Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfernung von Schreiben aus der Personalakte
Normenkette
BGB § 611; GG Art. 2 Abs. 1; ZPO § 554 Abs. 1-2, 3 Nrn. 1, 3; ArbGG § 74 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 1988 – 10 Sa 1679/87 – wird hinsichtlich des Entschuldigungs- und Schmerzensgeldanspruches als unzulässig verworfen.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger verlangt die Entfernung einzelner Schriftstücke aus seiner Personalakte sowie eine Entschuldigung der Beklagten und Schmerzensgeld.
Der Kläger war zunächst bei der Beklagten ab 15. Dezember 1965 als Werkschutzmann im Stammwerk H. beschäftigt. Im Anstellungsvertrag vom 8. Dezember 1965 ist auf die maßgebenden Tarifvorschriften Bezug genommen. Im Jahr 1971 lehnte die Beklagte ein Gesuch des Klägers ab, ihn vom Werkschutz in die Werksfahndung zu versetzen. In der Folgezeit kam es zu Auseinandersetzungen der Parteien, in deren Verlauf der Kläger seinem damaligen Dienstvorgesetzten H. unter anderem vorwarf, sein – des Klägers – Originalbewerbungsschreiben vom 15. Dezember 1964 durch vorsätzliche Urkundenbeseitigung unberechtigt aus der Personalakte entfernt zu haben. In der seinerzeit geführten Personalakte des Klägers befanden sich zuletzt unter anderem eine Abschrift des Bewerbungsschreibens des Klägers und eine Meldung des Vorgesetzten H. vom 26. Januar 1972, in der es unter anderem heißt:
„Im Verlauf des Gesprächs habe ich erneut den Eindruck gewonnen, daß Herr M. ein streitlustiger und geradezu besessener Querulant ist”
sowie eine polizeiliche Aussage des Vorgesetzten H. vom Frühjahr 1972, die auszugsweise lautet:
„Herr M. hinterließ bei seiner Vorstellung einen guten Eindruck. Obwohl ich wußte, daß ich Bewerbungen nicht annehmen durfte, habe ich Herrn M. empfohlen, sich bei mir zu bewerben. In der Zwischenzeit wurde mir bekannt, daß M. ausgesprochen unverträglich sei und mit allerlei Leuten, auch seines Heimatortes in heftigem Streit läge. Auch von Bekannten der Polizei erhielt ich Auskünfte, die mir nicht gefielen.”
Daneben befand sich in den Personalakten eine für den Leiter der Personalabteilung, Herrn Direktor S., bestimmte Notiz vom Juli 1972, die unter anderem wie folgt lautet:
„Ich lege größten Wert darauf, festzustellen, daß M. weder im Werkschutz noch Werksfahndung in allen Werken des Konzerns keinem Betriebsführer zumutbar ist, zusätzlich zur Last der betrieblichen Aufgaben nicht noch die ständigen und mir krankhaft erscheinenden Streitereien mit Herrn M. und seinen Problemen zu verkraften…”
Mit Schreiben vom 23. Februar 1972 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis zum 31. März 1972. Am 22. August 1972 erhob er Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit seiner eigenen Kündigung. Dieser Rechtsstreit endete durch eine außergerichtliche Vereinbarung vom 9. Oktober 1972, wonach der Kläger gegen Zahlung einer Abfindung seine Klage zurücknahm. Abschließend heißt es:
„Damit sind alle Ansprüche – gleichgültig ob bekannt oder unbekannt und aus welchem Rechtsgrund – abgegolten.”
Im Jahre 1980 wurden die das 1972 beendete Arbeitsverhältnis betreffenden Personalakten des Klägers im Original vernichtet und auf Mikrofilm aufgenommen archiviert.
