Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung des Arbeitsverhältnisses mit Lehrer
Leitsatz (redaktionell)
Befristung des Arbeitsverhältnisses mit einem Lehrer; Frage, ob das Arbeitsverhältnis aus Vertretungsgründen (hier: mittelbare Einzelvertretung) oder aus haushaltsrechtlichen Gründen befristet worden ist.
Normenkette
BGB §§ 620, 133, 157; BeschFG 1985 Art. 1 § 1 Abs. 1 Sätze 1, 1 Nr. 1 Buchst. a, c; Sonderregelungen 2y zum BAT § 1 Abs. 1 Nr. 2; Sonderregelungen 2y zum BAT § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 19.08.1988; Aktenzeichen 5 Sa 46/88) |
ArbG Detmold (Urteil vom 03.12.1987; Aktenzeichen 3 Ca 701/87) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 19. August 1988 – 5 Sa 46/88 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der im Jahre 1955 geborene Kläger besitzt seit September 1982 die Lehrbefähigung für das Lehramt der Sekundarstufe I mit den Fächern Deutsch und Geschichte. Er ist aufgrund von fünf hintereinander gereihten Verträgen in der Zeit vom 22. August 1984 bis zum 14. Februar 1986 an der Realschule in H, ab 15. Februar 1986 bis zum 23. Juli 1986 an der -Realschule in M als angestellter Lehrer mit voller Pflichtstundenzahl von 27 wöchentlich zu leistenden Unterrichtsstunden gegen ein Gehalt von zuletzt ca. 3.200,– DM brutto beschäftigt worden.
Aufgrund eines weiteren Vertrages vom 5. November 1986 ist der Kläger für die Zeit vom 5. November 1986 bis zum 1. Juli 1987 an der Realschule K erneut befristet eingestellt worden. Der Vertrag lautet wie folgt:
„ARBEITSVERTRAG
Zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen vertreten durch den Regierungspräsidenten in D und
Herrn Norbert F, 8.1.1955 – A –,
wird folgender Arbeitsvertrag geschlossen:
Einstellung als Lehrer im Angestelltenverhältnis Aushilfsangestellter in der Tätigkeit eines Lehrers für die Sekundarstufe I, Beginn des Arbeitsverhältnisses am 5.11.1986, Dauer des Arbeitsverhältnisses: befristet bis zum 1.7.1987, Dienststelle Realschule K, Vergütungsgruppe IV a BAT, Zulage in Höhe des jeweiligen Unterschiedsbetrages der Grundvergütung v. Verg.-Gruppe IV a BAT zur Verg.-Gruppe III BAT. Die Zulage zur Grundvergütung ist jederzeit widerruflich. Pflichtstundenzahl: 27 Wochenstunden, teilzeitbeschäftigt mit 20 Wochenstunden Während der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen zum Monatsschluß. Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder.
Nebenabreden Auf das Dienstverhältnis finden der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und dessen Sonderregelungen nach Anlage 2 l (SR 2 l BAT) und Anlage 2 y (SR 2 y BAT) Anwendung. Bei einer Teilbeschäftigung mit mehr als der Hälfte der für die Lehrkraft maßgebenden Pflichtstunden entspricht die Vergütung dem Anteil der nach diesem Vertrag zu erteilenden Unterrichtsstunden an der Pflichtstundenzahl.”
Zwischen den Parteien ist unstreitig (vgl. Sitzungsprotokoll vom 19. August 1988), daß der Arbeitsvertrag vom 5. November 1986 auf der Rückseite den folgenden Zusatz hat:
„Die Einstellung erfolgt für die Dauer des Erziehungsurlaubs der Frau M .”
Die Lehrerin Frau M von der Realschule B – befand sich bis zum 1. Juli 1987 im Erziehungsurlaub. Sie unterrichtete in den Fächern Englisch und Evangelische Religion.
Die Realschule in K hatte der Lehrer Me am 1. Februar 1986 verlassen und war zur Jugenddorf -Realschule in Versmold übergewechselt. Im November 1986 hat die an der Realschule K tätige Lehrerin A ihren Erziehungsurlaub angetreten.
