABD. Nach dem Inhalt der Arbeitsplatzbeschreibung besteht die Aufgabe des Klägers darin, die Funktionsfähigkeit des Referats durch koordinierende Leitung zu gewährleisten unter Einschluss eigener Beratung des Klientels zu einem wesentlichen Teil. Diese auf das gesamte Referat bezogene Tätigkeit kann nicht in einzelne Arbeitsvorgänge aufgeteilt werden. Alle Einzelaufgaben des Klägers als Referent des Arbeitsbereichs stehen in einem inneren Zusammenhang, so dass seine gesamte Tätigkeit einem einheitlichen Arbeitsergebnis dient. Davon geht auch der Kläger der Sache nach aus.
e) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger sei mangels Erfüllung der subjektiven Anforderung der “abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulbildung” nicht in VergGr. IIa eingruppiert. Nach Anmerkung Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 zu den Allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen liege eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung vor, wenn das Studium mit einer ersten Staatsprüfung oder mit einer Diplomprüfung beendet worden sei. Der ersten Staatsprüfung oder der Diplomprüfung stehe eine Promotion oder die akademische Abschlussprüfung (Magisterprüfung) einer philosophischen Fakultät nur in den Fällen gleich, in denen die Ablegung einer ersten Staatsprüfung oder einer Diplomprüfung nach den einschlägigen Ausbildungsvorschriften nicht vorgesehen sei (Anmerkung Nr. 1 Abs. 2 Satz 2). Letzteres sei hier nicht der Fall. Anmerkung Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 zu den Allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen müsse dahin ausgelegt werden, dass mit den “einschlägigen Ausbildungsvorschriften” die Ausbildungsvorschriften des jeweiligen Fachs aller regional einzubeziehenden Hochschulen gemeint seien. Damit verfüge der Kläger nicht über einen der “abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulbildung” iSd. Anmerkung Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 gleichgestellten Hochschulabschluss. Denn der Kläger habe an verschiedenen (bayerischen) Universitäten im Fach Pädagogik eine Diplomprüfung ablegen können. Das Nichtbestehen dieser Möglichkeit an der Universität Erlangen-Nürnberg begründe nicht die Voraussetzungen der Gleichstellungsregelung iSd. Anmerkung Nr. 1 Abs. 2 Satz 2.
f) Es kann dahinstehen, ob diese Auslegung der Anmerkung Nr. 1 Abs. 2 zutreffend ist. Denn der Kläger erfüllt mit der von ihm auszuübenden Tätigkeit nicht die objektive Anforderung der VergGr. IIa Fallgr. 1a/VergGr. Ib Fallgr. 2. Er übt keine einer abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulbildung entsprechende Tätigkeit aus. Deswegen kann dahinstehen, ob er die Anforderungen des “sonstigen Angestellten” iSd. vorgenannten Tätigkeitsmerkmale erfüllt, was das Landesarbeitsgericht keiner Prüfung unterzogen hat, aber von dessen Rechtsstandpunkt aus – wie der Kläger mit Recht geltend macht – hätte geprüft werden müssen.
aa) Die Tätigkeit des Klägers als Referent für den Arbeitsbereich Beratungsseelsorge in der OTE entspricht dem Berufsbild des Sozialarbeiters/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung (nachfolgend: Sozialpädagoge). Sie wird daher nicht von den Allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen des Teils A, 3.2 der Vergütungsordnung zum ABD, sondern von den besonderen Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst des Teils A, 3.3 erfasst. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht Sozialpädagoge ist. Er ist dann als “sonstiger Angestellter” bei Vorliegen der dafür geforderten subjektiven Voraussetzungen an Fähigkeiten und Erfahrung nach den Merkmalen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst eingruppiert, wenn er dem Berufsbild des Sozialpädagogen entsprechende Tätigkeiten auszuüben hat (vgl. zB Senat 8. September 1999 – 4 AZR 688/98 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 271 zur Eingruppierung eines Diplompädagogen nach den Tätigkeitsmerkmalen für Sozialpädagogen).
