Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverbot - vorzeitige Pensionierung und Aufstockung von Versorgungsleistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit seiner Zustimmung zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter erheblicher Aufstockung seiner Versorgungsbezüge wird ein Arbeitnehmer nicht zugleich verpflichtet, sich jeder Konkurrenztätigkeit zu enthalten.
2. Besteht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Wettbewerbsverbot, ist der Arbeitnehmer in der Verwertung seiner beruflichen Kenntnisse und seines redlich erworbenen Erfahrungswissens grundsätzlich frei.
3. Solange der ehemalige Arbeitnehmer seine aus dem Arbeitsverhältnis nachwirkende Verschwiegenheitspflicht nicht verletzt, ist er nicht gehindert, sein Erfahrungswissen auch für eine Beschäftigung im Dienst eines Wettbewerbers zu nutzen.
Normenkette
UWG §§ 1, 17; BGB § 826; HGB § 75d; GG Art. 12 Abs. 1; HGB § 74 Abs. 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; HGB § 74a Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 25.10.1991; Aktenzeichen 13/9 Sa 343/91) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 19.02.1991; Aktenzeichen 12 Ca 6229/90) |
Tatbestand
Die Parteien streiten, ob der Beklagte zur Unterlassung nachvertraglichen Wettbewerbs, zur Auskunft über Inhalt und Umfang seiner Wettbewerbstätigkeit sowie seiner Einkünfte hieraus verpflichtet, und die Klägerin berechtigt ist, wegen Wettbewerbstätigkeit des Beklagten Versorgungsleistungen einzubehalten.
Der Beklagte war mehr als 40 Jahre bei der Klägerin, einem Unternehmen der chemischen Industrie, beschäftigt. Zuletzt war er als Ressortleiter für den Vertrieb im Geschäftsbereich Anorganische Chemikalien tätig. Der von ihm zu verantwortende Umsatz seines Vertriebsressorts betrug ca. 2,8 Mrd. DM, dabei entfiel auf das Produkt "Titandioxid" ein Anteil von ca. 20 %.
Der zuletzt gültige Anstellungsvertrag vom 2. Dezember 1969 enthält u. a. die Verpflichtung zur Geheimhaltung aller Angelegenheiten vertraulicher Natur und die Regelung einer zusätzlichen einzelvertraglichen Pension (EPZ). Nr. 6 Satz 3 des Anstellungsvertrags lautet:
"Sollten Sie während der Zeit, in der Sie Pension
empfangen, eine anderweitige mit Einkommen ver-
bundene Tätigkeit ausüben, so sind sie verpflich-
tet, uns davon Mitteilung zu machen; wir sind be-
rechtigt, dieses Einkommen auf die Pension anzu-
rechnen."
Weiterhin ist dort bestimmt, die Pension werde nur gewährt, solange der Beklagte keinerlei Handlungen gegen das Interesse der Klägerin vornehme, die als eine Förderung von Konkurrenzunternehmungen oder Schädigung des Ansehens der Klägerin anzusehen sei. In Nr. 7 war ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Wettbewerbsverbot für die Zeit nach dem Ausscheiden des Beklagten aus den Diensten der Klägerin sowie für die Dauer der Karenzzeit eine Geheimhaltungsverpflichtung vereinbart.
Auf der Grundlage mehrerer Vorgespräche vereinbarten die Parteien am 29. Juni 1987 die vorzeitige Pensionierung des Beklagten zum 1. Januar 1988. In der zu diesem Zweck getroffenen schriftlichen Vereinbarung war u. a. vorgesehen, daß der Beklagte bereits ab 1. Juli 1987 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird und ab 1. Januar 1988 die Pensionsbezüge aus der betrieblichen Altersversorgung und der einzelvertraglich zugesagten Pension (EPZ) erhält. Der EPZ-Anspruch wurde auf jährlich brutto 52.000,-- DM erhöht und zum Ausgleich der durch die vorzeitige Beendigung entstehenden Nachteile eine Abfindung in Höhe von 36.000,-- DM sowie eine Aufstockung der Bezüge bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres unter Anrechnung der vorgenannten Leistungen durch zusätzliche Zahlungen wie folgt zugesagt:
"Zeitraum Aufstockung auf
Brutto DM
01.01.1988 - 31.12.1988 160.000,--
01.01.1989 - 31.12.1989 152.000,--"
Das im Anstellungsvertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot ist einvernehmlich aufgehoben worden.
Seit Juli 1988 ist der Beklagte für ein Konkurrenzunternehmen der Klägerin als Berater im Bereich "Titandioxid" tätig. Als der Beklagte sich weigerte, diese Tätigkeit zu unterlassen, stellte die Klägerin die Zahlung der einzelvertraglichen Pension (EPZ) in Höhe von monatlich 4.334,-- DM ab 1. Mai 1989 ein. Ab Oktober 1989 behielt die Klägerin weitere 6.392,25 DM monatlich ein. In der Zeit von Januar bis April 1990 erhielt der Beklagte lediglich die Pensionskassenrente (PK-Rente) sowie 70,-- DM von der Unterstützungskasse. Ab Mai 1990 wurden sämtliche Pensionszahlungen eingestellt.
