Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Alterssicherung. Einbeziehung der Provision
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 6 Manteltarifvertrag für Beschäftigte der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden können Beschäftigte auch nach Vollendung des 54. Lebensjahrs noch Anspruch auf Verdienstsicherung entsprechend den tariflichen Voraussetzungen haben.
2. Die Einbeziehung von Provisonen erfolgt nach § 6.3.4 MTV NW/NB in die Alterssicherung in zulässiger Art und Weise.
Normenkette
MTV NW/NB §§ 6, 15, 18; TVG §§ 1, 4; BGB §§ 133, 157, 242, 315 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision der Beklagten und die des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 15. Mai 2003 – 6 Sa 61/02 – aufgehoben, soweit es für die Zeit vom 1. November 1998 bis zum 31. Mai 1999 die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2002 – 25 Ca 9064/99 – zurückgewiesen, auf die Berufung der Beklagten die Klage hinsichtlich eines 3.265,49 Euro nebst Zinsen übersteigenden Betrages abgewiesen und die Berufung der Beklagten im Übrigen zurückgewiesen hat.
- Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ausgleichszahlungen im Sinne der Alterssicherung nach dem Manteltarifvertrag für Beschäftigte in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden (MTV NW/NB).
Der am 14. Oktober 1934 geborene nicht tarifgebundene Kläger wurde zum 1. April 1961 von der tarifgebundenen damaligen D… AG eingestellt. Nach einem mit der D… AG, Niederlassung Hamburg, abgeschlossenen Anstellungsvertrag vom 7. September 1976 wurde er ab 1. Oktober 1976 als “Haus- und Gebrauchtwagen-Verkäufer” in der Niederlassung Hamburg weiterbeschäftigt. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung setzte sich seine Vergütung aus einem Fixum und Provisionen gem. den jeweils gültigen Provisionsbestimmungen zusammen. In Ziff. 12 des Arbeitsvertrages heißt es:
“Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen
Im übrigen finden die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen, die Arbeitsordnung, die sonstigen Betriebsvereinbarungen sowie die Dienst- und Geschäftsanweisungen der Firma in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.”
Am 1. Januar 1979 wurde der Kläger Beauftragter für den Omnibusverkauf. Sein Verkaufsgebiet umfasste Hamburg und Teile von Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Der Aufenthalt in seinem Außenbüro in der Niederlassung Hamburg beschränkte sich auf verwaltende Verkaufstätigkeiten.
Mit Schreiben vom 18. November 1994 wurde dem Kläger mitgeteilt, er werde ab 1. Dezember 1994 dem “Produktionsbereich Omnibus, Standort M…” zugeordnet. Hintergrund hierfür waren die beabsichtigte Übernahme der Mehrheitsanteile der Firma K… und die Zusammenführung des Produktionsbereichs Omnibus in ein neues gemeinsames Unternehmen, die Beklagte. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse auf die Beklagte fand am 23. Februar 1995 statt. Die Beklagte ist Mitglied des Verbandes der Metallindustrie Baden-Württemberg e.V., Stuttgart. Der Kläger trat am 31. Mai 1999 in den Ruhestand.
Der MTV NW/NB enthält ua. folgende hier einschlägige Regelungen:
Ҥ 1 Geltungsbereich
1.1 Dieser Tarifvertrag gilt:
1.1.1 räumlich:
für die Regierungsbezirke Nordwürttemberg und Nordbaden des Landes Baden-Württemberg, nach dem Stand vom 31. Dezember 1969;
1.1.2 fachlich:
für alle Betriebe, die selbst oder deren Inhaber Mitglied des Verbandes der Metallindustrie Baden-Württemberg e.V., Stuttgart, sind;
1.1.3 persönlich:
für alle in diesen Betrieben beschäftigten Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten, die Mitglied der IG Metall sind;
…
§ 6 Alterssicherung
6.1 Beschäftigte, die das 54. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens ein Jahr angehören, haben Anspruch auf Verdienstsicherung.
Die tarifliche Verdienstsicherung bezieht sich nicht auf den Tariflohn/das Tarifgehalt, sondern auf den Effektivlohn/das Effektivgehalt und wird wie folgt verwirklicht:
6.1.1 Der Alterssicherungsbetrag, der nach §§ 6.3 und 6.4 zu ermitteln ist, wird als Mindestverdienst garantiert.
6.1.2 Der laufende Verdienst innerhalb des nach § 6.9 zu regelnden Vergleichszeitraums wird mit dem Alterssicherungsbetrag verglichen.
6.1.3 Ist der laufende Verdienst niedriger als der Alterssicherungsbetrag, so ist ein Ausgleich bis zur Höhe des Alterssicherungsbetrages zu bezahlen.
6.2 Beginn der Verdienstsicherung
Die Verdienstsicherung beginnt mit dem Ersten des Monats in dem der Beschäftigte das 54. Lebensjahr vollendet. Erfüllt der Beschäftigte an seinem 54. Geburtstag die Voraussetzung der Betriebs- oder Unternehmenszugehörigkeit von einem Jahr nicht, so beginnt die Verdienstsicherung am Ersten des Monats, in welchem er diese Voraussetzung erfüllt.
