Entscheidungsstichwort (Thema)
Personaleinkauf. Flugvergünstigungen im Konzern. Einstellung des Flugbetriebs nach Insolvenz der Fluggesellschaft
Orientierungssatz
Sagt der Bodenbetrieb einer Fluggesellschaft seinen Mitarbeitern Flugvergünstigungen zu, steht diese Zusage regelmäßig unter dem immanenten Vorbehalt, dass die zum Konzern gehörende Fluggesellschaft noch ein eigenes Flugnetz betreibt und deshalb vergünstigte Flugscheine mit vertretbarem Aufwand zur Verfügung stellen kann. Nach Einstellung des Flugbetriebs und Ausscheiden der Arbeitgeberin aus dem Konzern ist diese nicht mehr verpflichtet, Flugscheine anderer Gesellschaften zu erwerben und ihren Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 31.08.2005; Aktenzeichen 6 Sa 1661/04) |
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.08.2004; Aktenzeichen 9/14 Ca 2276/03) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 31. August 2005 – 6 Sa 1661/04 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger Flugvergünstigungen zu gewähren hat.
Der Kläger war seit 1978 bei der Swissair Schweizerische Luftverkehr AG – nachfolgend: Swissair – als Angestellter in Frankfurt am Main tätig. Dort befasste sich die Swissair ausschließlich mit der Bodenabfertigung, nicht mit einem Flugbetrieb. Das Arbeitsverhältnis richtete sich nach dem Arbeitsvertrag vom 9./13. Februar 1978, den die Parteien unter dem 22. September 1997 wie folgt änderten:
“…
4. Beim Erreichen des 20., 25., 30., 35., 40., 45. und 50. Dienstjubiläums erhalten Sie zusätzlich zu den bislang gewährten Flugvergünstigungen einen ID00R1-Flugschein gemäß den jeweils gültigen Richtlinien der SAirGroup. Etwaige anfallende Steuern haben Sie zu tragen.
…
7. Soweit sich aus diesem Änderungsvertrag nicht abweichendes ergibt, gelten im Übrigen die bisherigen Vereinbarungen, die Regelungen in den Swissair-Personalbestimmungen in der Fassung vom 1. Juli 1988 sowie die zum Zeitpunkt der Vertragsänderung geltenden Nachträge, das Transportreglement der SAirGroup in der jeweils gültigen Fassung und die gesetzlichen Vorschriften.
…”
Das Reglement der SAirGroup über Transportvergünstigungen gültig ab 1. Januar 1997 (nachfolgend: Reglement SAirGroup) lautete – soweit für die Entscheidung von Belang – wie folgt:
“III. Generelle Bestimmungen
…
2. Vergünstigungen
…
2.3 Reduktion, Status, Klasse
Welche Reduktionen in welcher Klasse zu welchem Status gewährt werden, können Sie dem Anhang A entnehmen.
2.3.1 Klassenberechtigung
2.3.1.1 …
2.3.1.2 Business-Class
Business-Class berechtigt ist der Angestellte bei
– ID00R2 ab dem 11. Dienstjahr
…
– ID00R1/JF Jubiläumsflug für 20 und mehr Dienstjahre
– ID00R1/4 Coupon ab dem 21. Dienstjahr
2.3.2 Jubiläumsflüge
Ab 10 Dienstjahren erhalten Angestellte mit mindestens 50 % Normalarbeitszeit und ihre unmittelbaren Familienangehörigen alle 5 Jahre einen Jubiläumsflug ID00R1. Dieser Flug kann wie folgt gebucht werden:
Dienstjahre |
Klasse |
… |
… |
ab 20 |
C |
… |
|
5. Vergünstigungen auf Flügen anderer Gesellschaften
5.1 Flüge mit anderen Airlines
5.1.1 Pool- und Nachbarschaftsverkehr
Existiert zwischen Swissair und einer anderen ausländischen Airline ein Pool- oder Nachbarschaftsverkehrsabkommen, so gelten teilweise die gleichen Ermäßigungen wie auf Swissair-Strecken. …
5.1.2 Crossair
Gemäß Abkommen mit Crossair können Angestellte mit mindestens 50 % Normalarbeitszeit … für Crossair-Flüge unlimitiert ID90R2- sowie ID50R1-Flugscheine beziehen.