Der Kläger hat die Befristung des letzten Vertrages mangels eines sachlichen Grundes für unwirksam gehalten. Insbesondere liege kein Vertretungsfall vor. Grund für die Einstellung sei ein Unterrichtsbedarf in den Fächern Deutsch und Geschichte an der Realschule in K gewesen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 1. Juli 1987 hinaus unbefristet fortbesteht.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat behauptet, an der Realschule K hätten keine Lehrkräfte für die Fächer Politik und Sozialwissenschaft zur Verfügung gestanden. Deshalb hätten die Geschichts- und Erdkundelehrer diese Aufgabe mitübernehmen müssen. Dies sei aber nur teilweise möglich gewesen, weil sonst andere Fächer hätten ausfallen müssen, insbesondere Englisch und Evangelische Religion. Der Kläger sei schwerpunktmäßig in Deutsch und Geschichte, aber auch in Sozialwissenschaften, Erdkunde und Politik eingesetzt worden. Hieraus ergebe sich, daß die Befristung als Sonderfall einer Vertretung wirksam gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils; das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht, denn es bedarf noch tatsächlicher Feststellungen, welche tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses die Parteien bei Abschluß des Arbeitsvertrages vom 5. November 1986 vereinbart haben (Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. c der SR 2y BAT).
I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht nur den zuletzt zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 5. November 1986 einer Befristungskontrolle unterworfen.
1. Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Senats (BAGE 49, 73, 79, 80; 50, 298, 307; 51, 319, 323, 324 = AP Nr. 97, 100 und 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG Urteil vom 21. Januar 1987 – 7 AZR 265/85 – AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule) ist bei mehreren aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages auf ihre sachliche Rechtfertigung hin zu prüfen; ob die vorangegangenen Verträge wirksam befristet waren, ist grundsätzlich unerheblich. Durch den vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll. Des neuen Arbeitsvertrages hätte es nicht bedurft, wenn die Befristung des vorangegangen Vertrages unwirksam gewesen wäre, sich die Parteien deshalb bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befunden hätten und sie dieses aufrechterhalten wollten. Ein unbefristetes und ein befristetes Arbeitsverhältnis mit sonst gleichem Inhalt können nicht nebeneinander bestehen; beide schließen sich gegenseitig aus. Deshalb liegt in dem vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages zugleich notwendig die Auflösung eines früheren unbefristeten Arbeitsverhältnisses.
Will der Arbeitnehmer dieses Ergebnis vermeiden und sich seine Rechte aus einer etwaigen Unwirksamkeit der Befristung des vorangegangenen Vertrages sichern, so muß er mit dem Arbeitgeber einen entsprechenden Vorbehalt dergestalt vereinbaren, daß der neue befristete Vertrag nur gelten soll, wenn die Parteien nicht schon aufgrund des vorangegangenen Vertrages in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen.
2. Im vorliegenden Fall haben die Parteien den Arbeitsvertrag vom 5. November 1986 ohne eine solche Rechtsbedingung, die eine Prüfung der Befristung des vorangegangenen Arbeitsvertrages vom 16. Juni 1986 ermöglicht hätte, abgeschlossen. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgrund des Verlängerungsvertrages vom 16. Juni 1986 und ein befristetes Arbeitsverhältnis aufgrund des Arbeitsvertrages vom 5. November 1986 mit sonst gleichem Inhalt können nicht nebeneinander bestehen; beide schließen sich gegenseitig aus. Deshalb liegt in dem vorbehaltlosen Abschluß des Arbeitsvertrages vom 5. November 1986 zugleich notwendig die Auflösung eines möglicherweise aufgrund des Verlängerungsvertrages vom 16. Juni 1986 zustande gekommenen unbefristeten Arbeitsverhältnisses.
II. Die gesetzliche Befristungsregelung des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 BeschFG 1985 findet im Streitfall keine Anwendung.