6.3 Zusammensetzung und Errechnung des Alterssicherungsbetrages
Der Alterssicherungsbetrag errechnet sich wie folgt:
…
6.3.4 bei Reisenden iSv. § 15, die eine Provision erhalten, ist diese in den Alterssicherungsbetrag mit einzubeziehen, und zwar in der Höhe der monatlichen Durchschnittsprovision, errechnet aus der Provision der letzten 36 Kalendermonate vor Beginn der Verdienstsicherung.
…
6.6 Alterssicherungsbetrag
Durch die Berechnung gemäß §§ 6.3 und 6.4.2 ergibt sich der Alterssicherungsbetrag als durchschnittlicher Monatsverdienst, bezogen auf die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit – oder bei Teilzeitbeschäftigten auf die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit – zu Beginn der Alterssicherung.
…
6.7 Festschreibung des Alterssicherungsbetrages
Der sich aus der Berechnung nach §§ 6.3 und 6.4.2 ergebende Alterssicherungsbetrag ist mit den dort genannten Lohnbestandteilen aufgegliedert festzuschreiben. Die Mindestverdienstgarantie (§ 6.1.1) bezieht sich auf diese Lohnbestandteile (einschließlich der durchschnittlichen leistungsabhängigen variablen Bestandteile des Monatslohns).
6.8 Unterrichtung des Beschäftigten und des Betriebsrats
Der anspruchsberechtigte Beschäftigte und der Betriebsrat sind unverzüglich über die Höhe und die Zusammensetzung des Alterssicherungsbetrages schriftlich zu unterrichten. Dies gilt auch bei einer späteren Änderung des Alterssicherungsbetrages (vgl. § 6.6.1 und § 6.10).
6.9 Durchführung der Verdienstsicherung
Der Verdienstausgleich gemäß § 6.1 ist monatlich (Vergleichsmonat) vorzunehmen. Dabei wird der Durchschnittsverdienst aus einem Vergleichszeitraum mit dem festgeschriebenen Alterssicherungsbetrag verglichen.
In den Durchschnittsverdienst des Vergleichszeitraums können nur die Lohnbestandteile, insbesondere nur die Zuschläge bzw. Zulagen einbezogen werden, die im Alterssicherungsbetrag enthalten sind.
Der Vergleichszeitraum ist mit dem Betriebsrat festzulegen. Er darf einschließlich des Vergleichsmonats drei Monate nicht übersteigen. Abweichend hiervon kann bei Reisenden iSv. § 15, die eine Provision erhalten, der Vergleichszeitraum mit Zustimmung des Betriebsrats bis auf zwölf Monate ausgedehnt werden.
Wird mit Zustimmung des Betriebsrats ein längerer als einmonatiger Vergleichszeitraum festgelegt, so ist sicherzustellen, daß im jeweiligen Vergleichsmonat eine Aufzahlung in der Höhe erfolgt, daß im Vergleichszeitraum, jeweils im Durchschnitt, der Alterssicherungsbetrag erreicht wird.
Ausgleichszahlungen zum Zwecke der Verdienstsicherung sind in den laufenden Verdienst des Vergleichszeitraums einzubeziehen.
…”
Nach einer von der Beklagten vorgelegten Betriebsvereinbarung vom 15. Januar 1998 beträgt der Vergleichszeitraum für die Berechnung des Alterssicherungsbetrages bei Reisenden zwölf Monate.
Im MTV NW/NB ist weiter bestimmt:
Ҥ 15 Reisende
15.1 Die Bestimmungen des Tarifvertrags gelten für alle Reisenden von Betrieben, die ihren Sitz im räumlichen Geltungsbereich dieses Vertrags haben, auch wenn die Reisenden ihren Wohnsitz außerhalb des Tarifgebiets haben.
…
§ 18 Ausschlußfristen
18.1 Ansprüche der Beschäftigten aus dem Arbeitsverhältnis sind dem Arbeitgeber gegenüber folgendermaßen geltend zu machen:
18.1.1 Ansprüche auf Zuschläge aller Art innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit;
18.1.2 alle übrigen Ansprüche innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind verwirkt, es sei denn, daß der Beschäftigte durch unverschuldete Umstände nicht in der Lage war, diese Fristen einzuhalten.
Bleibt die Geltendmachung erfolglos, so tritt die Verwirkung nicht ein, vielmehr gilt alsdann die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Absatz 1 Ziffer 9 BGB. Die zweijährige Frist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahres, in welchem der Anspruch entstanden ist.