5.1.3 Andere
Flüge, die den Rahmen der Abkommen sprengen oder Flüge mit Gesellschaften, mit denen kein Abkommen besteht, können nur in begrenztem Umfang vermittelt werden.
Bei Flügen mit Fremdgesellschaften, deren Tarifanteil weniger als 5 % beträgt, ist die Abgabe von 1 ID00-Gutschein erforderlich, unabhängig von der Reiseroute und Reduktion auf Swissair-Strecken.
…
Flüge auf fremden Gesellschaften werden ausschließlich durch die hierfür zuständigen Swissair-Stellen vermittelt. Es ist den Angestellten untersagt, direkte Anfragen an Fremdgesellschaften zu richten.
…
IV. Anhang
A. Übersicht über die Vergünstigungen auf Swissair-Kursen für Mitarbeiter von Swissair AG und Corporate …
B. Übersicht über die Vergünstigungen auf Swissair-Kursen für Mitarbeiter von Tochtergesellschaften …”
Zum 1. Januar 1999 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers im Rahmen eines Übergangs des Teilbetriebs “Bodenabfertigung” auf die Beklagte über, die zum damaligen Zeitpunkt noch unter A GmbH firmierte. In den Jahren 1999 bis 2001 stellte die Beklagte dem Kläger vergünstigte Flugscheine zur Verfügung. Diese bezog sie von der Swissair. Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte am 19. April 2001 die Beklagte dazu verurteilt, einem anderen Arbeitnehmer 1. Klasse-Flugscheine nach Maßgabe des Reglements der Swissair vom 27. März 1988 zur Verfügung zu stellen. Zum 30. März 2002 stellte die Swissair ihren Flugbetrieb endgültig ein. Die Beklagte schied damit aus dem Konzernverbund der SAirGroup aus. Das Flugnetz der Swissair existiert nicht mehr, sämtliche Poolabkommen und bilateralen Vereinbarungen mit anderen Fluglinien sind aufgelöst. Die Swissair wird nach schweizerischem Insolvenzrecht abgewickelt.
Der Kläger meint, die Beklagte habe ihm als Betriebsübernehmerin ab dem Jahr 2002 die regulären, jährlichen Flugvergünstigungen und auf Grund seines 25-jährigen Dienstjubiläums zwei Jubiläumsflüge zu gewähren. Der Betriebszweck habe sich nach dem Betriebsübergang nicht geändert. Es sei branchenüblich, dass Flugprivilegien auch den in der Flugabfertigung beschäftigten Arbeitnehmern eingeräumt würden. Diese Privilegien bezögen sich nicht nur auf das Beschäftigungsunternehmen bzw. den Konzern, dem das Unternehmen angehöre, sondern auch auf die in der IATA zusammengeschlossenen Unternehmen. Auch wenn der Flugbetrieb der Swissair eingestellt sei und die entsprechenden Formulierungen im Reglement die Swissair beträfen, könnten die Flugvergünstigungen über andere Fluggesellschaften abgewickelt werden.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ihm jährlich zwei Gutscheine oder Flüge für Business Class weltweit ID00R2 zur Verfügung zu stellen,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Flugschein zu gewähren für die Reiserouten Frankfurt/Kapstadt/Frankfurt und Frankfurt/Buenos Aires/Frankfurt jeweils in der Business Class (Class C) und in dem Reservierungsstatus ID00R1,
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm einen aus vier Coupons aus den Jahren 2002 und 2003 umgewandelten Flugschein im Reservierungsstatus ID00R1 zu gewähren,
