Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. § 24 BAT setzt für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit die Möglichkeit einer solchen Maßnahme in Ausübung des Direktionsrechts voraus. Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit muss in entsprechender Anwendung von § 315 BGB nach billigem Ermessen erfolgen. Das billige Ermessen der Ausübung des Direktionsrechts muss sich auf die Tätigkeitsübertragung “an sich” und die nur “vorübergehende Übetragung” beziehen (“doppelte Billigkeit”).
2. Wendet sich der Angestellte nicht gegen die Tätigkeitsübertragung “an sich”, sondern gegen deren zeitliche Begrenzung, so sind das Interesse des Arbeitnehmers, die höherwertige Tätigkeit auf Dauer zu erhalten, und das Interesse des Arbeitgebers, die Tätigkeit nicht auf Dauer zu übertragen, gegeneinander abzuwägen.
Normenkette
BAT §§ 24, 23, 22 Anl. 1a; BGB § 315
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 10.05.2001; Aktenzeichen 11 (16) Sa 41/01) |
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. Mai 2001 – 11 (16) Sa 41/01 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger ab dem 1. November 1999 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V c BAT hat. Dabei geht es darum, ob das beklagte Land dem Kläger eine höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zuweisen durfte oder ob sie dem Kläger auf Dauer zusteht.
Der am 9. Mai 1974 geborene Kläger arbeitet seit dem 20. Juli 1993 bei dem beklagten Land als vollbeschäftigter Angestellter in der Sachbearbeitung. Er war zunächst in dessen Versorgungsamt D eingesetzt. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit ua. der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für das beklagte Land geltenden Fassung.
Auf Grund eines Gutachtens traf die Landesregierung 1993 die Entscheidung, die Organisation im Bereich der Versorgungsverwaltung umzustrukturieren und die Aufbauorganisation in den Versorgungsämtern grundsätzlich dreistufig (Amtsleitung, Abteilungen, Gruppen) zu gliedern. Eine Vorgabe der Neuorganisation war, die Gruppen zu den einzelnen Gesetzesbereichen zu Abteilungen zusammenzufassen und ua. die Abteilung 2 (Soziales Entschädigungsrecht) und die Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) einzurichten. Ein Gesetzesbereich sollte eine Abteilung bilden, so dass die Bearbeitung der Gesetzesbereiche Soziales Entschädigungsrecht und Schwerbehindertengesetz getrennt wurden. Die Organisation der Gruppen innerhalb der Abteilungen sollte für die einzelnen Gesetzesbereiche separat geregelt werden. Im Assistenzbereich (Stellen bis VergGr. VI b BAT) wurden ein Einsparpotential von 854 Stellen festgestellt und die entsprechenden Stellen als künftig wegfallend im Nachtragshaushalt 1993 für die Jahre 1996 – 1999 deklariert. Mit Organisationserlassen erfolgte ab 1996 die Umsetzung der in Projektarbeit erarbeiteten konkreten Maßnahmen für den organisatorischen, personellen und fachlichen Bereich im Landesversorgungsamt und in den nachgegliederten elf Versorgungsämtern. Hieraus folgte, dass zwischen den Ämtern und dem Landesversorgungsamt eine Verschiebung von Stellen, Dienstposten und ggf. auch eine Versetzung von Beschäftigten erforderlich wurden.
Mit Verfügung vom 1. März 1995 wurden dem Kläger unter dem Vorbehalt jederzeit Widerrufs gem. § 24 Abs. 1 BAT vorübergehend die höherwertigen Aufgaben eines Rentensachbearbeiters übertragen – vorübergehender Einsatz auf dem Dienstposten eines Rentenbearbeiters –. Auf Grund des Schreibens des Versorgungsamtes D vom 3. April 1995 erhielt der Kläger eine persönliche Zulage iSd. § 24 Abs. 1 BAT in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der VergGr. V c und der VergGr. VIII BAT, in der der Kläger eingruppiert war, und zwar nach einer Erprobungsphase, die mit dem 9. Januar 1995 begonnen hatte und im Februar 1995 erfolgreich abgeschlossen worden war.
Mit Schreiben vom 5. Juni 1996 wurde dem Kläger die Zulage ab dem 1. Juni 1996 „auf Grund der Aufhebung der Abordnung zum Landesversorgungsamt NRW” entzogen.