…”
Mit Schreiben vom 11. Mai 1999 machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Anspruch auf Alterssicherung geltend und verlangte die Berechnung des Alterssicherungsbetrages. Auf seinen Vorschlag hin bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 19. Mai 1999, dass bei ihm “in gleicher Weise verfahren wird, wie sich die gerichtsanhängigen Entscheidungen bei den Arbeitnehmern ergeben werden, die vor dem Arbeitsgericht Stuttgart klagen”. Ohne Erfolg verlangte der Kläger mit Schreiben vom 23. Juni 1999 Ausgleichszahlungen für den Zeitraum von Oktober 1988 bis April 1999 in Höhe von insgesamt 311.862,17 DM. Er ging dabei ua. von einem Alterssicherungsbetrag in Höhe von 12.568,66 DM aus, den er als Durchschnittseinkommen in dem Zeitraum von September 1985 bis August 1988 errechnet hat.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger seine Ansprüche auf Ausgleichszahlungen nach der tariflichen Alterssicherung weiter, wobei er nunmehr von einem Alterssicherungsbetrag von 13.277,00 DM ausgeht. Er ist der Ansicht, auf das Arbeitsverhältnis finde auf Grund der Bezugnahmeklausel in dem Arbeitsvertrag von 1976 der MTV NW/NB Anwendung. Der 36-monatige Referenzzeitraum für die Berechnung des Alterssicherungsbetrages gem. § 6.3.4 MTV NW/NB habe im Oktober 1985 begonnen. Der Verdienstausgleich sei monatlich durch den Vergleich des jeweiligen Monatseinkommens mit dem Alterssicherungsbetrag zu berechnen. Die Betriebsvereinbarung vom 15. Januar 1998 über die Erweiterung des Vergleichszeitraums auf zwölf Monate sei nicht wirksam zustande gekommen. Der Anspruch sei nicht nach § 18 MTV NW/NB verfallen; die tariflichen Ausschlussfristen seien auf die Alterssicherungsansprüche nicht anwendbar. In jedem Fall sei der Lauf der Ausschlussfristen gehemmt; die Beklagte habe ihn entgegen der Bestimmung in § 6.8 MTV NW/NB nicht über die Höhe und Zusammensetzung des Alterssicherungsbetrages unterrichtet. Zumindest verstoße eine Berufung auf die Ausschlussfristen gegen Treu und Glauben. Soweit die Erfüllungsansprüche erloschen seien, bestünden stattdessen Schadensersatzansprüche.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 351.510,26 DM (= 179.724,34 Euro) brutto nebst 4 % Zinsen aus 311.862,17 DM seit dem 8. Juli 1999 sowie 4 % Zinsen aus 39.648,09 DM seit Zustellung der Klagerweiterung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, auf Grund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme fänden nicht die für die Zentrale in S… einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Der Kläger sei der Niederlassung Hamburg zugeordnet gewesen und erst ab 1. Dezember 1994 dem Betrieb in M.… Erst seitdem unterliege er dem Geltungsbereich des MTV NW/NB. Unabhängig davon könne bei der Berechnung des Alterssicherungsbetrages nur das monatliche Fixum berücksichtigt werden. Bei der Einbeziehung der Provision sei § 6.3.4 MTV NW/NB eine unzulässige Effektivklausel. Auch belaufe sich der Alterssicherungsbetrag auf der Grundlage der Provisionen in dem Referenzzeitraum von einem Jahr nach Anwendbarkeit des MTV NW/NB ab dem 1. Dezember 1994 allenfalls auf 11.160,18 DM (= 5.706,11 Euro). Im Übrigen seien die Ansprüche auf Alterssicherung für die Zeit vor dem 26. April 1999 nach § 18.1.2 MTV NW/NB verfallen. Jedenfalls seien die vor dem 1. Januar 1997 entstandenen Ansprüche verjährt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 7.024,18 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagen das Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 3.265,49 Euro nebst Zinsen verurteilt; es hat die Berufung der Beklagten im Übrigen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt. Der Kläger verfolgt seine Klageansprüche im Wesentlichen weiter. Die Beklagte beantragt weiterhin die Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers und die der Beklagten sind insoweit begründet, als sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 3.265,49 Euro für die Zeit ab dem 1. November 1998 richten. Insoweit ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Die weitergehende Revision des Klägers ist zurückzuweisen. Für den Zeitraum bis einschließlich Oktober 1998 kann er keine Ausgleichszahlungen im Sinne der tariflichen Alterssicherung beanspruchen.
I. Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass dem Kläger für die Zeit vom 1. November 1998 bis zum 31. Mai 1999 ein Anspruch auf die tarifliche Alterssicherung zusteht. Hinsichtlich der Berechnung der Ausgleichsbeträge hält das landesarbeitsgerichtliche Urteil einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Sache ist insoweit nicht zur Entscheidung reif.
