Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbleibezulage nicht für Umschulungslehrgang

 

Orientierungssatz

Für den Fall einer "Abordnung" zu einem Umschulungslehrgang besteht kein Anspruch auf Ausbleibezulage.

 

Normenkette

MTB 2 Anl SR; MTB § 38; MTB 2 § 38

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 16.01.1985; Aktenzeichen 4 Sa 546/83)

ArbG Flensburg (Entscheidung vom 12.07.1983; Aktenzeichen 2 Ca 472/83)

 

Tatbestand

Der Kläger, der Mitglied der ÖTV ist, wird als Arbeiter bei der Beklagten im Marinefliegergeschwader der Standortverwaltung S beschäftigt. Er erhält Lohn nach Lohngr. I des Lohngruppenverzeichnisses zum Manteltarifvertrag für die Arbeiter des Bundes (MTB II). In der Zeit vom 21. Januar 1982 bis zum 16. April 1982 war er zur Technischen Schule der Luftwaffe 1 in Kaufbeuren zur Teilnahme am Lehrgang "Umschulung Luftfahrzeugmechaniker" abgeordnet. Der Lehrgang diente zur Vorbereitung des Klägers auf ein neues Waffensystem, auf das das Marinefliegergeschwader umgerüstet werden sollte. Für die Dauer des Lehrgangs erhielt der Kläger Trennungsgeld. Für den An- und Abreisetag wurden Reisekosten nach dem Bundesreisekostengesetz gezahlt.

Mit Schreiben vom 9. Mai 1982 beantragte der Kläger die Zahlung einer Ausbleibezulage nach Nr. 16 Abs. 1 Buchst. a der Sonderregelungen für die Arbeiter im Bereich des Bundesministers der Verteidigung nach § 2 Buchst. a (SR 2 a MTB II). Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß auch im Falle einer Abordnung die Ausbleibezulage nach Nr. 16 Abs. 1 Buchst. a SR 2 a zum MTB II anstelle von Trennungsgeld nach §§ 38, 39 MTB II zu zahlen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom

21. Januar 1982 bis zum 16. April 1982 Ausbleibe-

zulage in Höhe von 1164,22 DM nebst 4 % Verzugszinsen

seit dem 22. Juni 1983 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie meint, daß in Nr. 16 Abs. 1 Buchst. a SR 2 a MTB II die Zahlung einer Ausbleibezulage für den Zeitraum einer Abordnung nicht vorgesehen sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landearbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß dem Kläger für die Zeit seiner Abordnung zur Technischen Schule der Luftwaffe 1 in Kaufbeuren zur Teilnahme am Lehrgang "Umschulung Luftfahrzeugmechaniker" keine Ausbleibezulage nach Nr. 16 Abs. 1 Buchst. a SR 2 a MTB II zusteht.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Arbeiter des Bundes (MTB II) unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1 TVG, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Da der Kläger im Bereich des Bundesministers der Verteidigung beschäftigt ist, gelten für sein Arbeitsverhältnis die Sonderregelungen nach § 2 Buchst. a zum MTB II (SR 2 a). Zu den Vorschriften der §§ 38 und 39 MTB II, in denen die Entschädigungen bei Dienstreisen, Abordnungen und Dienstgängen sowie der Lohn und besondere Entschädigungen bei Dienstreisen geregelt sind, enthält Nr. 16 SR 2 a MTB II eine Sonderregelung. Nach ihrem Wortlaut bezieht sich diese Sonderregelung aber nicht auf den gesamten Regelungsbereich der §§ 38 und 39 MTB II, sondern nur auf die nach den Einleitungsworten in Nr. 16 SR 2 a MTB II ausdrücklich genannten Fälle (BAG Urteil vom 10. April 1985 - 7 AZR 6/83 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

Als Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer Ausbleibezulage für die Zeit seiner Abordnung zum Lehrgang zur Technischen Schule der Luftwaffe in Kaufbeuren kommt von den in Nr. 16 SR 2 a MTB II genannten Fällen nur Nr. 16 Abs. 1 Buchst. a SR 2 a MTB II in Betracht. Diese Bestimmung lautet, soweit es hier auf sie ankommt:

"Nr. 16

Zu § 38 - Entschädigung bei Dienstreisen, Abordnungen

und Dienstgängen

Zu § 39 - Lohn und besondere Entschädigung bei

Dienstreisen

Für nachstehende Fälle treten bei einer Verwendung

im Inland an die Stelle der §§ 38 und 39 folgende

Regelungen:

(1) a) Der Arbeiter mit ständiger Arbeitsstelle

erhält bei einer dienstlichen Verwendung

auf einer Arbeitsstelle oder einem Arbeits-

platz, die mindestens 4 km Luftlinie oder

5 km Wegstrecke von der Grenze seiner re-

gelmäßigen Arbeitstelle entfernt sind,

neben den Fahrkosten für jede angefangene

Stunde der gesamten Ausbleibezeit eine Aus-

bleibezulage als Aufwandsentschädigung. Die

Ausbleibezulage beträgt für jede angefangene

Stunde der gesamten Ausbleibezeit bei einer

Ausbleibezeit von

bei einem bei einer

Dienstgang Dienstreise

im Sinne des Bundesreisekosten-

gesetzes

mindestens

3 bis 6 Stunden 0,40 DM 0,40 DM

über

6 bis 12 Stunden 0,95 DM 1,05 DM

über 12 Stunden 1,05 DM 1,15 DM

für die Stunde. Diese Sätze ermäßigen sich um

20 v. H. für die weitere Zeit, wenn die Aus-

bleibezeit ohne Unterbrechung am gleichen Ort

länger als einen Monat dauert. Bei einer Aus-

bleibezeit von weniger als drei Stunden wird

die Zulage nicht gezahlt.