Der Kläger wurde mit Wirkung vom 15. Juli 1996 an das Versorgungsamt W versetzt. Gleichzeitig mit der Versetzung wurden dem Kläger „die Aufgaben eines Sachbearbeiters mittlerer Dienst in der Abteilung 3 Schwerbehinderten-Gruppe 3 vertretungsweise gem. § 24 Abs. 2 BAT anstelle der bis zum 20. September 1999 beurlaubten Angestellten F. (Frau F) – Stellenbesetzungsliste V b/V c Nr. 12 übertragen”. Er erhielt die persönliche Zulage gem. § 24 BAT. Mit Ablauf der dreijährigen Bewährungszeit am 19. Juli 1996 stieg der Kläger aus der VergGr. VIII BAT in die VergGr. VII BAT auf.
Mit dem Schreiben des Versorgungsamtes W vom 2. Juni 1999 wurde dem Kläger unter dem Betreff „Einsatz als Sachbearbeiter mittlerer Dienst gem. § 24 BAT” ua. mitgeteilt,
„… die vertretungsweise Übertragung der Aufgaben eines Sachbearbeiters mittlerer Dienst in der Abteilung 3 gem. § 24 Abs. 2 BAT endet am 20. Juni 1999.
Ab 21. Juni 1999 übertrage ich Ihnen die genannten Tätigkeiten gem. § 24 Abs. 1 BAT im Hinblick auf einen künftigen Zugang im Beamtenbereich des mittleren Dienstes bis 31. Oktober 1999. Sie werden für diese Zeit auf den vorübergehend freien Dienstposten eines Beamtenanwärters, der sich im Vorbereitungsdienst befindet und daher für den Einsatz auf dem Sachbearbeiter-Dienstposten noch nicht zur Verfügung steht, eingesetzt.
Die Übertragung der Tätigkeit auf Dauer kann nur nach Maßgabe einer freien und besetzbaren Stelle sowie eines auf Dauer besetzbaren Dienstposten erfolgen.
…”
In einer Vorlage des Versorgungsamtes W vom 10. Mai 1999, Stand 08/99, wird der Kläger unter der lfd. Nr. 5 in der Spalte „Dienstposten vorübergehend/vertretungsweise” besetzt aufgeführt, in der Spalte „Stelleninhaber” heißt es „reserviert für G” und in der Spalte „Dienstposteninhaber” „ab 08/00”. Unter der lfd. Nr. 8 dieser Vorlage ist Herr B als Stelleninhaber der Planstelle-Stelle A5 Nr. 1 angeführt, und in der Spalte „Bemerkungen” heißt es „Zugang Anwärter 08/99”.
In dem Schreiben des Versorgungsamtes W an den Kläger vom 25. Oktober 1999 heißt es:
„… hiermit übertrage ich Ihnen ab 1. November 1999 weiterhin die Aufgaben eines Sachbearbeiters mittlerer Dienst in der Abteilung 3 gem. § 24 Abs. 1 BAT im Hinblick auf einen künftigen Zugang im Beamtenbereich des mittleren Dienstes, befristet bis zum 31. Mai 2000. Sie werden für diese Zeit auf dem vorübergehend freien Dienstposten eines Beamtenanwärters, der sich im Vorbereitungsdienst befindet und daher für den Einsatz auf dem Sachbearbeiter-Dienstposten noch nicht zur Verfügung steht, eingesetzt.
Wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe, kann eine Übertragung der Tätigkeit auf Dauer nur nach Maßgabe einer freien und besetzbaren Stelle sowie eines auf Dauer besetzbaren Dienstpostens erfolgen.
…”
In dem Schreiben des Versorgungsamtes W vom 21. Januar 2000 an den Personalrat heißt es ua.:
„Betr.: Mitbestimmungspflichtige Angelegenheit gem. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG;
hier: VFA M Br Beabsichtigte Maßnahme:
Mit der Ihnen bekannt gegebenen Verfügung des Landesversorgungsamtes NRW vom 13.12. 1999 – I/2. 1b – 1042 – wurde ab 1. Januar 2000 die Zahl der Sachbearbeiterinnen/-bearbeiter mittlerer Dienst in der Abteilung 3 neu festgesetzt. Danach beträgt die Dienstpostenausstattung der Sachbearbeiterinnen/-bearbeiter mittlerer Dienst in der Abteilung 3 nunmehr 13,5 Dienstposten. Die Dienstposten sind alle von anwesenden Bearbeitern besetzt (siehe Aufstellung).”
