Entscheidungsstichwort (Thema)
Überlassung eines Pkws. ruhegeldfähiges Einkommen
Leitsatz (amtlich)
Die Versorgungsordnung kann festlegen, welche Vergütungsbestandteile zum ruhegeldfähigen Einkommen gehören. Die private Nutzung eines Dienstwagens ist jedenfalls dann kein ruhegeldfähiges Einkommen, wenn die Versorgungsordnung den Begriff des ruhegeldfähigen Einkommens eng faßt, um die Bemessungsgrundlage von Zufälligkeiten und Einflußnahmen des Arbeitnehmers freizuhalten.
Normenkette
BetrAVG § 1 Berechnung; EStG § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4, § 8 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 31.03.1989; Aktenzeichen 2 Sa 1685/88) |
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 10.11.1988; Aktenzeichen 2 Ca 4102/88) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 31. März 1989 – 2 Sa 1685/88 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten eine höhere betriebliche Altersrente. Die Parteien streiten darüber, ob der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung eines Dienstfahrzeugs bei der Berechnung der Betriebsrente zu berücksichtigen ist.
Der Kläger war vom 1. Oktober 1962 bis 31. März 1985 im Außendienst der Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 5.400,-- DM beschäftigt. Gemäß Nr. 5 des Arbeitsvertrages vom 15. Dezember 1980 stellte die Beklagte dem Kläger “in seiner Funktion ein Dienstfahrzeug auch zur privaten Nutzung nach den Richtlinien des Unternehmens zur Verfügung”. Für die private Nutzung des Firmenfahrzeugs zahlte der Kläger zuletzt Einkommensteuer in Höhe von 586,70 DM monatlich (212,30 DM waren 1 % des Anschaffungswerts des Fahrzeugs; 374,40 DM entfielen auf die 52 Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte).
Die bei der Beklagten bestehende Pensionsordnung wurde mehrfach geändert. Ursprünglich war sie für die gewerblichen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einerseits, die kaufmännischen und technischen Angestellten andererseits unterschiedlich ausgestaltet. Die ab 1. Januar 1953 gültigen Pensionssätze enthielten für die gewerblichen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Festbeträge, während für die kaufmännischen und technischen Angestellten eine bestimmte Quote des “letzten monatlichen Bruttogehalts vor dem Versorgungsfall” vorgesehen war. Später wurde die Pensionsordnung vereinheitlicht. Seither gelten für die Betriebsrenten aller Arbeitnehmer dieselben Berechnungsgrundsätze.
Die am 31. Dezember 1984 in Kraft getretene, auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhende Pensionsordnung regelt das ruhegeldfähige Einkommen und die Begrenzung der Pensionen wie folgt:
Ҥ 5
Ruhegeldfähiges Einkommen
- Ruhegeldfähiges Einkommen im Sinne dieser Pensionsordnung und im Sinne der als Anlage beigefügten Tabelle ist das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen, das der Mitarbeiter als Vollzeitbeschäftigter auf der Basis der tariflich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit in den letzten 6 voll abgerechneten Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogen hat. Für Teilzeitbeschäftigte gilt § 11 dieser Pensionsordnung.
- Bei Verdienstausfall infolge Krankheit, Unfall oder oder Kurzarbeit wird das Bruttomonatseinkommen im Sinne von Ziffer 1 entsprechend hochgerechnet.
- Ist ein Mitarbeiter in den letzten 5 Jahren vor Eintritt des Versorgungsfalles nachweisbar aus gesundheitlichen Gründen auf einen geringer bezahlten Arbeitsplatz umgesetzt worden, wird als ruhegeldfähiges Einkommen der Verdienst zugrunde gelegt, der seiner alten Tätigkeit vor der Umsetzung entspricht.
- Zum ruhegeldfähigen Einkommen zählen nicht einmalige Zuwendungen, wie z.B. Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld (13. Monatsgehalt), Prämien für Verbesserungsvorschläge usw. Ferner bleiben unberücksichtigt die Bezahlung von Mehrarbeit und alle sonstigen Erschwerniszuschläge, mit Ausnahme der Schichtzuschläge, wenn der Mitarbeiter in den letzten 5 Jahren vor Eintritt des Versorgungsfalles überwiegend (d.h. mehr als 50 % ) Schichtarbeit geleistet hat.”
Seit Bestehen der betrieblichen Altersversorgung berücksichtigte die Beklagte keine Sachbezüge bei der Berechnung der Betriebsrenten.
