Entscheidungsstichwort (Thema)
Kundenschutzabrede
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 15.12.1987, 3 AZR 476/86.
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 21.10.1986; Aktenzeichen 8 Sa 1044/86) |
ArbG Wesel (Entscheidung vom 05.06.1986; Aktenzeichen 2 Ca 691/86) |
Tatbestand
Die Klägerin ist Inhaberin von Weingütern, Weinkellereien und Weinvertriebsunternehmen. Vom 1. Januar 1974 an war der Beklagte für sie als Außendienstmitarbeiter im Weindirektvertrieb als Weinberater tätig. Sein Verkaufsbezirk umfaßte im wesentlichen die Städte M, K, N, R und einen Teil der Stadt D. In Ziff. 8 des Arbeitsvertrages vom 5. Dezember 1973 heißt es unter der Überschrift "Pflichten nach dem Ausscheiden":
"Der Mitarbeiter wird auch nach Beendigung des
Vertrages die Namen der Kunden, die er durch
seine Tätigkeit bei der Firma erfahren hat, in
keiner Weise für sich oder einen Dritten verwenden.
Der Mitarbeiter wird auch keine Notizen, die
er sich während seiner Tätigkeit über die Bedürfnisse
und Eigenarten der Kunden der Firma
gemacht hat, für sich oder Dritte verwenden. Der
Mitarbeiter hat nach Abschluß des Auftrages den
vollständigen Auftragssatz dem Verkaufsleiter
abzugeben. Zur Provisionskontrolle hat er den
vorgeschriebenen Kontrollbogen zu führen."
Zu Beginn seiner Tätigkeit übergab die Klägerin dem Beklagten eine Kundenkartei, die im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses ergänzt wurde und etwa 1.500 Kunden aus dem Verkaufsbezirk des Beklagten umfaßte. In dieser sind je Kunde rd. 25 Daten vermerkt, und zwar Namen, Anschrift und Telefonnummer, Angaben zum Geburtstag, dem Beruf, familiären Gegebenheiten und dem Weingeschmack. In der Kartei sind die Auftragswerte der Vergangenheit und der zeitliche Rhythmus, in welchem der Kunde Wein bestellt, enthalten. Nach seiner fristgerechten Kündigung zum 31. Dezember 1985 gab der Beklagte der Klägerin die Kartei zurück. Seit Anfang 1986 arbeitete er als Weinberater für das Weingut H in N, einen Wettbewerber der Klägerin. Er schrieb mehrere frühere Kunden an und verkaufte ihnen Wein der Firma H. Da ihm dies in der Vergangenheit im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt worden war, ließ er sich von diesen Kunden Belege unterschreiben, wonach sie keinen Wein mehr bei der Klägerin kaufen wollten. Diese war 1985 beschuldigt worden, Weinen Glykose zugesetzt zu haben.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte müsse schriftliche Aufzeichnungen der Kundenkarteien zurückbehalten haben oder diese vor seinem Ausscheiden systematisch auswendig gelernt und nach seinem Ausscheiden schriftlich aufgezeichnet haben. Dies ergebe sich daraus, daß er die früher betreuten Kunden nun für die Firma H zu werben versuche. Er habe darüber hinaus auch Kunden angesprochen, die er nicht selbst betreut habe, sondern die ihm während einer Vertretung des Verkaufsleiters L bekannt geworden seien. Mit diesem Verhalten verstoße er sowohl gegen Ziff. 8 des Arbeitsvertrages wie auch gegen § 17 Abs. 2 und § 1 UWG. Der Beklagte werbe gezielt in ihrem Kundenstamm für ein Konkurrenzunternehmen, obwohl dieser Kundenstamm zumindest zu 40 % auch nach dem Glykol-Skandal bereit sei, bei ihr zu kaufen. Er spare darüber hinaus dem Wettbewerber Werbeaufwendungen von 110,-- DM pro geworbenem Kunden; dafür erhalte er eine entsprechend höhere Provision. Die Kundenanschriften stellten Geschäftsgeheimnisse dar, die auch ohne Zusage einer Karenzentschädigung zu ihren Gunsten in Ziff. 8 des Arbeitsvertrages geschützt seien. Aus §§ 90 und 90 a HGB ergebe sich, daß der Schutz von Geschäftsgeheimnissen den Vorrang vor der Berufsausübungsfreiheit habe. Dies gelte auch bei Arbeitnehmern. Es gehe bei der Vereinbarung in Ziff. 8 des Arbeitsvertrages nicht einmal um eine Einschränkung der Berufsfreiheit, sondern lediglich um das Verbot, sich ungerechtfertigt Vorteile zu verschaffen. Dies versuche der Beklagte aber, wenn er ihre mit erheblichem Aufwand zusammengetragene Kundenkartei verwerte.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