Die Unanwendbarkeit des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 BeschFG 1985 ergibt sich bereits daraus, daß es sich bei dem Abschluß des letzten Arbeitsvertrages vom 5. November 1986 nicht um eine „Neueinstellung” i.S. der gesetzlichen Befristungsregelung handelt (vgl. zum Begriff der Neueinstellung das zur Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom 27. April 1988 – 7 AZR 593/87 –, unter I 1 b der Gründe; BAG Urteil vom 10. Juni 1988 – 7 AZR 7/88 –, unter III 1 der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt). Der Kläger war aufgrund des vorletzten Vertrages vom 16. Juni 1986 bis zum 23. Juli 1986 bei dem beklagten Land beschäftigt. Zwischen dem im vorletzten Vertrag vereinbarten Vertragsende (23. Juli 1986) und dem im letzten Vertrag vom 5. November 1986 vereinbarten Vertragsbeginn (5. November 1986) liegt ein Zeitraum von weniger als vier Monaten, so daß der nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 3 BeschFG 1985 die Annahme einer Neueinstellung ausschließende enge sachliche Zusammenhang zu bejahen ist.
III. Im Streitfall bedurfte es sowohl aus Gründen des staatlichen Rechts (grundlegend BAGE GS 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) als auch aus tarifrechtlichen Gründen (Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. c SR 2y BAT) eines sachlichen Grundes zur Wirksamkeit der mit dem Kläger im Arbeitsvertrag vom 5. November 1986 vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 1. Juli 1987.
1. Aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 5. November 1986 enthaltenen Bezugnahme auf den BAT und dessen „Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte” (SR 2y BAT) kann sich das beklagte Land zur sachlichen Rechtfertigung der Befristung des Arbeitsverhältnisses entweder auf haushaltsrechtliche Gründe oder auf das Vorliegen eines Vertretungsfalles berufen. Welcher der beiden Befristungsgründe in Betracht kommt, hängt davon ab, welche tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses die Parteien bei Abschluß des Arbeitsvertrages vom 5. November 1986 vereinbart haben. Dies kann der Senat nicht selbst entscheiden, da die Regelungen im Arbeitsvertrag nicht eindeutig auf eine der in Betracht kommenden tarifvertraglichen Grundformen des befristeten Arbeitsverhältnisses (Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. c SR 2y BAT) hindeuten und es daher einer Feststellung der maßgeblichen Begleitumstände bei Vertragsabschluß bedarf (§§ 133, 157 BGB).
a) Nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangesteller, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Nach Abs. 2 dieser Tarifvorschrift sind für jede der drei Befristungs-Grundformen bestimmte weitere Angaben im Arbeitsvertrag vorgeschrieben. Diese notwendigen Vertragsbestandteile unterliegen gemäß § 4 Abs. 1 BAT lediglich einem deklaratorischen Schriftformerfordernis. Denn die Vereinbarung einer Befristung stellt einschließlich der nach Nr. 2 SR 2y BAT erforderlichen Angaben keine Nebenabrede im Sinne von § 4 Abs. 2 BAT dar (Senatsurteil vom 15. März 1989 – 7 AZR 264/88 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt).
Aus Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT folgt lediglich, daß bei Vertragsabschluß die Grundform der Befristung entsprechend Nr. 1 SR 2y BAT festgelegt werden muß. Die Vereinbarung muß auch die nach Nr. 2 Abs. 2 SR 2y BAT erforderlichen Angaben zu den einzelnen Grundformen der Befristung umfassen. Es reicht jedoch ein entsprechender übereinstimmender Wille der Vertragsparteien aus. Eine schriftliche Festlegung der nach Nr. 2 SR 2y BAT erforderlichen Angaben ist nicht zwingend erforderlich; sie kann jedoch von jeder Partei gefordert werden, um einem Streit über die vereinbarte Grundform der Befristung vorzubeugen. Mißverständliche oder rechtlich unzutreffende Formulierungen oder Angaben im schriftlichen Arbeitsvertrag sind unbeachtlich, wenn zwischen den Parteien bei Vertragsabschluß Einigkeit über die maßgeblichen Tatsachen bestand, die als Befristungsgrund in Betracht kommen sollten.
b) Im Arbeitsvertrag vom 5. November 1986 wird der Kläger als „Aushilfsangestellter” bezeichnet. Der Befristungsgrund wird wie folgt bezeichnet:
„Die Einstellung erfolgt für die Dauer des Erziehungsurlaubs der Frau M .”
