Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung von Lehrern. Bewährungsaufstieg
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache zur Entscheidung vom 15. November 1995 – 4 AZR 489/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen
Normenkette
BAT §§ 22, 23 Lehrer
Verfahrensgang
LAG Bremen (Urteil vom 15.12.1993; Aktenzeichen 2 Sa 175/93) |
ArbG Bremen (Urteil vom 25.11.1992; Aktenzeichen 9 Ca 9204/92) |
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 15. Dezember 1993 – 2 Sa 175/93 – aufgehoben.
2. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 25. November 1992 – 9 Ca 9204/92 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin, die als Lehrerin an einem Schulzentrum tätig ist.
Die Klägerin verfügt über die Befähigung zum Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Die Erste und die Zweite Staatsprüfung legte sie 1976 bzw. 1981 in Niedersachsen ab. Seit dem 17. August 1981 ist sie bei dem beklagten Land tätig. Von 1981 bis 1984 unterrichtete sie an der Gesamtschule W. in den Klassen 5 bis 7 sowie in einer Vorbereitungsklasse Sekundarstufe I. Seit 1984 ist sie in dem Schulzentrum S. überwiegend in den Klassen 7 bis 10 tätig.
Unter § 2 des Arbeitsvertrages vom 18. August 1981 haben die Parteien folgendes festgelegt:
„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen mit der Maßgabe, daß für die Eingruppierung die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Einreihung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte vom 18. Mai 1971 und die diese ergänzenden oder ändernden Fassungen gelten.”
Unter Anwendung des Abschnitts A der Richtlinien (Lehrkräfte an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, bei denen die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt sind), zahlt das beklagte Land der Klägerin, wie im Arbeitsvertrag festgelegt, die Vergütung der VergGr. III BAT. Mit Schreiben vom 29. Januar 1991 forderte die Klägerin das beklagte Land erfolglos auf, ihr aufgrund Bewährungsaufstiegs die Vergütung der VergGr. II a BAT zu zahlen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aus Gründen der Gleichbehandlung mit Lehrern, auf die der Abschnitt B der Richtlinien anwendbar sei (Sonstige Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis an allgemeinbildenden und an berufsbildenden Schulen), habe sie einen Anspruch auf Vergütung der VergGr. II a BAT. Die Eingruppierung solcher Lehrkräfte richte sich, sofern sie an integrierten Gesamtschulen überwiegend in den Klassen 7 bis 10 eingesetzt seien, nach den Regelungen für Lehrkräfte an Realschulen. Ein Realschullehrer werde nach sechsjähriger Bewährung nach der VergGr. II a BAT vergütet. Dem stehe nicht entgegen, daß die Senatskommission für das Personalwesen in einer Anmerkung zu den Eingruppierungsregelungen für Realschullehrer diese für nicht anwendbar erklärt und auf die Regelungen für Lehrkräfte an Grund- und Hauptschulen verwiesen habe. Diese Anmerkung finde auf ihr Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da im Arbeitsvertrag nicht auf die „Bremer Fassung” der Richtlinien verwiesen worden sei. Unerheblich sei auch, daß sie nicht an einer integrierten Gesamtschule, sondern an einem Schulzentrum unterrichte. Da Schulzentren in den TdL-Richtlinien nicht erwähnt seien, müsse die nächstliegende Eingruppierungsmöglichkeit herangezogen werden, nämlich die Regelung für Lehrkräfte an integrierten Gesamtschulen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an sie rückwirkend ab 1. August 1990 eine Vergütung nach der VergGr. II a BAT zu zahlen und die jeweils fällig werdenden monatlichen Nettodifferenzbeträge zur Vergütung nach der VergGr. III BAT ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit 4 % zu verzinsen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Auffassung vertreten, die Merkmale der Richtlinien für Realschullehrer fänden in Bremen keine Anwendung. Somit sei die Klägerin nicht schlechtergestellt als die Lehrkräfte des Abschnitts B der Richtlinien. Im übrigen könne ein Schulzentrum nicht ohne weiteres mit einer integrierten Gesamtschule gleichgesetzt werden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des beklagten Landes hat der Senat durch Beschluß vom 15. Juni 1994 – 4 AZN 290/94 – die Revision zugelassen, mit der das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Vergütung aus der VergGr. II a BAT. Dabei bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob ein Schulzentrum in Bremen vergütungsrechtlich mit einer integrierten Gesamtschule gleichzusetzen ist. Denn ein Anspruch auf die Vergütung nach der VergGr. II a BAT besteht auch dann nicht, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, die unter Abschnitt B der Richtlinien fallenden Lehrkräfte an einem Schulzentrum seien wie die Lehrkräfte an einer integrierten Gesamtschule einzugruppieren.