Der Beklagte hat der Klägerin mitgeteilt, daß seine monatlichen Einkünfte aus seiner Beratungstätigkeit bis 31. Dezember 1989 sich auf 22.500 Bfrs (in etwa 1.000,-- DM) beliefen. Ab 1. Januar 1990 entsprächen sie etwa der EPZ. Deshalb werde ab 1. Januar 1990 die EPZ für die Dauer der anderweiten Tätigkeit, soweit es bei dem derzeitigen Verdienst bleibe, nicht geltend gemacht.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei zu einer detaillierten Auskunft über die Höhe seiner Einkünfte bei dem Konkurrenzunternehmen verpflichtet. Nach der Vereinbarung vom 29. Juni 1987 seien dem Beklagten keine Festbeträge zugesagt worden. Eine Anrechnung sei daher nach wie vor möglich. Auch für die Zeit ab dem 1. Januar 1990 stehe ihr ein Auskunftsanspruch zu, obwohl der Beklagte für diese Zeit die EPZ nicht geltend mache. Denn die Klägerin müsse mit einer späteren, möglicherweise rückwirkenden Geltendmachung rechnen. Die Verpflichtung des Beklagten, Wettbewerb zu unterlassen, ergebe sich aus seiner Treuepflicht, zumindest habe der Beklagte sich in der Vereinbarung vom 29. Juni 1987 dazu konkludent verpflichtet. Der Beklagte habe nämlich damals vorgegeben, nicht anderweitig beruflich tätig zu werden. Die Aufhebung des ursprünglich vereinbarten Wettbewerbsverbotes beruhe auf dieser Grundlage. Der Beklagte handele arglistig, weil er bereits bei Abschluß der Vereinbarung zum Wettbewerb entschlossen gewesen sei. Wenige Monate nach Abschluß der Vereinbarung habe er unter Ausnutzung seiner bei der Klägerin erworbenen Kenntnisse des Titandioxid-Marktes im Juli 1988 treuwidrig die Wettbewerbstätigkeit für ihren Konkurrenten aufgenommen. Dabei nutze er sein Führungswissen in grob unanständiger Weise aus, indem er Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Kundenstamm, Kundenbeziehungen, Verkaufsstrategien, Absatzorganisation, Know-how und ähnliches - an die Konkurrenz verrate, die im Begriff sei, auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen. Ohne Einsatz dieser Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse könne der Beklagte nicht für ihre Konkurrenz tätig sein.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, Auskunft über
die Höhe der von ihm von der Firma
, Japan, im Zeitraum
vom 01. Juni 1988 bis 31. Juli 1990 bezogenen
Einkünfte - ohne Rücksicht auf Art und Benen-
nung (also einschließlich Erfolgsprovision,
Spesen, Tantieme, Kostenerstattung, sonstige
geldwerte Leistungen) zu erteilen, und zwar
durch Vorlage
a) des Beratervertrags nebst etwaigen Änderun-
gen und Ergänzungen;
b) sämtlicher Gehalts- und sonstiger Abrech-
nungen mit Zahlungsbelegen;
2. den Beklagten weiterhin zu verurteilen, es bei
Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhand-
lung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgel-
des bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ord-
nungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlas-
sen, die Firma
, Japan, bei dem Vertrieb von Titandioxid
(TiO 2) zu beraten und zu vertreten;
3. den Beklagten zu verurteilen, Auskunft für den
Zeitraum 01. Juni 1988 bis 31. August 1990
darüber zu geben, und zwar unter schriftlicher
Angabe von Zeitpunkt, Kunden, Besuchen und zu-
standegekommenen Aufträgen, in welcher Art und
Weise er für die Firma
, Japan, tätig geworden ist;
4. nach Erledigung der Klageanträge zu 1. und 3.
den Beklagten zu verurteilen, an Eides statt
zu versichern, daß er die Auskünfte nach be-
stem Wissen so vollständig erteilt hat, als er
dazu imstande sei;
5. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet
ist, ihr sämtliche Schäden zu ersetzen, welche
ihr in Vergangenheit und Zukunft durch die Tä-
tigkeit des Beklagten als Berater und Vertre-
ter der Firma
, Japan, entstanden sind bzw. entstehen
werden;
6. festzustellen, daß sie nicht Schuldnerin des
Mitgliedsrentenanspruchs des Beklagten gegen-
über der Pensionskasse der Mitarbeiter der
, ab 01. Juli 1990
ist.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit seiner Widerklage hat der Beklagte die einbehaltenen Versorgungsleistungen gefordert. Die Klägerin sei zur Einbehaltung oder zum Widerruf dieser Leistungen nicht berechtigt gewesen. Sie sei Schuldnerin aller Ansprüche, aus denen sich die ihm zustehende Gesamtversorgung zusammensetze.
Er hat beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an ihn 67.970,75 DM
nebst 4 % Zinsen von 53.384,75 DM seit dem
1. Januar 1990 sowie 4 % Zinsen von weiteren
7.061,-- DM seit dem 1. Mai 1990 und von weiteren
7.525,-- DM seit dem 1. Juli 1990 zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, Geschäftsgrundlage für die Versorgungsleistungen sei, daß der Beklagte während seines Ruhestandes keinen Wettbewerb betreibe. Aufgrund der Konkurrenztätigkeit sei ein Widerruf der Versorgungszusage jedenfalls für die Dauer der Konkurrenztätigkeit, begründet, hilfsweise mache sie ein Zurückbehaltungsrecht wegen der nicht erteilten Auskunft geltend. Die Pensionskassenrente werde von einer selbständigen Versorgungseinrichtung erbracht.
Das Arbeitsgericht hat die Klageanträge zu 1. bis 5. als unbegründet und den Antrag zu 6. als unzulässig abgewiesen. Auf die Widerklage hat es die Klägerin zur Zahlung von 63.516,15 DM nebst Zinsen verurteilt und im übrigen abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht ihrem Antrag zu 6. stattgegeben, im übrigen aber die Berufung zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die vollständige Abweisung der Widerklage und die Verurteilung des Beklagten entsprechend ihren Anträgen zu 1. - 5. Zur rechtlichen Abstützung ihrer Revisionsbegründung hat sie eine gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. jur. Dres. jur. h.c. Peter H vorgelegt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
I. Die Anträge der Klägerin auf Auskunft, Unterlassung des Wettbewerbs und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten sind nicht begründet. Die Klage war daher abzuweisen, soweit nicht bereits das Landesarbeitsgericht rechtskräftig das Nichtbestehen einer Schuld der Klägerin (Antrag zu 6.) festgestellt hat.
