Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigungszeit nach § 19 BAT-O – stellvertretende Bürgermeisterin
Leitsatz (amtlich)
- Die in einem Arbeitsrechtsverhältnis als stellvertretender Bürgermeister einer kreisangehörigen Gemeinde der ehemaligen DDR zurückgelegte Zeit ist nicht Beschäftigungszeit bei dem Landkreis im Sinne von § 19 Abs. 1 BAT-O.
- Eine Anrechnung als Beschäftigungszeit bei dem Landkreis gem. § 19 Abs. 2 BAT-O scheidet auch dann aus, wenn das Arbeitsrechtsverhältnis des stellvertretenden Bürgermeisters mit dem Rat des Kreises bestanden hatte.
Normenkette
BAT-O § 19; BAT § 19; Einigungsvertrag Art. 13; AGB-DDR § 66; ZPO § 256
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 9. März 1994 – 2 Sa 246/93 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beschäftigungszeit der Klägerin im Sinne von § 19 BAT-O.
Die im Jahre 1954 geborene Klägerin war vom 28. Juni 1979 bis zum 15. Juli 1990 hauptamtliche stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde K…. Sie wurde von der Gemeindevertretung K… mehrfach in dieses Amt gewählt. Ihre Wahl stand aufgrund der Vorgaben des Rates des Kreises G… jeweils im Vorhinein fest. Die Klägerin hatte Vorstellungsgespräche mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Rates des Kreises geführt. Sie erhielt die von ihm unterzeichneten Berufungsurkunden und war dem Rat des Kreises, der die Personalakte führte, Beurteilungen durch die Gemeinde anforderte und die Gehaltsfragen regelte, disziplinarisch unterstellt und rechenschaftspflichtig.
Seit dem 16. Juli 1990 ist die Klägerin Angestellte im Amt für Offene Vermögensfragen bei dem beklagten Landkreis.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Dauer des Arbeitsrechtsverhältnisses als stellvertretende Bürgermeisterin müsse ihr als Beschäftigungszeit bei dem Beklagten gem. § 19 BAT-O anerkannt oder angerechnet werden. Sie hat geltend gemacht, das damalige Arbeitsrechtsverhältnis habe wegen des überragenden Einflusses des Rates des Kreises mit diesem und nicht mit dem Rat der Gemeinde bestanden. Sie sei Mitarbeiterin im Staatsapparat gewesen. Ihr Gehalt sei aus dem Haushalt des Rates des Kreises gezahlt worden. Die Begründung des Arbeitsrechtsverhältnisses durch Wahl gem. § 66 AGB-DDR besage nichts zur Parteistellung im Arbeitsrechtsverhältnis. Der Beklagte sei Rechtsnachfolger des Rates des Kreises G…. Er habe jedenfalls dessen Mitarbeiter unter Anerkennung der zurückgelegten Beschäftigungszeit weiterbeschäftigt. Allenfalls in Einzelfällen seien Beschäftigungszeiten gem. den Sondervorschriften zu § 19 BAT-O nicht anerkannt worden. Die Voraussetzungen hierfür lägen im Streitfalle nicht vor. Zudem habe der frühere Landrat H… erklärt, die Tätigkeit als stellvertretende Bürgermeisterin werde als Beschäftigungszeit angerechnet.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß ihr Beschäftigungsverhältnis bei dem Beklagten seit dem 28. Juni 1979 bestehe, d.h., daß die seit dem 28. Juni 1979 zurückgelegte Zeit als Beschäftigungszeit bei dem Beklagten angerechnet werde.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, die Beschäftigungszeit der Klägerin zähle ab dem 16. Juli 1990. Die Gemeinde K… sei aufgrund der Wahl Arbeitgeberin gewesen. Sie habe auch das Gehalt der Klägerin gezahlt. Die Disziplinaraufsicht sei als Ausprägung des zentralistisch gelenkten Einheitsstaates zur Auslegung des § 19 BAT-O ungeeignet. Die Beschäftigungszeit als stellvertretende Bürgermeisterin könne auch deswegen nicht berücksichtigt werden, weil die Tätigkeit aufgrund einer besonderen persönlichen Systemnähe übertragen worden sei. Eine Zusage des früheren Landrats, der hierzu im übrigen nicht befugt gewesen wäre, habe es nicht gegeben.