I. dem Beklagten wird bei Meidung von Ordnungsgeld
bis 500.000,-- DM, ersatzweise
Ordnungsgeld oder Ordnungshaft bis
zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung
untersagt:
a) zwecks Verkaufs von Wein, Schaumwein
und Spirituosen Stammkunden der Klägerin
gezielt zu kontaktieren oder
kontaktieren zu lassen, die ihm im
Rahmen seines Vertragsverhältnisses
mit der Klägerin bekannt geworden
sind und die in den letzten 2 Jahren
vor dem Ausscheiden des Beklagten bei
der Klägerin einen oder mehrere Aufträge
im Gesamtwert von mindestens
250,-- DM getätigt haben und die per
31. Dezember 1985 noch nicht Kunden
der Firma Weingut H, N, waren,
hilfsweise,
zwecks Verkaufs von Wein, Schaumwein und
Spirituosen Stammkunden der Klägerin gezielt
zu kontaktieren oder kontaktieren
zu lassen, die ihm im Rahmen seines Vertragsverhältnisses
mit der Klägerin bekannt
geworden sind und die in den letzten
2 Jahren vor dem Ausscheiden des Beklagten
bei der Klägerin einen oder mehrere
Aufträge im Gesamtwert von mindestens
250,-- DM getätigt haben und die per 31.
Dezember 1985 noch nicht Kunden der Firma
Weingut H, N, waren,
die der Beklagte nicht selbst geworben
hat und/oder
die der Beklagte während der Vertragszeit
nicht persönlich betreut hat und/oder
die Kunden, von deren Anschriften sich
der Beklagte Aufzeichnungen gemacht
hat oder die er systematisch auswendig
gelernt hat,
b) Bestellungen von Kunden der Klägerin entgegenzunehmen
und ausführen zu lassen, die gemäß
Ziff. I a kontaktiert wurden und noch
werden.
II. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vollständige
Auskunft zu geben, welche der in Ziff.
I a bezeichneten Kunden der Klägerin er seit
dem 1. Januar 1986 gezielt kontaktiert hat,
welche Aufträge er mit diesen Kunden getätigt
hat und welche Provisionen er hierfür erhalten
hat.
III. Für den Fall, daß der Beklagte die Auskunft
gemäß Ziff. II nicht innerhalb einer Frist
von 1 Monat erteilt, wird beantragt, wie folgt
zu erkennen:
Der Beklagte hat an die Klägerin eine
Entschädigung in Höhe von 30.000,-- DM
zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat behauptet, er habe nur solche Kunden angesprochen, die ihm im Gedächtnis geblieben seien. Hierbei habe es sich um besonders häufig kaufende Kunden gehandelt, die nicht nur wie alle anderen Kunden etwa alle drei Monate besucht worden seien. Er hat weiter die Auffassung vertreten, Ziff. 8 des Arbeitsvertrages sei unverbindlich. Es handele sich hier um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das den Anforderungen der §§ 74 ff. HGB nicht genüge.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt sie ihre zuletzt gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Klage zulässig ist, soweit die Klägerin von dem Beklagten verlangt, ihre Stammkunden nicht zu besuchen. Die Anträge sind hinreichend bestimmt. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZP0 muß eine Klage die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Aus dem Antrag muß sich deutlich ablesen lassen, welches Verhalten von dem Beklagten verlangt wird. Auch in einem auf Unterlassung gerichteten Rechtsstreit darf die Antragsformulierung nicht so abstrakt und unbestimmt sein, daß die Aufgaben gerichtlicher Streiterkenntnis funktionswidrig in das Vollstreckungsverfahren übertragen werden (Ahrens, Wettbewerbsverfahrensrecht, 1983, S. 158; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 5. Aufl. 1986, S. 327 f., jeweils mit weiterem Nachweis). Andererseits kann von dem Kläger nicht verlangt werden, seine Unterlassungsanträge so konkret zu umschreiben, etwa durch Aufnahme von Kundenlisten, daß gerade durch die Antragstellung die Gefährdung wettbewerblicher Interessen eintritt. Demgemäß sind