Mit Schreiben vom 17. Dezember 1976 bewarb sich der Kläger erneut um eine Einstellung bei der Beklagten. In einer internen Mitteilung an Direktor S. vom 29. Dezember 1976 befürwortete der Betriebsrat eine Wiedereinstellung des Klägers. Das Schreiben des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden B. hat u. a. folgenden Wortlaut:
„Es mußte nach seinem (des Klägers) Ausscheiden bei H. erst Zeit vergehen, um beurteilen zu können, wie seine Kurzschlußhandlung vor seinem Ausscheiden zu werten ist. Heute können wir gestützt auf sichere Informationen und nach persönlichem Eindruck versichern, daß Herr M. auf Dauer ein zurückhaltender, williger Mitarbeiter sein wird. Die damalige Situation war durch einen politischen Irrweg und große familiäre Schwierigkeiten überschattet. Aus beiden hat Herr M. viel gelernt, so daß ein unkontrolliertes Verhalten seinerseits auszuschließen ist.”
Daraufhin stellte die Beklagte den Kläger mit Wirkung vom 4. April 1977 als gewerblichen Arbeitnehmer im Werk G. ein, wo er zunächst im Versand und seit 1980 bei der Werkspost tätig war. Das erwähnte Schreiben des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden B. nahm die Beklagte zur Personalakte des Klägers.
Nach Ablehnung eines Versetzungsgesuchs vom 2. Dezember 1981 kam es zu Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien. In diesem Zusammenhang nahm der Kläger am 9. September 1982 Einsicht in die auf Mikrofilm aufgenommenen Unterlagen und erhielt erstmalig Kenntnis von der Meldung und der polizeilichen Aussage des Herrn H. sowie von der Notiz des Abteilungsleiters D. vom Juli 1972. Bei weiteren Personalakteneinsichtnahmen vom 29. März 1983 und vom 6. April 1983 im Werk G. erfuhr der Kläger vom Schreiben des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden B. vom 29. Dezember 1976.
Die Beklagte hat am 31. März 1987 beim Landeswohlfahrtsverband Hessen die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers beantragt. Während des Zustimmungsverfahrens wurde der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Bescheid des Versorgungsamtes Frankfurt am. Main vom 23. Juli 1987 von 40 auf 50 % heraufgesetzt.
Nachdem der. Landeswohlfahrtsverband mit Schreiben vom 1. Oktober 1987 seine Zustimmung zur vorgesehenen Kündigung des Klägers erteilt hatte, einigten sich die Parteien über das Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis. Dazu heißt es in dem vom Kläger mitunterzeichneten Schreiben der Beklagten vom 7. Oktober 1987 auszugsweise wie folgt:
„…das Arbeitsverhältnis endet, im gegenseitigen Einvernehmen am 31. Januar 1988. Im Anschluß daran treten Sie in den Vorruhestand. Sie erhalten monatlich ein nach dem Tarifvertrag über Vorruhestand und Altersteilzeitarbeit berechnetes Vorruhestandsgeld. Nach der Berechnung, die Ihnen bereits ausgehändigt worden ist, beträgt das Vorruhestandsgeld monatlich DM 2.446,– brutto…
Es besteht Übereinstimmung darüber, daß mit Wirksamwerden dieser Vereinbarung alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen.”
Der Kläger verlangt mit seiner am 15. Dezember 1986 zugestellten Klage in diesem Rechtsstreit die Entfernung bei Akteneinsicht festgestellter Schreiben aus seiner Personalakte sowie eine Entschuldigung der Beklagten und die Zahlung eines Schmerzensgeldes.
Der Kläger meint, die Beklagte sei verpflichtet, die im Klageantrag genannten Schriftstücke aus der Personalakte zu entfernen. Aufgrund dieses Belastungsmaterials sei seine Wiedereinstellung in den Werkschutz gescheitert. Aus den unrichtigen Werturteilen über seine Person in seinen Personalakten hätten seine Vorgesetzten eine mangelnde Loyalität gegenüber dem Unternehmen hergeleitet, was ihn bei seinem beruflichen Fortkommen ersichtlich behindert habe. Es sei anerkannt, daß die Treue- und Fürsorgepflichten aus dem Arbeitsverhältnis auch nach dessen Beendigung und zwar auch im Vorruhestandsverhältnis fortbestünden.