Der Kläger bezieht seit dem 1. Juli 1988 vorgezogenes Altersruhegeld. Die Beklagte errechnete, ausgehend von einem Bruttoeinkommen von 5.400,-- DM und ohne Einbeziehung des Werts der privaten Nutzung des Firmenfahrzeugs, eine monatliche Pension von 597,-- DM.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Nutzung des Firmenfahrzeugs zu privaten Zwecken sei ein Sachbezug, der nicht nur bei der steuerlichen Veranlagung des Klägers Berücksichtigung gefunden habe, sondern auch zum durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen im Sinne des § 5 Nr. 1 der Pensionsordnung gehöre. Das abgerundete ruhegeldfähige Einkommen des Klägers betrage daher 5.900,-- DM, so daß ihm eine monatliche Pension in Höhe von 652,-- DM zustehe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 55,-- DM nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 2. Juli 1988 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, nach Wortlaut, Sinn und Entstehungsgeschichte des § 5 der Pensionsordnung sei der geldwerte Vorteil aus der privaten Nutzung eines Dienstwagens nicht in die Berechnung der Betriebsrente einzubeziehen. Es entspreche auch der jahrzehntelangen betrieblichen Praxis, Sachbezüge nicht zu berücksichtigen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht kein Anspruch auf höhere Betriebsrente zu. Das Landesarbeitsgericht hat die Pensionsordnung rechtsfehlerfrei ausgelegt und den Wert der privaten Nutzung des Dienstfahrzeugs zu Recht nicht als ruhegeldfähiges Einkommen im Sinne des § 5 Pensionsordnung angesehen.
1. Der Wortlaut des § 5 der Pensionsordnung ist nicht eindeutig, sondern auslegungsfähig und auslegungsbedürftig.
a) Der in der Pensionsordnung verwandte Begriff “Bruttomonatseinkommen” hat keine allgemein anerkannte, fest umrissene Bedeutung. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Pensionsordnung nicht die steuerrechtliche Ausdrucksweise übernommen. Das Einkommensteuergesetz bezeichnet als “Einkommen” den Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen (§ 2 Abs. 4 EStG). “Einkünfte” sind bei nichtselbständiger Arbeit die Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Die Zuflüsse aus dem Arbeitsverhältnis bezeichnet § 8 Abs. 1 EStG als “Einnahmen”.
b) Aus dem Wortbestandteil “Brutto-” ergibt sich nicht, daß alle zu versteuernden Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis unter § 5 Nr. 1 der Pensionsordnung fallen sollen. Damit wird lediglich zum Ausdruck gebracht, daß beim ruhegeldfähigen Einkommen die Steuern und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht abgezogen werden. Der Ausdruck “Brutto-” sagt aber nichts darüber aus, welche Arbeitgeberleistungen der Berechnung zugrunde zu legen sind. Das “Bruttomonatseinkommen” läßt sich daher nur anhand der Systematik der Pensionsordnung und des mit der Abgrenzung des ruhegeldfähigen Einkommens verfolgten Zwecks bestimmen.
2. Bereits § 5 Nr. 1 der Pensionsordnung schränkt die Berechnungsgrundlage ein. Ob und inwieweit der Wortbestandteil “-monats-” eine Einschränkung enthält, kann offen bleiben. Jedenfalls der Halbsatz “das der Mitarbeiter als Vollzeitbeschäftigter auf der Basis der tariflich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit … bezogen hat” grenzt Vergütungsbestandteile aus. Mit dieser Formulierung stellt § 5 der Pensionsordnung auf diejenigen laufenden Arbeitgeberleistungen ab, die den Gegenwert für die Leistungen des Arbeitnehmers in bestimmten Zeiträumen darstellen. In diesem Sinne ist die Einräumung der Möglichkeit, das Dienstfahrzeug privat zu benutzen, keine Gegenleistung des Arbeitgebers für ein bestimmtes Arbeitszeitvolumen. Der Umfang der privaten Nutzung und der sich daraus ergebende geldwerte Vorteil hängt nicht vom zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung ab. Aus § 5 Nr. 4 der Pensionsordnung lassen sich keine Schlüsse auf eine weitergehende Berücksichtigung von Arbeitgeberleistungen ziehen. Diese Bestimmung enthält keine Ausnahmevorschrift, die alle auszuklammernden Arbeitgeberleistungen abschließend aufzählt, sondern präzisiert und ergänzt nur § 5 Nr. 1 der Pensionsordnung.
