Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Essenszuschuß. Betriebliche Übung
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des BAG vom 14.1.1988, 6 AZR 347/85 (nicht amtlich veröffentlicht), das vollständig dokumentiert ist.
Verfahrensgang
LAG München (Entscheidung vom 28.06.1985; Aktenzeichen 4 Sa 197/85) |
ArbG München (Entscheidung vom 20.12.1984; Aktenzeichen 11 Ca 12768/84) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über den 1. Januar 1984 hinaus einen Essenszuschuß in Höhe von 1,-- DM arbeitstäglich zu zahlen.
Der Kläger arbeitet seit dem 25. März 1968 als Dreher bei dem Beklagten. Er hat sich bei ihm auf ein Inserat hin beworben, mit dem dieser u.a. alle im öffentlichen Dienst üblichen Sozialleistungen in Aussicht gestellt hatte. In dem Anstellungsschreiben vom 29. Februar 1968 ist dem Kläger eine Entlohnung nach der Lohngruppe M I (bestqualifizierter Facharbeiter) in Anlehnung an den Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer der bayerischen Metallindustrie zugesagt worden. Im übrigen haben die Parteien die sinngemäße Geltung des MTV für die Arbeiter des Bundes (MTB) vereinbart. Die gleichen Vereinbarungen wurden zwischen den Parteien im Anstellungsvertrag vom 31. November 1970 getroffen.
Mit Wirkung vom 1. Oktober 1974 wurde auch die Vergütung des Klägers nach dem MTB festgesetzt. Dem Kläger wurde insoweit mit Schreiben vom 24. Juli 1974 ausdrücklich zugesichert, die Umstellung werde für ihn keine finanzielle Schlechterstellung zur Folge haben. Dem hat der Kläger schriftlich zugestimmt.
Der Beklagte dient der wissenschaftlichen Forschung. Er gehört zu den juristischen Personen, die vom Bund institutionell gefördert werden. Im Rahmen dieser Förderung erhält er vom Bund Zuwendungen nach den im Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen und des Bundesministers für Wirtschaft Nr. 9 vom 4. Juli 1981 S. 411 bis 414 veröffentlichten "Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung" (An-Best. I).
Der Beklagte zahlte zumindest seit Eintritt des Klägers seinen Bediensteten, also auch dem Kläger, arbeitstäglich einen Essenszuschuß in Höhe von zuletzt 1,-- DM. Er gewährte diesen Zuschuß aufgrund der "Richtlinien für Kantinen bei Dienststellen des Bundes (Kantinenrichtlinien)" gem. Rundschreiben des Bundesministers des Inneren vom 21. Oktober 1974 - D III 7 - 213 321/15 - (GMBl S. 523) in der Fassung vom 25. September 1974. Nr. 9 Abs. 1 und 2 dieser Kantinenrichtlinien lauteten wie folgt:
"(1) Vollbeschäftigte Bundesbedienstete mit
durchgehender Arbeitszeit können zur
Steigerung der Leistungsfähigkeit an
jedem Arbeitstag in der Mittagszeit eine
um 1 DM verbilligte Hauptmahlzeit erhalten.
In Ausnahmefällen kann zugelassen
werden, daß diese Verbilligung für eine
Hauptmahlzeit außerhalb der Mittagszeit
gewährt wird. Der Begriff der Hauptmahlzeit
schließt kalte Speisen ein, die üblicherweise
als Mahlzeit eingenommen werden und zum sofortigen
Verzehr bestimmt sind.
(2) Eine verbilligte Hauptmahlzeit nach Absatz 1
erhalten Bundesbedienstete nicht, die
1. an einer aus anderen öffentlichen Mitteln
verbilligten Gemeinschaftsverpflegung
(z.B. beim Bundesgrenzschutz oder bei der
Bundeswehr) teilnehmen,
2. keinen Dienst verrichten (z.B. wegen Krankheit,
Urlaub oder Dienstbefreiung) oder auf
Dienstreise sind."
