Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifgeltung im Beitrittsgebiet
Normenkette
GG Art. 3; BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 29. Juli 1997 – 11 Sa 70/97 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin über den 1. Juli 1996 hinaus die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) oder des Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 Anwendung finden.
Die Klägerin war vor dem 3. Oktober 1990 bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Landes beschäftigt und von diesem nach Herstellung der Einheit Deutschlands übernommen worden. Im Arbeitsvertrag haben die Parteien die Geltung des BAT-O vereinbart. Die Klägerin war vom 1. Oktober 1990 bis zum 5. November 1991 als Angestellte im Schreibdienst im ehemaligen Westberlin eingesetzt. Seit dem 6. November 1991 wird sie wieder im ehemaligen Ostberlin beschäftigt.
Mit Schreiben vom 10. März 1993 teilte das beklagte Land der Klägerin mit:
“Betrifft: Tarifsituation nach der Vereinigung
hier: Auswirkungen der Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Juli 1992 – 6 AZR 11/92 und 12/92 –
Sehr geehrte Frau M… !
Das Bundesarbeitsgericht hat in den genannten Urteilen festgestellt, daß im Falle von Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet begründet wurde und die auf nicht absehbare Zeit in einer im Westteil Berlins gelegenen Dienststelle tätig sind, auf diese Arbeitsverhältnisse das im Westteil Berlins gültige Tarifrecht anzuwenden ist.
Die Geltungsbereichsregelungen des BAT/BAT-O entsprechen der den Urteilen zugrunde liegenden Rechtslage. Deswegen ist es gerechtfertigt und geboten, die Arbeitnehmer des Landes Berlin, die z.Z. noch nach den Regelungen des BAT-O behandelt werden, mit den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen gleichzubehandeln, sofern sie die vom Bundesarbeitsgericht genannte tatbestandsmäßige Voraussetzung einer dauerhaften bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehenden Beschäftigung im Westteil Berlins erfüllen. Dies gilt auch dann, wenn mit einem solchen, im Westteil der Stadt gelegenen “Stamm”-Arbeitsplatz Einsätze im Ostteil der Stadt verbunden sind. Maßgebend für die Prüfung, ob eine dauerhafte bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehenden Beschäftigung im Westteil der Stadt vorliegt, ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Aufnahme der Tätigkeit.
Sie waren vom 1. Oktober 1990 bis 5. November 1991 auf nicht absehbare Zeit im Westteil der Stadt beschäftigt. Aus den BAG-Urteilen ergibt sich, daß Ihr Arbeitsverhältnis vom Tage der Aufnahme Ihrer dauerhaften Tätigkeit im Westteil der Stadt von den Regelungen des Tarifrechts West erfaßt wird.
…
Seit dem 6. November 1991 sind Sie dauerhaft bzw. auf nicht absehbare Zeit im Ostteil der Stadt beschäftigt. Die Regelungen des BAT sind jedoch auch weiterhin für Ihr Arbeitsverhältnis maßgebend.
…”
Die Klägerin erhielt mit Wirkung vom 1. Februar 1992 Vergütung nach BAT und aufgrund einer Nebenabrede vom 25. März 1993 eine Funktionszulage.
Mit Schreiben vom 7. Februar 1996 teilte das beklagte Land der Klägerin unter Berufung auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats im Urteil vom 26. Oktober 1995 (– 6 AZR 125/95 – BAGE 81, 207, sog. “Feuerwehrurteil”) mit, daß die Leistungen nach BAT nur noch unter dem Vorbehalt der Rückforderung stünden. Für die Zeit vom 1. August 1995 bis zum 31. Januar 1996 forderte es unter Beachtung der sechsmonatigen Ausschlußfrist des § 70 BAT-O den Differenzbetrag zwischen der Vergütung nach BAT und BAT-O von der Klägerin zurück, unterstellte aber gleichzeitig einen “Wegfall der Bereicherung”, so daß es im Ergebnis nicht zur Rückzahlung kam. Mit einem weiteren Schreiben vom 25. Juni 1996 teilte das beklagte Land der Klägerin schließlich mit, daß auf ihr Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juli 1996 wieder der BAT-O Anwendung finde.
Mit Schreiben vom 23. Juli 1996 forderte das beklagte Land die nach seiner Auffassung überzahlten Beträge für die Zeit vom 1. Februar 1996 bis zum 30. Juni 1996 unter gleichzeitiger Stundung zurück.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aufgrund der getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen habe sie gegen das beklagte Land einen Anspruch auf Vergütung nach BAT. Das beklagte Land sei nicht berechtigt, einseitig und ohne Änderungskündigung von den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen abzuweichen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin auch über den 1. Juli 1996 hinaus nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils geltenden Fassung nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen zu vergüten.