1. Die Klägerin kann von dem Beklagten keine Auskunft verlangen, in welcher Höhe er von ihrem Konkurrenten vom 1. Juni 1988 bis zum 31. Juli 1990 Einkünfte bezogen hat; hierfür besteht kein Informationsbedürfnis der Klägerin. Die begehrte Auskunft kann die Leistungsverpflichtung der Klägerin nicht beeinflussen.
a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Auskunftsanspruch setze voraus, daß die Klägerin die Möglichkeit habe, die so erfahrenen Einkünfte mit den von ihr gewährten Versorgungsleistungen zu verrechnen. Diese Möglichkeit bestehe nicht. In der Vereinbarung vom 29. Juni 1987 seien für die Jahre 1988 und 1989 dem Beklagten Festbeträge zugesagt worden. Verringere sich infolge einer Verrechnung der ohnehin zugesagte Grundbetrag der Versorgungsleistungen, sei die Klägerin verpflichtet, in demselben Umfang den Aufstockungsbetrag bis zur Höhe der zugesagten Festbeträge aufzufüllen. Hätten die genannten Beträge dem Beklagten nicht in jedem Fall ungeschmälert garantiert werden sollen, so wäre nicht ein pauschaler Endbetrag, sondern ein feststehender Aufstockungsbetrag beziffert worden. In diesem Sinne habe der Beklagte die Formulierung der Vereinbarung auch verstehen dürfen. Die weitere in der Vereinbarung enthaltene Formulierung "unter Anrechnung der vorgenannten Leistungen" stelle nur klar, daß die EPZ nicht zusätzlich zu den genannten Festbeträgen verlangt werden könne, sondern darin aufgehe.
Für die Zeit ab Januar 1990 entfalle eine Verrechnungsmöglichkeit, weil die Klägerin für den Auskunftszeitraum bis 31. Juli 1990 keine EPZ zu zahlen habe. Der Beklagte habe unwiderruflich auf die Geltendmachung der EPZ für diesen Zeitraum verzichtet.
b) Dieser Würdigung ist jedenfalls im Ergebnis beizutreten. Der Auskunftsanspruch der Klägerin aus Nr. 6 Abs. 1 des Anstellungsvertrages entfällt, da auch bei Erteilung der begehrten Auskunft die Klägerin daraus keine weitergehenden Rechtsfolgen für die von ihr zu erbringenden Leistungen herleiten könnte. Entfällt das mit einem Auskunftsanspruch verfolgte Informationsbedürfnis, ist die begehrte Auskunft also nicht mehr rechtsfolgenerheblich, kann ein Auskunftsanspruch nicht mehr erhoben werden (vgl. Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 260 Rz 65; MünchKomm-Keller, BGB, 2. Aufl., § 260 Rz 25 f.; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 24 VI 1 a; für einen Auskunftsanspruch aus § 2314 BGB vgl. BGHZ 108, 393, 399; für einen Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB vgl. BGH Urteil vom 7. Juli 1982 - IV b ZR 738/80 - NJW 1982, 2771).
Das Landesarbeitsgericht hat die Vereinbarung der Parteien vom 29. Juni 1987 dahin ausgelegt, die Klägerin habe für die Jahre 1988 und 1989 Festbeträge zugesagt, die dem Beklagten in jedem Fall ungeschmälert garantiert werden sollten.
Das ist nicht zu beanstanden. Der Prüfung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob das Berufungsgericht bei der Auslegung dieser nichttypischen Vereinbarung allgemeine Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB verletzt hat, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen oder wesentlicher Auslegungsstoff unberücksichtigt geblieben ist (BAG Urteil vom 26. Mai 1992 - 9 AZR 27/91 - AP Nr. 63 zu § 74 HGB, zu 1 der Gründe; BAG Urteil vom 12. Juli 1990 - 2 AZR 39/90 - AP Nr. 87 zu § 613 a BGB, zu B III 1 der Gründe). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil stand.
Die Revision rügt ohne Erfolg, nach den dem Beklagten erkennbaren Begleitumständen, der Interessenlage der Parteien und dem Zweck der Abrede sei eine andere Auslegung geboten. Die Revision legt aber nicht dar, welche Begleitumstände eine andere Auslegung der Vereinbarung logisch zwingend machen und damit zu einer rechtsfehlerhaften Auslegung durch das Landesarbeitsgericht führen. Es genügt nicht, eine vertretbare Auslegung durch eine andere zu ersetzen.