3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß als Arbeitseinkommen im Sinne versorgungsfähiger Bezüge in der Regel die Grundvergütung oder die entsprechenden tariflichen Bezüge gelten, wobei bestimmte Einkünfte ausgeschlossen werden, wie z.B. Gratifikationen und Überstundenentgelte (Höfer/Abt, BetrAVG, 2. Bd., 2. Aufl., ArbGr. Rz 323). § 5 Nr. 1 und 4 der Pensionsordnung zeigt, daß auch dieser Berechnungsvorschrift der enge Einkommensbegriff zugrunde liegt. Dadurch sollen, wie es die Regel ist, die Bemessungsgrundlagen von Zufälligkeiten und Einflußnahmen des Arbeitnehmers freigehalten werden (Höfer/Abt, aaO). Dieser Zielsetzung widerspräche es, wenn der Vorteil aus der privaten Nutzung des Dienstfahrzeugs bei der Berechnung der Betriebsrente berücksichtigt würde. Die Höhe des wirtschaftlichen Werts der privaten Nutzung des Dienstwagens hängt von der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ab und kann vom Arbeitnehmer beeinflußt werden. Die Fahrt zur Arbeitsstelle mit dem Dienstfahrzeug machte im vorliegenden Fall sogar den überwiegenden Teil des Gebrauchsvorteils aus. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht betont, daß es sinnwidrig wäre, dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich eine höhere Betriebsrente zu “erfahren”.
4. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Pensionsordnung nicht darauf abgestellt, ob Arbeitgeberleistungen für den Lebensstandard des aktiven Arbeitnehmers wesentlich oder unwesentlich waren. Sie hat vielmehr den Begriff des ruhegeldfähigen Einkommens eng gehalten und sich in § 5 für eine vereinfachte, generalisierende, vom Arbeitnehmer nicht zu beeinflussende Berechnung entschieden.
a) Wenn schon die in § 5 Nr. 4 der Pensionsordnung aufgezählten Vergütungen unberücksichtigt bleiben, gehört die private Nutzung eines Firmenwagens erst recht nicht zum ruhegeldfähigen Einkommen. Die ausdrücklich ausgeklammerten Vergütungen, wie Urlaubsgeld, 13. Monatsgehalt und Erschwerniszuschläge prägen den Lebensstandard stärker als die Annehmlichkeit, den Dienstwagen auch privat gebrauchen zu können. Zudem stand beim Kläger, einem Außendienstmitarbeiter, die dienstliche Nutzung des Fahrzeugs im Vordergrund. Die Gestattung der privaten Nutzung war eine, wenn auch für den Kläger, angenehme Zugabe. Da die private Nutzung des Firmenfahrzeuges untrennbar mit der dienstlichen Nutzung verknüpft war, ist es nicht systemwidrig, die Überlassung des Firmenfahrzeugs nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unberücksichtigt zu lassen und nicht in die Berechnung der Betriebsrente einzubeziehen.
Ob anders zu entscheiden wäre, wenn die private Nutzung des Dienstfahrzeugs so in das Vergütungsgefüge eingebaut gewesen wäre, daß die Beklagte nicht ohne Ausgleichszahlung die Überlassung des Dienstfahrzeugs hätte widerrufen können, kann offen bleiben. Dafür hat der Kläger nichts vorgetragen.
b) Schließlich würde die Berücksichtigung des Gebrauchsvorteils bei der Betriebsrentenberechnung zu einer Besserstellung der Außendienst- gegenüber den Innendienstmitarbeitern führen und damit dem Vereinheitlichungsstreben des § 5 der Pensionsordnung widersprechen.
5. Die vom Senat und vom Berufungsgericht für richtig gehaltene Auslegung entspricht zudem der Entstehungsgeschichte und der ständigen Anwendungspraxis.
a) Ursprünglich errechnete sich die Betriebsrente nur bei den Angestellten nach der Höhe der Arbeitsvergütung. Maßgeblich war ihr letztes “Bruttogehalt” vor dem Versorgungsfalle. Der Begriff “Gehalt” umfaßt nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht die Überlassung eines Kraftfahrzeugs zur privaten Nutzung. Nach der Vereinheitlichung der Betriebsrente standen die Betriebspartner vor der Aufgabe, einen Begriff zu wählen, der sowohl die Gehälter der Angestellten als auch die Löhne der Arbeiter und Arbeiterinnen umfaßt. Das Wort “Einkommen” war ein geeigneter Oberbegriff.
b) Hinzu kommt, daß die Beklagte seit Bestehen der betrieblichen Altersversorgung und damit jahrzehntelang keine Sachbezüge bei der Berechnung der Betriebsrente berücksichtigte. Wenn der Betriebsrat diese betriebsübliche Berechnung mißbilligte, hätte es nahegelegen, bei den mehrfachen Änderungen der Betriebsordnung Sachbezüge unmißverständlich in das ruhegeldfähige Einkommen einzubeziehen. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Unterschriften
Dr. Heither, Dr. Wittek, Kremhelmer, Matthiessen, Weinmann
Fundstellen
Haufe-Index 841014 |
BB 1991, 278 |
RdA 1990, 383 |