in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung auch allgemein beschreibende Anträge als hinreichend bestimmt angesehen worden, wie "aus der früheren Tätigkeit bekannte Kunden zu bearbeiten" (RG JW 1938, 2904, 2905), "die Kunden der Klägerin, die dem Beklagten bekannt sind und von ihm besucht worden sind, zu besuchen und mit ihnen Geschäfte über irgendwelche Milcherzeugnisse zu machen" (BGH Urteil vom 6. November 1963 - I b ZR 41/62 und 40/63 - AP Nr. 5 zu § 1 UnlWG = GRUR 1964, 215 - Milchfahrer -) oder "eine Maschinenanlage zu benutzen, die in der Konstruktion der Aufbereitungsanlage der Klägerin für ... entspricht" (BGH GRUR 1963, 367 - Industrieböden -). Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sind die von der Klägerin gestellten Anträge nicht zu beanstanden. Bei den von der Klägerin gestellten Haupt- und Hilfsanträgen mag eine Beifügung von Kundenlisten zwar möglich sein; sie würde es aber gerade dem Beklagten erleichtern, auch von solchen Kunden noch Kenntnis zu nehmen, die er möglicherweise bereits vergessen hat. Dies würde die wettbewerblichen Interessen der Klägerin verletzen.
B. Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten weder die Unterlassung von Wettbewerb noch Auskunft verlangen.
I. Die Klägerin kann aufgrund des Arbeitsvertrages nicht verlangen, daß der Beklagte unterläßt, ihre Kunden zu besuchen.
1. Die zwischen den Parteien vereinbarte Kundenschutzabrede enthält ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot. Dieses ist unverbindlich und wegen Fehlens jeglicher Entschädigungsvereinbarung unwirksam (§ 75 d HGB).
a) Nach Ziff. 8 des Arbeitsvertrages ist dem Beklagten untersagt, die Namen der Kunden, die er durch seine Tätigkeit bei der Klägerin erfahren hat, für sich oder einen Dritten zu verwenden. Nach Ziff. 8 Abs. 2 des Arbeitsvertrages darf der Beklagte Notizen über Bedürfnisse und Eigenart der Kunden nicht für sich oder Dritte verwenden. Das bedeutet, daß dem Beklagten verboten ist, die Kunden der Klägerin zu besuchen, ihnen Wein oder sonstige Gegenstände zu verkaufen. Verboten ist jegliche Verwendung der Kundennamen.
b) Das dem Beklagten auferlegte Verbot stellt ein Wettbewerbsverbot dar. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 HGB ist ein Wettbewerbsverbot dann gegeben, wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Vereinbarung geschlossen wird, die den Arbeitnehmer für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt. Sowohl eine Beschränkung einer künftigen selbständigen wie unselbständigen Berufsausübung führt zu einem Wettbewerbsverbot (BAGE 7, 239, 242 = AP Nr. 10 zu § 74 HGB, unter II 3 a der Gründe, mit weiterem Nachweis). Umstritten ist lediglich, ob bei jeder Einschränkung der gewerblichen Tätigkeit oder nur bei einer Einschränkung in wirtschaftlich nicht unbedeutender Weise ein Wettbewerbsverbot anzunehmen ist. Nach einer verbreiteten Meinung im Schrifttum ist immer dann ein Wettbewerbsverbot gegeben, wenn die spätere Betätigungsfreiheit sachlich, örtlich oder zeitlich beschränkt wird (Würdinger in Großkomm. HGB, Bd. 1, 3. Aufl. 1967, § 74 Anm. 1 a; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 27. Aufl. 1987, § 74 Anm. 1 C a). Dagegen ist der Senat davon ausgegangen, daß wirtschaftlich nicht relevante Beschränkungen kein Wettbewerbsverbot darstellen (BAGE 7, 239, 242 = AP, aa0, unter II 3 a der Gründe; zustimmend Schlegelberger/Schröder, HGB, 5. Aufl. 1973, § 74 Rz 4). Dieser Meinungsstreit kann hier auf sich beruhen. Denn durch die Konkurrenzabrede wird der Beklagte in nicht unerheblicher Weise in seiner Berufsausübung beschränkt. Nach der Vertragsabrede darf der Beklagte in der gesamten Bundesrepublik zeitlich unbeschränkt einen nicht unerheblichen Personenkreis zur Vermeidung des Wettbewerbs nicht besuchen. Die sich damit ergebende gewerbliche Beschränkung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht unerheblich.