Ab 1. Januar 1984 wurden die Kantinenrichtlinien aufgrund des Kabinettsbeschlusses vom 29. Juni 1983 geändert. U.a. wurde die Nr. 9 gestrichen. Mit Schreiben vom 10. August 1983 teilte der Bundesminister des Inneren die Änderungen mit und wies darauf hin, daß der Wegfall des Zuschusses zur Gemeinschaftsverpflegung auch für die im Bundeshaushaltsplan nicht etatisierten, der Aufsicht des Bundes unterstellten juristischen Personen des öffentlichen Rechts, für die vom Bund institutionell geförderten Zuwendungsempfänger sowie für die Sondervermögen Deutsche Bundesbahn und Deutsche Bundespost gelte.
Daraufhin stellte der Beklagte den Zuschuß zum Mittagessen ab 1. Januar 1984 ein.
Der Kläger hat behauptet, er habe bei dem Beklagten im Zeitpunkt der Einstellung rund 250,-- DM weniger verdient als bei seiner vorherigen Arbeitsstelle. Bestimmend für seinen Entschluß, dennoch einen Vertrag mit dem Beklagten zu schließen, seien dessen Sozialleistungen gewesen. Der zuständige Abteilungsleiter habe ihn bei der Einstellung auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Arbeiter zusätzliche freie Tage, kostenlose Mitfahrgelegenheit und einen Essenszuschuß erhalten. Ebenso habe sich der Beklagte bei anderen Mitarbeitern verhalten. Er habe daher einen vertraglichen Anspruch auf einen Essenszuschuß in Höhe von arbeitstäglich 1,-- DM. Die Berufung des Beklagten auf die fehlende Schriftform dieser Vereinbarung sei rechtsmißbräuchlich. Den Zuschuß mache er für 137 Tage geltend, nämlich für die Zeit vom 1. Januar 1984 bis 31. Oktober 1984, während der er unstreitig gearbeitet habe. Im übrigen müsse der Essenszuschuß schon deshalb weiter bezahlt werden, weil der Betriebsrat der Einstellung nicht zugestimmt habe.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 137,-- DM
nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und in Abrede gestellt, dem Kläger bei der Einstellung irgendwelche Zusagen hinsichtlich des Essenszuschusses gemacht zu haben. Hierzu sei der Abteilungsleiter auch nicht berechtigt gewesen. Der Kläger habe sich auch nicht wegen der Sozialleistungen bei ihm erworben, sondern ausweislich seines Bewerbungsschreibens vom 21. Februar 1968, weil er zuvor täglich 75 Kilometer zu seiner Arbeitsstelle zu fahren hatte. Der Essenszuschuß sei eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Sozialleistung. Ein Anspruch des Klägers sei schon mangels Schriftform der entsprechenden Vereinbarung nicht entstanden, die Berufung hierauf sei weder treuwidrig noch rechtsmißbräuchlich.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch, weiterhin einen Essenszuschuß von 1,-- DM arbeitstäglich zu erhalten.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, weder tarifliche Vorschriften noch eine Betriebsvereinbarung oder eine gesetzliche Bestimmung rechtfertigten einen Anspruch des Klägers auf Essensgeldzuschuß. Auch aus den Kantinenrichtlinien des Bundes könne der Kläger nichts für sich herleiten. Diese seien ohne arbeitsrechtliche Bedeutung. Schließlich sei mit dem Kläger weder bei Abschluß des Anstellungsvertrages im Jahre 1968 noch bei dessen Umstellung vom Vergütungstarifvertrag für die Arbeiter der Metallindustrie auf die Vergütung nach den für die Arbeiter des Bundes geltenden tariflichen Regelungen eine individuelle Vereinbarung über einen derartigen Zuschuß abgeschlossen worden. Es sei zwar möglich, daß der Essenszuschuß im Rahmen des Einstellungsgespräches erörtert worden sei, jedoch nur mit dem Hinweis, daß vom Beklagten auch die im öffentlichen Dienst üblichen Sozialleistungen gewährt werden.