Dem Landesarbeitsgericht ist auch zu folgen, soweit es einen Auskunftsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Juli 1990 wegen fehlenden Informationsbedürfnisses verneint hat. Der Beklagte hat für diesen Zeitraum auf die Geltendmachung der EPZ verbindlich verzichtet und hat auch noch im Laufe dieses Verfahrens unmißverständlich erklärt, er lasse sich die Einkünfte, die in etwa der EPZ entsprechen, voll anrechnen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, kann die Klägerin einer möglichen künftigen, rückwirkenden Geltendmachung den mündlich und schriftlich erklärten Verzicht entgegenhalten. Besteht aber kein schutzwürdiges Informationsbedürfnis mehr, weil unmißverständlich und unwiderrufbar eine Erklärung abgegeben wird, die unabänderliche Grundlage für die materiellen Ansprüche der Parteien sein kann, so entfällt das Auskunftsinteresse (Senatsurteil vom 9. März 1993 - 9 AZR 19/92 - nicht veröffentlicht).
c) Das von der Revision vorgelegte Gutachten stützt den geltend gemachten Auskunftsanspruch auf die entsprechende Anwendung von § 74 c Abs. 2 HGB sowie auf den begründeten Verdacht einer zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung. Diese Anspruchsgrundlagen scheiden bereits deshalb aus, weil eine Verpflichtung des Beklagten zur Unterlassung der Wettbewerbstätigkeit nicht besteht und zum Schadensersatz verpflichtende Verhaltensweisen des Beklagten weder festgestellt noch von der Klägerin substantiiert dargetan sind.
2. Zu Unrecht macht die Revision unter Bezugnahme auf das vorgelegte Gutachten geltend, der Beklagte sei verpflichtet, die Beratung und Vertretung des Konkurrenten der Klägerin bei dem Vertrieb von Titandioxid zu unterlassen.
a) Der Unterlassungsantrag ist hinreichend im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt. Die Umschreibung des zu unterlassenden Verhaltens ist zwar so weit gefaßt, daß der Antrag alle Fälle der Beratung und Vertretung abdeckt, damit wird aber noch nicht die Aufgabe gerichtlicher Streiterkenntnis funktionswidrig in das Vollstreckungsverfahren übertragen (vgl. BAG Urteil vom 15. Dezember 1987 - 3 AZR 474/86 - BAGE 57, 159 = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu A 2 der Gründe). Vielmehr handelt es sich um einen zulässigen Globalantrag (vgl. BAG Beschluß vom 10. März 1992 - 1 ABR 31/91 - mit Anmerkung Raab in SAE 1993, 168). Ist aus der Vielzahl der möglichen Beratungs- und Vertretungsformen nur eine im Verhältnis des Beklagten zur Klägerin rechtmäßig, so ist der auf Untersagung jeder Form der Beratung und Vertretung gerichtete Unterlassungsantrag unbegründet.
b) Eine Verpflichtung des Beklagten, jede Beratungs- und Vertretungstätigkeit für den Konkurrenten der Klägerin zu unterlassen, besteht nicht. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt. Die von der Revision angeführten rechtlichen Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Beurteilung.
aa) Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grundsätzlich nicht daran hindern, seine rechtmäßig erlangten beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen zu verwerten und zu seinem früheren Arbeitgeber auch in Wettbewerb zu treten. Nur eine den Anforderungen der §§ 74 ff. HGB entsprechende Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes ermöglicht es dem Arbeitgeber, dem früheren Mitarbeiter Wettbewerbshandlungen zu untersagen. Die den §§ 74 ff. HGB zugrundeliegende gesetzgeberische Entscheidung erkennt zwar ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an, sich durch ein Wettbewerbsverbot vor Konkurrenztätigkeit des ehemaligen Arbeitnehmers und den damit für den Bestand seines Unternehmens verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen. Das Gesetz sieht aber die Freiheit des Arbeitnehmers, über sein berufliches Fortkommen nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses selbst zu bestimmen, vor allem seinen Arbeitsplatz frei zu wählen, diesem Interesse als grundsätzlich übergeordnet an. Dies trägt der durch Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstbestimmung des Arbeitnehmers Rechnung (vgl. BGH Urteil vom 27. September 1983 - VI ZR 294/81 - AP Nr. 2 zu § 75 f HGB, zu II 3 b aa der Gründe; so im Grundsatz auch bereits BAG Urteil vom 19. Februar 1959 - 2 AZR 341/56 - BAGE 7, 239, 242 ff. = AP Nr. 10 zu § 74 HGB, zu II 3 der Gründe).
Fehlt eine den Voraussetzungen der §§ 74 ff. HGB genügende Wettbewerbsabrede oder ist - wie hier - die Wettbewerbsvereinbarung einvernehmlich aufgehoben worden, ist der ausgeschiedene Arbeitnehmer zur Unterlassung von Wettbewerb nicht verpflichtet. Er kann bis zu den durch § 1 UWG, §§ 823 und 826 BGB gesteckten Grenzen zu seinem ehemaligen Arbeitgeber in Wettbewerb treten, seine im früheren Arbeitsverhältnis erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten einsetzen und auch in den Kundenkreis des ehemaligen Arbeitgebers eindringen (vgl. BAG Urteil vom 15. Dezember 1987 - 3 AZR 474/86 - BAGE 57, 159, 166 ff. = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu B 2 c der Gründe; BGH Urteil vom 28. März 1977 - VIII ZR 242/75 - AP Nr. 28 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel, zu 2 d der Gründe; Buchner, Wettbewerbsverbot, S. 17). Die Kollision der Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers sowie seiner Interessen an der nachvertraglichen Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen einerseits und der Wettbewerbsfreiheit eines ehemaligen Arbeitnehmers andererseits werden von den Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB, §§ 826, 823 BGB, §§ 1, 17 UWG geregelt. Diese stellen eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfG Beschluß vom 10. Oktober 1989 - 1 BvR 663/88 - AP Nr. 5 a zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu 2 c der Gründe).
bb) Die in der Vereinbarung vom 29. Juni 1987 dem Beklagten zugesagten Versorgungsleistungen begründen keine Rechtspflicht zur Unterlassung von Konkurrenztätigkeiten. Allein wegen der Zusage von Versorgungsleistungen kann ein Arbeitgeber vom ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht Unterlassung des Wettbewerbs verlangen. Dazu bedarf es vielmehr einer Wettbewerbsvereinbarung im Sinne der §§ 74 ff. HGB (BAG Urteil vom 30. Oktober 1984 - 3 AZR 213/82 - BAGE 47, 125, 128 f. = AP Nr. 46 zu § 74 HGB, zu 2 b der Gründe; Buchner, Wettbewerbsverbot, S. 123).
cc) Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus einer konkludent vereinbarten selbständigen Unterlassungsverpflichtung des Beklagten.