I. Die Klage ist zulässig.
Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (z.B. Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Der Feststellungsantrag ist auch insoweit zulässig als er Zinsforderungen zum Gegenstand hat (z.B. Senatsurteil vom 9. Februar 1983 – 4 AZR 267/80 – BAGE 41, 358 = AP Nr. 1 zu § 21 MTL II).
II. Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Vergütung aus der VergGr. II a BAT ergibt sich weder aus den in den Arbeitsvertrag einbezogenen Lehrer-Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) noch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
1. Der Klägerin steht nach den Lehrer-Richtlinien der TdL in der für das Land Bremen gültigen Fassung lediglich die Vergütung nach der VergGr. III BAT zu.
a) Obwohl im Arbeitsvertrag Vergütung nach der VergGr. III BAT vereinbart ist, richtet sich der Vergütungsanspruch der Klägerin nicht von vornherein nur nach dieser Vergütungsgruppe. Die Klägerin kann vielmehr die Vergütung entsprechend den Tätigkeitsmerkmalen der für das Arbeitsverhältnis gültigen TdL-Richtlinien verlangen, die sie ausfüllt. Die Klägerin, auf deren Lehrerarbeitsverhältnis nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Vergütungsordnung zum BAT keine Anwendung findet, hat mit dem beklagten Land die Geltung der TdL-Richtlinien vom 18. Mai 1971 und die diese ergänzenden oder ändernden Fassungen vereinbart. Diese dynamische Verweisung auf die TdL-Richtlinien ist dahin auszulegen, daß der Lehrkraft nicht nur die im Arbeitsvertrag vorgesehene, sondern auch eine höhere Eingruppierung zustehen soll, sofern sie die in den Eingruppierungsrichtlinien genannten Voraussetzungen hierfür erfüllt (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 1985 – 4 AZR 304/83 – AP Nr. 13 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer und vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 498/92 – AP Nr. 32 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Mit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung haben die Parteien aber entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Geltung der für alle Länder der Bundesrepublik gültigen Fassung, sondern die im Lande Bremen gültige Fassung in Bezug genommen.
b) Bei der formularmäßigen Verweisung in § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien auf die TdL-Richtlinien vom 18. Mai 1971 und die ergänzenden oder ändernden Fassungen handelt es sich um eine typische Vertragsklausel, die vom Revisionsgericht selbständig und unbeschränkt ausgelegt werden kann, wenn der festgestellte Sachverhalt dies ermöglicht. Das ist insbesondere dann zu bejahen, wenn es um die Auslegung von Urkunden geht und besondere Umstände des Einzelfalles, die der Auslegung eine bestimmte Richtung geben könnten, nicht in Frage stehen (BAGE 6, 321, 345 = AP Nr. 2 zu § 1 TVG Friedenspflicht; Senatsurteil vom 7. Dezember 1977 – 4 AZR 474/76 – AP Nr. 9 zu § 4 TVG Nachwirkung; BAG Urteil vom 16. Oktober 1991 – 5 AZR 35/91 – AP Nr. 1 zu § 19 BErzGG, zu II der Gründe).
Hiernach ist die Auslegung von § 2 des Arbeitsvertrages durch das Revisionsgericht eröffnet. Die Klägerin hat sich für ihr Auslegungsergebnis allein auf den Wortlaut der in das Arbeitsvertragsformular aufgenommenen Bestimmung berufen. Auslegungserhebliche Umstände des Einzelfalles sind nicht ersichtlich.
c) Bei verständiger Würdigung kann § 2 des Arbeitsvertrages nur so ausgelegt werden, daß hiernach die TdL-Richtlinien so gelten sollen, wie sie vom beklagten Land bekanntgemacht worden sind, also einschließlich der Anmerkung der Senatskommission für das Personalwesen zur Nichtanwendung des Unterabschnitts II (vgl. unten zu 3 c).