hilfsweise, diesen Flugschein auf das Reiseziel Chicago auszustellen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, sie schulde dem Kläger keine Transportvergünstigungen, da sie mit der Einstellung des Flugbetriebes der Swissair Swissair-Flugscheine nicht mehr ausstellen oder beschaffen könne. Die Ansprüche des Klägers seien auf den Bezug von Swissair-Flugscheinen bzw. Flugscheinen anderer Gesellschaften im Rahmen von Poolabkommen mit der Swissair beschränkt gewesen. Soweit daneben ein Anspruch auf Gewährung von Flugscheinen anderer Fluggesellschaften bestanden habe, habe bereits mit der Antragstellung ein Swissair-Flugschein abgegeben werden müssen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe zwar einen vertraglichen Anspruch auf Flugvergünstigungen aus einer Gesamtzusage der Swissair erworben, den die Beklagte als Erwerberin nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich habe erfüllen müssen. Zusagen auf Personalrabatte seien jedoch von vornherein auf die Eigenproduktion des Arbeitgebers und deren Beibehaltung beschränkt. Daher setze der konzernweit gewährte Anspruch auf Flugvergünstigungen die Existenz eines Flugbetriebs im Konzern voraus. Die Swissair habe ihren Flugbetrieb endgültig eingestellt. Ein Schadensersatzanspruch komme nicht in Betracht, da es um ergänzende Vertragsauslegung gehe. Jedenfalls sei die Beklagte nach § 275 Abs. 1 BGB nF von ihrer Leistung frei geworden. Mangels Verschuldens bestehe auch insoweit kein Schadensersatzanspruch.
B. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
I. Streitgegenstand sind nach den Klarstellungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht nur noch die Leistungsanträge, nicht mehr der erstinstanzlich hilfsweise gestellte Antrag auf Schadensersatz und der in der Revisionsinstanz zunächst angekündigte Ausgleichs- und Entschädigungsantrag.
II. Die Ansprüche des Klägers sind unbegründet, da die Beklagte mit der Einstellung des Flugbetriebs der Swissair nicht mehr verpflichtet war, ihm die im Reglement SAirGroup geregelten Flugvergünstigungen zu verschaffen.
1. Ansprüche auf Flugvergünstigungen leitet der Kläger ausschließlich aus einer vertraglichen Zusage her. Ansprüche aus einer möglichen Verletzung kollektiven Rechts hat er ausgeschlossen. Soweit er in der Revisionsbegründung zu § 117 BetrVG argumentiert, will er damit nicht auf eine kollektivrechtliche Anspruchsgrundlage, sondern auf die von ihm behauptete Sondersituation in der Flugbranche hinweisen, die Einfluss auf die Auslegung der vertraglichen Zusage haben soll. Auf seine Erwägungen in der Revision zur “verbösernden Betriebsvereinbarung” kommt es daher nicht an.
2. Ehemals vertraglich begründete Ansprüche auf Erteilung von Gutscheinen und Gewährung von Flugscheinen bestehen seit der Einstellung des Flugbetriebs der Swissair nicht mehr.
a) Nach § 611 Abs. 1 BGB schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung. Dazu gehören alle Leistungen, die ein Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeit erhält. Neben den laufenden Bezügen kann dies auch ein Anspruch auf Teilnahme am Personaleinkauf sein (vgl. BAG 7. September 2004 – 9 AZR 631/03 – BAGE 112, 23; 11. Dezember 1996 – 5 AZR 336/95 – AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 5 = EzA BGB § 611 Personalrabatt Nr. 2). Auch der vergünstigte Erwerb von Flugleistungen, die den Unternehmensgegenstand des Arbeitgebers ausmachen, ist eine solche Leistung. Inhaltlich verpflichtet die Einräumung von Personalrabatten den Arbeitgeber, mit dem Arbeitnehmer die für den Bezug der Vergünstigung erforderlichen Rechtsgeschäfte zu schließen. Wird der Personalrabatt unternehmensübergreifend für Konzernprodukte eingeräumt, hat der Arbeitgeber dafür einzustehen, dass der Arbeitnehmer die preisermäßigten Waren oder Dienstleistungen auch erhält.