Die Revision hat vorgetragen, ihre Kundenschutzklausel diene nur dazu, einzelne Kunden in einem größeren Gebiet mit einer riesigen Zahl von Weininteressenten zu sperren. Eine derartige Beschränkung müsse ein ehemaliger Arbeitnehmer hinnehmen. Dem ist nicht zu folgen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, daß nicht alle Weininteressenten wegen der hohen Vertriebskosten für einen Direktverkauf geworben werden können. Die Kundenschutzklausel macht dem Beklagten gerade dort die geschäftliche Entwicklung unmöglich, wo er bislang seinen Erwerb gefunden hat. Diese Beschränkung wird nur unwesentlich dadurch abgemildert, daß der Beklagte an solche Kunden verkaufen darf, die sich von sich aus an ihn wenden. Im Weinverkauf bedarf es regelmäßig einer persönlichen Ansprache des Kunden.
c) Ein Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Verbotes eine Entschädigung zu zahlen (§ 74 Abs. 2 HGB). Wettbewerbsabreden, in denen von dieser Verpflichtung des Arbeitgebers abgewichen wird, sind unverbindlich und im Falle des völligen Ausschlusses einer Entschädigung unwirksam (§ 75 d HGB).
2. Der Klägerin kann nicht gefolgt werden, wenn sie die Auffassung vertritt, zu ihren Gunsten ergebe sich ein Kundenschutz bereits aus der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht des Beklagten.
a) Aus einem Arbeitsverhältnis können sich auch Pflichten ergeben, die über seine Beendigung hinaus bestehen. In § 80 Abs. 1, 3 des Entwurfs eines Arbeitsgesetzbuchs vom September 1977 war ein entsprechender allgemeiner Rechtsgrundsatz enthalten (MünchKomm-Söllner, BGB, 1. Halbbd., § 611 BGB Rz 403). Nach diesem Grundsatz sind Arbeitnehmer verpflichtet, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers geheim zu halten sind (RGZ 149, 329, 334; BGH Urteil vom 15. Mai 1955 - I ZR 111/53 - AP Nr. 1 zu § 17 UnlWG; BAGE 41, 21 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis; von Gamm, Wettbewerbsrecht, 1. Halbbd., 5. Aufl. 1987, Kapitel 50 Rz 13). Betriebsgeheimnisse beziehen sich auf den technischen Betriebsablauf, insbesondere Herstellung und Herstellungsverfahren; Geschäftsgeheimnisse betreffen den allgemeinen Geschäftsverkehr des Unternehmens (von Gamm, aa0, Kapitel 50 Rz 12). Von der Verpflichtung des Arbeitnehmers, Betriebsgeheimnisse über das Ende des Arbeitsverhältnisses zu wahren, ist der Senat auch in seiner Entscheidung vom 16. März 1982 ausgegangen (BAGE 41, 21 = AP, aa0). Die Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auch auf Geschäftsgeheimnisse.
b) Die Klägerin verkennt aber, daß sich der Inhalt der Verschwiegenheitspflicht nur auf die geheimzuhaltende Tatsache bezieht. Der Arbeitnehmer hat Verschwiegenheit zu bewahren über die im Betrieb erarbeiteten Rezepturen (vgl. BAGE 41, 21 = AP, aa0) und Geschäftsgeheimnisse. Hierzu mögen Kundenlisten, Kaufgewohnheiten der Kunden, ihr Geschmack und ähnliche Umstände gehören (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 12. Aufl., UWG, § 17 Rz 9; von Gamm, aa0, Kapitel 50 Rz 21; RG Markenschutz und Wettbewerb 1933, 12 f.). Diese Kenntnisse darf der angestellte Verkäufer nicht veräußern und auf diese Weise für sich verwerten. Dagegen folgt aus der Verschwiegenheitspflicht noch kein weitergehendes Verbot, Kunden seines ehemaligen Arbeitgebers zu umwerben. Insoweit bedarf es einer Wettbewerbsabrede, wenn dies verhindert werden soll (Grunsky, Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmer, 2. Aufl. 1987, S. 48). Für die Einschränkung der gewerblichen Tätigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat das Gesetz die Vereinbarung von Wettbewerbsverboten zur Verfügung gestellt (BAGE 7, 239, 244 = AP Nr. 10 zu § 74 HGB, zu 3 b der Gründe). Die Klägerin selbst hat zutreffend darauf hingewiesen, daß im Recht der Handelsvertreter ebenfalls zwischen der Verpflichtung zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 90 HGB) und Wettbewerbsvereinbarungen (§ 90 a HGB) unterschieden wird. Das Gesetz mag damit, wie die Klägerin meint, dem verfassungsrechtlichen Eigentum des Unternehmens an seinen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen Rechnung getragen haben.