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klagantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei als stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde K… nicht Arbeitnehmerin des Rates des Kreises gewesen. Entscheidend sei die Wahl durch die Gemeindevertretung. Erst durch diesen Umstand und nicht durch eine vorgelagerte Entscheidung im Rat des Kreises sei das Arbeitsverhältnis gem. § 66 AGB-DDR begründet worden. Es komme nicht auf die Einflußmöglichkeiten und die tatsächliche Einflußnahme des Rates des Kreises auf Personalangelegenheiten der Gemeinde an. Dabei handele es sich um ein Charakteristikum des zentralistisch gelenkten Einheitsstaates. Würde man derartige Gesichtspunkte gelten lassen, so hätte es letztlich nur einen einzigen Arbeitgeber gegeben, nämlich den Ministerrat der DDR bzw. dessen Vorsitzenden. Bei dieser Auslegung wäre § 19 BAT-O bedeutungslos. Da die Tarifparteien im Grundsatz auf eine gleichlautende Regelung des BAT-West zurückgegriffen hätten, spreche alles dafür, daß sie auch die dabei in der Vergangenheit angewendeten Auslegungsgrundsätze anerkennen wollten. Danach sei derselbe Arbeitgeber für alle Angestellten des Bundes die Bundesrepublik Deutschland, für die Angestellten der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) das jeweils in Frage kommende Land bzw. die einzelne Gemeinde (Gemeindeverband). Jeder Bürgermeister einer westdeutschen Gemeinde sei zweifellos als Angestellter bzw. Beamter der jeweiligen Gebietskörperschaft anzusehen, die ihn gewählt habe. Auch wenn es in der DDR keine Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gegeben habe, sei neben der Wahl durch die Gemeinde entscheidend, daß die Klägerin ihre Arbeit für die Gemeinde im Rahmen der Organisation der Gemeindevertretung geleistet habe. Dabei könne dahinstehen, ob die Bezüge der Klägerin aus dem Haushalt der Gemeinde oder dem des Rates des Kreises gezahlt worden seien und ob der Beklagte als Rechtsnachfolger des Rates des Kreises anzusehen sei.
II. Die Revisionsangriffe gegen diese Ausführungen bleiben erfolglos.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Die Klägerin begehrt die Feststellung ihrer streitigen Beschäftigungszeit vom 28. Juni 1979 bis zum 15. Juli 1990 bei dem Beklagten unter allen denkbaren Gesichtspunkten. Sie beruft sich in erster Linie auf § 19 Abs. 1 BAT-O (Zeit des Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber). In zweiter Linie macht sie die Anrechnung nach § 19 Abs. 2 BAT-O geltend. Das ergibt die Auslegung ihres etwas mißverständlich formulierten Klagantrags.
b) Dieser Antrag ist zulässig. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits für § 19 BAT entschieden, der Angestellte könne nach § 256 ZPO auf Feststellung klagen, daß bestimmte Vordienstzeiten anzurechnen seien, falls der Arbeitgeber diese nicht als Beschäftigungszeiten anerkennt (BAG Urteil vom 4. November 1965 – 2 AZR 65/65 – AP Nr. 1 zu § 19 BAT; dagegen LAG Chemnitz Urteil vom 8. Juni 1994 – 2 Sa 137/94 – Der Betrieb 1994, 1684). Es hat zur Begründung ausgeführt, die Beschäftigungs- und Dienstzeit präge den Status oder Besitzstand des Angestellten im öffentlichen Dienst und sei bedeutsam für eine große Zahl von Ermessensentscheidungen des Arbeitgebers wie die dienstliche Verwendung, die Heranziehung zu Vertretungen oder die Zuteilung des Arbeitsplatzes (BAG, aaO, unter IV der Gründe).