Mit dem Arbeitsvertragsformular wurde die Klägerin vom Land Bremen für eine Bremer Schule eingestellt. Danach mußte sie die Verweisung auf die TdL-Richtlinien und die ergänzenden oder ändernden Fassungen so verstehen, daß die Richtlinien in der – ergänzten – Fassung angewendet werden sollen, wie sie das Land Bremen nach seinen Verlautbarungen im Amtsblatt für sich gelten lassen will (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 498/92 – AP Nr. 32 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Hieran hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung fest.
Das Landesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, es gebe keine bestimmte Verkehrssitte bezüglich der länderspezifischen Eingruppierung der Lehrer, weil diese Regelungen zu komplex und länderspezifische Besonderheiten zu speziell seien, als daß sie einem größeren Kreis bekannt seien. Dabei sei zu beachten, daß es sehr unterschiedliche Lehrerausbildungen und Schulformen in den Bundesländern gebe. Gerade wenn dem so ist, kann ein Lehrer, der im und mit dem Land Bremen einen Arbeitsvertrag schließt, aber nur davon ausgehen, er unterstelle sich dem in diesem Land geltenden Lehrerrecht. Ob er sich dabei über Einzelheiten von dessen Ausgestaltung Vorstellungen macht, ist rechtlich unerheblich.
Das beklagte Land ist auch rechtlich nicht gehindert, die TdL-Richtlinien entsprechend den eigenen Bedürfnissen abzuändern.
Im Verhältnis zur Tarifgemeinschaft war das Land berechtigt, von den Richtlinien abzuweichen. Im Verhältnis zu den angestellten Lehrern an seinen Schulen ist das beklagte Land frei, ob es die Eingruppierungsrichtlinien überhaupt zugrunde legen, ein eigenes Besoldungssystem entwickeln oder lediglich einzelne Vereinbarungen zur Vergütungshöhe treffen will. Es handelt sich bei den TdL-Richtlinien lediglich um einseitige Empfehlungen einer Tarifvertragspartei an ihre Mitglieder ohne Normwirkung. Für sich genommen haben die TdL-Richtlinien keine arbeitsrechtliche Bedeutung (Senatsurteil vom 13. Februar 1985 – 4 AZR 304/83 – AP Nr. 13 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Ebenso wie das beklagte Land die TdL-Richtlinien insgesamt nicht hätte zugrunde legen müssen, war es auch berechtigt, bestimmte Tätigkeitsmerkmale dieser Richtlinien für unanwendbar zu erklären, wenn es dies aufgrund seiner besonderen Schulsituation für angemessen hielt. Es hat insoweit ein weites Verwaltungsermessen, in das die Arbeitsgerichte nicht eingreifen können. Diese sind insbesondere nicht befugt, die Entscheidung des beklagten Landes daraufhin zu überprüfen, ob sie sachlich geboten war (Senatsurteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 498/92 – AP, a.a.O.). Deren Aufgabe ist allein die Auslegung der für das beklagte Land gültigen Richtlinien, nicht aber deren Ergänzung oder Veränderung aufgrund bildungspolitischer Erwägungen.
2. Für den streitgegenständlichen Zeitraum sind daher zunächst die Lehrerrichtlinien der TdL in der Fassung vom 1. Juli 1983, zuletzt geändert am 21. Juni 1989 zum 1. Juli 1989 (veröffentlicht im Brem.ABl. 1989 S. 641) maßgeblich, die, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, den folgenden Wortlaut haben:
„…
A. Lehrkräfte an allgemeinbildenden und an berufsbildenden Schulen, bei denen die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt sind.
1. Die Lehrkräfte können in die Vergütungsgruppen des BAT eingruppiert werden, die nach Maßgabe der nachstehenden Übersicht den Besoldungsgruppen entsprechen, denen die vergleichbaren beamteten Lehrkräfte angehören.
Besoldungsgruppe |
Vergütungsgruppe |
A 7 |
VI b |
A 8 |
V c |
A 9 |
V b |
A 10 |
IV b |
A 11 und A 11 a |
IV a |
A 12 und A 12 a |
III |
A 13 und A 13 a |
II a |
A 14 und A 14 a |
I b |
A 15 |
I a |
A 16 |
I |
…
5. Lehrkräfte an integrierten Gesamtschulen sowie an Orientierungsstufen (Erprobungs-, Förder- oder Beobachtungsstufen) werden entsprechend ihrer Lehrbefähigung vergütet.
