Entscheidungsstichwort (Thema)

Tätigkeitszulage für Arbeiter bei der Telekom AG

 

Normenkette

TV Arb Bundespost § 7 Abs. 9 Anl. 2

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 15.12.1995; Aktenzeichen 2 Sa 25/95)

ArbG Berlin (Urteil vom 19.07.1995; Aktenzeichen 21 Ca 3119/95)

 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 15. Dezember 1995 – 2 Sa 25/95 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Revision.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Zulage aufgrund der Beschäftigung des Klägers auf einem Arbeitsposten für Beamte.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1972 als Fernmeldehandwerker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb Bundespost) Anwendung. Der Kläger erhält Lohn nach Lohngruppe 8 a (= 3.869,96 DM brutto monatlich).

Seit 1991 wird der Kläger als Bauführer auf einem Arbeitsposten für Beamte in Laufbahnen des mittleren fernmeldetechnischen Dienstes eingesetzt.

Zum 1. Januar 1993 änderte die Beklagte mit Zustimmung des Bundesministers für Post und Telekommunikation die Laufbahnvorschriften für Beamte des mittleren technischen Dienstes. Das Eingangsamt für Beamte in Laufbahnen des mittleren technischen Dienstes wurde der BesGr. A 7 zugewiesen. Diese Änderung betraf nach der Verfügung der Generaldirektion vom 16. Juni 1993 auch die Beamten, die am 1. Januar 1993 bereits im Dienst der Beklagten standen und deren Arbeitsposten bisher mit der BesGr. A 5 oder A 6 bewertet waren.

Der Kläger ist der Auffassung, er könne ab dem 1. Januar 1993 nach § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb Bundespost eine Tätigkeitszulage (348,30 DM brutto monatlich) beanspruchen, weil er auf einem Arbeitsposten für Beamte mit der Bewertung nach BesGr. A 7 beschäftigt sei.

§ 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb Bundespost hat folgenden Wortlaut:

„Wird ein Arbeiter auf einem Arbeitsposten für Beamte mit der Bewertung nach BesGr. A 7 oder höher beschäftigt, so erhält er in jedem Lohnmonat, in dem er auf diesem Arbeitsposten für Beamte für einen Zeitraum von mindestens 15 Kalendertagen beschäftigt ist,

neben dem nach den §§ 5–7 sich ergebenden Lohn eine Tätigkeitszulage in Höhe von 9,0 v.H. des Tabellenlohnes der Lohngr. 7 a bzw. 8.

…”

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß ihm die Tätigkeitszulage in Höhe von 9 % des Tabellenlohnes der Lohngr. 8 gem. § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb Bundespost seit dem 1. Januar 1993 zusteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie ist der Ansicht, der Kläger könne die Zulage nicht beanspruchen, weil er auf einem nach BesGr. A 5 bewerteten Arbeitsposten des einfachen Dienstes eingesetzt sei. Aus der Änderung der Laufbahnvorschriften für Beamte zum 1. Januar 1993 könne der Kläger keine Rechte herleiten. Die Änderung des Eingangsamtes für Beamte führe nicht dazu, daß ein bereits mit einem Arbeiter besetzter Beamten-Arbeitsposten, der in der Vergangenheit ausdrücklich mit BesGr. A 5 bewertet worden sei, nun automatisch als mit BesGr. A 7 bewertet zu gelten habe.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger seit dem 1. Januar 1993 die geltend gemachte Tätigkeitszulage zu zahlen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Kläger könne die Zulage beanspruchen, weil er auf einem Beamten-Arbeitsposten eingesetzt werde, der seit dem 1. Januar 1993 mit der BesGr. A 7 bewertet sei. Entscheidend für die Gewährung der Zulage an einen auf einem Beamtendienstposten beschäftigten Arbeiter sei die Besoldung, die ein auf diesem Dienstposten eingesetzter Beamter erhalten würde. Dies sei aber nach der Änderung der Laufbahnvorschriften im Bereich des mittleren technischen Dienstes immer die BesGr. A 7. Es spiele insofern keine Rolle, daß die Beklagte den Arbeitsposten nach der BesGr. A 5 bewertet habe und nach wie vor bewerte.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und in der Begründung zu folgen.

II. Der Kläger hat für die Zeit ab dem 1. Januar 1993 einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der Tätigkeitszulage.

