Leitsatz (amtlich)

Gliedert eine Fluggesellschaft den Betrieb ihrer Bodenabfertigung aus und überträgt ihn einer eigenen Gesellschaft, so behalten die zu dem neuen Unternehmen wechselnden Arbeitnehmer gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB ihre bisherigen Ansprüche auf vergünstigte Flüge.

 

Normenkette

BGB § 613a; BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 10; BGB § 275

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.03.2000; Aktenzeichen 9 Ca 854/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfürt am Main vom 8.03.2000 – 9 Ca 854/99 – teilweise abgeändert und neu gefasst.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 1. Klasse-Flugscheine nach Maßgabe der Ziffer 3.2.1 des Reglements der … vom 27.03.1988 zur Verfügung zu stellen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten für den ersten Rechtszug hat die Beklagte zu 75 % und der Kläger zu 25 % zu tragen; die Kosten der Berufung hat die Beklagte ganz zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die unveränderte Weitergewährung von Flugvergünstigungen aufgrund einer Gesamtzusage.

Der Kläger war seit 1971 in der Bodenabfertigung der … AG (im Folgenden: …) in deren Betrieb auf dem Flughafen Frankfurt beschäftigt. Aufgrund einer Gesamtzusage galt für ihn ein „Reglement über die Transportvergünstigungen vom 27.03.1988 (im Folgenden: Reglement), auf dessen vollständigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 6 bis 18 d. A.). Im Herbst 1996 beabsichtigte die … ohne Beteiligung des bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrats das Reglement insbesondere hinsichtlich der Berechtigung zur Inanspruchnahme vergünstigter 1. Klasse-Flüge zu Lasten der Mitarbeiter zu ändern. Den Antrag der … auf Feststellung ihrer entsprechenden Berechtigung hat das Hessische Landesarbeitsgericht mit am 25.06.1998 verkündetem Beschluss – 5 TaBV 187/97 – rechtskräftig abgewiesen. Am 01.01.1999 ging der die Bodenabfertigung der … auf dem Flughafen … abwickelnde Betrieb der … für den der Kläger Vorsitzender des dort gebildeten Betriebsrates war, gem. § 613 a BGB auf die damals noch als Firma … firmierende Beklagte über: Diese gehört wie die … zum Konzern der … Group, befasst sich aber nur mit der Bodenabfertigung und betreibt selbst kein Flugunternehmen. Die Beklagte, bei der der Kläger wiederum die Position des Betriebsratsvorsitzenden bekleidet, gewährt die Flugvergünstigungen nach dem Reglement, jedoch mit Ausnahme der 1. Klasse-Flüge gemäß Ziffer 3.2.1 des Reglements.

Der Kläger hat gemeint, das Reglement der … vom 27.03.1988 gelte gem. § 613 a Abs. 1 BGB für ihn auch bei der Beklagten weiter. Diese sei nicht berechtigt, ohne Berücksichtigung der Mitbestimmungsrechte des bei ihr gebildeten Betriebsrates, Änderungen an der Gesamtzusage vorzunehmen. Solche mitbestimmungswidrigen Einschränkungen der Leistungen hätten ihm gegenüber nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung keine Gültigkeit. Weiter hat der Kläger behauptet, dass er für den ihm gemäß Ziffer 7 des Reglements zustehenden Jubiläumsflug in der Business-Class, der ihm verweigert worden sei, bei einem anderen Luftfahrtunternehmen habe 2.535,20 DM aufwenden müssen.

Der Kläger hat beantragt.

  1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger auch ab dem 01.01.1996 vergünstigte 1. Klasse-Flugscheine gemäß Ziffer 3.2.1 des Reglements vom 27.03.1988 zu gewähren,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.535,20 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, es sei ihr unmöglich, das Begehren des Klägers zu erfüllen. Sie sei keine Fluggesellschaft. Sie habe auch keinen Einfluss auf die mit ihr im Konzern verbundene … Den geltend gemachten Ersatzanspruch des Klägers hinsichtlich des Jubiläumsfluges hat sie für unbegründet gehalten.

Mit am 08.03.2000 verkündetem Urteil hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main – 9 Ca 854/99 – die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagten sei die Erbringung der vom Kläger begehrten Leistung unmöglich. Den geltend gemachten Schadensersatzanspruch hat es für nicht schlüssig dargelegt gehalten. Wegen des vollständigen Inhalts des Urteils wird ergänzend auf Bl. 79 bis 84 d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 27.06.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.07.2000 Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel zugleich begründet.

Er meint, von der Beklagten keine unmögliche Leistung zu verlangen. Es gehe ihm nicht darum, 1. Klassen-Flugscheine der Beklagten zu erhalten, sondern darum, von ihr eine entsprechende Flugberechtigung zur Verfügung gestellt zu bekommen. Bei der begehrten Leistung handele es sich um die Erfüllung eines vertraglichen Anspruchs, den er nach langjähriger Betriebstreue erworben habe. Die von der Beklagten beabsichtigte einschränkende Umgestaltung der vergünstigten Flugleistungen sei ihm, dem Kläger, gegenüber ohne Wahrung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG unwirksam. Aufgrund ihrer Konzerneinbindung sei es der Beklagten auch durchaus weiterhin mögli...

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