B. Sonstige Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis an allgemeinbildenden und an berufsbildenden Schulen
Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis, die nicht unter Abschnitt A fallen, können in die Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT wie folgt eingruppiert werden:
…”
Diese Bestimmungen sind auch in der Neufassung der Lehrer-Richtlinien der TdL vom 1. Februar 1992 (veröffentlicht im Brem.ABl. 1992 S. 313) unverändert übernommen worden. Die bisher unter A 5 niedergelegte Regelung befindet sich nunmehr unter A 6.
Die Klägerin ist als Lehrkraft an einer allgemeinbildenden Schule tätig und erfüllt die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis. Aufgrund ihrer Lehrbefähigung zum Lehramt an Grund- und Hauptschulen wäre die Klägerin als Beamtin der Besoldungsgruppe A 12 a zuzuordnen. Dieser Besoldungsgruppe entspricht die VergGr. III BAT. Insoweit besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.
3. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Vergütung aus der VergGr. II a BAT folgt auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
a) Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen im Arbeitsverhältnis auszuschließen und schlechterzustellen. Dieser Grundsatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden läßt (vgl. z.B. Senatsurteile vom 4. Mai 1988 – 4 AZR 811/87 – AP Nr. 144 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 394/92 – AP Nr. 171 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Die Klägerin ist jedoch vergütungsrechtlich nicht schlechtergestellt als solche Lehrkräfte, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erfüllen (sogenannte Nichterfüller). Diese Lehrkräfte haben, sofern sie ebenso wie die Klägerin überwiegend in Klassen 7 bis 10 unterrichten, keinen Anspruch darauf, nach sechsjähriger Bewährungszeit aus der VergGr. II a BAT vergütet zu werden.
Die Lehrerrichtlinien der TdL in der Fassung vom 1. Juli 1983, zuletzt geändert am 21. Juni 1989 zum 1. Juli 1989 (a.a.O.), sehen für die Eingruppierung der sonstigen Lehrkräfte (Nichterfüller) folgende Regelungen vor:
„…
B. Sonstige Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis an allgemeinbildenden und an berufsbildenden Schulen
Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis, die nicht unter Abschnitt A fallen, können in die Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT wie folgt eingruppiert werden:
I. Lehrkräfte an Grund- und Hauptschulen
|
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Vergütungsgruppe |
1. |
Lehrer in der Tätigkeit von Lehrern an Grund- oder Hauptschulen |
|
|
mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, |
|
|
die aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen, |
IV a |
|
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe |
III |
|
… |
|
II. Lehrkräfte an Realschulen
1. |
Lehrer in der Tätigkeit von Realschullehrern |
|
|
mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, |
|
|
die aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen, |
III |
|
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe |
II a |
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(Dieses Merkmal gilt nicht für Diplom-Dolmetscher und Diplom-Übersetzer.) |
|
…
Anmerkung der Senatskommission für das Personalwesen zu Unterabschnitt II:
Die Merkmale dieses Abschnitts, die auch bereits in den vor 1971 bestandenen TdL-Richtlinien enthalten waren, werden – entsprechend der auf Vorschlag des Senators für Bildung im Jahre 1958 getroffenen Regelung – in Bremen aufgrund der bestehenden besonderen Schulverhältnisse nicht angewendet. Die Eingruppierung dieser Lehrkräfte richtet sich nach den im Abschnitt B Unterabschn. I – Lehrkräfte an Grund- und Hauptschulen – aufgeführten Merkmalen.
…
VI. Lehrkräfte an integrierten Gesamtschulen sowie an verselbständigten Orientierungsstufen (Erprobungs-, Förder- oder Beobachtungsstufen)
- Lehrkräfte, die überwiegend in den Klassen (Jahrgangsstufen) 11 bis 13 unterrichten, werden wie die entsprechenden Lehrkräfte an Gymnasien eingruppiert.
- Lehrkräfte, die überwiegend in den Klassen (Jahrgangsstufen) 7 bis 10 unterrichten, werden wie die entsprechenden Lehrkräfte an Realschulen eingruppiert.