In dieser Aufstellung ist unter der lfd. Nr. 5 auf der „Planstelle/Stelle” A7 Nr. 3 als „Stelleninhaber” Herr B und als „Dienstposteninhaber” ebenfalls Herr B aufgeführt.
Unter dem 11. Februar 2000 teilte das Versorgungsamt W dem Kläger mit:
„… mit der Verfügung des Landesversorgungsamtes NRW vom 13. Dezember 1999 – I/2. 1b – 1042 – wurde ab 01. Januar 2002 die Zahl der Sachbearbeiterinnen/Sachbearbeiter mittlerer Dienst in der Abteilung 3 (SchwbG) neu festgesetzt. Danach beträgt die Dienstpostenausstattung der Sachbearbeiterinnen/Sachbearbeiter mittlerer Dienst in der Abteilung 3 13,5 bisher 18 Dienstposten. Außerdem wurde mit Wirkung vom 19. Januar des Jahres ein weiterer Sachbearbeiter mittlerer Dienst zum hiesigen Amt versetzt. Die Dienstposten sind von anwesenden Bearbeitern besetzt. Im Übrigen verweise ich auf das mit Ihnen in der o.a. Angelegenheit geführtes Gespräch.
Die Ihnen erstmals mit Schreiben vom 15. Oktober 1996 – I/1 – 2212 – vertretungsweise gem. § 24,2 BAT ausgesprochene Übertragung der Tätigkeit eines Sachbearbeiters mittlerer Dienst in der Abteilung 3, widerrufe ich mit Wirkung vom 31.03. 2000.
Ab 1. April 2000 werden Sie in der bisherigen Abteilung im Assistenzbereich eingesetzt.
Ab 1. April 2000 entfallen mithin die Voraussetzungen für die Gewährung der Ihnen bisher gewährten persönlichen Zulage. …”
Mit Schreiben vom 15. März 2000 stellte sich der Kläger auf den Standpunkt, in der VergGr. V c BAT eingruppiert zu sein und Anspruch auf entsprechende Vergütung zu haben. Dies lehnte das beklagte Land mit Schreiben des Versorgungsamtes W vom 20. März 2000 ab. Mit seiner beim Arbeitsgericht am 10. Mai 2000 eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass er spätestens ab 1. November 1999 in VergGr. V c BAT eingruppiert ist, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag festzuschreiben und dem Kläger ab 1. November 1999 eine Vergütung nach der VergGr. V c BAT zu zahlen und die Differenzbeträge nachzuzahlen, und dass der Entzug der Tätigkeit eines Sachbearbeiters mittlerer Dienst gem. der Verfügung vom 11. Februar 2000 unwirksam ist. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, spätestens mit der Übertragung höherwertiger Tätigkeit mit Schreiben vom 2. Juni 1999 ab dem 21. Juni 1999 sei von einer rechtsmissbräuchlichen Anwendung des § 24 BAT auszugehen. Mit dem pauschalen Hinweis auf einen vorübergehend freien Dienstposten des Beamtenanwärters sei eine vorübergehende Zuteilung höherwertiger Tätigkeit nicht zu rechtfertigen. Soweit das beklagte Land behauptet habe, der Kläger besetze den vorübergehend freien Dienstposten des Beamtenanwärters G, sei auf zweierlei hinzuweisen: Zum einen werde der Kläger in der Vorlage des Versorgungsamtes W, Stand 11/99 als Vertretung der A7 Nr. 3 Stelle geführt. In der gleichen Vorlage werde in einer A6 Stelle ein Herr B geführt, der mit dem 1. August 1999 – unstreitig – seine Tätigkeit im Versorgungsamt W aufgenommen habe. Zum anderen werde ein Herr B in der Vorlage an den Personalrat vom 21. Januar 2000 auf der Planstelle/Stelle A7 Nr. 3 geführt, die er derzeit besetze und die für Herrn G habe freigehalten werden sollen. Herr B übe bereits seit dem 1. August 1999 die Tätigkeiten aus, die für diesen Posten üblich seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass bereits im August 1999 Herr B den Dienstposten des Herrn G besetzt und die entsprechende Tätigkeit ausgeübt habe. Ein Vertretungszusammenhang sei nur dann zu bejahen, wenn der Vertreter unmittelbar und direkt die bisherigen Aufgaben des vorübergehend abwesend Vertretenen wahrnehme. Dies sei spätestens ab August 1999 nicht der Fall. Der sachliche Grund der Übertragung sei mit der Übernahme der Tätigkeit durch Herrn B entfallen.