......

(2) a) Der Arbeiter, dessen Arbeitsplatz örtlich

ständig wechselt (z. B. Meßgehilfe oder Arbeiter

einer landwirtschaftlichen Gruppe) und der regel-

mäßig oder in kurzen Abständen wiederkehrende

auswärtige Dienstgeschäfte verrichtet, die nicht

als Dienstreise im Sinne des § 2 Abs. 2 BRKG gel-

ten, erhält eine monatliche Pauschvergütung von

49,50 DM. Die Pauschvergütung ist zusammen mit

dem Monatstabellenlohn zu zahlen.

....."

Die tariflichen Voraussetzungen zur Zahlung der Ausbleibezulage sind jedoch nicht erfüllt. Zwar handelt es sich beim Kläger um einen "Arbeiter mit ständiger Arbeitsstelle" i. S. der Tarifnorm. Der Begriff des "Arbeiters mit ständiger Arbeitsstelle" steht im Gegensatz zu dem des "Arbeiters, dessen Arbeitsplatz örtlich ständig wechselt" i. S. des Absatzes 2 Buchst. a (BAG Urteil vom 21. Februar 1969 - 3 AZR 47O/68 - AP Nr. 3 zu § 38 MTB II; Urteil vom 1O. April 1985 - 7 AZR 6/83 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Der Arbeitsplatz des Klägers wechselt nicht ständig, sondern befindet sich beim Marinefliegergeschwader der Standortverwaltung S.

Der Kläger ist jedoch während der Zeit seiner Teilnahme am Lehrgang der Technischen Schule der Luftwaffe nicht auf einer außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitsstelle entfernten Arbeitsstelle i. S. Nr. 16 Abs. 1 Buchst. a SR 2 a MTB II dienstlich verwendet worden. Eine dienstliche Verwendung auf einer Arbeitsstelle oder einem Arbeitsplatz setzt voraus, daß der Arbeiter außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitsstelle zur Erledigung der ihm übertragenen Dienstaufgaben eingesetzt wird. Nur in diesem Falle können auch die Voraussetzungen eines Dienstganges i. S. § 2 Abs. 3 Satz 1 BRKG (vgl. BAG Urteil vom 3. Juli 1974 - 4 AZR 491/73 - AP Nr. 3 zu § 42 BAT) oder einer Dienstreise i. S. § 2 Abs. 2 Satz 1 BRKG (vgl. BAG Urteil vom 22. Februar 1978 - 4 AZR 579/76 - AP Nr. 3 zu § 17 BAT; Urteil vom 15. November 1983 - 3 AZR 431/81 - AP Nr. 1 zu § 2 BRKG; BVerwG Urteil vom 12. Dezember 1979 - 6 C 23.78 - ZBR 198O, 354), für die im einzelnen die Höhe der Ausbleibezulage in Nr. 16 Abs. 1 Buchst. a SR 2 a MTB II geregelt ist, vorliegen. Unstreitig hatte der Kläger nicht auf einer Arbeitsstelle oder auf einem Arbeitsplatz außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitsstelle ihm übertragene Dienstaufgaben wahrzunehmen. Er nahm vielmehr an einem Umschulungslehrgang der Technischen Schule der Luftwaffe teil. Die Technische Schule der Luftwaffe wurde damit aber nicht zu seiner Arbeitsstelle oder zu seinem Arbeitsplatz. Der Kläger nahm lediglich am Lehrgangsbetrieb teil. Er erledigte keine Aufgaben seiner Dienstbehörde, sondern wurde in den Schulbetrieb der Technischen Schule der Luftwaffe eingegliedert (vgl. auch BAG Urteil vom 10. April 1985 - 7 AZR 6/83 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt). Durch die Teilnahme an dem Lehrgang konnten damit Ansprüche auf Zahlung der Ausbleibezulage nach Nr. 16 Abs. 1 Buchst. a SR 2 a MTB II nicht begründet werden (vgl. Scheuring/Steingen, MTB II, Anl. 2 a Nr. 16, Erl. 1) sondern nur solche nach den Vorschriften der TrennungsgeldVO und des Bundesreisekostengesetzes entstehen. Diese sind zwischen den Parteien jedoch nicht im Streit und dem Kläger voll bezahlt worden.

Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag

Preuße Scheerer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI438981

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