- Lehrkräfte, die überwiegend in den Klassen (Jahrgangsstufen) 5 und 6 unterrichten, werden wie die entsprechenden Lehrkräfte an Hauptschulen eingruppiert.
…”
Diese Eingruppierungsregelungen finden sich auch unverändert in der Neufassung der Lehrerrichtlinien der TdL vom 1. Februar 1992 (a.a.O.).
b) Lehrkräfte, die unter Abschnitt B fallen und die an einer integrierten Gesamtschule überwiegend in den Klassen 7 bis 10 unterrichten, sind nach den TdL-Richtlinien in der Bremer Fassung nicht wie Realschullehrer, sondern wie Lehrer an Grund- oder Hauptschulen zu vergüten.
Zwar werden Lehrkräfte an Gesamtschulen, die überwiegend in den Klassen 7 bis 10 unterrichten, nach Abschnitt B VI 2 der TdL-Richtlinien wie die entsprechenden Lehrkräfte an Realschulen eingruppiert. Derartige Eingruppierungsregelungen sieht jedoch die in Bremen geltende Fassung der TdL-Richtlinien nicht vor, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Anmerkung zu Unterabschnitt II ergibt. Danach finden die Regelungen für Lehrkräfte an Realschulen in Bremen keine Anwendung. Wegen der Eingruppierung dieser Lehrkräfte wird auf Abschnitt B Unterabschnitt I – Lehrkräfte an Grund- und Hauptschulen – weiter verwiesen. Diese Anmerkung der Senatskommission für das Personalwesen gilt nicht nur für Lehrkräfte an Realschulen, sondern auch für Lehrkräfte an Gesamtschulen. Nach der Anmerkung der Senatskommission sind die Merkmale des Unterabschnitts II generell nicht anwendbar, und zwar ohne Einschränkung, ob es sich um Lehrkräfte an Realschulen oder an Gesamtschulen handelt. Nach Abschnitt B VI 2 der TdL-Richtlinien sollen Lehrkräfte an Gesamtschulen in den Klassen 7 bis 10 wie Lehrkräfte an Realschulen behandelt werden. Diese aber werden wie Lehrkräfte an Grund- und Hauptschulen eingruppiert. Aufgrund der doppelten Verweisung gelten somit die Merkmale für Lehrkräfte an Grund- und Hauptschulen auch für Lehrkräfte an Gesamtschulen in den Klassen 7 bis 10. Andernfalls würden Lehrkräfte an Gesamtschulen höher eingruppiert werden als Lehrkräfte an Realschulen. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte.
Soweit damit die Veröffentlichung der Tätigkeitsmerkmale für Lehrkräfte an Realschulen im Unterabschnitt II überflüssig erscheint, erklärt sich dies daraus, daß die TdL-Richtlinien zunächst länderübergreifend erstellt werden. Das beklagte Land hat lediglich darauf verzichtet, nach der landesrechtlichen Umsetzung überflüssig gewordene Textabschnitte der TdL-Richtlinien zu streichen. Schlußfolgerungen für die Eingruppierung von Gesamtschullehrern ergeben sich daraus nicht.
c) Ohne Erfolg bleibt demgegenüber – wie oben bereits ausgeführt – der Einwand der Klägerin, in ihrem Arbeitsvertrag seien nicht die TdL-Richtlinien in der Bremer Fassung in Bezug genommen worden, so daß die Anmerkung der Senatskommission für sie nicht gelte. Selbst wenn man entgegen der Senatsrechtsprechung (Urteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 498/92 – AP Nr. 32 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer) zu einem, solchen Auslegungsergebnis käme, ergäben sich hieraus noch keine Anhaltspunkte für die Eingruppierung der zum Vergleich herangezogenen Nichterfüller. Bei der zur Feststellung einer Ungleichbehandlung notwendigen Bestimmung der Vergleichsgruppe ist von der Bremer Fassung der TdL-Richtlinien auszugehen. Eine davon abweichende Eingruppierungspraxis ist nicht erkennbar.
d) Die von dem beklagten Land getroffene Regelung, Lehrkräfte an Gesamtschulen der Sekundarstufe I (7. bis 10. Klasse) wie Lehrkräfte an Grund- und Hauptschulen zu vergüten, verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Ein Verstoß gegen das Verbot, Ungleiches gleich zu behandeln, kommt dann in Betracht, wenn zwei Gruppen von Arbeitnehmern gleich vergütet werden, obwohl bezogen auf die physischen und psychischen Belastungen, die geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten, die Verantwortung usw. erhebliche Unterschiede bestehen. Die Unterschiede müssen von solcher Art und solchem Gewicht sein, daß eine gleichartige Behandlung nicht mehr zu rechtfertigen ist. Die zum Vergleich gestellten Arbeitsplätze sind in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten.