Der Kläger hat beantragt festzustellen,
dass er spätestens ab 1. November 1999 in der VergGr. V c BAT eingruppiert ist,
Dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag festzuschreiben und ihm ab 1. November 1999 eine Vergütung nach der VergGr. V c BAT zu zahlen und die Differenzbeträge nachzuzahlen,
Dass der Entzug der Tätigkeit eines Sachbearbeiters mittlerer Dienst gem. der Verfügung vom 11. Februar 2000 unwirksam ist.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, der vorübergehende oder vertretungsweise Einsatz des Klägers mit Aufgaben, die der Wertigkeit der VergGr. V c BAT entsprächen und demgemäß zu vergüten seien, sei aus sachlichen Gründen gerechtfertigt gewesen. Das gelte auch für die Phase ab Juni 1999, als der Kläger den vorübergehend freien Dienstposten des Beamtenanwärters innegehabt habe. Gegenüber den Beamtenanwärtern bestehe die vertragliche Pflicht, sie in ein Beamtenverhältnis zu übernehmen. Deshalb sei es erforderlich gewesen, Übergangsmaßnahmen zu treffen. Diese bezögen sich insbesondere auf den vorübergehenden Einsatz von Verwaltungsangestellten auf einen für Beamtenanwärter reservierten Dienstposten. Es sei von vornherein der Regierungsassistentenanwärter R G (Besoldungsgruppe A6 BBesG) für die von dem Kläger vorübergehend besetzte Stelle vorgesehen gewesen. Der Beamtenanwärter G sei im August 1998 in die Ausbildung zum Beamtenanwärter des mittleren Dienstes mit der Zusage übernommen worden, dass er nach Beendigung seiner zweijährigen Ausbildung (Juli 2000) als Regierungsobersekretär im Versorgungsamt W eingesetzt werde. Dementsprechend sei dem Versorgungsamt W die Planstelle A7 Nr. 3 in der Abteilung 3 (SchwbG) zugewiesen worden. Eine Beamtenplanstelle dürfe nicht auf Dauer mit einem Angestellten besetzt werden. Beamte und Beamtenanwärter dürften jedoch nur zu solchen ernannt werden, wenn gleichzeitig auch eine entsprechende Planstelle zur Verfügung stehe. Da Beamtenanwärter während ihrer Ausbildungszeit noch nicht Planstelleninhaber seien, jedoch nach erfolgreicher Beendigung ihrer Ausbildung einen Anspruch auf Ernennung und damit sogleich auch Anspruch auf Zuweisung einer Planstelle hätten, sei für jeden einzelnen von ihnen eine Planstelle vorzuhalten, die jedoch „frei” sei, deren Haushaltsmittel (Geld) also vorübergehend zur Verfügung stünden. Es bestehe demnach die Möglichkeit, auf diesem Arbeitsplatz vorübergehend einen Angestellten einzusetzen und entsprechend zu vergüten, bis die Planstelle oder der Dienstposten von dem einmündenden Beamtenanwärter besetzt werde. Die dem Kläger übertragene Aufgabe habe auf Dauer spätestens ab August 2000 von Herrn G wahrgenommen werden sollen, dessen Vertretung selbst damit lediglich vorübergehend erforderlich gewesen sei. Der Verwaltungsangestellte B sei erst nach einer späteren Planung auf die für Herrn G vorgesehene Stelle gesetzt worden. Dies habe auf einer erheblichen Verringerung der für die fraglichen Arbeitsgruppe vorgesehenen Dienstposten beruht.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass lediglich festgestellt wird, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 1. November 1999 Vergütung nach der VergGr. V c BAT zu zahlen und diese Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag festzuschreiben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land die Abweisung der Klage im vollen Umfang. Der Kläger beantragt, die Revision des beklagten Landes zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist begründet.
I. Die Feststellungsklage ist nach den Grundsätzen, wie sie der Senat in ständiger Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Eingruppierungsfeststellungsklagen anwendet, zulässig. Soweit der Kläger außerdem festgestellt wissen will, die begehrte Vergütungsgruppe „im Arbeitsvertrag festzuschreiben”, bestehen keine Zulässigkeitsbedenken, nachdem davon auszugehen ist, dass damit nicht mehr begehrt wird, als was nach § 22 BAT ohnehin geboten ist.