1. Der MTV NW/NB findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Grund der Bezugnahme in Ziff. 12 des Arbeitsvertrages vom 7. September 1976 nicht schon, wie vom Landesarbeitsgericht angenommen, seit Vertragsabschluss, sondern erst ab der Zuordnung des Klägers zum Produktionsbereich Omnibus, Standort M…, ab dem 1. Dezember 1994 Anwendung.
a) Die Bezugnahmeklausel ist als arbeitsvertragliche Bestimmung der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Typische Klauseln in Formulararbeitsverträgen sind wie Rechtsnormen zu behandeln (Senat 30. August 2000 – 4 AZR 581/99 – BAGE 95, 296 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 12 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 13). Ihre Auslegung kann daher vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (BAG 16. Mai 2000 – 4 AZR 245/99 – BAGE 94, 325 = AP BGB § 125 Nr. 15 = EzA BGB § 125 Nr. 15). Dies gilt somit auch für formularvertragliche Bezugnahmeklauseln (BAG 5. Dezember 2001 – 10 AZR 197/01 – EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 18).
Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um einen Formularvertrag. Die Beklagte hat ein vorgefertigtes Formular verwendet, welches individuell ergänzt worden ist. Die Bezugnahmeklausel enthält den formularmäßigen Bezug auf “die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen, die Arbeitsordnung, die sonstigen Betriebsvereinbarungen sowie die Dienst- und Geschäftsanweisungen der Firma in der jeweils gültigen Fassung”.
b) Die Auslegung der Bezugnahmeklausel gem. §§ 133, 157 BGB ergibt, dass die Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden sollen, die nach ihrem Geltungsbereich für das Arbeitsverhältnis einschlägig sind.
aa) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts spricht der Wortlaut der Bezugnahmeklausel nicht dafür, dass die für den Betrieb in der Zentrale S… einschlägigen Tarifverträge Anwendung finden sollen. Zum einen ist die Beziehung zwischen den Begriffen “tarifliche Bestimmungen” und “der Firma” in Ziff. 12 des Arbeitsvertrages keineswegs eindeutig. Schon nach der Art der Aufzählung spricht vieles dafür, dass die Worte “der Firma” sich nicht auf die tariflichen Bestimmungen, sondern allein auf die unmittelbar vorher genannten Arbeits- und Geschäftsanweisungen beziehen. Wollte man mit dem Landesarbeitsgericht die Worte “der Firma” auf sämtliche Glieder der Aufzählung beziehen, unterstellte man den Vertragsparteien den – fernliegenden – Willen, den Inhalt sämtlicher am Ort der S… Zentrale geltenden gesetzlichen Bestimmungen ebenso wie den Inhalt der für diesen Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen in die arbeitsvertragliche Vereinbarung einzubeziehen und hierauf bezogene individualrechtliche Ansprüche zu begründen. Vielmehr spricht schon die fehlende konkrete Bezeichnung der anzuwendenden Tarifverträge dafür, dass jeweils auf die für den Betrieb einschlägigen Tarifnormen verwiesen werden sollte, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist.
bb) Das entspricht auch dem erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung. Die damalige D… AG ist zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Mitglied in Arbeitgeberverbänden verschiedener Tarifbezirke gewesen. Daraus folgt das auch aus Sicht des Klägers erkennbare Interesse, im Wege einer Gleichstellungsabrede für den nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer auf Grund der Bezugnahmeklausel die gleichen Tarifverträge zur Anwendung zu bringen wie für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer (zB Senat 26. September 2001 – 4 AZR 544/00 – BAGE 99, 120 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 21= EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 19). Diese Zielsetzung, einheitliche Regelungen für die in einem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schaffen, kommt in den weiteren Gegenständen der Bezugnahmeklausel deutlich zum Ausdruck. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn hinsichtlich dieser Regelungen nicht die für den jeweiligen Betrieb, sondern darüber hinaus auch die für die Zentrale in S… geltenden Bedingungen Anwendung finden sollten.
cc) Auch die sonstigen vom Landesarbeitsgericht für die abweichende Auslegung dargelegten Gründe überzeugen nicht. Bei dem Hinweis auf die Verwendung des Begriffs “Firma” in der Bezugnahmeklausel verkennt das Landesarbeitsgericht, dass in dem Arbeitsvertrag vom 7. September 1976 als vertragsschließende Firma nicht nur die D… AG, sondern auch die Niederlassung aufgeführt ist. Für die Auslegung des Landesarbeitsgerichts spricht auch nicht, dass durch die Verwendung von Formulararbeitsverträgen eine einheitliche Behandlung allein der Vertriebsbeauftragten garantiert werden solle. Ein darauf bezogener berufsgruppenspezifischer Regelungswille, allein für Vertriebsbeauftragte, die einer bestimmten Niederlassung zugeordnet sind, abweichend von den anderen Beschäftigten der Niederlassung die für die Zentrale in S… geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen anzuwenden, findet im Wortlaut der Bezugnahmeklausel keine Stütze.
c) Danach findet der MTV NW/NB auf das Arbeitsverhältnis der Parteien erst seit der Zuordnung des Klägers zu dem Betrieb in M… ab dem 1. Dezember 1994 Anwendung. Nach der bindenden und mit Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts war der Kläger vor seiner Versetzung in den Betrieb in M… in der Niederlassung Hamburg beschäftigt und dieser arbeitsorganisatorisch zugeordnet. Erst durch die Versetzung nach M… ab dem 1. Dezember 1994 ist der MTV NW/NB von seinem räumlichen Geltungsbereich her einschlägig und somit auf Grund der Bezugnahmeklausel in Ziff. 12 des Arbeitsvertrages anwendbar.