Der Ansicht der Revision, in der Zusage von Versorgungsleistungen durch die Klägerin in Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Beklagten und der Annahme durch ihn liege die konkludente Vereinbarung einer selbständigen Loyalitätsverpflichtung zur Unterlassung jeden wettbewerbsrelevanten Handelns, mindestens aber hinsichtlich einer besonders prekären Tätigkeit wie beim Konkurrenten der Klägerin kann nicht gefolgt werden. Eine solche Vereinbarung enthielte - ihr Zustandekommen unterstellt - ein Wettbewerbsverbot, das den Beklagten übermäßig in seiner beruflichen Freiheit beschränkte. Da weder eine Entschädigung noch eine zeitliche Befristung für dieses konkludente Wettbewerbsverbot vereinbart ist, müßte es bereits nach § 74 Abs. 2, § 75 d HGB und nach § 74 a Abs. 1 Satz 3 HGB unverbindlich sein.
Entgegen der Auffassung der Revision kann in den Versorgungsleistungen der Klägerin auch keine Karenzentschädigung gesehen werden. Versorgungsleistungen sind Entgelt für die bis zum Eintritt in den Ruhestand erbrachten Dienste, während die Karenzentschädigung Gegenleistung für die Unterlassung von Konkurrenztätigkeit ist (vgl. BAG Urteil vom 26. Februar 1985 - AP Nr. 30 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel, I 2 a der Gründe). Bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht daher regelmäßig ein Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers (vgl. BAG Urteil vom 11. März 1968 - 3 AZR 37/67 - AP Nr. 23 zu § 74 HGB; Urteil vom 5. August 1968 - 3 AZR 128/67 - AP Nr. 24 zu § 74 HGB; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 28. Aufl., § 74 Anm. 1 B).
Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, daß angesichts der verfassungsrechtlichen Vorgaben und der gesetzgeberischen Grundentscheidung in §§ 74 ff. HGB ein zeitlich nicht begrenztes, entschädigungsloses Wettbewerbsverbot auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin behaupteten besonderen Umstände wie der früheren Position des Beklagten, der von ihr erbrachten Versorgungsleistungen und der wirtschaftlichen Bedeutung ihres Produkts, nicht anerkannt werden kann. Der Einwand der Klägerin, ein zeitlich begrenztes Wettbewerbsverbot trage ihren Interessen nicht hinreichend Rechnung, verkennt, daß die Rechtsordnung die Interessen des Arbeitgebers hinsichtlich einer Wettbewerbstätigkeit des Arbeitnehmers grundsätzlich nur zeitlich begrenzt unter den Voraussetzungen eines wirksamen Wettbewerbsverbotes schützt.
Im übrigen ergeben weder die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch das Vorbringen der Klägerin hinreichende Anhaltspunkte für eine konkludent getroffene Wettbewerbsabrede. Hiergegen spricht bereits, daß die Parteien das bestehende Wettbewerbsverbot aufgehoben haben. Die Klägerin hat nicht dargetan, daß ein vom beiderseitigen Rechtsbindungswillen getragener Konsens über die vom Arbeitnehmer zu beachtende Wettbewerbsenthaltung bestand. Ihr Vorbringen ,sie habe das Angebot der Versorgungsleistung erkennbar an die Einhaltung bestimmter Spielregeln geknüpft, schildert lediglich Erwartungen auf ein von ihr gewünschtes Verhalten des Beklagten. Dies gilt auch, soweit die Klägerin sich darauf beruft, der Beklagte habe im Rahmen der Verhandlungen zur vorzeitigen Pensionierung geäußert, er wolle im Ruhestand keine anderweite berufliche Tätigkeit ausüben.
dd) Soweit sich die Klägerin auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage beruft, führt dies jedenfalls nicht dazu, daß das ursprünglich mit dem Beklagten vereinbarte Wettbewerbsverbot von selbst wieder auflebt.
ee) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine nachvertragliche Treuepflicht des Beklagten berufen.
Die Revision hält es für eine Treuepflichtverletzung, wenn der Beklagte sein bei der Klägerin erworbenes Know-how in den Dienst eines Konkurrenten stelle. Im Hinblick auf die gehobene Vertrauensstellung, Art und Dauer der Beschäftigung des Beklagten bei der Klägerin, der hohen Versorgungsleistungen und der Bedeutung des speziellen Know-how des Beklagten im Bereich Titandioxid treffe ihn eine gesteigerte Treuepflicht, mit der allenfalls eine wettbewerbsneutrale Tätigkeit des Beklagten vereinbar sei.