Die Abgeltungsklausel vom 9. Oktober 1972 könne sich nicht auf diese ihm erst später bekanntgewordenen Vorgänge beziehen. Außerdem könne er auf Ansprüche aus der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts nicht rechtswirksam verzichten.
Die Beklagte sei verpflichtet, sich ihm gegenüber in der Werkszeitung zu entschuldigen, da diese Vorgänge in weiten Teilen des Konzerns bekannt seien. Auch sei die Beklagte wegen der Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte zur Schmerzensgeldzahlung von mindestens 50.000,– DM verpflichtet.
Der Kläger hat beantragt:
I. die Beklagte zu verurteilen, aus der Personalakte des Klägers folgende Schriftstücke zu entfernen:
1) die Abschrift des Bewerbungsschreibens des Klägers vom 15. Dezember 1964,
2) die Meldung des Herrn H. vom 26. Januar 1972,
3) die polizeiliche Aussage des Herrn H. vom Frühjahr 1972,
4) die Notiz des Direktors D. für Herrn S. vom Juli 1972,
5) das Schreiben des Herrn B. an Herrn S. vom 29. Dezember 1976,
II. die Beklagte zu verurteilen, sich beim Kläger für die ohne Rücksprache mit diesem erfolgte Aufnahme der in dem Antrag Ziff. I) Nr. 1–5 genannten Schriftstücke in die Personalakte und deren Verwertung gegenüber dem Kläger persönlich und innerbetrieblich zumindest durch Veröffentlichung in der Werkszeitung zu entschuldigen,
III. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen, Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu die Auffassung vertreten, die im Klageantrag zu Ziff. I) unter Nr. 1–4 bezeichneten Schriftstücke seien nicht Bestandteil der Personalakte des Klägers. Die Entfernung dieser Schreiben könne der Kläger schon wegen der Abgeltungsklausel vom 9. Oktober 1972 nicht verlangen. Außerdem seien die Ansprüche verwirkt. Desweiteren handele es sich um interne Aktenvorgänge. Das berufliche Fortkommen des. Klägers könne dadurch nach seinem Ausscheiden nicht mehr beeinträchtigt werden.
Ein Anspruch auf Entfernung des in der Klageschrift unter Ziff. I) Nr. 5 bezeichneten Schreibens scheide aus, weil die neu angelegte Personalakte insoweit richtig und vollständig sei.
Schließlich fehle nach Abschluß der Vorruhestandsvereinbarung vom 7. Oktober 1987 dem Klagebegehren das Rechtsschutzbedürfnis.
Für die mit dem zweiten Klageantrag begehrte Entschuldigung fehle es an einer Anspruchsgrundlage. Der Klageantrag zu III) setze eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung voraus, die der Beklagten nicht vorzuwerfen sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist hinsichtlich der Klageanträge auf Entschuldigung (Antrag II) und Zahlung eines Schmerzensgeldes (Antrag III) als unzulässig zu verwerfen; im übrigen (Antrag I) ist sie als unbegründet zurückzuweisen.
I. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Versagung des Entschuldigungs- und des Schmerzensgeldanspruches richtet, denn der Kläger hat sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend begründet (§ 554 Abs. 1, 2 und 3 ZPO, § 74 Abs. 1 ArbGG). Er hat das vorinstanzliche Urteil in vollem Umfange angegriffen, denn er wendet sich gegen die Zurückweisung aller drei Klageanträge.
1. Werden von der Revision mehrere Ansprüche bekämpft, so muß die Revisionsbegründung sich auf alle diese Ansprüche erstrecken (BAGE 2, 58, 59 = AP Nr. 2 zu § 554 ZPO und AP Nr. 1 zu § 32 AOG Tarifordnung, 6, 280, 284 = AP Nr. 17 zu § 64 ArbGG 1953; 15, 45, 48 = AP Nr. 103 zu § 3 TOA; Senatsurteil vom 9. Februar 1977 – 5 AZR 2/76 – AP Nr. 83 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht) und sich mit der Begründung des angefochtenen Urteils im einzelnen auseinandersetzen (BAG Urteil vom 4. September 1975 – 3 AZR 230/75 – AP: Nr. 15 zu § 554 ZPO).
Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründungsschrift des Klägers nur hinsichtlich des Anspruchs auf Entfernung bestimmter Schriftstücke aus der Personalakte. Im übrigen setzt sich die Revision nicht mit den tragenden Erwägungen des Landesarbeitsgerichts auseinander. Zum Verlangen auf Entschuldigung (Antrag II) findet sich auf Seite 2 der Revisionsbegründungsschrift nur eine Bezugnahme auf die Rechtsausführungen erster und zweiter Instanz. Zur Schmerzensgeldforderung (Antrag III) wird die Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht angeregt, weil erst nach einer Beweisaufnahme beurteilt werden könne, ob ein Schmerzensgeldanspruch wegen schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzung gerechtfertigt sei.
2. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu II) wegen unzureichender Bestimmtheit im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sowie wegen Fehlens einer Anspruchsgrundlage und den Antrag zu III) deswegen zurückgewiesen, weil es an einem schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers fehle. In der Sache setzt sich die Revision nicht mit der rechtlichen Würdigung des Landesarbeitsgerichts auseinander. Der Kläger bezieht sich insoweit nur auf seine vorinstanzlichen Schriftsätze. Das ist keine zulässige Revisionsbegründung im Sinne des § 554 Abs. 3 Nr. 3 ZPO (BAG Urteil vom 4. September 1975 – 3 AZR 230/75 – AP Nr. 15 zu § 554 ZPO). Das gilt ebenso für die Schmerzensgeldforderung (Antrag zu III). Das angefochtene Urteil hat sich in diesem Zusammenhang damit auseinandergesetzt, ob ein schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt. Die Revision hat dagegen nur angeführt, nach Zurückverweisung müßte durch Beweisaufnahme geklärt werden, ob ein schwerer Eingriff vorliege. Damit setzt sie sich jedoch nicht mit der rechtlichen Würdigung des Landesarbeitsgerichts auseinander, sondern empfiehlt nur eine neue Verhandlung darüber. Das reicht für die Begründung einer Revision nicht aus.
II. Die Revision ist nicht begründet, soweit der Kläger die Entfernung bestimmter Schriftstücke aus seiner Personalakte verlangt.
1. Das Landesarbeitsgericht hat in der Begründung des angefochtenen Urteils zunächst hinsichtlich der auf Mikrofilm gespeicherten Akten (Schriftstücke 1–4 aus dem Klageantrag zu I) und dem im Original zu den Personalakten des Klägers genommenen Schreiben des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden B. unterschieden und angenommen, daß dem Kläger kein Anspruch auf Entfernung der im Klageantrag unter Ziff. I) Nr. 1–4 genannten, auf Mikrofilm archivierten Schreiben zustehe, da diese nicht Bestandteil der Personalakten des letzten Arbeitsverhältnisses seien, weil sie sich inhaltlich nur auf das erste Arbeitsverhältnis bezögen und in keinem inneren Zusammenhang zum zweiten Arbeitsverhältnis stünden. Auch sei fraglich, ob den erwähnten Schreiben überhaupt beeinträchtigender Charakter zukomme. Darüber hinaus sei die Beklagte zur sachgemäßen Wahrnehmung ihrer prozessualen Interessen auf den vollständigen Inhalt ihrer Personalakte über das erste Arbeitsverhältnis dringend angewiesen, da seitens des Klägers auch künftig mit der Einleitung und Durchführung von Rechtsstreitigkeiten zu rechnen sei, weshalb dem Kläger auch kein Beseitigungsanspruch zustehe, soweit die Schreiben auf wahre Sachdarstellung beruhten.
Schließlich seien die Ansprüche auf Entfernung der das erste Arbeitsverhältnis betreffenden Schriftstücke wegen der einzelvertraglichen Abgeltungsklausel in der Vereinbarung vom 9. Oktober 1972 sowie in der Vereinbarung vom 7. Oktober 1987 ausgeschlossen.
Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Entfernung des im Klageantrag unter Ziff. I) Nr. 5 benannten Schreibens mit der Begründung abgelehnt, daß die Beklagte dieses Schreiben, welches Grundlage der Begründung des zweiten Arbeitsverhältnisses gewesen sei, nicht anders aufbewahren könne als in der Personalakte. Darüber hinaus sei ein Anspruch des Klägers verwirkt, weil er erst mehr als drei Jahre nach Kenntnis des Schriftstücks dessen Entfernung verlangt habe.
2. Die Revision beanstandet die Auslegung der Abgeltungsklauseln und meint, wegen der besonderen Bedeutung des Persönlichkeitsrechts könne es nicht dem Willen der Vertragsparteien entsprechen, durch eine allgemeine Ausgleichsklausel auf solche Ansprüche zu verzichten, die auf den Grundwerten der Art. 1 und 2 GG beruhten. Selbst wenn die Parteien das gewollt hätten, sei es ihnen verwehrt, solche Ansprüche vereinbarungsgemäß auszuschließen, die auf Eingriffe in das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht entstanden sind.
3. Diese Ausführungen der Revision vermögen an den Feststellungen und an der rechtlichen Würdigung der Vorinstanz nichts zu ändern.
a.) Die Auslegung der Abgeltungsklauseln zu Ziffer 3) der Vereinbarung vom 9. Oktober 1972 und in der Vorruhestandsregelung vom 7. Oktober 1987 durch das Berufungsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Auslegung einzelvertraglicher Vereinbarungen kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht gegen die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB, gegen Gesetze der Logik oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat (BAGE 3, 116, 119 = AP Nr. 5 zu § 550 ZPO; BAGE 4, 360, 365 = AP Nr. 15 zu § 242 BGB Ruhegehalt; BAGE 11, 278, 280 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung).
b) Die vorgenannten Abgeltungsklauseln mögen in ähnlicher Form auch in anderen Vertragsgestaltungen der Beklagten Verwendung finden, sie werden dadurch allein aber noch nicht zu sogenannten typischen Klauseln, die vom Revisionsgericht frei ausgelegt werden können. Aus den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Begleitumständen ergibt sich vielmehr, daß die Abgeltungsvereinbarung vom 9. Oktober 1972 i. Verb. mit einer Abfindungsregelung nach einem längeren Rechtsstreit abgeschlossen worden ist. Ebenso war es mit der Abgeltungsvereinbarung in der Vorruhestandsregelung vom 7. Oktober 1987, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vom Kläger ursprünglich abgelehnt worden ist und über die man sich nach weiteren Verhandlungen erst geeinigt hat.
c) Das Landesarbeitsgericht hat die vorstehenden Vereinbarungen zutreffend dahin ausgelegt, daß der Kläger damit auf seine Ansprüche auf Entfernung bestimmter Schriftstücke, wenn er darauf ein Recht gehabt haben sollte, vereinbarungsgemäß verzichtet hat. Nach der Verkehrsauffassung im Arbeitsleben beziehen sich Ausgleichsquittungen regelmäßig auf Ansprüche, über welche die Parteien vorher gestritten haben, ferner auf solche, an die die Parteien nicht gedacht haben oder die für die Zukunft jedenfalls erledigt sein sollen (BAG Urteil vom 9. November 1973 – 3 AZR 66/73 – AP Nr. 163 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu I 2 der Gründe). Eine Ausnahme hat der Senat (Urteil vom 16. September 1974 – 5 AZR 255/74 – AP Nr. 9 zu § 630 BGB) für einen Zeugnisanspruch gemacht und dazu ausgeführt, daß wegen der besonderen Bedeutung des Zeugnisses für das weitere berufliche Fortkommen nicht angenommen werden könne, daß der Arbeitnehmer in einer allgemein gefaßten Erklärung eher beiläufig auf den Anspruch verzichte. Mit einer ähnlichen Begründung hat das Bundesarbeitsgericht Ruhegeldansprüche vom Geltungsbereich einer allgemeinen Ausgleichsklausel ausgenommen (BAG Urteil vom 9. November 1973 – 3 AZR 66/73 – AP Nr. 163 zu § 242 BGB Ruhegehalt).