Das beklagte Land hat Klagabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis der Klägerin richte sich seit deren Rückkehr in das östliche Tarifgebiet wieder nach den Bestimmungen des BAT-O. Eine davon abweichende arbeitsvertragliche Vereinbarung sei zwischen den Parteien nicht getroffen worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage als unbegründet abgewiesen.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden ab 1. Juli 1996 weder tarifvertraglich noch einzelvertraglich die Bestimmungen des BAT Anwendung; vielmehr gelten die Vorschriften des BAT-O.
1. Nach § 1 Abs. 1 Buchst. b BAT-O gilt dieser Tarifvertrag für Arbeitnehmer der Länder, die in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung tätig sind (Angestellte) und deren Arbeitsverhältnisse in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages (im folgenden: EV) genannten Gebiet begründet sind.
a) Die Klägerin übt unstreitig eine der Rentenversicherung der Angestellten unterliegende Beschäftigung beim beklagten Land aus.
b) Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist auch in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet begründet.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist ein Arbeitsverhältnis in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet begründet, wenn dort der Grund der Entstehung des Arbeitsverhältnisses liegt und der Bezug zum Beitrittsgebiet gegenwärtig noch besteht. Wird ein Arbeitnehmer für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt und wird er auf unbestimmte Zeit dort beschäftigt, sind diese Voraussetzungen gegeben (BAG 24. Februar 1994 – 6 AZR 588/93 – BAGE 76, 57; 6. Oktober 1994 – 6 AZR 324/94 – BAGE 78, 108). Für den gegenwärtigen Bezug zum Beitrittsgebiet ist grundsätzlich die Lage des Arbeitsplatzes entscheidend (BAG 24. Februar 1994 – 6 AZR 588/93 – BAGE 76, 57, 61; 6. Oktober 1994 – 6 AZR 324/94 – BAGE 78, 108, 112; 23. Februar 1995 – 6 AZR 614/94 – BAGE 79, 215, 217; 20. März 1997 – 6 AZR 10/96 – BAGE 85, 322, 327 f.; 25. Juni 1998 – 6 AZR 515/97 – AP TV Arb Bundespost § 1 Nr. 2 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 76, zu II 1a der Gründe und – 6 AZR 475/96 – AP TV Arb Bundespost § 1 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 12, zu II 2b bb der Gründe). Wird ein Arbeitnehmer, der für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt wurde, vorübergehend auf nicht absehbare Zeit im Geltungsbereich des BAT beschäftigt, findet für die Dauer dieser Tätigkeit der BAT Anwendung. Nach Rückkehr auf einen Arbeitsplatz im Beitrittsgebiet unterfällt das Arbeitsverhältnis wieder dem BAT-O (BAG 23. Februar 1995 – 6 AZR 667/94 – BAGE 79, 224; 21. September 1995 – 6 AZR 151/95 – AP BAT-O § 1 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 11, zu III 2 der Gründe; 26. Oktober 1995 – 6 AZR 125/95 – BAGE 81, 207, 209; 20. März 1997 – 6 AZR 10/96 – BAGE 85, 322, 329; 25. Juni 1998 – 6 AZR 515/97 – aaO, zu II 1c der Gründe).
bb) Der Grund für die Entstehung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin lag im Beitrittsgebiet. Es bestand bereits in der ehemaligen DDR und wurde nach Herstellung der Einheit Deutschlands vom beklagten Land fortgeführt. Der Bezug zum Beitrittsgebiet besteht auch gegenwärtig fort, da sich der Arbeitsplatz der Klägerin seit dem 6. November 1991 wieder im ehemaligen Ostberlin befindet. Seit diesem Zeitpunkt richtet sich das Arbeitsverhältnis deshalb nach den Regelungen des BAT-O.
2. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht eine davon abweichende, für die Klägerin günstigere arbeitsvertragliche Vereinbarung dahingehend, daß die Bestimmungen des BAT unabhängig vom Vorliegen der dafür erforderlichen tariflichen Voraussetzungen anzuwenden sind, verneint.
a) Das Landesarbeitsgericht hat die Schreiben des beklagten Landes vom 10. März 1993 und vom 20. April 1993 als Ausdruck des Normenvollzugs gewertet und ihnen keine rechtsbegründende Wirkung beigemessen. Aus dem Schreiben vom 10. März 1993 ergebe sich, daß das beklagte Land sich tariflich für verpflichtet gehalten habe, auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin den BAT anzuwenden. Deshalb sei auch das Schreiben vom 20. April 1993 lediglich als Ausdruck des Normenvollzugs zu werten.
b) Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Auslegung die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugrundegelegt, wonach der öffentliche Arbeitgeber im Zweifel nur die Leistungen gewähren will, zu denen er tariflich verpflichtet ist und die arbeitsvertragliche Verweisung auf den Geltungsbereich eines Tarifvertrages im Arbeitsverhältnis des öffentlichen Dienstes grundsätzlich nur den Sinn hat, daß der Arbeitsvertrag das beinhalten soll, was nach den allgemeinen Grundsätzen des Tarifrechts für tarifgebundene Arbeitnehmer gilt (st. Rspr., vgl. BAG 21. Oktober 1992 – 4 AZR 156/91 – AP BAT § 23a Nr. 27, zu I 3b der Gründe; 1. Juni 1995 – 6 AZR 922/94 – BAGE 80, 152, 155; 26. März 1998 – 6 AZR 550/96 – AP BAT-O § 1 Nr. 9, zu B I der Gründe). Für den vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Im Schreiben vom 10. März 1993 hat das beklagte Land ausdrücklich auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats im sog. “Posturteil” vom 30. Juli 1992 (– 6 AZR 11/92 – BAGE 71, 68) Bezug genommen, das sich mit der Tarifgeltung für das Arbeitsverhältnis eines im westlichen Tarifgebiet beschäftigten Arbeitnehmers mit im Beitrittsgebiet begründetem Arbeitsverhältnis befaßt, und der Klägerin gleichzeitig mitgeteilt, daß danach auf ihr Arbeitsverhältnis der BAT anzuwenden sei. Damit hat das beklagte Land auch für die Klägerin erkennbar zum Ausdruck gebracht, daß es nicht übertarifliche Leistungen gewähren wollte, sondern sich tariflich für verpflichtet hielt, auf ihr Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des BAT anzuwenden.
In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Landesarbeitsgericht auch dem Schreiben vom 20. April 1993 lediglich deklaratorischen Charakter beigemessen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dieses Schreiben fuße auf der rechtsirrtümlichen Auffassung des beklagten Landes, tariflich zur Anwendung des BAT auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin verpflichtet zu sein. Unter dieser Voraussetzung stelle sich die Mitteilung des beklagten Landes über die Gewährung einer Funktionszulage unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des BAT als bloße Wiedergabe der tariflichen Rechtslage und nicht als Zusage einer übertariflichen Leistung dar. Diese Auslegung ist angesichts dessen, daß der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Zweifel nur das gewähren will, wozu er tariflich verpflichtet ist, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
c) Da das beklagte Land der Klägerin somit rechtsirrtümlich Leistungen nach BAT gewährt hat, konnte es sich von dieser Praxis, nachdem es von seinem Rechtsirrtum Kenntnis erlangt hatte, lösen. Einer Änderungskündigung bedurfte es dazu nicht.
3. Das beklagte Land ist auch nicht verpflichtet, aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, auf den sich die Klägerin in der Revision berufen hat, auf deren Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juli 1996 die Bestimmungen des BAT anzuwenden.
a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Unzulässig ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist (vgl. BVerfG 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39, 58). Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz zwar nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Ein derartiger Vorrang besteht aber nur für individuell getroffene Vereinbarungen. Das Gebot der Gleichbehandlung greift aber dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (st. Rspr., vgl. BAG 26. Oktober 1995 – 6 AZR 125/95 – BAGE 81, 207, 210 f.; 20. März 1997 – 6 AZR 453/96 – ZTR 1997, 568, zu I 3 der Gründe; 23. August 1995 – 5 AZR 293/94 – BAGE 80, 354, 360; 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 – BAGE 71, 29, 37).
b) Die Klägerin macht geltend, “die Differenzierung der Anwendung des BAT-O oder BAT nach dem Sitz der beschäftigenden Dienststelle” sei “untauglich, allein der Sitz der Dienststelle” könne “keinen sachlichen Grund für eine Differenzierung darstellen”. Soweit dies damit begründet werde, daß der Zweck des BAT-O darin bestehe, im wirtschaftlich schwächeren Beitrittsgebiet die Erhaltung und Entstehung von Arbeitsplätzen zu fördern, könne dem nicht gefolgt werden, denn es gebe keine Erfahrungswerte, die bestätigen könnten, daß durch den BAT-O Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst erhalten würden oder deren Entstehung gefördert worden wäre.