1. Gegen die vom Kläger erhobene Feststellungsklage bestehen keine verfahrensrechtlichen Bedenken. Die Feststellungsklage ist geeignet, den streitigen Gesamtkomplex zwischen den Parteien zu klären, wobei davon ausgegangen werden kann, daß die Beklagte auch als privatisierte Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost einem Feststellungsurteil Folge leisten wird.

2. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb Bundespost über die Gewährung einer Tätigkeitszulage, denn er wird ab dem 1. Januar 1993 auf einem Arbeitsposten für Beamte mit der Bewertung nach BesGr. A 7 beschäftigt. Er kann daher ab diesem Zeitpunkt eine monatliche Tätigkeitszulage in Höhe von 9,0 v.H. des Tabellenlohnes der Lohngr. 8 beanspruchen.

Dies ergibt die Auslegung dieser Tarifbestimmung.

a) Die Auslegung einer Tarifbestimmung hat in erster Linie von deren Wortlaut auszugehen. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang einen Niederschlag gefunden hat (BAG in ständiger Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92 – BAGE 73, 364 = AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung, m.w.N.).

b) Eine zunächst allein am Wortlaut des § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb Bundespost orientierte Auslegung dieser Tarifnorm ergibt, daß ein Arbeiter, der auf einem Arbeitsposten für Beamte beschäftigt ist, eine Tätigkeitszulage beanspruchen kann, wenn der Arbeitsposten nach BesGr. A 7 (oder höher) bewertet ist.

Die Tarifvertragsparteien knüpfen damit eindeutig an die Bewertung der Beamtenstellen an. Das heißt, wenn die Tätigkeit eines Beamten auf einem Dienstposten, auf dem ein Arbeiter beschäftigt wird, mit der BesGr. A 7 zu bewerten ist, dann steht auch dem Arbeiter eine Tätigkeitszulage zu.

c) Diese Auslegung wird durch den Sinn und Zweck der Tätigkeitszulage nach § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb Bundespost bestätigt.

Die Tarifnorm soll ungeachtet der unterschiedlichen Rechtstellung von Arbeitern und Beamten eine Gleichbehandlung der Bediensteten der Deutschen Bundespost hinsichtlich der Entlohnung/Besoldung gewährleisten. Die Gruppe der Arbeiter soll gegenüber der Gruppe der Beamten nicht benachteiligt werden. Wenn ein Beamter, der die Aufgabe des Arbeiters bei anderer Organisation und Stellenbesetzung wahrnehmen würde, nach BesGr. A 7 zu besolden wäre, hat der Arbeiter Anspruch auf die tarifliche Zulage (vgl. BAG Urteil vom 3. Mai 1983 – 3 AZR 41/81 – AP Nr. 8 zu § 33 BAT; BAG Urteil vom 17. Dezember 1992 – 6 AZR 78/92 –, n.v.).

Maßgebend für den Anspruch auf die Tätigkeitszulage ist daher allein die Bewertung, die in der dem Dienstposten zugewiesenen Besoldungsgruppe zum Ausdruck kommt, nach der ein Beamter zu besolden wäre, wenn er auf diesem Dienstposten beschäftigt würde. Darauf, ob die auf diesem Dienstposten zu verrichtende Tätigkeit in ihrer nach anderen Maßstäben zu beurteilenden Wertigkeit dem Inhalt eines Amtes der BesGr. A 7 oder höher entspricht, kommt es nicht an. Es ist daher auch unerheblich, daß die Parteien in einer Zeit vor dem 1. Januar 1993 die Bewertung des Dienstpostens eines Bauführers mit der BesGr. A 5 beschrieben haben.

3. Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig, daß der Kläger auf einem Arbeitsposten für Beamte in Laufbahnen des mittleren fernmeldetechnischen Dienstes beschäftigt wird. Wäre dieser Arbeitsposten mit einem Beamten besetzt, so wäre dieser aufgrund der geänderten Laufbahnvorschriften ab dem 1. Januar 1993 nach der BesGr. A 7 zu besolden. Damit hat aber der Arbeiter auf dem gleichen Arbeitsposten einen Anspruch auf die tarifliche Tätigkeitszulage.

Die Revision war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Matthes, Hauck, Bepler, Staedtler, Schuster

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1086931

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