Durch die jahrelange Gewährung des Essenszuschusses sei zwar eine betriebliche Übung über dessen Zahlung entstanden, diese habe aber nur zum Inhalt gehabt, daß der Zuschuß entsprechend und im Rahmen der Sozialleistungen im öffentlichen Dienst gezahlt werde. Änderungen dieser Leistungen sollten danach auch zu einer Änderung der Leistungen des Beklagten führen. Darüber hinaus sei die Schriftform für die entsprechende Vereinbarung nicht eingehalten worden, so daß eine dem Kläger günstige betriebliche Übung schon deshalb nicht wirksam geworden sei. Der Beklagte handele auch nicht rechtsmißbräuchlich, wenn er sich auf den Mangel der Schriftform berufe. Der Beklagte habe bei der Einstellung des Essenszuschusses auch nicht gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates verstoßen, da dieses bei der Frage, ob der Essenszuschuß überhaupt gewährt werde, nicht bestehe.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Der Kläger kann den von ihm geltend gemachten Anspruch nicht auf eine besondere einzelvertragliche Vereinbarung stützen. Dem Vortrag des Klägers kann eine solche Vereinbarung jedenfalls nicht entnommen werden. Selbst wenn der Beklagte während des Einstellungsgespräches erklärt haben sollte, der Kläger erhalte u.a. einen Essenszuschuß als Teil der üblichen Sozialleistungen, kann dies nicht als Angebot im rechtsgeschäftlichen Sinne gewertet werden, sondern nur als Hinweis auf die zu dieser Zeit bei dem Beklagten bestehende Regelung. Das gleiche gilt für den vom Kläger behaupteten entsprechenden Hinweis des Beklagten in Stellenanzeigen, zumal diese kein Angebot zum Abschluß eines Arbeitsvertrages enthalten, sondern allenfalls eine Aufforderung hierzu (Palandt, BGB, 47. Aufl., § 145 Anm. 1 b).
Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag, der Abteilungsleiter S habe zumindest mit Duldungsvollmacht des Beklagten "die im öffentlichen Dienst üblichen Sozialleistungen und damit auch speziell einen Essenszuschuß pro Arbeitstag" zugesagt, nicht gewürdigt, ist gem. § 286 ZPO zwar zulässig, aber nicht begründet. Wie der Kläger selbst schon in der Klageschrift vorgetragen hat, sind ihm von dem Abteilungsleiter "die im öffentlichen Dienst üblichen Sozialleistungen" zugesagt worden. Damit setzte die Gewährung des Essenszuschusses durch den Beklagten aber erkennbar voraus, daß dieser Zuschuß auch im öffentlichen Dienst gezahlt wird. Der Kläger hat im übrigen selbst nicht behauptet, daß der Abteilungsleiter ihm zugesagt hätte, der Essenszuschuß werde unabhängig von dessen Weiterzahlung im öffentlichen Dienst gewährt.
2. Ebensowenig kann der Kläger einen Anspruch auf Essenszuschuß auf die Kantinenrichtlinien in der Fassung von 1974 stützen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt derartigen Richtlinien und Erlassen als einseitigen Verwaltungsanordnungen keine unmittelbare zivil- und arbeitsrechtliche Bedeutung zu (BAG Urteil vom 14. August 1986 - 6 AZR 427/85 - AP Nr. 1 zu § 13 TVAng Bundespost, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen; BAGE 32, 105 = AP Nr. 2 zu § 11 SchwbG; BAGE 23, 83 = AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG Urteil vom 30. Januar 1980 - 4 AZR 1098/77 - AP Nr. 6 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAGE 49, 31 = AP Nr. 19 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 15, m.w.N.). Sie können deshalb nur mittelbar durch einzelvertragliche Bezugnahme für das Arbeitsverhältnis Bedeutung gewinnen, gegebenenfalls auch in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder der Bindungswirkung einer betrieblichen Übung. Es ist jedoch in jedem Einzelfall der konkrete Inhalt der vertraglichen Vereinbarung bzw. des tatsächlichen Verhaltens des Arbeitgebers festzustellen, insbesondere ob die Richtlinien in ihrer jeweiligen oder in ihrer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Fassung vereinbart bzw. vom Arbeitgeber tatsächlich angewendet wurden (BAGE 49, 31 und Urteil vom 30. Januar 1980 - 4 AZR 1098/77 -, jeweils aaO). Der Kläger hat aber selbst nicht vorgetragen, der Beklagte habe mit ihm die Anwendung der Kantinenrichtlinien in der Fassung von 1974 für alle Zukunft vertraglich vereinbart.