c) Die Unterscheidung zwischen dem Inhalt der Verschwiegenheitspflicht und dem Inhalt einer Wettbewerbsabrede widerspricht nicht der Rechtsprechung des Senats zu den Mandantenschutzklauseln. Diese kommen in rechts- und steuerberatenden Berufen vor. Nach der Rechtsprechung des Senats sind zu unterscheiden allgemeine Mandantenschutzklauseln, in denen sich der frühere Mitarbeiter eines Steuerberaters verpflichtet, keine Mandanten seines bisherigen Arbeitgebers zu betreuen, sowie beschränkte Mandantenschutzklauseln, in denen dem angestellten Steuerberater nur untersagt ist, bisherige Mandanten seines Arbeitgebers abzuwerben (BAGE 23, 382, 389 = AP Nr. 25 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel, zu II 4 der Gründe; Urteil vom 26. November 1971 - 3 AZR 220/71 - AP Nr. 26, aa0, zu I 1 a der Gründe; Urteil vom 9. August 1974 - 3 AZR 346/73 - AP Nr. 27, aa0, zu I der Gründe). Auf allgemeine Mandantenschutzklauseln sind §§ 74 ff. HGB entsprechend anzuwenden; sie sind demnach nur wirksam, wenn dem Arbeitnehmer für die Unterlassung der Betreuung ehemaliger Mandanten seines Arbeitgebers eine Karenzentschädigung zugesagt wird. Dagegen ist der Arbeitnehmer zur Einhaltung einer begrenzten Mandantenschutzklausel auch ohne Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet.
Zwischen Mandantenschutzklauseln freier Berufe und Kundenschutzklauseln in der gewerblichen Wirtschaft bestehen jedoch erhebliche Unterschiede. Dem Steuerberater, der sich selbständig macht, ist nach dem Standesrecht jede aktive Mandantenwerbung untersagt, insbesondere ist ihm verboten, seinem früheren Arbeitgeber die Mandanten abzuwerben (BAGE 23, 382, 388 f. = AP Nr. 25 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel, zu II 3 b der Gründe). Beschränkte Mandantenschutzklauseln wiederholen nur die ohnehin geltende Rechtslage. Die Betreuungsverträge von Steuerberatern und ihren Mandanten sind auf Dauer, auf die ständige Beratung der Klienten und die Bereitschaft zur Mandatsübernahme angelegt. Dagegen ist es einem früheren Angestellten, zu dessen Pflichten die Förderung des Warenumsatzes seines Arbeitgebers gehörte, gestattet, seinem bisherigen Arbeitgeber Konkurrenz zu machen und auch seine Kunden zu umwerben. Nur wenn besondere Umstände hinzutreten, kann etwas anderes gelten (BAGE 3, 139, 141 = AP Nr. 4 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; 7, 239 f. = AP Nr. 10 zu § 74 HGB; 41, 21, 33 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu III 2 der Gründe, mit weiterem Nachweis; RG JW 1938, 2904; BGH Urteil vom 6. November 1963 - I b ZR 41/62 u. 40/63 - AP Nr. 5 zu § 1 UnlWG = GRUR 1964, 215 f., mit zustimmender Anmerkung von Bußmann - Milchfahrer -; Urteil vom 19. November 1982 - I ZR 99/80 - AP Nr. 11 zu § 17 UnlWG, zu III 3 b der Gründe = GRUR 1983, 179, 181 - Stapel-Automat -; Karsten Schmidt, Handelsrecht, 2. Aufl. 1982, S. 375; von Gamm, aa0, Kapitel 33 Rz 24, mit weiterem Nachweis). Solche besonderen Umstände liegen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Streitfalle aber nicht vor, so daß Haupt- und Hilfsanträge aus dem Vertrag nicht zu rechtfertigen sind.