aa) Ob, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Ansprüche des Klägers durch eine Gesamtzusage entstanden sind oder, wie die Beklagte annimmt, das Reglement SAirGroup auf Grund des Änderungsvertrages vom 22. September 1997 gilt, kann dahinstehen, da jedenfalls der Kläger einen vertraglichen Anspruch auf Flugvergünstigungen gemäß dem Reglement SAirGroup hatte. Dieses hatte das zunächst in Bezug genommene Reglement Swissair im Rahmen der Umstrukturierungen der Swissair abgelöst.
bb) In diesen gegenüber der Swissair begründeten Anspruch des Klägers ist die Beklagte eingetreten. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Erfasst werden alle bestehenden Ansprüche des Arbeitnehmers. Dazu gehört grundsätzlich auch ein Anspruch auf Personaleinkauf. Der Anspruch ist auch dann übergangsfähig, wenn – wie hier – lediglich ein Betriebsteil übergeht (BAG 7. September 2004 – 9 AZR 631/03 – BAGE 112, 23).
Dahinstehen kann, ob die Pflicht, den Personaleinkauf zu ermöglichen, endet, wenn der (Teil-)Betriebsnachfolger keine Produktionsbereiche übernimmt (BAG 7. September 2004 – 9 AZR 631/03 – aaO). Auch die Beklagte legt das Reglement nicht so aus. Zu Gunsten des Klägers kann davon ausgegangen werden, dass die Pflicht der Beklagten, dem Kläger Flugvergünstigungen nach dem Reglement SAirGroup einzuräumen, nicht endete, als der Bodenabfertigungsbetrieb im Jahr 1999 auf sie überging, solange die Beklagte Mitglied des Swissair-Konzerns war. Dementsprechend erhielt der Kläger in den Jahren 1999 bis 2001 einen “Ausweis zum Bezug von Transportvergünstigungen” mit entsprechenden Gutscheinen.
cc) Damit setzte die Beklagte aber keinen eigenen neuen Rechtsgrund (vgl. hierzu BAG 2. Dezember 1986 – 3 AZR 123/86 – AP BGB § 611 Deputat Nr. 9 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 46; 11. Dezember 1996 – 5 AZR 336/95 – AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 5 = EzA BGB § 611 Personalrabatt Nr. 2). Sie erfüllte vielmehr ihre Verpflichtung aus dem Reglement SAirGroup, die sich nach IV Anhang B ausdrücklich auch auf Tochtergesellschaften erstreckt hatte.
Da die Umstrukturierung der Swissair in einen Konzern und der damit einhergehende Teilbetriebsübergang der Bodenabfertigung auf die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Flugvergünstigungen ohnehin nicht beseitigte, gehen die Rügen des Klägers in der Revision, wonach das Landesarbeitsgericht verkannt habe, dass sich der Betriebszweck nicht geändert habe, ins Leere.
b) Allerdings ergibt die Auslegung der Zusage der Flugvergünstigungen, dass diese unter dem Vorbehalt stand, dass im Konzernverbund noch Flüge stattfinden. Dies hat das Landesarbeitsgericht dem Reglement SAirGroup rechtsfehlerfrei entnommen. Im Hinblick auf den Prüfungsmaßstab kann dabei dahinstehen, welchen Rechtscharakter das Reglement hat. Auch eine uneingeschränkte revisionsrechtliche Überprüfung, wie sie bei einer dem normativen Privatrecht zuzurechnenden Regelung (§ 73 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) oder einer typischen Willenserklärung (st. Rspr. vgl. BAG 3. Mai 2006 – 10 AZR 310/05 – EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 18 mwN) vorzunehmen ist, zeigt keinen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts auf.