Diese Ausnahmeregelungen treffen auf den Streitfall nicht zu. Die Abgeltungsklausel in der Vereinbarung vom 9. Oktober 1972 erfaßt ausdrücklich „alle Ansprüche, gleichgültig ob bekannt oder unbekannt und aus welchem Rechtsgrund”. Dieser Wortlaut ist so umfassend, daß er die im Klageantrag zu Nr. 1–4 genannten Schriftstücke einschließt, selbst wenn der Kläger erst später davon Kenntnis bekommen haben sollte. Im übrigen unterliegen auch alle mit der Klage geltend gemachten Beseitigungsansprüche der Abgeltungsklausel in der Vorruhestandsregelung vom 7. Oktober 1987, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat. In diesem Zeitraum waren dem Kläger die von ihm beanstandeten Schriftstücke bekannt. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend bei seiner Auslegung nach § 157 BGB auch die Begleitumstände mitgewürdigt, die zum Zustandekommen der Abgeltungsvereinbarungen geführt haben und die von der Revision, nicht mit zulässigen Verfahrensrügen (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO) angegriffen worden sind. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 561 ZPO gebunden.
Danach hat der Kläger – auch nach Kenntnis der Schriftstücke, die Gegenstand der Klage sind – weitere Rechtsstreitigkeiten geführt. Im Zusammenhang mit der in Aussicht genommenen Vorruhestandsregelungen hat der Kläger es anfänglich abgelehnt, die später in die Vorruhestandsregelung vom 7. Oktober 1987 aufgenommene Abgeltungsvereinbarung anzunehmen, weil er im Zusammenhang damit nicht auf eine weitere Durchführung des vorliegenden Rechtsstreits sowie künftiger Prozesse gegen die Beklagte oder deren Mitarbeiter verzichten wollte. Als die Beklagte erneut Ende August 1987 die Vorruhestandsregelung angeboten hatte, ohne auf einen solchen Verzicht des Klägers zu bestehen, lehnte er das Angebot aus verschiedenen Gründen ab. Anschließend kam es dann zu dem Bescheid des Landeswohlfahrtsverbandes vom 1. Oktober 1987, mit welchem er der beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte nach den Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes ausdrücklich zustimmte. Wenige Tage nach Zugang dieses Bescheides kam es sodann überraschend zum Abschluß der Vorruhestandsregelung einschließlich der darin enthaltenen Abgeltungsklausel, wonach alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit Wirksamwerden der Vereinbarung erlöschen sollten. Diese Umstände lassen nur den Schluß zu, daß die Parteien mit der Abgeltungsvereinbarung erreichen wollten, daß künftig keine weiteren Rechtsstreitigkeiten zwischen ihnen geführt werden sollten.
d) Entgegen der Auffassung der Revision können von einer solchen einzelvertraglichen Abgeltungsklausel auch Ansprüche erfaßt werden, die auf einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers zurückgehen. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Urteil vom 2. Juli 1974 – VI ZR 121/73 – NJW 1974, 1947) anerkannt, daß in Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht eingewilligt werden kann mit der Folge, daß keine Ersatzansprüche bestehen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 6. Juni 1984 (BAGE 46, 98, 104 = AP Nr. 7 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht) ebenfalls dargelegt, daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht einschließe, darüber zu bestimmen, ob der Arbeitgeber die im Bewerbungsverfahren erfragten persönlichen Daten aufbewahren darf oder ob deren Vernichtung verlangt werden kann. Danach ist es nicht ausgeschlossen, im Einzelfall nachträglich auf die Geltendmachung bestimmter Verletzungen des Persönlichkeitsrechts zu verzichten, denn das Persönlichkeitsrecht selbst bleibt dadurch im Kern unangetastet erhalten.
Unterschriften
Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Olderog, Dr. Koffka, Blank-Abel
Fundstellen