In dieser Formulierung kommt der Befristungsgrund nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck. Die personelle Anknüpfung an den Erziehungsurlaub der Lehrkraft M kann sowohl auf haushaltsrechtliche als auch auf vertretungsrechtliche Gründe hinweisen. Gegen das Abstellen auf haushaltsrechtliche Erwägungen könnte der Umstand sprechen, daß der Kläger im Arbeitsvertrag vom 5. November 1986 als „Aushilfsangestellter” bezeichnet wird. Es ist aber nicht auszuschließen, daß die Angabe im Arbeitsvertrag auf einer rechtlichen Fehlbeurteilung der Parteien über die im Streitfall maßgebliche tarifvertragliche Befristungs-Grundform beruht. Da die Bezeichnung des Befristungsgrundes weder eindeutig auf haushaltsrechtliche Erwägungen noch auf Vertretungsgründe hindeutet, bedarf es der Feststellung, über welchen Befristungsgrund sich die Parteien bei Vertragsabschluß geeinigt haben. Zur Ermittlung des beiderseitigen Parteiwillens bedarf es noch tatsächlicher Feststellungen hinsichtlich der maßgeblichen Begleitumstände bei Abschluß des Arbeitsvertrages vom 5. November 1986. Hierzu gehört insbesondere die Feststellung, ob und gegebenenfalls welche mündlichen Erklärungen die Parteien bei Abschluß des Arbeitsvertrages vom 5. November 1986 bezüglich des Befristungsgrundes abgegeben haben und welche für die Befristung maßgeblichen Umstände dem Kläger aufgrund seiner seitherigen Tätigkeit als Lehrer im Dienste des beklagten Landes bekannt waren. Erst wenn nach Aufklärung der rechtlich erheblichen Begleitumstände durch Auslegung ermittelt worden ist, über welchen Befristungstatbestand sich die Parteien bei Abschluß des Arbeitsvertrages einig gewesen sind, kann eine Zuordnung zu der mit dem Befristungsgrund korrespondierenden tarifvertraglichen Grundform des befristeten Arbeitsvertrages erfolgen.
2. Sollte das Landesarbeitsgericht nach Aufklärung der für die Auslegung des Arbeitsvertrages vom 5. November 1986 rechtlich bedeutsamen Begleitumstände zum Ergebnis kommen, daß die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, daß der Kläger wegen der infolge des Erziehungsurlaubs der Lehrerin M vorübergehend frei gewordenen Haushaltsmittel für die Zeit vom 5. November 1986 bis zum 1. Juli 1987 eingestellt worden ist, so rechtfertigt sich die mit dem Kläger vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses aus haushaltsrechtlichen Gründen.
Der Haushaltsgesetzgeber des beklagten Landes hat durch die Regelungen in § 7 Abs. 4 Satz 1 Haushaltsgesetz NW 1986 (GV NW S. 156) und in § 7 Abs. 4 Satz 1 Haushaltsgesetz NW 1987 (GV NW 1986, 754) es der Schulverwaltung gestattet, „Planstellen oder Stellen für Zeiträume, in denen den Stelleninhabern vorübergehend keine Dienstbezüge zu gewähren sind, für die Beschäftigung von Aushilfskräften” in Anspruch zu nehmen. Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 Haushaltsgesetz NW 1986 sowie nach § 7 Abs. 4 Satz 2 Haushaltsgesetz NW 1987 „gilt dies auch für die Dauer des Erziehungsurlaubs”.
Diese von den Gerichten zu respektierende haushaltsrechtliche Entscheidung bedeutet, daß zusätzlicher, nicht durch die vorhandenen und einsetzbaren planmäßigen Lehrkräfte abzudeckender Unterrichtsbedarf nur befriedigt werden sollte, wenn und soweit hierfür Mittel aus Lehrerplanstellen zu Verfügung stehen, deren Inhaber Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen (§ 7 Abs. 4 Satz 2 Haushaltsgesetz NW 1986 und § 7 Abs. 4 Satz 2 Haushaltsgesetz NW 1987). Der Umstand, daß die infolge von Erziehungsurlaub eines Planstelleninhabers frei werdenden Haushaltsmittel jeweils nur befristet für die Dauer des im Einzelfall bewilligten Erziehungsurlaubs zur Verfügung stehen, kann es sachlich rechtfertigen, von der Begründung eines Dauerarbeitsverhältnisses mit den aus solchen nur vorübergehend verfügbaren Mitteln zu vergütenden Lehrkräften abzusehen und mit ihnen lediglich ein Arbeitsverhältnis auf Zeit zu begründen (vgl. Senatsurteile vom 13. September 1989 – 7 AZR 608/88 –, zu IV 2 a der Gründe und vom 8. Februar 1989 – 7 AZR 304/88 –, zu III 2 a der Gründe, beide unveröffentlicht).