aa) Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts (7. September 2004 – 9 AZR 631/03 – BAGE 112, 23) hat angenommen, der besondere Charakter der Sozialleistung “Personaleinkauf” begründe einen dieser Leistung immanenten Vorbehalt. Der Arbeitgeber schulde die Sachleistung nicht unmittelbar. Erst der Kauf vom Arbeitgeber vermittle dem Arbeitnehmer einen wirtschaftlichen Vorteil, indem er die Ware preisgemindert erhalte. Bei Aufgabe der Produktion entfalle diese Möglichkeit. Der Arbeitgeber könne dem Arbeitnehmer die Sachleistung nicht mehr aus eigenen Mitteln überlassen. Hinzu komme, dass der Arbeitgeber mit der Einräumung von Personalrabatten regelmäßig mehrere Zwecke verfolge. Es gehe insbesondere um die Motivation der Belegschaft und um deren Identifikation mit den unternehmerischen Zielen; zusätzlich gehe es um das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers. Die Personalkäufe sicherten in einem gewissen Umfang Produktabsatz und Umsatz. Regelmäßig habe der Arbeitgeber kein Interesse daran, seiner Belegschaft Produkte von Fremdfirmen rabattiert anzubieten. Nur bei dem Angebot eigener Produkte sei es ihm möglich, Produkte zu unter dem Marktpreis liegenden Konditionen anzubieten und dennoch einen Gewinn zu erzielen. Es bestehe ein psychologischer Zusammenhang zwischen Produkten aus eigener Produktion und dem Recht, eben diese Produkte erwerben und nutzen zu können. Dieser motiviere die Mitarbeiter. Diese Umstände seien den Arbeitnehmern als Empfänger der Zusage/der Leistung erkennbar.
bb) Diesen Grundsätzen folgt der Senat. Sie gelten auch für die hier streitigen Flugvergünstigungen. Dem Vorbringen des Klägers sind keine revisionsrechtlich erheblichen Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die vertragliche Verpflichtung der Swissair, an die die Beklagte gebunden war, den Inhalt hatte, einfach nur vergünstigte Flüge bereitzustellen, auch wenn diese nicht mehr selbst vergünstigt bezogen werden können, sondern wie durch jeden anderen Kunden auch auf dem Reisemarkt erworben werden müssen. Dabei kann dahinstehen, ob die Gewährung von Gutscheinen (Antrag zu 1) oder Flugscheinen (Antrag zu 2) und 3)) im Streit steht. Auch die Gutscheine sind darauf gerichtet, vergünstigte Flugscheine zu erwerben, wie gerade der Antrag zu 3) zeigt.
cc) Dieser Vorbehalt lässt sich auch dem der Leistungszusage zugrundeliegenden Reglement entnehmen. Zwar kann die Beklagte das im Reglement Swissair beschriebene Ziel der Transportvergünstigungen, dem Angestellten und seinen Angehörigen zu ermöglichen, das Produkt der Unternehmung durch persönliches Erleben kennen zu lernen (Nr. 1.1), nicht mehr als Gedanke der Mitarbeitermotivation und -identifikation heranziehen, denn diese Formulierung findet sich im ablösenden Reglement SAirGroup nicht mehr. Maßgeblich ist jedoch, dass das Reglement SAirGroup die Leistung selbst gegenständlich beschränkt.
(1) Das Reglement unterscheidet zwischen “Swissair-Kursen” und “Vergünstigungen auf Flügen anderer Gesellschaften” (Nr. 5). Dabei kamen Flüge mit anderen Fluggesellschaften (“Airlines”) nur im “Pool- und Nachbarschaftsverkehr” in Betracht (Nr. 5.1.1) und Flüge mit der Crossair auf Grund eines entsprechenden Abkommens (Nr. 5.1.2). Flüge, die den Rahmen der Abkommen sprengen oder Flüge mit Gesellschaften, mit denen kein Abkommen besteht, konnten nur in sehr begrenztem Umfang vermittelt werden (Nr. 5.1.3). Auch hierfür war zum Teil die Abgabe eines ID00-Gutscheins erforderlich (Nr. 5.1.3 Satz 2). Damit ist erkennbar, dass Flugvergünstigungen an ein eigenes Flugnetz, das im Konzern vorgehalten wird, gebunden waren oder jedenfalls an Vereinbarungen mit anderen Fluggesellschaften durch Pool- und Nachbarschaftsverkehr oder spezielle Abkommen. Solche Vereinbarungen bestehen jedoch seit der Insolvenz der Swissair nicht mehr.