Weder aus dem klägerischen Vorbringen noch aus dem bremischen Schulgesetz ergeben sich Umstände, die eine Ungleichbehandlung von Lehrkräften an Grund- und Hauptschulen einerseits und Lehrkräften an Gesamtschulen (7. bis 10. Klasse) andererseits geboten erscheinen lassen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen Lehrkräfte an Gesamtschulen wesentlich besser qualifiziert sein müssen. Anknüpfungspunkt einer Bewertung könnte beispielsweise das Maß der geforderten Flexibilität sein, die verlangten fachlichen und pädagogischen Fähigkeiten usw. Hierzu fehlt es jedoch an Sachvortrag. Zwar mögen die im Unterricht zu verfolgenden Schwerpunkte an Grund- und Hauptschulen andere sein als an Gesamtschulen; dies läßt jedoch die Tätigkeit an Gesamtschulen nicht zwangsläufig wesentlich höherwertig erscheinen.
Nach dem Bremischen Schulgesetz in der Fassung vom 27. Juli 1990, Brem.GBl. S. 223 (BremSchulG 1990), das für den streitgegenständlichen Zeitraum zunächst maßgeblich ist, sind die Gesamtschulen und Hauptschulen wie folgt organisiert bzw. zu organisieren:
„…
2. Kapitel
Entwicklung des Schulsystems
§ 3
Horizontales Gesamtsystem
Das bremische Schulwesen ist schrittweise zu einem integrierten, in Stufen gegliederten Gesamtsystem zu entwickeln, zu dem der Primarbereich, der Sekundarbereich I und der Sekundarbereich II gehören.
…
§ 5
Sekundarbereich I
(1) Der Sekundarbereich I schließt an den Primarbereich an und umfaßt für alle Schüler sechs Jahrgangsstufen. Der Unterricht dient einer wissenschaftsorientierten Grundbildung. Die beiden ersten Jahrgangsstufen werden zur Orientierungsstufe zusammengefaßt.
(2) Der Unterricht in den Jahrgangs stufen 7 bis 10 berücksichtigt, aufbauend auf der Orientierungsstufe, die Neigungen und Lernfähigkeiten des einzelnen Schülers durch eine zunehmende Differenzierung. Am Ende des Sekundarbereichs I steht ein Abschluß mit unterschiedlichen Profilen, der unterschiedliche Bildungsgänge im Sekundarbereich II eröffnet.
…
§ 7
Schrittweise Entwicklung
(2) Im Sekundarbereich I werden, an die Orientierungsstufe anschließend, die Hauptschule und die Realschule sowie die Jahrgangsstufen 7 bis 10 des Gymnasiums zusammengefaßt und sind zu integrieren.
…
§ 10
Gesamtschulen
Gesamtschulen sind Schulen des Sekundarbereichs I. Sie entsprechen in ihrer Struktur und in pädagogischen, didaktischen und organisatorischen Elementen bereits der im § 3 genannten Zielvorstellung.
3. Kapitel
Die bestehende Gliederung
§ 11
Allgemeines
(1) Bis zur Einführung einzelner Stufen des im § 3 dargestellten Gesamtsystems können bestehen bleiben:
1. als gemeinbildende Schulen die Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien und Sonderschulen;
…
§ 12 b
(1) Die Gesamtschule umfaßt in einem sechsjährigen Bildungsgang die Orientierungsstufe und die Jahrgangsstufen 7 bis 10 des Sekundarbereichs I. Der Unterricht in diesen Jahrgangsstufen dient einer für alle Schüler gemeinsamen Grundbildung und berücksichtigt die Neigungen und die Lernfähigkeit des einzelnen Schülers durch zunehmende Differenzierung.