3. Sollte das Landesarbeitsgericht dagegen zu dem Ergebnis gelangen, daß die Parteien sich bei Vertragsabschluß (5. November 1986) darüber einig gewesen sind, daß der Kläger aus Vertretungsgründen für die Zeit vom 5. November 1986 bis zum 1. Juli 1987 beschäftigt werden sollte, kann das beklagte Land die im Arbeitsvertrag vom 5. November 1986 vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses nur auf Tatbestände stützen, die mit der tarifvertraglichen Grundform eines befristeten Aushilfsarbeitsverhältnisses i. S. der Nr. 1 Buchst. c SR 2y BAT im Einklang stehen. Haushaltsrechtliche Erwägungen scheiden damit aus. Dagegen kommen Vertretungsgründe zur sachlichen Rechtfertigung der Befristung in Betracht.
a) Ob im Streitfall der Kläger für einen infolge des erziehungsurlaubsbedingten Ausfalls der Lehrkraft M entstandenen Vertretungsbedarf aufgrund des Arbeitsvertrages vom 5. November 1986 erneut befristet eingestellt worden ist, vermag der Senat mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend zu beurteilen.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die vereinbarte Befristung sei aus Vertretungsgründen sachlich gerechtfertigt, und hat dies wie folgt begründet:
Die Befristung eines Arbeitsvertrages wegen der aushilfsweisen Anstellung einer Lehrkraft zur Vertretung eines auf Zeit ausgefallenen Mitarbeiters sei sachlich gerechtfertigt, ohne daß es darauf ankäme, aus welchen Gründen ein Mitarbeiter vorübergehend ausfalle. Die Wirksamkeit der Befristung scheitere nicht daran, daß der Kläger nicht die durch die Beurlaubung der in der Vertragsklausel genannten Lehrerin ausgefallenen Stunden übernommen habe. Eine tätigkeitsbezogene Kongruenz zwischen den Aufgaben des vertretenen Lehrers und des Vertreters sei nicht erforderlich. Um einen von allen Angriffsmöglichkeiten zweifelsfreien Vertretungsfall zu schaffen, hätte das Land für die Dauer der Beurlaubung die in der Klausel des letzten Vertrages genannte Lehrerin an die -Realschule in M versetzen und für die gleiche Zeit den Kläger dort als Vertreter einsetzen können.
Ein solches höchst formales Entscheidungsverhalten wäre aber als im Ergebnis sinnloser Verwaltungsaufwand nicht geeignet, für eine bessere Transparenz für den Einsatz eines Aushilfsangestellten gemäß den nach Nr. 1 Buchst. c der SR 2y BAT maßgeblichen Entscheidungsschritten zu sorgen oder den Schutz einer derartigen Aushilfsangestellten zu verbessern. Es müsse letztlich dem Arbeitgeber überlassen bleiben, betriebsintern die Arbeitsaufgaben umzuverteilen.
bb) Diese Ausführungen halten einer revisionsgerichtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der Senat hat bereits in dem Urteil vom 8. Mai 1985 (BAGE 49, 73, 77 = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 2 b der Gründe) entschieden, daß für die Anerkennung eines Vertretungsfalles als Befristungsgrund nur erforderlich ist, daß durch den zeitweiligen Ausfall eines Mitarbeiters ein als vorübergehend anzusehender Bedarf an der Beschäftigung eines Arbeitnehmers entsteht und daß dieser Arbeitnehmer gerade wegen dieses Bedarfs eingestellt wird. Unerheblich ist, ob und ggf. in welcher Weise der Arbeitgeber anläßlich dieser Einstellung eine Umverteilung der Aufgaben vornimmt.