2. Seit dem 1. Dezember 1994 erfüllt der Kläger die tariflichen Voraussetzungen für die Verdienstsicherung gem. § 6.1 MTV NW/NB. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt das 54. Lebensjahr vollendet. Er gehört dem Unternehmen auch mindestens ein Jahr an.
a) Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch kein Jahr unter dem Geltungsbereich des MTV NW/NB gearbeitet hat. Die tarifliche Voraussetzung der einjährigen Unternehmenszugehörigkeit gem. § 6.1 MTV NW/NB setzt nicht voraus, dass bereits während dieses Zeitraums die Anwendbarkeit des MTV NW/NB gegeben war. Das ergibt, wie der Senat in dem Urteil vom 16. Juni 2004 (– 4 AZR 408/03 – AP TVG § 4 Effektivklausel Nr. 24, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 3 der Gründe) entschieden hat, die Auslegung nach den für die Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrages nach ständiger Rechtsprechung geltenden Regeln (zB Senat 29. August 2001 – 4 AZR 337/00 – BAGE 99, 24, 28 = AP TVG § 1 Auslegung Nr. 174 = EzA BGB § 622 Tarifvertrag Nr. 2 mwN).
Der Wortlaut der Tarifnorm stellt gleichwertig auf die Zugehörigkeit im Betrieb oder Unternehmen ab und enthält keine weitergehende Beschränkung für die Alternative der Unternehmenszugehörigkeit. Auch aus dem Gesamtzusammenhang und dem Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich die von der Beklagten vertretene beschränkende Auslegung nicht. Die erforderliche einjährige Betriebs- oder Unternehmenszugehörigkeit will den Anspruch auf Alterssicherung erkennbar von einer vorangegangenen einjährigen Beschäftigung im Betrieb oder Unternehmen abhängig machen, um eine Legitimation ebenso wie eine tatsächliche Berechnungsgrundlage für die Alterssicherung zu erreichen. Das zeigt die Regelung in § 6.2 MTV NW/NB, wonach die Verdienstsicherung erst später beginnt, wenn der Beschäftigte an seinem 54. Geburtstag die Voraussetzungen der Betriebs- oder Unternehmenszugehörigkeit noch nicht erfüllt. Die Regelung über die Berechnung des Alterssicherungsbetrages in § 6.3 MTV NW/NB stellt auf die Vergütung in einem einjährigen Bezugszeitraum vor Beginn der Verdienstsicherung ab. Es finden sich darin keine Anhaltspunkte dafür, dass es nur um die Vergütung nach den Tarifverträgen für Nordwürttemberg/Nordbaden geht. Nach Sinn und Zweck der Alterssicherung gibt es auch keinen Grund dafür, den Beginn der Alterssicherung nur deshalb über die Vollendung des 54. Lebensjahres hinaus zu verschieben, weil die bei der Berechnung des Alterssicherungsbetrages zugrunde zu legenden Vergütungen sich ganz oder zum Teil nach dem Vergütungsgefüge eines anderen Tarifgebietes gerichtet haben. Im Übrigen umfasst die Verdienstsicherung nicht nur tarifliche, sondern auch über- und außertarifliche Vergütungsbestandteile; auch die Provision als vorliegend maßgeblicher Teil des Alterssicherungsbetrages ist nicht tariflich geregelt.
b) Der Erwerb des Anspruchs auf Alterssicherung wird auch nicht durch den Umstand verhindert, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Anwendbarkeit des MTV NW/NB am 1. Dezember 1994 bereits 60 Jahre alt war und damit die Altersgrenze für den Beginn der Alterssicherung vorher erreicht hatte. Auch das hat der Senat bereits in dem Urteil vom 16. Juni 2004 (– 4 AZR 408/03 – AP TVG § 4 Effektivklausel Nr. 24, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 4 der Gründe) entschieden. Aus dem Wortlaut der tariflichen Regelung ebenso wie aus dem Gesamtzusammenhang und dem Sinn und Zweck der tariflichen Regelungen über die Alterssicherung ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Beschäftigter den Anspruch auf Verdienstsicherung nach Vollendung des 54. Lebensjahres nicht mehr erwerben kann, wenn die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind. In § 6.2 Satz 2 MTV NW/NB ist vielmehr ausdrücklich ein späterer Beginn der Verdienstsicherung vorgesehen für den Fall, dass der Beschäftigte an seinem 54. Geburtstag die Voraussetzung der Betriebs- oder Unternehmenszugehörigkeit von einem Jahr nicht erfüllt hat; in diesem Fall soll die Verdienstsicherung am Ersten des Monats beginnen, in welchem der Beschäftigte diese Voraussetzung erfüllt.