II. Hinsichtlich des Vergütungsanspruchs kann der Klage mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung nicht stattgegeben werden. Über diesen Anspruch kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
1. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit die Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT).
2. Danach kommt es für die Eingruppierung des Klägers darauf an, ob bei ihm zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die jeweils für sich die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmals der von ihm für sich in Anspruch genommenen VergGr. V c BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT).
Die dem Kläger übertragene Sachbearbeitertätigkeit entspricht einem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V c des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT. Diese Bewertung ist zwischen den Parteien nicht mehr umstritten. Sie war entsprechend den Grundsätzen zur Überprüfung bei korrigierender Rückgruppierung (vgl. BAG 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340 ff., 356 f.) zugrunde zu legen.
3. Das Landesarbeitsgericht hat – zusammengefasst – angenommen, die Tätigkeit als Sachbearbeiter sei vom Kläger nicht nur vorübergehend auszuüben gewesen, sondern auf Dauer (vgl. § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT), weil jedenfalls für die Zeit ab dem 21. Juni 1999 kein sachlicher Grund dafür vorgelegen habe, dem Kläger diese Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen. Dies hält der Revision nicht stand.
a) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, das beklagte Land habe dem Kläger die Tätigkeit als Sachbearbeiter ausdrücklich nicht auf Dauer, sondern jeweils nur vorübergehend bzw. zur Vertretung übertragen. Etwas anderes behauptet auch der Kläger nicht.
b) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 17. April 2002 – 4 AZR 174/01 – (zur Veröffentlichung vorgesehen) die Auffassung vertreten, dass sich die Wirksamkeit der Übertragung einer tariflich höherwertigen Tätigkeit für einen vorübergehenden Zeitraum danach richtet, ob die Anordnung des Arbeitgebers billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entspricht. Er ist, soweit die höherwertigen Tätigkeiten vertretungsweise iSv. § 24 Abs. 2 BAT zugewiesen worden sind, davon ausgegangen, dass in solchen Fällen die Anordnung des Arbeitgebers billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entspricht.
c) Die Übertragung höherwertiger Tätigkeit an den Kläger bis zum 20. Juni 1999 hält diesem Maßstab stand. Der Kläger hat bis zum 20. Juni 1999 die im Erziehungsurlaub befindliche Frau F vertreten.
d) Dagegen genügen die bisherigen Tatsachenfeststellungen hinsichtlich der vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeit eines Sachbearbeiters mittlerer Dienst mit Verfügung vom 2. Juni 1999 und mit Verfügung vom 25. Oktober 1999 nicht, um zu erkennen, ob die beiderseitigen Interessen hinreichend abgewogen wurden.
aa) Das beklagte Land hat sich darauf berufen, der Kläger habe den vorübergehend freien Dienstposten des Beamtenanwärters G übernommen. Der Regierungsassistentenanwärter (Besoldungsgruppe A6 BBesG) G sei im August 1998 in die Ausbildung zum Beamtenanwärter des mittleren Dienstes mit der Zusage übernommen worden, dass er nach Beendigung seiner zweijährigen Ausbildung (Juni 2000) als Regierungsobersekretär im Versorgungsamt W eingesetzt werde. Dementsprechend sei dem Versorgungsamt W die Planstelle A7 Nr. 3 in der Abteilung 3 (SchwbG) zugewiesen worden. Der Haushalts-Gesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen bringe die zwingend zu beachtenden Beamten-Planstellen und Angestellten-Stellen im Haushaltplan und im Stellenplan als Teil des Haushaltsplanes für die einzelnen Verwaltungszweige aus. Planstellen seien – beamtenrechtlich zwingend – auf Dauer nur mit Beamten zu besetzen. So genannte „Stellen” seien ebenfalls Haushaltsstellen, die jedoch mangels Planstellenvorbehalt mit Angestellten zu besetzen seien. „Dienstposten” seien die jeweils konkreten Arbeitsaufgaben, die einem Beamten oder einem Angestellten zugewiesen würden. Dabei bestimmten die Tätigkeiten (Arbeitsvorgänge) gem. § 22 BAT die Eingruppierung und Vergütung des Angestellten, während die Planstelle die Besoldung des Beamten bestimme.
bb) Damit hat das beklagte Land eine nur zeitweise mögliche Übertragung höherwertiger Tätigkeit eines Sachbearbeiters mittlerer Dienst an den Kläger an sich hinreichend dargestellt. Wenn ein Beamter für die Planstelle/Stelle, Dienstposten erst später zur Verfügung steht, weil er sich zum Beispiel noch in der Ausbildung befindet, so ist der zeitlich begrenzte Einsatz eines anderen Beschäftigten auf dieser Stelle plausibel. Er entspricht den Grundsätzen der Billigkeit.