Zwischen dem zeitweiligen Ausfall von Stamm-Arbeitnehmern und dem befristet eingestellten Aushilfsarbeitnehmer muß ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Die Vertretungskraft muß zwar nicht unbedingt dieselben Aufgaben verrichten, wie sie der ausgefallene Arbeitnehmer verrichtet hatte. Es ist vielmehr ausreichend, wenn bei Vertragsabschluß vorgesehen war, der Vertretungskraft Aufgaben zu übertragen, die auch vom Vertretenen vertraglich geschuldet waren. Erforderlich ist jedoch auch dies nicht (vgl. BAG Urteil vom 8. Mai 1985, aaO). Der zeitweilige Ausfall eines Mitarbeiters und die dadurch bedingte Einstellung einer Ersatzkraft können eine Umorganisation dergestalt erfordern, daß ein völlig neuer Arbeitsplan erstellt wird, in dem die Aufgaben des zeitweilig ausgefallenen Mitarbeiters einem anderen Mitarbeiter übertragen werden, dessen bisherige Aufgaben nunmehr von einer Vertretungskraft wahrgenommen werden müssen. Stets aber muß zwischen dem zeitweiligen Ausfall eines Mitarbeiters und dem dadurch hervorgerufenen Vertretungsbedarf einerseits und der befristeten Einstellung der Vertretungskraft andererseits ein Kausalzusammenhang bestehen.
b) Im Streitfall reichen die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht aus, um beurteilen zu können, ob durch den erziehungsurlaubsbedingten Ausfall der Lehrkraft Meyer zu Kniendorf, die vor ihrer Beurlaubung an einer anderen Schule als der Kläger unterrichtete, ein Vertretungsbedarf entstanden und dieser Vertretungsbedarf die Ursache für die Einstellung des Klägers gewesen ist, ob also der von dem Kläger abgedeckte Unterrichtsbedarf an der Realschule K mit vorhandenen Lehrkräften des beklagten Landes hätte befriedigt werden können, wenn die Lehrkraft M nicht aus mutterschaftsbedingten Gründen ausgefallen wäre. Insoweit bedarf es noch weiterer Sachaufklärung, sofern sich ergeben sollte, daß sich die Parteien bei Abschluß des Arbeitsvertrages vom 5. November 1986 über die einen Vertretungstatbestand betreffenden maßgeblichen Tatsachen einig gewesen sind.
Für diesen Fall wird das Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren dem beklagten Land Gelegenheit geben müssen, den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Ausfall der Lehrkraft M und der befristeten Einstellung des Klägers im einzelnen darzutun. Wegen der fehlenden Fächerkongruenz sowie wegen des Einsatzes an verschiedenen Realschulen des beklagten Landes scheidet eine unmittelbare Einzelvertretung aus. Es könnte aber eine mittelbare Einzelvertretung in Betracht kommen. Hierzu bedürfte es allerdings der Feststellung, daß der Kläger gerade wegen eines ursächlich auf den Ausfall der Lehrkraft M zurückgehenden Vertretungsbedarfs befristet eingestellt worden ist. Zu dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen dem mutterschaftsbedingten Ausfall der Lehrerin Meyer zu Kniendorf und der befristeten Einstellung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht bislang noch nicht die notwendigen Tatsachenfeststellungen getroffen.
Sollte sich in dem erneuten Berufungsverfahren ergeben, daß zum Zeitpunkt des letzten Arbeitsvertrages an der Realschule K – unabhängig von dem mutterschaftsbedingten Ausfall der Lehrerin M ein Unterrichtsbedarf in den von dem Kläger unterrichteten Fächern (Deutsch und Geschichte) bestand, wäre die im Arbeitsvertrag vom 5. November 1986 vereinbarte Befristung mangels Vorliegens eines Kausalzusammenhangs auch nicht unter dem Aspekt einer mittelbaren Einzelvertretung sachlich gerechtfertigt.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Dr. Steckhan, Dr. Becker, Dr. Johannsen, Bea
Fundstellen