3. Der Anspruch auf Verdienstsicherung richtet sich nach dem Alterssicherungsbetrag, in den nach § 6.3.4 MTV NW/NB bei Reisenden die Provision einzubeziehen ist. Der Kläger ist unstreitig Reisender iSv. § 15 MTV NW/NB. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist bei Reisenden nicht nur das monatliche Fixum zu berücksichtigen, sondern auch die jeweils erzielte Provision.
Diese Regelung über die Einbeziehung der Provisionen in die Alterssicherung gem. § 6.3.4 MTV NW/NB ist wirksam. Es handelt sich um keine unzulässige Effektivund Effektivgarantieklausel (zum Folgenden ausführlicher Senat 16. Juni 2004 – 4 AZR 408/03 –, aaO, zu III der Gründe). Unzulässig sind Tarifregelungen, nach denen eine Tariflohnerhöhung auf die bisher effektiv gewährte Vergütung aufzustocken ist (sog. begrenzte Effektivklausel) oder nach denen ein bisher über- oder außertariflicher Lohnbestandteil zum Tariflohn wird (sog. Effektivgarantieklausel). Hingegen sind die Tarifvertragsparteien befugt, mit tarifrechtlicher Wirkung festzulegen, dass bei der Berechnung von tariflichen Leistungen von dem effektiven Verdienst des Arbeitnehmers ausgegangen werden soll und nicht von dem tariflichen Mindestverdienst. Deshalb ist die Einbeziehung von über- und außertariflichen Leistungen in eine tarifliche Verdienstbzw. Alterssicherung zulässig. Dadurch wird die Rechtsnatur der über- und außertariflichen Vergütungsbestandteile, die als Berechnungsgrundlage in die Verdienstsicherung eingehen, nicht geändert. Die vertraglich begründeten über- und außertariflichen Vergütungsbestandteile werden nicht in tarifliche Ansprüche umgewandelt. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitsvertragsparteien über die über- und außertariflichen Leistungen bleiben unberührt. Danach ist auch die Einbeziehung der außertariflich geregelten Provision in die Alterssicherung gem. § 6.9 MTV NW/NB zulässig. Dabei geht es um die Einbeziehung der Durchschnittsprovision vor Eintritt der Verdienstsicherung als Berechnungsgrundlage für die Alterssicherung als besondere tarifliche Vergütung. Die arbeitsvertragliche Provisionsregelung selbst wird nicht tarifiert und bleibt der arbeitsvertraglichen Disposition zugänglich. Ebenso wenig wird die arbeitsvertragliche Regelung über die Grundlagen der Provision im Sinne einer Effektivgarantieklausel zur tariflichen Mindestvergütung erklärt. Eine spätere Änderung dieser Regelung kann sich auf die Höhe der Verdienstsicherung auswirken. Durch die Alterssicherung sollen die Arbeitnehmer vor altersbedingten Verdiensteinbußen geschützt werden, nicht aber bei verschlechternden allgemeinen Änderungen der Grundlagen für die in die Alterssicherung einbezogenen Leistungen besser gestellt bleiben. Ob und ggf. wie sich eine konkrete Änderung der Provisionsregelung auf den Alterssicherungsbetrag auswirkt, ist hier nicht zu entscheiden.
4. Der Referenzzeitraum für die Berechnung des Alterssicherungsbetrages beginnt am 1. Dezember 1991 und endet am 30. November 1994. Das folgt aus § 6.3.4 MTV NW/NB, der hierfür einen Zeitraum von 36 Monaten vor Beginn der Alterssicherung bestimmt. Dem steht nicht entgegen, dass in diesem Referenzzeitraum der MTV NW/NB noch keine Anwendung fand. Eine darauf bezogene Einschränkung enthält die Tarifnorm nicht. Zur Bestimmung des Referenzzeitraums stellt sie lediglich auf den Beginn der Alterssicherung nach § 6.2 MTV NW/NB ab und verlangt nicht, dass eine Verdienstminderung ausschließlich auf den tariflichen Verhältnissen ihres räumlichen Geltungsbereichs beruht. Das entspricht dem Zweck der Verdienstsicherung, dem altersgesicherten Arbeitnehmer den vor der Alterssicherung erzielten Verdienst für leistungsschwächere Zeiten abzusichern. Diesen Sicherungsbedarf haben die Tarifvertragsparteien typisierend an den in § 6.2 MTV NW/NB festgelegten Beginn der Verdienstsicherung geknüpft und dabei in Kauf genommen, dass die im Referenzzeitraum erzielten Verdienste diejenigen im Tarifgebiet auch unter- oder überschreiten konnten und sich insoweit erhöhend oder mindernd auf den Ausgleichsbetrag auswirken. Eine solche Regelung ist durch Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt.