Grundsätzlich ist hinzunehmen, wenn der öffentliche Arbeitgeber die nur vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit mit haushaltsrechtlichen Überlegungen, insbesondere mit fehlenden Haushaltsstellen und mit in der haushaltsrechtlichen Situation liegenden Tatsachen begründet (BAG 2. Mai 1979 – 4 AZR 515/77 – BAGE 32, 1). Steht dem Arbeitgeber auf Dauer keine Stelle zur Verfügung, muss ihm die Möglichkeit bleiben, vorhandene Stellen, die zeitweise ganz oder teilweise nicht besetzt sind, vorübergehend zu besetzen, z.B. durch die Beschäftigung von Angestellten anstelle von Beamten. Ihm muss auch die Möglichkeit bleiben, außerplanmäßig bereitstehende Mittel zu verwenden. Hat er zeitweise Stellen zur Verfügung, die höherwertig ausgewiesen sind, kann er diese zur vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeit nutzen.
cc) Der Darstellung des beklagten Landes ist der Kläger aber mit dem Vortrag entgegengetreten, in einer Vorlage des Versorgungsamtes W, Stand 11/99 werde der Kläger als Vertretung der A7 Nr. 3 Stelle geführt. In der gleichen Vorlage werde in einer A6 Stelle ein Herr B geführt, der mit dem 1. August 1999 seine Tätigkeit im Versorgungsamt W aufgenommen habe. In der Vorlage an den Personalrat vom 21. Januar 2000 werde ein Herr B auf der Planstelle geführt, die derzeit von dem Kläger besetzt sei und die für einen Herrn G freigehalten werden solle. Herr B übe bereits seit dem 1. August 1999 die Tätigkeiten aus, die für diesen Dienstposten üblich seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass bereits im August 1999 Herr B den Dienstposten von Herrn G besetzt und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt habe.
dd) Das Landesarbeitsgericht ist dem der Sache nach gefolgt, indem es ausgeführt hat, das beklagte Land habe keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass auch noch zum Zeitpunkt des Schreibens des Versorgungsamtes W vom 25. Oktober 1999, mit dem der vorübergehende Einsatz der Klägers ab 1. November 1999 bis zum 31. Mai 2000 verlängert worden sei, Herr G, wie ursprünglich vorgesehen, die vom Kläger weiter ab 1. November 1999 erledigten Aufgaben nach dem Ende seiner Ausbildung im Juli 2000 habe übernehmen sollen. Ein derartiger Beweisantritt sei spätestens in dem Zeitpunkt notwendig gewesen, als sich der Kläger darauf berufen habe, dass seit dem 1. August 1999 ausweislich der an den Personalrat gerichteten Vorlage vom 21. Januar 2000 Herr B auf der Planstelle geführt werde, die er, der Kläger, innegehabt habe und die angeblich für den Beamtenanwärter G habe freigehalten werden sollen, und zudem behauptet habe, Herr B führe bereits seit dem 1. August 1999 die auf dieser Stelle anfallenden Tätigkeiten aus. Letzteres habe das beklagte Land nicht bestritten, so dass der Vortrag des Klägers gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gelte.