3. Die Weitergewährung des Essenszuschusses kann der Kläger schließlich auch nicht kraft betrieblicher Übung verlangen, die dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber bestimmte Verhaltensweisen regelmäßig wiederholt, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, daß ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll (BAG Urteil vom 14. August 1986 - 6 AZR 427/85 -, aaO; BAGE 40, 126, 133 = AP Nr. 1 zu § 3 TVArb Bundespost = EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 8; BAGE 47, 53 = AP Nr. 39 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche; BAGE 49, 151 = AP Nr. 14 zu § 77 BetrVG 1972 = EzA § 77 BetrVG 1972 Nr. 16).
a) Für die Begründung eines Anspruchs durch betriebliche Übung kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit Verpflichtungswillen handelt. Die Wirkung einer Willenserklärung oder eines bestimmten Verhaltens tritt im Rechtsverkehr deshalb ein, weil der Erklärende seinen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen dem Erklärungsempfänger gegenüber äußert, und dieser aus dem Erklärungsverhalten auf einen Bindungswillen schließen durfte. Auch für die Bindungswirkung der betrieblichen Übung ist allein entscheidend, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände verstehen mußte (vgl. BAGE 40, 126, 133, aaO; BAG Urteil vom 9. Juli 1985 - 1 AZR 631/80 - AP Nr. 16 zu § 75 BPersVG; BAGE 49, 290 = AP Nr. 22 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 16; BAG Urteil vom 5. Februar 1986 - 5 AZR 632/84 - AP Nr. 21 zu § 242 Betriebliche Übung = EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 18 = NZA 1986, 605 f., zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; BGH Urteil vom 7. Juni 1984 - IX ZR 66/83 - BB 1984, 1317).
b) Bei Beachtung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, von denen abzuweichen keine Veranlassung besteht, ist keine den Beklagten bindende betriebliche Übung entstanden. Über die langjährige Zahlung des Essenszuschusses hinaus sind keine besonderen Anhaltspunkte vorhanden, aus denen der Kläger schließen konnte, der Essenszuschuß werde ihm unabhängig von der jeweils gültigen Fassung der Kantinenrichtlinien des Bundes und ohne Beachtung haushaltsrechtlicher Erwägungen auf Dauer weitergewährt. Er mußte vielmehr damit rechnen, daß bei Einschränkungen durch den Haushaltsgesetzgeber und/oder Änderungen der Kantinenrichtlinien auch er als Angestellter eines zur Einhaltung des MTB und der anderen öffentlichen Richtlinien verpflichteten und vom Bund abhängigen und überprüften Arbeitgebers im Hinblick auf den Essenszuschuß betroffen werden kann. Dem steht nicht die Werbung des Beklagten mit den im öffentlichen Dienst üblichen Sozialleistungen und insbesondere dem Essenszuschuß als Teil dieser Leistungen im Rahmen der Einstellungsgespräche entgegen. Die Zusage der im öffentlichen Dienst üblichen Leistungen beinhaltet nicht, daß jede dieser Leistungen auf Dauer gewährt werden wird. Diese Aussage des Beklagten läßt vielmehr erkennen, daß nur die jeweils üblichen Leistungen erbracht werden sollen. Ihr läßt sich nicht die Zusage entnehmen, diese Leistungen unverändert in alle Zukunft gewähren zu wollen.