(2) Die grundsätzlich in Klassenverbänden zusammengefaßten Schüler nehmen in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 in bestimmten Fächern an Kursen mit unterschiedlichen Leistungsanforderungen teil. Sie erwerben entsprechend dem jeweiligen Leistungsprofil einen Abschluß, der dem Abschlußzeugnis der Hauptschule, der Realschule oder dem Versetzungszeugnis am Ende der 10. Jahrgangs stufe des Gymnasiums gleichgestellt wird.
…
§ 13
Hauptschule, Realschule, Gymnasium
(1) An die Orientierungsstufe außerhalb der Gesamtschulen schließen an:
1. Die Hauptschule mit einem vierjährigen Bildungsgang. In einer jahrgangsübergreifenden Klasse können Schüler ohne Hauptschulabschluß in ihrem zehnten oder in einem späteren Schulbesuchsjahr in besonderer Weise auch auf eine Berufsausbildung vorbereitet werden, wobei Teile der beruflichen Grundbildung bereits in die Inhalte des Unterrichts einfließen können. Diese Klasse kann zusammen mit einer sich anschließenden Grundstufe der Berufsfachschule einen einheitlichen Bildungsgang bilden;
…
(2) Der Unterricht in diesen Schulen dient der Gewinnung und systematischen Erweiterung von Einsichten und Fertigkeiten, die zu überlegtem Verhalten in persönlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Situationen befähigen.
…”
Diese Bestimmungen legen zwar die den verschiedenen Schulen zugewiesenen Aufgabenbereich fest; sie ermöglichen es jedoch nicht, die Tätigkeiten der dort eingesetzten Lehrkräfte zu bewerten. Der Unterricht in der Gesamtschule dient einer für alle Schüler gemeinsamen Grundbildung. Die Neigungen und Lernfähigkeit der einzelnen Schüler sind durch zunehmende Differenzierung zu berücksichtigen (§ 12 b Abs. 1 BremSchulG 1990). Der Unterricht in der Hauptschule dient der Gewinnung und der systematischen Erweiterung von Einsichten und Fertigkeiten, die zu überlegtem Verhalten in persönlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Situationen befähigen (§ 13 Abs. 2 BremSchulG 1990). Diese Unterschiede allein gebieten jedoch nicht, die Lehrkräfte an den verschiedenen Schulen unterschiedlich zu vergüten.
Auch aus dem Bremischen Schulgesetz in der Fassung vom 20. Dezember 1994, Brem.GBl. S. 327 (BremSchulG 1994), ergeben sich keine Anhaltspunkte, die eine unterschiedliche vergütungsrechtliche Bewertung der zum Vergleich gestellten Tätigkeiten erfordern.
e) Die in den TdL-Richtlinien in der Bremer Fassung für Nichterfüller an Gesamtschulen (Klasse 7 bis 10) getroffene Vergütungsregelung verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht gegen § 315 BGB.
Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, daß für die Vergütung des Arbeitnehmers bestimmte jeweils gültige Richtlinien oder Erlasse maßgeblich sein sollen, wird dadurch dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB eröffnet. Das ist rechtlich unbedenklich zulässig. Die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts durch Änderung oder Ergänzung der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Erlasse oder Richtlinien unterliegt jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einer gerichtlichen Angemessenheits- und Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB (z.B. Senatsurteil vom 18. Mai 1994 – 4 AZR 524/93 – AP Nr. 34 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Was billigem Ermessen entspricht, ist unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und des in vergleichbaren Fällen üblichen festzustellen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 54. Aufl., § 315 Rz 10). Erreicht werden soll eine Austauschgerechtigkeit im Einzelfall (vgl. MünchKomm-Söllner, BGB, 2. Aufl., § 315 Rz 16). Eine Leistungsbestimmung entspricht nicht der Billigkeit, wenn Leistung und Gegenleistung in einem Mißverhältnis zueinander stehen. Das läßt sich dem klägerischen Sachvortrag jedoch nicht entnehmen. Es ist nicht erkennbar, daß die Leistung der Klägerin deutlich höherwertiger als die ihr zugestandene Vergütung ist. Ein Ungleichgewicht zwischen den gestellten Anforderungen, insbesondere den verlangten fachlichen und pädagogischen Fähigkeiten, und der Eingruppierung besteht nicht.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Friedrich, Schneider, Gotsche, Winterholler
Fundstellen