ee) Damit ist das Landesarbeitsgericht dem Sachverhalt und dem Parteivortrag des beklagten Landes nicht hinreichend gerecht geworden. Zwar ist entgegen der Revision nicht zu erkennen, wo Herr B auf der (welcher?) (Regierungssekretär-) Planstelle vertretungsweise geführt worden sein soll. Es mag sich dabei um die nicht in den Akten befindliche, vom Kläger zitierte Vorlage des Versorgungsamtes W Stand 11/99 handeln. Es spricht aber einiges für den Vortrag der Revision, dass es sich in der Tat um zwei verschiedene Planstellen und nicht um ein und dieselbe Planstelle handelt. Zwar war es entgegen der Revision nicht offensichtlich, dass Herr B nicht auf der Planstelle des Herrn G geführt worden sein kann. Denn in der Vorlage des Versorgungsamtes W an den Personalrat bei dem Versorgungsamt W vom 21. Januar 2000 wird unter der lfd. Nr. 5 als Stelleninhaber und Dienstposteninhaber der Planstelle A7 Nr. 3 Herr B angeführt. Das Landesarbeitsgericht hat aber nicht beachtet, dass nach der Vorlage des Versorgungsamtes W vom 10. Mai 1999 Stand 08/99 Herr B unter der lfd. Nr. 8 als Stelleninhaber und Dienstposteninhaber der Planstelle/Stelle A5 Nr. 1 mit der Bemerkung „Zugang Anwärter 08/99” geführt wird. Dann aber bestand Anlass, diese unterschiedlichen Angaben einer Klärung zuzuführen. Denn es ist nicht nachvollziehbar, dass Herr B zunächst auf der Planstelle/Stelle A5 Nr. 1 geführt wird, dann nach Vortrag des Klägers in einer Vorlage des Versorgungsamtes W Stand 11/99 auf einer A6 Stelle geführt wird, während er dann in der Vorlage vom 21. Januar 2000 an den Personalrat auf der Planstelle/Stelle A7 Nr. 3 geführt wird. Diesem so nicht nachvollziehbaren Befund nachzugehen lag um so mehr nahe, als das Landesarbeitsgericht den in den Akten nicht enthaltenen Vortrag des beklagten Landes feststellt, der Verwaltungsangestellte B sei erst nach einer späteren Planung auf die für Herrn G vorgesehene Stelle gesetzt worden. Dies habe auf einer erheblichen Verringerung der für die fragliche Arbeitsgruppe vorgesehenen Dienstposten beruht.
Das Landesarbeitsgericht wird demnach die sich zum Zeitpunkt der Übertragungsverfügungen vom 2. Juni 1999 und 25. Oktober 1999 darstellende Stellensituation festzustellen haben. War der dem Kläger vorübergehend übertragene Dienstposten von vornherein einem nur durch Beamte zu besetzenden Amt im statusrechtlichen Sinne zugewiesen – in einem Haushaltsplan als Planstelle ausgewiesen –, erfolgte die Tätigkeitsübertragung zu Recht vorübergehend. Ist dies nicht der Fall, hat das beklagte Land seine Interessen an einer Besetzung dieser Stelle ausschließlich durch zugehende Beamte offen zu legen. Diese sind mit den Interessen des Klägers, nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu der Stelle zu haben, abzuwägen und in diesem Sinne einer Billigkeitskontrolle zu unterziehen.
Allerdings kommt es nicht darauf an, ob Herr B bereits in der Zeit ab 1. August 1999 die Tätigkeiten, die für diesen Dienstposten, sei es der der Planstelle/Stelle A7 Nr. 3 (Vorlage an den Personalrat vom 21. Januar 2000), sei es der der Planstelle/Stelle A5 Nr. 1 (Vorlage vom 10. Mai 1999 Stand 08/99), sei es der der vom Kläger genannten Planstelle/Stelle A6 aus der Vorlage des Versorgungsamtes W Stand 11/99 typisch sind, ausgeübt hat. Denn stehen dem Arbeitgeber keine Stellen zur Verfügung, muss ihm die Möglichkeit bleiben, vorhandene Stellen, die zeitweise ganz oder teilweise nicht besetzt sind, anders einzusetzen, gegebenenfalls außerplanmäßig bereitstehende Mittel entsprechend zu verwenden. Hat er zeitweise Stellen zur Verfügung, die höherwertig ausgewiesen sind, kann er diese zur vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeit nutzen. Herr B kann sonach mit Mitteln aus anderen Planstellen/Stellen vergütet worden sein und gleichwohl die Aufgaben eines Dienstpostens wahrgenommen haben, der an sich einer anderen Planstelle zugeordnet ist oder gar erst – vorübergehend – geschaffen wurde.
Deshalb war die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
Unterschriften
Schliemann, Bott, Friedrich, Der ehrenamtliche Richter Dr. Dräger ist inzwischen ausgeschieden und deshalb an der Unterschrift verhindert. Schliemann, H. Scherweit-Müller
Fundstellen