(2) Es besteht auch kein Anlass, anzunehmen, die Swissair und die Beklagte hätten dem Kläger unabhängig vom Bestehen eines eigenen Flugnetzes sowie Vereinbarungen mit anderen Fluggesellschaften jedenfalls einen finanziellen Vorteil gewähren wollen (vgl. hierzu BAG 7. Dezember 1982 – 3 AZR 1103/79 – AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 56 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 9; Moll FS 50 Jahre Bundesarbeitsgericht S. 59, 70 f.; Boemke in Anm. AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 17). Zum einen hätte es dann der Unterscheidung zwischen eigenen und Fremdflügen nicht bedurft. Zum anderen wäre eine solche Zusage auch über ein bloßes “Entgegenkommen” hinaus gegangen, als das das Reglement SAirGroup in der Einleitung die sodann beschriebenen Leistungen charakterisiert. Nur solange die Swissair ein Streckennetz betrieb und darin Flugzeuge einsetzte, konnten sie und die Beklagte frei entscheiden, ob sie den ohnehin vorgehaltenen Passagierraum den im Konzern beschäftigten Mitarbeitern vergünstigt anboten. Allein das Bestehen eines konzerneigenen Flugnetzes bot für die Beklagte einen Anreiz, die Flugleistungen verbilligt anzubieten. Sie wollte nicht fremde Fluggesellschaften unterstützen, sondern ihren Mitarbeitern wie allen anderen Mitarbeitern des Konzerns eine günstige Reisemöglichkeit bieten, die sie mit vertretbarem Aufwand zur Verfügung stellen konnte (vgl. Moll S. 68).
(3) Sofern in Nr. 5.1.3 des Reglements SAirGroup Flüge mit Gesellschaften geregelt sind, mit denen kein Abkommen besteht, handelte es sich um eine bloße Vermittlungstätigkeit. Die Swissair und nachfolgend die Beklagte wurden hieraus nicht verpflichtet, Flugvergünstigungen auf solche vermittelten Flüge zu gewähren, auch schon zu Zeiten, als die Swissair noch ein Flugnetz vorhielt. Der Kläger kann nunmehr nicht besser gestellt werden. Die Vermittlung von Fremdflügen war ein von den Flugvergünstigungen unabhängiges Entgegenkommen der Swissair, auf das auch der Kläger als Mitarbeiter der Beklagten zurückgreifen konnte. Es handelt sich um eine zusätzliche Möglichkeit, die – jenseits des speziell geregelten Falls in Nr. 5.1.3 Satz 2 Reglement SAirGroup, der einen ID00-Gutschein erfordert – nicht die sonst im Reglement enthaltenen Voraussetzungen zum Bezug von Flugvergünstigungen hatte. Diese Möglichkeit besteht heute noch. So trägt die Beklagte in der Revision vor, sie vermittle auch jetzt noch vergünstigte Flugscheine, soweit die von ihr abgefertigten Fluggesellschaften sich bereit erklärten, solche zur Verfügung zu stellen. Flugvergünstigungen, auf denen der Anspruch des Klägers beruht, sind somit zu trennen von vermittelten Fremdflügen, die unabhängig von Flugvergünstigungen vermittelt werden.
3. Entgegen der Auffassung des Klägers gilt für die Jubiläumsflüge nichts anderes.
a) Weder dem Reglement SAirGroup noch dem Änderungsvertrag vom 22. September 1997 kann der Wille entnommen werden, dem Kläger eine Jubiläumszuwendung unabhängig von der Möglichkeit, Flugscheine über den Konzern beziehen zu können, zu gewähren (vgl. hierzu BAG 7. Dezember 1982 – 3 AZR 1103/79 – AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 56 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 9). Anzahl, Status und Preisreduktionsgrad des bei Erreichen des Jubiläums entstehenden Anspruchs waren nicht nur Anknüpfungspunkt für die Berechnung der Höhe eines bestimmten Betrages, der in Sachleistungen “ausgezahlt” werden sollte (vgl. hierzu Senat 4. April 2001 – 10 AZR 181/00 –). Sie beschrieben vielmehr Art und Umfang der Jubiläumsleistung abschließend. Soweit dem Kläger in Nr. 4 des Änderungsvertrages ein weiterer Jubiläumsflug eingeräumt wurde, geschah auch dies nur unter Bezugnahme auf die Richtlinien der SAirGroup. Eine über den Regelungsinhalt des Reglements SAirGroup hinausgehende einzelvertragliche Verpflichtung ist nicht zu erkennen.