(1) Der Senat hat sich in zahlreichen Entscheidungen mit dem Berufsbild des Sozialpädagogen befasst (vgl. nur die Entscheidungen des Senats AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 1 bis 49). Knapp definiert besteht die Aufgabe des Sozialpädagogen in der Hilfe zur besseren Lebensbewältigung, was sich je nach der Problemsituation und auslösender Lebenslage als Entwicklungs-, Erziehungs-, Reifungs- oder Bildungshilfe verstehen lässt. Durch psychosoziale Mittel und Methoden sollen die als Bedürftigkeit, Abhängigkeit und Not bezeichneten Lebensumstände geändert werden. Die Tätigkeit des Sozialarbeiters hat die Veränderung des Menschen, seiner Lebenslage und Lebensqualität und der sie bedingenden gesellschaftlichen Strukturen als Ziel beruflichen Handelns (zB Senat 18. Juni 1997 – 4 AZR 764/95 – AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 38 mwN; 26. Juli 1995 – 4 AZR 318/94 – AP AVR Caritasverband § 12 Nr. 8). Insbesondere gehört die Beratung von Menschen in Krisensituationen und Notlagen zum Aufgabenkreis des Sozialpädagogen. So zählen nach der Anmerkung Nr. 5 zu Teil A, 3.3 – G… 1 Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst – zu den (schwierigen) Tätigkeiten des Berufs die Beratung von Suchtmittel-Abhängigen und von HIV-Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen. Da der Beispielskatalog dieser Anmerkung nicht abschließend ist, sind schwierige Tätigkeiten des Sozialpädagogen auch die Beratung von Personen in sonstigen besonders gefährdeten Lebenssituationen. Als besonders schwierige fachliche Tätigkeit nennt die Anmerkung Nr. 8 Buchst. c zu diesem Teil der Vergütungsordnung des ABD “Tätigkeiten in Häusern der offenen Tür”.
(2) Diesem Berufsbild entspricht die Tätigkeit des Klägers. Kurz zusammengefasst hat er diese dahin beschrieben, er habe sich im Bereich der Offenen Tür mit Besuchern zu befassen, die in einer akuten Notlage seelsorgerischen Rat suchten. Dabei gehe es nicht nur um Partnerschaftsprobleme, Erziehungsfragen oder Probleme der Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit. Er habe es auch häufig mit Ratsuchenden zu tun, die suizidgefährdet seien. Dem entspricht der Sache nach die Darstellung der Beklagten, die OTE als ein Menschen aller Altersgruppen offenstehendes Zentrum der Begegnung, Beratung und Seelsorge biete den Hilfesuchenden Unterstützung bei Existenznöten, Selbstzweifeln, Lebensangst, Einsamkeit und Verzweiflung, Partnerschaftsproblemen, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit oder Erziehungsfragen. Beratungs- und Betreuungstätigkeiten dieses Inhalts sind regelmäßig Sozialpädagogen übertragen, wie die zitierte Rechtsprechung des Senats zeigt. Insbesondere zählt auch die vom Kläger als eingruppierungsrechtlich besonders hochwertig angesehene Beratung von Personen in besonders gefährdeten Lebenssituationen wie suizidgefährdeten Menschen zu den – schwierigen – Aufgaben des Sozialpädagogen, wie der Senat mehrfach für Tätigkeiten von – organisatorisch anders eingegliederten – Sozialpädagogen mit vergleichbarem Aufgabenbereich entschieden hat (zB 1. März 1995 – 4 AZR 985/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Arbeiterwohlfahrt Nr. 2; 4. September 1996 – 4 AZR 177/95 – AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 30). Tatsachenvortrag dazu, seine Beratungstätigkeit rechne deshalb nicht zum Berufsbild des Sozialpädagogen, weil sie wesentlich theologisch geprägt sei, hat der Kläger, der seiner Ausbildung nach auch kein Theologe, sondern Pädagoge ist, nicht gehalten. Sein Hinweis darauf, zur Ausübung der ihm übertragenen Tätigkeit benötige er die Qualifikation als “Kinder- und Jugendpsychotherapeut mit staatlicher Anerkennung” – über die er verfügt –, ist ebenfalls nicht geeignet, die Anwendung der Tätigkeitsmerkmale für den Sozial- und Erziehungsdienst auf seine Tätigkeit auszuschließen. Er bestätigt vielmehr im Gegenteil gerade die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Zuordnung. Denn dieser Beruf wird von den Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst erfasst. Danach sind Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/Psychagogen mit staatlicher Anerkennung oder staatlich anerkannter Prüfung und entsprechender Tätigkeit in VergGr. III (Fallgr. 8) eingruppiert.