5. Der Vergleichszeitraum gem. § 6.9 (Abs. 3) MTV NW/NB für die Berechnung der Ausgleichsansprüche beträgt entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts zwölf Monate. Dieser Vergleichszeitraum ergibt sich nicht nur bei Zugrundelegung der Betriebsvereinbarung vom 15. Januar 1998 über die Festlegung des Vergleichszeitraums auf zwölf Monate, sondern auch dann, wenn diese Betriebsvereinbarung – wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat – nicht wirksam zustande gekommen ist. Auch die in einem solchen Fall gebotene Festlegung des Ausgleichszeitraums durch das Gericht führt nicht zu einer Verkürzung auf drei Monate.
a) § 6.9 (Abs. 3) MTV NW/NB bestimmt als Vergleichszeitraum keinen Mindestzeitraum, sondern einen Höchstzeitraum von drei Monaten, der bei Reisenden iSd. § 15 MTV NW/NB auf bis zu 12 Monate ausgedehnt werden kann. Nach Wortlaut und Tarifsystematik bedarf die Bestimmung des Vergleichszeitraums einer gesonderten Festlegung. Diese ist in Betrieben, für die ein Betriebsrat gewählt ist, an dessen Zustimmung gebunden. In Betrieben ohne Betriebsrat ist dieses Bestimmungsrecht dem Arbeitgeber zugewiesen, weil sonst die Berechnung der Ausgleichsansprüche unterbleiben müsste. Fehlt es an einer wirksamen Festlegung durch die Betriebsparteien oder den Arbeitgeber, erfolgt nach dem Rechtsgedanken des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Festlegung durch das Gericht. Diese Regel gilt auch für die Bestimmung des Vergleichszeitraums bei Reisenden. Anhaltspunkte dafür, dass die in § 6.9 (Abs. 3) MTV NW/NB geregelte Ausweitungsmöglichkeit bei Reisenden nur den Betriebsparteien vorbehalten ist und auch in betriebsratslosen Betrieben dem Arbeitgeber verwehrt wäre, enthält die Tarifnorm nicht.
b) Ausgehend davon ist ein Vergleichszeitraum von zwölf Monaten festzulegen. Die stark schwankenden Provisionsansprüche lassen es als angemessen, wenn nicht als geboten erscheinen, in Fällen wie dem vorliegenden, bei denen die Vergütung der Reisenden durch ein geringes Fixum und hohe Provisionen gekennzeichnet ist und in denen die Reisenden durch Steuerung der Vertragsabschlüsse die zeitliche Lage der Entstehung der Provision bestimmen können, den Zeitrahmen voll auszuschöpfen. Nur so kann erreicht werden, dass der Alterssicherungsbetrag im Ergebnis nur diese Mindestvergütung sichert und nicht zur Aufstockung der Vergütung in Monaten bzw. Zeitphasen mit geringen Provisionen führt, ohne dass höhere Provisionen in anderen Monaten bzw. Zeitphasen soweit wie möglich berücksichtigt werden können.
6. Das Landesarbeitsgericht wird bei der Berechnung der Ausgleichsansprüche § 6.9 (Abs. 5) MTV NW/NB zu beachten haben. Danach sind Ausgleichszahlungen zum Zwecke der Verdienstsicherung in den laufenden Verdienst des Vergleichszeitraums einzubeziehen. Das hat das Landesarbeitsgericht nicht ausdrücklich und – soweit rechnerisch nachvollziehbar – auch in der Sache nicht berücksichtigt.
Von Beginn der Verdienstsicherung an ist in jedem Monat zu berechnen, ob eine Ausgleichszahlung zu leisten ist. Das ergibt sich ausdrücklich aus § 6.9 (Abs. 4) MTV NW/NB, wonach im jeweiligen Vergleichsmonat eine Aufzahlung in der Höhe erfolgen soll, dass im Vergleichszeitraum jeweils im Durchschnitt der Alterssicherungsbetrag erreicht wird. Dabei werden gemäß § 6.9 (Abs. 5) MTV NW/NB die Ausgleichszahlungen der Vormonate einbezogen. In jedem Monat muss deshalb der etwaige Verdienstausgleich durch den Vergleich der kumulierten erhaltenen Leistungen einschließlich der Ausgleichszahlungen (Ist-Vergütung) und der kumulierten Alterssicherungsbeträge in dem bis dahin abgelaufenen Vergleichszeitraum seit Beginn der Alterssicherung (Soll-Vergütung) berechnet werden. Die Verdienstsicherung mit dem Vergleichszeitraum von zwölf Monaten wird dadurch im Laufe des ersten Jahres nach Beginn der Alterssicherung erreicht. Auch in den nachfolgenden Monaten muss unter Einbeziehung der jeweiligen Vormonate der Vergleichszeitraum von zwölf Monaten zugrunde gelegt werden und nicht etwa ein neuer Vergleichszeitraum von zwölf Monaten aufgebaut werden.
II. Die Ausgleichsansprüche des Klägers auf die Verdienstsicherung sind bis einschließlich Oktober 1998 verfallen. Dem Kläger steht auch kein darauf bezogener Schadensersatzanspruch zu.