Für § 19 BAT-O gilt nichts anderes. Unerheblich ist daher, daß die Beschäftigungszeit im Geltungsbereich des BAT-O nur vereinzelt unmittelbare Auswirkungen auf die tariflichen Arbeitsbedingungen besitzt (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, Arbeits- und Tarifrecht der Angestellten des öffentlichen Dienstes im Beitrittsgebiet – ATB-Ang – Stand Mai 1995, § 19 BAT-O Erl. 3a bis c; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, Arbeits- und Tarifrecht der Angestellten in den neuen Bundesländern, Stand Oktober 1995, § 19 BAT-O Anm. 1). Dementsprechend hat der Sechste Senat die auf Anerkennung von vergütungserheblichen Postdienstzeiten gerichtete Klage ohne weitere Begründung für zulässig erachtet (Urteil vom 23. Juni 1994 – 6 AZR 911/93 – AP Nr. 13 zu § 1 TVG Tarifverträge: DDR, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
2. Die Klage ist nicht begründet. Die Beschäftigungszeit der Klägerin beginnt erst am 16. Juli 1990.
a) Der Beklagte wendet, wie sich aus der Festsetzung der Beschäftigungszeit im Schreiben vom 23. März 1992 ergibt und zwischen den Parteien außer Streit steht, auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin § 19 BAT-O an. Danach sind der Entscheidung des Rechtsstreits folgende Tarifvorschriften zugrunde zu legen:
§ 19
Beschäftigungszeit
Beschäftigungszeit ist die bei demselben Arbeitgeber nach Vollendung des 18. Lebensjahres in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist.
…
- Übernimmt ein Arbeitgeber eine Dienststelle oder geschlossene Teile einer solchen von einem Arbeitgeber, der von diesem Tarifvertrag erfaßt wird oder diesen oder einen Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts anwendet, so werden die bei der Dienststelle bis zur Übernahme zurückgelegten Zeiten nach Maßgabe des Absatzes 1 als Beschäftigungszeit angerechnet.
- Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäß für ehemalige Beamte, jedoch nicht für Ehrenbeamte und für Beamte, die nur nebenbei beschäftigt wurden.
Andere als die vorgenannten Zeiten dürfen bei Bund und Ländern nur durch die Entscheidung der obersten Dienstbehörde im Einvernehmen mit der für das Personalwesen (Tarifrecht) zuständigen obersten Dienstbehörde als Beschäftigungszeiten angerechnet werden.
Bei den Mitgliedern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände soll die Anrechnung anderer als der vorgenannten Zeiten als Beschäftigungszeiten bei einem Wechsel zwischen der Gemeinde und ihrem in privater Rechtsform geführten Betrieb erfolgen. Satz 1 dieses Unterabsatzes gilt entsprechend bei einem Wechsel zwischen dem in privater Rechtsform geführten Betrieb und der Gemeinde.
- Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 1. Januar 1991:
- Als Übernahme im Sinne des Absatzes 2 gilt auch die Überführung von Einrichtungen nach Artikel 13 des Einigungsvertrages.
Ist infolge des Beitritts der DDR der frühere Arbeitgeber weggefallen, ohne daß eine Überführung nach Artikel 13 des Einigungsvertrages erfolgt ist, gelten als Beschäftigungszeit nach Maßgabe des Absatzes 1
für Angestellte des Bundes
Zeiten der Tätigkeit bei zentralen Organen und ihren nachgeordneten Einrichtungen oder sonstigen Einrichtungen oder Betrieben, soweit der Bund deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ganz oder überwiegend übernommen hat.
für Angestellte der Länder
Zeiten der Tätigkeit bei zentralen oder örtlichen Staatsorganen und ihren nachgeordneten Einrichtungen oder sonstigen Einrichtungen oder Betrieben, soweit das Land deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ganz oder überwiegend übernommen hat,
für Angestellte der Mitglieder der Mitgliederverbände der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände
Zeiten der Tätigkeit bei zentralen oder örtlichen Staatsorganen und ihren nachgeordneten Einrichtungen oder sonstigen Einrichtungen oder Betrieben, soweit der Arbeitgeber deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ganz oder überwiegend übernommen hat.