4. Der Beklagte hat bei der Einstellung des Essenszuschusses auch nicht gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates verstoßen.
a) Wie der Senat bereits in der Entscheidung vom 15. Januar 1987 - 6 AZR 589/84 - NZA 1987, 788 = ZTR 1987, 255 = EzA § 4 TVG Rundfunk Nr. 14 entschieden hat, wird durch die Streichung des Essenszuschusses die Sozialeinrichtung "Kantine" nicht berührt. Das Bestehen einer Sozialeinrichtung setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nämlich ein zweckgebundenes Sondervermögen voraus, das der Verwaltung bedarf (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 9. Juli 1985 - 1 AZR 631/80 - AP Nr. 16 zu § 75 BPersVG, m.w.N.). Deshalb liegt keine Sozialeinrichtung vor, wenn Sozialleistungen nach allgemeinen Richtlinien aus laufenden Betriebsmitteln gewährt werden (BAGE 34, 297, 302 ff. = AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, m.w.N.). Die Streichung des Essenszuschusses durch den Beklagten berührt nicht den Bestand der Kantine, auch wenn dies dort zu Umsatzeinbußen geführt haben mag. Der Beklagte hat die Zuschüsse auch nicht an die Kantine sondern an die einzelnen Berechtigten durch Abgabe verbilligter Essensmarken erbracht. Diese Essensmarken sind daher keine "Sozialeinrichtung" im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG. Weder deren Ausgabe noch deren Verwaltung erfolgen in einer eigenständigen Organisation aus zu diesem Zweck abgesonderten Mitteln des Beklagten. Vielmehr werden die erforderlichen Aufwendungen aus den allgemeinen Haushaltsmitteln des Beklagten bestritten.
b) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat zwar ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich aller vermögenswerten Arbeitgeberleistungen, bei denen die Bemessung nach einem System erfolgt (vgl. statt vieler Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 496 ff., mit weiteren umfangreichen Nachweisen). Die Vorschrift erfaßt alle Formen der Vergütung aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses (BAGE 32, 350, 362 = AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAG Urteil vom 9. Juli 1985 - 1 AZR 631/80 - AP, aaO). Sie stellt ein umfassendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sicher (vgl. dazu auch BAGE 27, 194, 200 ff. = AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung; BAGE 34, 297, 301 = AP, aaO; BAGE 36, 385, 390 = AP Nr. 10 zu § 76 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 30. März 1982 - 1 ABR 55/80 - AP Nr. 10 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Auch die Gewährung eines Essenszuschusses unterfällt damit grundsätzlich dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, selbst wenn er zweckgebunden, nur in der Kantine verwertbar sein mag und leistungsunabhängig gewährt wird. Vorliegend hat der Beklagte jedoch lediglich den mitbestimmungsfreien Dotierungsrahmen (BAGE 25, 93, 98 = AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen; BAG Beschluß vom 3. Juni 1975 - 1 ABR 118/73 - AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen, m.w.N.; BAG Urteil vom 15. Januar 1987 - 6 AZR 589/84 - zur Veröffentlichung bestimmt; OVG Münster Beschluß vom 27. Januar 1981 - CB 3/80 - in Weiß, Personalvertretungsrecht, Entscheidungssammlung zum BPersVG, § 75 Rz 52) geändert, ohne im übrigen zugleich das Verteilungs- und Bemessungssystem zu verändern. Weder der Kreis der Bezugsberechtigten für ein entsprechend den Kantinenrichtlinien weiterhin verbilligtes Mittagessen, noch die sonstigen Faktoren haben sich geändert. Der Beklagte hat vielmehr lediglich den darüber hinausgehenden Barzuschuß von 1,-- DM je Essensmarke für alle Bediensteten gleichermaßen gestrichen. Über den finanziellen Rahmen, der für die Erbringung einer Sozialleistung zur Verfügung gestellt wird, entscheidet aber der Arbeitgeber allein (Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 520).
5. Nach alledem kann dahingestellt bleiben, ob hier eine formnichtige Nebenabrede vorliegt, und ob die Berufung des Beklagten auf die Formnichtigkeit gegen Treu und Glauben verstößt. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Röhsler Dörner Schneider
Dr. Gehrunger Rose
Fundstellen