Damit wird verkannt, daß ohne Bindung durch ein Wettbewerbsverbot der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Verwendung seiner beruflichen Kenntnisse und seines erworbenen Erfahrungswissens grundsätzlich frei ist, auch soweit er in Wettbewerb zu dem ehemaligen Arbeitgeber tritt (vgl. BAGE 57, 159, 166 ff. = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu B I 2 der Gründe). Eine Nachwirkung vertraglicher Pflichten kann, ohne die gesetzgeberische Entscheidung zu entwerten, nur in einem eng begrenztem Umfang angenommen werden. Soweit sich für die Berufsausübung aus nachwirkenden Treuepflichten Grenzen ergeben können, können diese nur auf einzelne treuwidrige Verhaltensweisen bezogen sein, nicht aber auf eine den Wettbewerbsinteressen des alten Arbeitgebers zuwiderlaufende Tätigkeit schlechthin (vgl. Buchner, Wettbewerbsverbot, S. 18; vgl. auch BAG Urteil vom 11. Dezember 1967 - 3 AZR 22/67 - AP Nr. 4 zu § 242 BGB Nachvertragliche Treuepflicht, zu 1 der Gründe). Daran vermögen die von der Klägerin vorgetragenen besonderen Umstände nichts zu ändern. Diese mögen für die Beurteilung der Treuwidrigkeit einzelner Verhaltensweisen von Bedeutung sein, können aber auch bei einer Gesamtwürdigung keine umfassende Verpflichtung zur Unterlassung jeder Form des Wettbewerbs begründen. Sonst würde entschädigungslos dem Arbeitnehmer die Verwertung seines beruflichen Erfahrungswissens versagt.
Die Revision kann sich auch nicht auf die von ihr angezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH Urteil vom 19. November 1982 - I ZR 99/80 - "Stapel"-Automat, AP Nr. 11 zu § 17 UnlWG; BGH Urteil vom 21. Dezember 1962 - I ZR 47/61 - "Industrieböden", DB 1963, 381) berufen. Danach ist in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht die Verwertung von Betriebsgeheimnissen nur unter besonderen Umständen unzulässig. Für die Beurteilung, ob die Verwertung allgemeiner beruflicher Kenntnisse und beruflichen Erfahrungswissens zulässig ist, muß daher ein noch strengerer Maßstab gelten. Bei Anlegung dieses Maßstabes kann die nachvertragliche Treuepflicht nicht dazu führen, dem Arbeitnehmer die Verwertung eigener Kenntnisse bei der Beratung und Vertretung des Konkurrenzunternehmens zu versagen.
ff) Der Unterlassungsanspruch kann, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, auch nicht auf die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht gestützt werden. Daraus ließe sich lediglich eine Verpflichtung zur Unterlassung der Handlungen, in denen eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht liegt, begründen.
Die Revision sieht als von der Verschwiegenheitspflicht erfaßte Geschäftsgeheimnisse die dem Beklagten bekannten kundenbezogenen Informationen - Name, Anschrift, Abnahmemengen, Ansprechpartner usw. - an. Der Beklagte verwerte unter Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht persönliche Kontakte zugunsten des Konkurrenzunternehmens. Im Hinblick auf seine gesteigerte Geheimhaltungspflicht sei ein Eindringen in den Kundenstamm der Klägerin unzulässig. Mit dem daraus sich ergebenden Kundenumwerbeverbot sei die Tätigkeit des Beklagten bei dem Konkurrenzunternehmen unvereinbar. Denn es widerspreche jeder Erfahrung, der Beklagte könne bei dem Konkurrenten der Klägerin als Berater im Bereich Titandioxid tätig sein, ohne kundenbezogenes Geheimwissen einzusetzen. Die Durchsetzung des Kundenumwerbeverbotes sei allein über die begehrte Unterlassungsverpflichtung möglich.
Dem folgt der Senat nicht. Unabhängig davon, ob aus der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht im Streitfall ein Kundenumwerbeverbot abgeleitet werden kann, hätte die Klägerin allenfalls die Unterlassung der Umwerbung ihrer Kunden durch den Beklagten verlangen können, nicht aber die Unterlassung der Vertretungs- und Beratungstätigkeit schlechthin.
Die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht ist begrenzt auf das Verbot einer Verwertung durch Weitergabe der geheimzuhaltenden Tatsachen. Die darin liegende Beschränkung der Berufstätigkeit geht über eine Gleichstellung des Betroffenen mit Nichtgeheimnisträgern nicht hinaus (vgl. BAGE 57, 159, 167 f. = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu I 2 der Gründe; BAG Urteil vom 16. März 1982 - 3 AZR 83/79 - BAGE 41, 21, 31 f. = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu B III 2 b der Gründe). Zu den Geschäftsgeheimnissen mögen Kundenlisten, Kaufgewohnheiten der Kunden, ihr Geschmack u.ä. Umstände gehören. Diese Kenntnisse darf der Arbeitnehmer nicht veräußern und auf diese Weise für sich verwerten. Daraus folgt, daß die Verschwiegenheitspflicht nicht ein entschädigungsloses Verbot der Umwerbung von Kunden, die dem Beklagten bei seiner Tätigkeit bekannt geworden sind, umfassen kann, weil dann die Grenze zum Wettbewerbsverbot überschritten würde.
gg) Besondere Umstände, die möglicherweise die Tätigkeit des Beklagten als von der Rechtsordnung mißbilligtes Eindringen in den Kundenstamm der Klägerin ansehen lassen (vgl. BAG Urteil vom 15. Dezember 1987, aaO), sind nach dem Vorbringen der Klägerin nicht gegeben. Soweit sie hierzu vorbringt, der Beklagte habe die Klägerin preislich unterboten, gehört dies, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, zum Inhalt des Wettbewerbs. Jedenfalls liegt hierin kein anstößiges Mittel. Die bloße Vermutung, der Beklagte könne seine Tätigkeit nicht ohne den Verrat von Geschäftsgeheimnissen nachgehen, genügt für eine hinreichende Darlegung nicht. Das kaufmännisch geprägte Erfahrungswissen des Beklagten ist als solches kein Geschäftsgeheimnis der Klägerin. Ebensowenig genügt die nicht durch Tatsachenvortrag belegte Behauptung, der Beklagte habe Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verraten.