(3) Es spielt im vorliegenden Fall keine Rolle, ob der Beklagten wegen der Verweigerung des Bewährungsaufstiegs die Darlegungs- und Beweislast für die Nichterfüllung der Anforderungen der – mit dem vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Bewährungsaufstieg verbundenen – VergGr. IIa Fallgr. 1a nach den Grundsätzen der sog. korrigierenden Rückgruppierung oblag, obwohl die nach der Rechtsprechung des Senats für die Umkehrung der Beweislast vorausgesetzte Bezeichnung der für den Bewährungsaufstieg maßgeblichen Fallgruppe in dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 13. November 1985 nicht erfolgt ist (vgl. 26. April 2000 – 4 AZR 157/99 – BAGE 94, 287). Denn die Zugehörigkeit der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit zu den Eingruppierungsmerkmalen für den Sozial- und Erziehungsdienst folgt aus dem unstreitigen Parteivortrag.
bb) Nach diesen Tätigkeitsmerkmalen ist der Kläger nicht ab 1. August 2000 in VergGr. Ib eingruppiert. Denn die Tätigkeitsmerkmale für den Sozial- und Erziehungsdienst sehen als höchste Vergütung des Angestellten diejenige in VergGr. IIa vor, die der Kläger erhält.
2. Der Beklagten ist es auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Nichterfüllung der Anforderungen für den Bewährungsaufstieg zu berufen. Umstände, die diese Wertung rechtfertigen könnten, sind vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte dem Kläger nicht bestätigt, er sei mit der Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs eingruppiert. Der Arbeitsvertrag vom 13. November 1985 benennt – wie bereits erwähnt – für die Eingruppierung des Klägers keine Fallgruppe. Er gibt damit auch keinen Hinweis auf einen etwaigen Bewährungsaufstieg in VergGr. Ib.
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Ib ab 1. August 2000 nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
a) Ein Arbeitgeber ist individualrechtlich nicht gehindert, die gleiche Tätigkeit von Arbeitnehmern ungleich zu vergüten. Der Grundsatz “Gleicher Lohn für gleiche Arbeit” ist keine allgemeingültige Anspruchsgrundlage. Vielmehr besteht in Fragen der Vergütung Vertragsfreiheit, die lediglich durch verschiedene rechtliche Bindungen wie Diskriminierungsverbote (vormals zB § 612 Abs. 3 BGB, nunmehr § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG) und tarifliche Mindestentgelte eingeschränkt ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber nur, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er verbietet eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppen und eine sachfremde Gruppenbildung (BAG 18. November 2003 – 1 AZR 604/02 – BAGE 108, 299, 309 f.).
b) Ein solcher Verstoß liegt nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht vor. Eine von der Beklagten selbst gesetzte Regel, nach der diese einen Arbeitnehmer wie den Kläger nach 15-jähriger Bewährung in seiner Tätigkeit nach VergGr. Ib vergütet, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Die Gehaltsentwicklung der vom Kläger genannten Mitarbeiter ist nach seinem eigenen Vortrag unterschiedlich und zumindest in einem der beiden Fälle offensichtlich nicht nach der vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Regel verlaufen. Damit weist das Eingruppierungsverhalten der Beklagten keine Regelhaftigkeit auf, auf die sich der Kläger stützen könnte.
Der Kläger hat schon nicht präzise vorgetragen, dass die Beklagte bei dem Diplompsychologen S… in dieser Weise verfahren ist. Insoweit behauptet er, der Diplompsychologe S… sei nach ihm – dem Kläger – eingestellt worden und erhalte ab 1. August 1998 “nach § 23a ABD” Vergütung nach VergGr. Ib. Dieser Vortrag lässt offen, ob die Höhergruppierung des Diplompsychologen S… nach 15-jähriger Bewährung in seiner Tätigkeit erfolgt ist oder abweichend davon durch einzelvertragliche Sonderregelung.
Zumindest ist aber die Höhergruppierung des vom Kläger ebenfalls angeführten Mitarbeiters W… in VergGr. Ib nicht nach der vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Regel erfolgt, wonach bei der Beklagten Mitarbeiter mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung nach 15-jähriger Bewährung nach dieser Vergütungsgruppe vergütet würden. Denn der Mitarbeiter W…, der nach der vom Kläger im Berufungsrechtszug aufgestellten Behauptung “längst” nach VergGr. Ib bezahlt wird, ist erst seit 1997 bei der Beklagten beschäftigt, kann sich bei ihr also noch nicht fünfzehn Jahre in seiner Tätigkeit bewährt haben.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 97 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Creutzfeldt, Bott, Pieper, Redeker
Fundstellen
NZA 2007, 1128 |
ZTR 2007, 258 |
NJOZ 2007, 4861 |