1. Nach § 18.1.2 MTV NW/NB sind Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sie nicht Zuschläge aller Art betreffen, innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen. Dazu zählt auch der Anspruch auf Zahlung der tariflichen Verdienstsicherung iSd. § 6 MTV NW/NB. Hierbei handelt es sich um fortlaufend entstehende und zu erfüllende Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass ein Anspruch auf Gewährung der tariflichen Verdienstsicherung nach Art und Inhalt nicht mit einem Versorgungsanspruch aus der betrieblichen Altersversorgung vergleichbar ist, für dessen Stammrecht kein Fälligkeitszeitpunkt besteht und das aus diesem Grund keiner tariflichen Ausschlussfrist unterliegt (ständige Rechtsprechung zB BAG 12. Januar 1974 – 3 AZR 114/73 – AP BGB § 242 Ruhegehalt-VBL Nr. 5 = EzA BAT § 70 Nr. 1). Der Kläger hat erstmals mit Schreiben vom 11. Mai 1999 seine Ansprüche dem Grunde nach angemeldet. Auf eine Bezifferung der Ansprüche hatte die Beklagte im Schreiben vom 19. Mai 1999 verzichtet, wie das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich unbedenklich angenommen hat. Bei diesem Schreiben handelt es sich um eine individuelle Erklärung, deren Auslegung vom Revisionsgericht nur begrenzt daraufhin überprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die Auslegungsgrundsätze verkannt, wesentliche Umstände nicht beachtet oder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat. Solche Rechtsfehler hat die Beklagte nicht dargelegt, sondern nur geltend gemacht, aus welchen Gründen aus ihrer Sicht eine andere Auslegung zutreffend sein soll. Die Geltendmachung im Schreiben vom 11. Mai 1999 entspricht demnach der tariflichen Anforderung. Dementsprechend sind Ansprüche bis einschließlich Oktober 1998 verfallen.
2. Die Berufung der Beklagten auf die Versäumung der Ausschlussfrist ist nicht nach § 242 BGB treuwidrig.
Eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dar, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit durch ein Verhalten der Gegenpartei veranlasst worden ist (BAG 5. Juni 2003 – 6 AZR 249/02 – ZTR 2003, 626, zu II 2c aa der Gründe; 10. Oktober 2002 – 8 AZR 8/02 – AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 158, zu II 2e aa der Gründe; 5. August 1999 – 6 AZR 752/97 – ZTR 2000, 36, zu 2a der Gründe; 8. August 2000 – 9 AZR 418/99 – AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 151 = EzA TVG § 4 Ausschlussfrist Nr. 133, zu I 3 der Gründe; 22. Januar 1997 – 10 AZR 459/96 – AP BAT § 70 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 125, zu II 1 der Gründe). Daran fehlt es. Zwar hat die Beklagte ihrer Verpflichtung aus § 6.7 und § 6.8 MTV NW/NB nicht genügt und weder den Alterssicherungsbetrag festgeschrieben noch den Kläger hierüber unterrichtet. Gleichwohl wäre es dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen, sich über die tariflichen Ansprüche auf Alterssicherung zu informieren und sie konkret geltend zu machen.
3. Hinsichtlich der verfallenen Ansprüche steht dem Kläger kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Auf die Verletzung des Nachweisgesetzes vom 20. Juli 1995 (NachwG) durch den fehlenden Hinweis der Beklagten auf die Verfallfrist kann sich der Kläger zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil das Arbeitsverhältnis bereits zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes bestanden hat und der Kläger nicht vorgetragen hat, dass er ein Verlangen gem. § 4 NachwG gestellt hat. Auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. §§ 6.7 und 6.8 MTV NW/NB oder aus positiver Vertragsverletzung sind nicht schlüssig dargetan. Das Vorbringen des Klägers lässt schon ein rechtserhebliches Verschulden der Beklagten nicht erkennen.
III. Hinsichtlich der Entscheidung über die nicht verfallenen Ausgleichsansprüche für die Zeit von November 1998 bis Mai 1999 ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Das Landesarbeitsgericht wird darüber ausgehend von dem Referenzzeitraum für die Berechnung des Alterssicherungsbetrages vom 1. Dezember 1991 bis zum 30. November 1994 und einem Vergleichszeitraum von zwölf Monaten für die Berechnung der Ausgleichszahlungen sowie unter Einbeziehung der Ausgleichszahlungen in den laufenden Verdienst des Vergleichszeitraums zu entscheiden haben, nachdem es den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zum Einkommen des Klägers in den danach maßgeblichen Zeiträumen gegeben hat. Die vom Kläger vorgetragenen Daten zu seinem Einkommen bilden keine ausreichende Grundlage für eine abschließende Entscheidung, weil er nicht nur von einem anderen Beginn der Alterssicherung, sondern auch einem anderen Referenzzeitraum und Vergleichszeitraum ausgegangen ist und die Beklagte zT abweichende Berechnungen vorgetragen hat.
Unterschriften
Schmidt, Bott, Wolter, Rupprecht, Ohnesorg
Fundstellen