Soweit mit dem Vorbringen der Revision, dies habe die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, eine Verletzung des § 286 ZPO gerügt werden soll, genügt diese Rüge nicht den revisionsrechtlichen Anforderungen des § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO (vgl. BAG Urteil vom 7. Oktober 1987 - 5 AZR 116/86 - AP Nr. 15 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht, zu IV der Gründe; BAG Urteil vom 11. April 1985 - 2 AZR 239/84 - AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972, zu C II 1 der Gründe).
hh) Ein Unterlassungsanspruch kann auch nicht auf die dem Schutz des lauteren Wettbewerbs dienenden gesetzlichen Vorschriften, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Verb. mit § 17 Abs. 1 und Abs. 2 UWG, § 1 UWG und § 826 BGB, gestützt werden.
Die Voraussetzungen des Geheimnisverrats nach § 17 UWG (vgl. dazu BAG Urteil vom 16. März 1982 - 3 AZR 83/79 - BAGE 41, 21, 28 f. = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu B II 1 der Gründe; BAGE 57, 159 = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu B II 1 der Gründe) sind nach dem Vorbringen der Klägerin nicht gegeben.
Die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nach § 1 UWG oder nach § 826 BGB liegen nicht vor. Ein in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht sittenwidriges Verhalten des Beklagten hat die Klägerin nicht dargetan. Das Abwerben von Kunden eines früheren Arbeitgebers ist grundsätzlich zulässig; denn im freien Wettbewerb hat niemand Anspruch auf Erhaltung seines Kundenstammes. Selbst das planmäßige Abwerben der Kunden des früheren Arbeitgebers ist noch nicht verwerflich im Sinne des § 1 UWG. Erst bei Hinzutreten besonderer Umstände liegt ein sittenwidriges Handeln vor (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., § 1 UWG, Rz 601). Für die Annahme sittenwidrigen Handelns des Beklagten reicht der Sachvortrag der Klägerin nicht aus. Dieser erschöpft sich in dem Vorwurf, der Beklagte fördere nach seinem Ausscheiden bei der Klägerin einen unmittelbaren Konkurrenten und setze seine Kenntnisse und Erfahrungen zugunsten dieses Wettbewerbers der Klägerin ein.
3. Besteht keine Verpflichtung des Beklagten zur Unterlassung der Beratungs- und Vertretungstätigkeit, gibt es auch keine Rechtsgrundlage für die Anträge zu 3. und 5.
Das Landesarbeitsgericht hat hierzu ohne Rechtsfehler ausgeführt, der Schadensfeststellungsantrag könnte nur dann erfolgreich sein, wenn die Klägerin ihn nicht mit dem zulässigerweise betriebenen Wettbewerb, sondern mit einem verbotenen Geheimnisverrat begründen könnte. Dies sei nicht der Fall, da der hierauf bezogenen Behauptung der Klägerin jede Substantiierung fehle. Ein Kundenschutz ergebe sich aus einer nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht nicht. Ein sittenwidriges Verhalten des Beklagten bei dem angeblichen Eindringen in den Kundenstamm der Klägerin habe diese nicht in der erforderlichen Substantiierung vorgetragen.
Entgegen der Ansicht der Revision reicht für die erforderliche Darlegung nicht die Behauptung aus, der Beklagte verrate Geschäftsgeheimnisse wie Kundenstamm, Kundenbeziehungen, Verkaufsstrategien u.ä. Zwar muß das zu schützende Unternehmergeheimnis nicht offenbart werden (vgl. BAG Urteil vom 25. April 1989 - 3 AZR 35/88 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu I 1 der Gründe). Dies ändert jedoch nichts daran, daß für einen auf die Verletzung des Geheimnisses gestützten Schadensersatzanspruch die pflichtverletzende Handlung im einzelnen dargelegt werden muß. Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht. Der Inhalt der Verschwiegenheitspflicht bezieht sich nicht schlechthin auf das beim Beklagten vorhandene Erfahrungswissen, auch soweit es die Titandioxid-Kunden der Klägerin betrifft.
Der mit dem Antrag zu 3. geltend gemachte Auskunftsanspruch besteht demnach nicht. Ein auf eine Schadensersatzverpflichtung gestützter Auskunftsanspruch setzt voraus, daß ein begründeter Verdacht einer zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung besteht, der Auskunftsberechtigte also die Wahrscheinlichkeit seines Anspruchs darlegt (vgl. BAG Urteil vom 12. Mai 1972 - 3 AZR 401/71 - AP Nr. 6 zu § 60 HGB; BAG Urteil vom 27. September 1988 - 3 AZR 59/87 - AP Nr. 35 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel, zu I 3 der Gründe; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 260 Rz 25). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
4. Da weder der mit dem Antrag zu 1. noch der mit dem Antrag zu 3. geltend gemachte Auskunftsanspruch besteht, ist auch der Antrag zu 4. nicht begründet.
II. Die Widerklage des Beklagten ist - soweit sie nicht rechtskräftig vom Arbeitsgericht abgewiesen worden ist - begründet. Die Klägerin ist nicht berechtigt, für den von der Widerklage erfaßten Zeitraum die von ihr zugesagten Leistungen einzubehalten oder zu widerrufen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler die Berechtigung der Klägerin, die Versorgungsleistungen auszusetzen, verneint. Die Geltendmachung durch den Beklagten sei nicht rechtsmißbräuchlich. Es sei davon auszugehen, die Tätigkeit des Beklagten habe keine feststellbaren Auswirkungen auf den Titandioxid-Absatz der Klägerin gehabt; denn die Klägerin habe hierzu nichts Substantiiertes vorgetragen. Ein Verrat von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen könne nicht zugrunde gelegt werden, da der Vortrag der Klägerin hierzu zum Teil unschlüssig, zum Teil unsubstantiiert sei.