4. Die sonstigen Revisionsrügen des Klägers greifen nicht durch.
a) Der Kläger rügt erfolglos, das Landesarbeitsgericht habe unter Verstoß gegen § 139 ZPO nicht darauf hingewiesen, dass er mehr zur Branchenüblichkeit von Flugprivilegien auch bei Fehlen eines Flugbetriebs vortragen müsse. Die erhobene Aufklärungsrüge ist unzulässig. Es ist darzulegen, dass für das Gericht eine Aufklärungspflicht bestanden hat, diese verletzt worden ist, was die Partei vorgetragen hätte, wenn das Gericht seiner Aufklärungspflicht genügt hätte und dass danach die Entscheidung anders ausgefallen wäre (BAG 9. Februar 2006 – 6 AZR 281/05 –; 15. Dezember 1994 – 2 AZR 327/94 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 67 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 75; ErfK/Koch 7. Aufl. § 74 ArbGG Rn. 15). Der Kläger hat nicht dargelegt, dass das Landesarbeitsgericht anders entschieden hätte, wenn es seinen Sachvortrag in der Revision gekannt hätte. Jedenfalls wäre die Rüge auch unbegründet. Selbst wenn das Landesarbeitsgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hätte, wäre dies nicht kausal für die Entscheidung geworden. Auf die behauptete Branchenüblichkeit könnte es nur ankommen, wenn das Reglement SAirGroup die Auslegung zuließe, dass unabhängig vom Flugbetrieb im Konzern Flugprivilegien eingeräumt werden könnten. Dies ist nicht der Fall.
b) Der Kläger rügt weiterhin erfolglos, das Landesarbeitsgericht habe den Einfluss von Flugprivilegien auf die Gehaltsstruktur aufklären müssen (§ 139 ZPO). Diese Rüge ist jedenfalls unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat seine Aufklärungspflichten nicht verletzt. Der Vortrag des Klägers in der Revision, wegen der eingeräumten Flugprivilegien sei bei Vertragsschluss sowie bei Änderung des Vertrages ein Vergütungsabschlag vorgenommen worden, ist neu. Er war vorinstanzlich nicht eingeführt worden. Die bloße Behauptung in der Vorinstanz, die Flugprivilegien seien für die Begründung des Arbeitsverhältnisses und den Bestand desselben von wesentlicher Bedeutung gewesen, war unsubstantiiert. Das Landesarbeitsgericht musste daher nicht weiter aufklären, ob sich die Vergütung wesentlich verringerte, als die Flugprivilegien wegfielen. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch bei Berücksichtigung dieses neuen Vortrags anders ausgefallen wäre. Insbesondere legt der Kläger nicht dar, dass der Wert der Vergünstigungen mehr als 25 % des Gesamtverdienstes betrug. Erst dann wäre ein Eingriff in den Kernbereich des Arbeitsvertrages anzunehmen (vgl. BAG 12. Januar 2005 – 5 AZR 364/04 – BAGE 113, 140; 7. Dezember 2005 – 5 AZR 535/04 – AP TzBfG § 12 Nr. 4 = EzA TzBfG § 12 Nr. 2, auch zu Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
C. Die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Marquardt
Der Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Freitag ist durch Urlaub an der Unterschriftsleistung gehindert.
Marquardt, Brühler, Lindemann, Petri
Fundstellen
NWB 2007, 4292 |
FA 2007, 142 |
FA 2007, 185 |
NZA 2007, 325 |
EzA-SD 2007, 9 |
NJW-Spezial 2007, 227 |