Dabei übersieht die Klägerin, daß das beklagte Land nimmt die tarifliche Zuordnung der Arbeitsverhältnisse so vornimmt, wie es die Tarifvertragsparteien in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes für tarifgebundene Arbeitnehmer vorgesehen haben. Für die Frage, welcher Tarifvertrag auf das im Beitrittsgebiet begründete Arbeitsverhältnis eines Angestellten des beklagten Landes anzuwenden ist, ist die Lage des Arbeitsplatzes entscheidend. Die Klägerin, deren Arbeitsverhältnis nach ihrer Rückkehr auf einen Arbeitsplatz im Beitrittsgebiet unter den Geltungsbereich des BAT-O fällt, kann deshalb aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht die Anwendung des BAT verlangen.
Einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit Angestellten, deren Arbeitsverhältnisse in den alten Bundesländern begründet sind, hat die Klägerin nicht. Der Grund für die unterschiedliche Behandlung der Klägerin gegenüber diesen Angestellten beruht nicht auf sachfremden Erwägungen des beklagten Landes, sondern auf den unterschiedlichen Geltungsbereichen von BAT und BAT-O.
4. Durch die Schaffung anderer Arbeitsbedingungen für das Beitrittsgebiet im Verhältnis zu den alten Bundesländern haben die Tarifvertragsparteien nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.
a) Die Tarifvertragsparteien haben im Rahmen der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie die Befugnis, für ihre Mitglieder die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu regeln. Dabei steht ihnen ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Bei ihrer Normsetzung haben sie jedoch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten, der es verbietet, gleiche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln (vgl. BAG 15. Januar 1955 – 1 AZR 305/54 – BAGE 1, 258, 260 ff.; 20. April 1977 – 4 AZR 732/75 – BAGE 29, 122; 13. November 1985 – 4 AZR 234/84 – BAGE 50, 137, 141 ff.; 30. Juli 1992 – 6 AZR 11/92 – BAGE 71, 68). Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung liegt vor, wenn sich für die vorgenommene Differenzierung ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund nicht finden läßt, wenn also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung die Regelung als willkürlich anzusehen ist (vgl. BVerfG 23. Oktober 1951 – 1 BvG 1/51 – BVerfGE 1, 14, 52; 19. Juli 1972 – 2 BvL 7/71 – BVerfGE 33, 367, 384; 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39, 58). Die Tarifvertragsparteien brauchen angesichts der ihnen eingeräumten weitgehenden Gestaltungsfreiheit nicht die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung zu wählen; vielmehr genügt es, wenn sich für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund ergibt (BVerfG 17. Dezember 1953 – 1 BvR 147/52 – BVerfGE 3, 58, 135; 12. April 1972 – 2 BvR 704/70 – BVerfGE 33, 44, 51; 26. März 1980 – 1 BvR 121, 122/76 – BVerfGE 54, 11, 25 f.; 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39, 58; 8. April 1987 – 2 BvR 909/82 ua. – BVerfGE 75, 108, 157; BAG 30. Juli 1992 – 6 AZR 11/92 – BAGE 71, 68, 75).
b) Die Arbeitsbedingungen nach dem BAT-O sind ungünstiger als die Arbeitsbedingungen nach dem BAT. Dies ist jedoch sachlich gerechtfertigt.
Der sachliche Grund für die Ungleichbehandlung liegt in den ungünstigeren wirtschaftlichen Bedingungen im Beitrittsgebiet gegenüber denjenigen in den alten Bundesländern. Die Tarifvertragsparteien sind rechtlich nicht gehindert, regional unterschiedliche Arbeitsbedingungen zu vereinbaren, um unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Von dieser Befugnis haben die Tarifvertragsparteien durch Schaffung unterschiedlicher Arbeitsbedingungen für das Beitrittsgebiet gegenüber den alten Bundesländern Gebrauch gemacht (BAG 30. Juli 1992 – 6 AZR 11/92 – BAGE 71, 68). Dies geschah auf der Grundlage des Einigungsvertrages, der die Erstreckung der in den alten Bundesländern geltenden Arbeitsbedingungen für den öffentlichen Dienst auf das Beitrittsgebiet von einer Vereinbarung der Tarifvertragsparteien abhängig gemacht hat (Kapitel XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 der Anl. I zum EV). Die unterschiedliche tarifliche Gestaltung der Arbeitsbedingungen im Beitrittsgebiet gegenüber denjenigen in den alten Bundesländern hält sich daher im Rahmen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie. Angesichts der Zwecksetzung, den unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen im Beitrittsgebiet gegenüber den alten Bundesländern Rechnung zu tragen, ist es entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht sachfremd, sondern konsequent, für die Abgrenzung der Geltungsbereiche von BAT und BAT-O auf die Lage des Arbeitsplatzes abzustellen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Armbrüster, Gräfl, Friedrich, P. Pühler, Schwarck
Fundstellen