2. Die Revision hat sich mit den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht auseinandergesetzt. Sie verweist lediglich auf das vorgelegte Gutachten und macht sich die dort wiedergegebene Rechtsauffassung zu eigen, der Klägerin stehe unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
3. Dieser Ansicht der Revision kann nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG Urteil vom 3. April 1990 - 3 AZR 211/89 - BAGE 64, 298 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Treuebruch, zu II 1 der Gründe, m.w.N.) ist der Widerruf von Versorgungszusagen wegen Treuepflichtverletzungen nur insoweit zulässig, wie die Berufung des Arbeitnehmers auf die Versorgungszusage rechtsmißbräuchlich ist. Dabei sind für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Konkurrenztätigkeit eines bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmers den Arbeitgeber zum Widerruf der Versorgungszusage berechtigt oder ob er die Leistung zeitweilig verweigern darf, die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dazu gehören hier der Verzicht des Arbeitgebers auf ein Wettbewerbsverbot und die Höhe der Betriebsrente. Unangemessene Reaktionen sind nicht erlaubt, Enttäuschung und Verärgerung über einen früheren Mitarbeiter dürfen nicht maßgebend sein (vgl. BAG Urteil vom 3. April 1990, aaO). Eine Befugnis des Arbeitgebers zur Verweigerung oder Aussetzung der Versorgungsleistungen setzt voraus, daß das treuwidrige Verhalten des ehemaligen Arbeitnehmers sich besonders schwerwiegend auf das Unternehmen des ehemaligen Arbeitgebers auswirkt und deshalb die Einstellung der Versorgungsleistungen nicht außer Verhältnis zu Art, Ausmaß und Folgen der Verletzung steht (vgl. BGH Urteil vom 7. Januar 1971 - II ZR 23/70 - BGHZ 55, 274, 280 = AP Nr. 151 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu II 2 und 3 der Gründe).
Bei Anwendung der oben dargestellten Maßstäbe erweist sich die Berufung des Beklagten auf die Zusage der Versorgungsleistungen nicht als rechtsmißbräuchlich. Der Beklagte hat nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zur Klägerin eine Tätigkeit ausgeübt, die ihm nicht verboten war und die ihm die Klägerin auch nicht verbieten konnte. Das ursprünglich bestehende Wettbewerbsverbot wurde in der Vereinbarung vom 29. Juni 1987 aufgehoben. Die weiteren von der Klägerin angeführten rechtlichen Gesichtspunkte begründen eine Unterlassungspflicht des Beklagten für die von ihm aufgenommene Wettbewerbstätigkeit nicht. Die von der Klägerin behauptete Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch den Beklagten hat sie nicht hinreichend dargetan. Auch soweit anerkannt werden muß, daß - in sensiblen Unternehmensbereichen - je nach den Umständen auch eine erlaubte Konkurrenztätigkeit den Arglisteinwand des Versorgungsschuldners rechtfertigen kann, setzt dies voraus, daß die Konkurrenztätigkeit schwerwiegende Folgen für den ehemaligen Arbeitgeber auslöst (vgl. BAG Urteil vom 3. April 1990, aaO, zu II 2 c der Gründe). Im Streitfall sind konkrete Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der Klägerin oder ihre Marktposition, Umsatzeinbußen, die auf die Tätigkeit des Beklagten für das Konkurrenzunternehmen zurückzuführen sind oder weitere Folgen für ihre wirtschaftliche Tätigkeit im Bereich Titandioxid hat, nicht dargetan. Mögliche abstrakte Gefahren können einen Widerruf nicht rechtfertigen.
Die Klägerin kann auch nicht ihre Versorgungszusage wegen der Höhe der zu gewährenden Leistungen widerrufen. Die Anerkennung eines derartigen Widerrufgrundes führte zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der Wettbewerbsfreiheit von Ruheständlern, die gesetzlich so nicht vorgesehen ist. Die Leistung ist dem Arbeitgeber schon deshalb nicht unzumutbar, weil er es in der Hand gehabt hätte, sich durch die Vereinbarung eines entsprechenden Wettbewerbsverbotes gegen eine unerwünschte Konkurrenz zu sichern (vgl. Blomeyer, ZIP 1991, 1113, 1117).
III. Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Dr. Leinemann Dörner Düwell
Volpp Dr. Kappes
Fundstellen
Haufe-Index 441814 |
BAGE 73, 229-245 (LT1-3) |
BAGE, 229 |
BB 1993, 1289 |
BB 1994, 1078 |
BB 1994, 1078-1080 (LT1-3) |
BB 1994, 363 |
DB 1994, 887-889 (LT1-3) |
DStR 1993, 1113 (T) |
BuW 1994, 212 (K) |
AiB 1994, 511 (LT1-3) |
JR 1994, 352 |
JR 1994, 352 (L) |
NZA 1994, 502 |
NZA 1994, 502-507 (LT1-3) |
WiR 1993, 390 (S) |
ZAP, EN-Nr 242/94 (S) |
ZIP 1994, 642 |
ZIP 1994, 642-648 (LT) |
AP § 611 BGB Konkurrenzklausel (LT1-3), Nr 40 |
AR-Blattei, ES 1830 Nr 168 (LT1-3) |
EzA-SD 1994, Nr 4, 7-10 (LT1-3) |
EzA § 74 HGB, Nr 55 (LT1-3) |
MDR 1994, 490-491 (LT) |
VersR 1994, 501-503 (LT) |