- Für die Anwendung des § 39 werden auch die nicht unter die vorstehenden Nrn. 1 und 2 fallenden Zeiten der Tätigkeit bei zentralen oder örtlichen Staatsorganen und ihren nachgeordneten Einrichtungen oder sonstigen Einrichtungen oder Betrieben, deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ein Arbeitgeber ganz oder überwiegend übernommen hat, der unter den BAT-O fällt, und Zeiten der Tätigkeit bei der Deutschen Reichsbahn und bei der Deutschen Post nach Maßgabe des Absatzes 1 als Beschäftigungszeit berücksichtigt, es sei denn, daß diese Zeiten nach Nr. 4 oder einer entsprechenden Regelung nicht anzurechnen wären.
Von der Berücksichtigung als Beschäftigungszeit sind ausgeschlossen
- Zeiten jeglicher Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (einschließlich der Verpflichtung zu informeller/inoffizieller Mitarbeit),
- Zeiten einer Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen der DDR,
- Zeiten einer Tätigkeit, die aufgrund einer besonderen persönlichen Systemnähe übertragen worden war.
Die Übertragung der Tätigkeit aufgrund einer besonderen persönlichen Systemnähe wird insbesondere vermutet, wenn der Angestellte
- vor oder bei Übertragung einer Tätigkeit eine hauptamtliche oder hervorgehobene ehrenamtliche Funktion in der SED, dem FDGB, der FDJ oder einer vergleichbaren systemunterstützenden Partei oder Organisation innehatte,
- als mittlere oder obere Führungskraft in zentralen Staatsorganen, als obere Führungskraft beim Rat eines Bezirkes, als Vorsitzender des Rates eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt (Oberbürgermeister) oder in einer vergleichbaren Funktion tätig war,
- hauptamtlich Lehrender an den Bildungseinrichtungen der staatstragenden Parteien oder einer Massen- oder gesellschaftlichen Organisation war oder
- Absolvent der Akademie für Staat und Recht oder einer vergleichbaren Bildungseinrichtung war.
Der Angestellte kann die Vermutung widerlegen.
Von einer Berücksichtigung als Beschäftigungszeit ausgeschlossen sind auch Zeiten, die vor einer Tätigkeit im Sinne der Buchstaben a bis c zurückgelegt worden sind.
b) Der Antrag der Klägerin ist nicht nach § 19 Abs. 1 BAT-O gerechtfertigt. Die Klägerin stand nicht vom 28. Juni 1979 bis zum 15. Juli 1990 in einem Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten. Die Landkreise in der ehemaligen DDR wurden erst durch das Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. I S. 255) neu errichtet. Sie sind weder Rechtsnachfolger der früheren Räte der Kreise noch mit diesen identisch (Senatsurteil vom 10. November 1994 – 8 AZR 641/93 – n.v., zu B II 1 der Gründe; BGH Urteil vom 4. November 1994 – LwZR 12/93 – BGHZ 127, 285, 288 ff.). Daher scheidet die Annahme einer Beschäftigungszeit bei demselben Arbeitgeber selbst dann aus, wenn die Klägerin Arbeitnehmerin beim Rat des Kreises G… gewesen ist.
Ziff. 2 der Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 1. Januar 1991 hilft der Klägerin nicht. Auch wenn der frühere Arbeitgeber der Klägerin weggefallen und keine Überführung nach Art. 13 EV erfolgt ist, fehlt es an der weiteren Voraussetzung der Ziff. 2c: Der Beklagte hat nicht Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche der Gemeindeverwaltung K…, bei der die Klägerin unstreitig tätig war, ganz oder überwiegend übernommen. Soweit nach Ziff. 3 der Übergangsvorschriften für den Anspruch auf die Jubiläumszuwendung (§ 39 BAT-O) weitere Zeiten als Beschäftigungszeit berücksichtigt werden, handelt es sich um einen Sonderfall, über den die Parteien nicht streiten.
c) Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 BAT-O liegen ebenfalls nicht vor. Der Beklagte hat nicht eine Dienststelle oder geschlossene Teile einer Dienststelle übernommen, bei welcher die Klägerin Zeiten in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegt hat. Dabei gilt nach Ziff. 1 der Übergangsvorschrift für Zeiten vor dem 1. Januar 1991 als Übernahme auch die Überführung einer Einrichtung gem. Art. 13 EV. Dem Angestellten sollen bei der Überführung einer Einrichtung ebenso wie bei einer Betriebsnachfolge die aus der Dauer der Zugehörigkeit zur früheren Dienststelle entstandenen Rechte gewahrt bleiben, das alte Beschäftigungsverhältnis gilt als Beschäftigungszeit beim neuen Arbeitgeber (vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Oktober 1995, § 19 BAT Rz 50). Maßgebend ist, bei welcher Dienststelle das Arbeitsverhältnis zurückgelegt wurde. Das war im Falle der Klägerin selbst dann die Gemeindeverwaltung K…, wenn das Arbeitsverhältnis rechtlich dem Rat des Kreises zugeordnet war. § 19 Abs. 2 BAT-O stellt nach seinem Wortlaut und nach dem Zusammenhang mit den Übergangsvorschriften maßgeblich auf die Beschäftigung bei einer Dienststelle ab, wenn formale Arbeitgeberstellung und Beschäftigungseinrichtung auf Grund der zentralistischen Staatsverwaltung der ehemaligen DDR auseinanderfallen sollten. Das entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, eine Anrechnung herbeizuführen, die der in den alten Bundesländern bestehenden Regelung entspricht. Der Beklagte mag die Verwaltung des Rates des Kreises G… im Sinne von § 19 Abs. 2 BAT-O übernommen haben. Die Gemeindeverwaltung K… hat er jedenfalls nicht übernommen.
d) Die streitige Beschäftigungszeit ist auch nicht aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes anzuerkennen. Die Klägerin hat zwar unwidersprochen vorgetragen, der Beklagte habe vormals beim Rat des Kreises G… beschäftigte Mitarbeiter weiterbeschäftigt und die von ihnen zurückgelegte Beschäftigungszeit anerkannt. Dieser Vortrag bezieht sich aber nur auf solche Arbeitnehmer, die beim Rat des Kreises beschäftigt waren. Die Klägerin war als stellvertretende Bürgermeisterin in einer Gemeindeverwaltung tätig. Sie hat nicht behauptet, der Beklagte habe die Beschäftigungszeiten auch derjenigen Arbeitnehmer anerkannt, die aufgrund der Wahl durch eine Gemeindevertretung in einer Gemeindeverwaltung gearbeitet haben. Die Anerkennungspraxis des Beklagten entspricht, wie dargelegt, dem § 19 BAT-O nebst Übergangsvorschriften.
e) Die angebliche Äußerung des früheren Landrats vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit angesichts von § 19 Abs. 4 BAT-O eine vertragliche Anrechnung von Beschäftigungszeiten möglich war. Die Klägerin hat schon nicht vorgetragen, es habe sich um eine rechtsgeschäftliche Erklärung des Landrats gehandelt. Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte. Ferner läßt die Darlegung der Klägerin offen, ob die Äußerung vor oder nach dem Inkrafttreten des BAT-O (1. Januar 1991) erfolgt sein soll. Da keine näheren Umstände zu der angeblichen Äußerung vorgetragen sind, kann letztlich nur eine unverbindliche Auskunft durch den Landrat angenommen werden. Dafür spricht auch, daß vertragliche Regelungen im öffentlichen Dienst im allgemeinen schriftlich erfolgen.
III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Dr. Wittek, Müller-Glöge, Mikosch, Dr. Haible, Mache
Fundstellen
Haufe-Index 872291 |
BB 1996, 540 |
NZA 1996, 611 |