2. Stehen der Klägerin keine Unterlassungsansprüche zu, kann sie auch keine Auskunft über die Kundenkontakte verlangen.
II. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten auch keine weitergehenden Unterlassungsansprüche aufgrund des allgemeinen Wettbewerbsrechts zu.
1. Die Klägerin kann ein Verbot, mit ihren Kunden in Geschäftsbeziehungen zu treten, nicht aus § 823 Abs. 2, § 1004 BGB i.V.m. § 17 UWG ableiten. Zu dem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet worden ist, galt § 17 UWG in der Fassung der NotV0 vom 9. März 1932 (RGBl I, 121) in der Änderung vom 2. März 1974 (BGBl I, 469).
a) Nach § 17 Abs. 1 UWG wird bestraft, wer als Angestellter, Arbeiter oder Lehrling eines Geschäftsbetriebes ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihm im Wege des Dienstverhältnisses anvertraut oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebes Schaden zuzufügen, mitteilt. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt und die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, daß der Beklagte bereits während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses in irgendeiner Form von den Kundenlisten Gebrauch gemacht hat.
b) Ebensowenig sind die Voraussetzungen des Geheimnisverrats von § 17 Abs. 2 UWG gegeben. Hiernach wird bestraft, wer ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, dessen Kenntnis er durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Mitteilungen oder durch eine gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstoßende eigene Handlung erlangt hat, zum Zwecke des Wettbewerbs oder aus Eigennutz unbefugt verwertet oder jemand mitteilt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß dem Beklagten nicht zu widerlegen ist, daß er Namen und Anschriften der Kunden, die er nach dem 31. Dezember 1985 aufgesucht hat, aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit für die Klägerin im Gedächtnis behalten hat. Die Verwertung langjährig erworbenen beruflichen Erfahrungswissens ist aber statthaft (vgl. oben B I 2).
Die von der Klägerin gegen diese Feststellung erhobenen Verfahrensrügen (§ 554 Abs. 3 ZP0) sind unbegründet. Auch wenn der Beklagte zahlreiche ehemalige Kunden der Klägerin für seinen neuen Dienstgeber ausgeschrieben hat, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte die zurückgegebenen Kundenlisten auswendig gelernt hat. Vielmehr ist die Schlußfolgerung des Landesarbeitsgerichts gerechtfertigt, daß der Beklagte nach rd. 12jähriger Tätigkeit für die Klägerin umfangreiche Kenntnisse des Kundenkreises erworben hat.
2. Der Beklagte hat durch Weinverkäufe an ehemalige Kunden der Klägerin auch nicht gegen die allgemeinen Grundsätze des lauteren Wettbewerbs verstoßen. Nach § 1 UWG kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen.
Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer grundsätzlich berechtigt, zu seinem ehemaligen Arbeitgeber in Wettbewerb zu treten (vgl. B I 2). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber ein Wettbewerbsverbot vereinbart hat oder die nachvertragliche Wettbewerbstätigkeit wegen ihrer eingesetzten Mittel und Methoden gegen den redlichen Geschäftsverkehr verstößt. Derart unredliche Methoden mögen gegeben sein, wenn sich ein ehemaliger Arbeitnehmer die Kenntnis der Kundschaft seines Arbeitgebers unredlich verschafft (B II 1) oder der Arbeitnehmer einen Vernichtungswettbewerb entfaltet. Ein solcher liegt z.B. dann vor, wenn ein früherer Arbeitnehmer nach Einstellung seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber schlagartig dessen Kundenkreis wegnimmt und mit Erzeugnissen eines Konkurrenzunternehmens beliefert (BGH Urteil vom 6. November 1963 - I b ZR 41/62 und 40/63 - AP Nr. 5 zu § 1 UnlWG = GRUR 1964, 215; RG JW 1938, 2904). Aber auch für ein derartiges Verhalten hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen. Der Beklagte ist nur in einen Teil der Kundschaft der Klägerin eingedrungen, so daß die Unterlassungsansprüche nicht gerechtfertigt sind.
3. Die Klägerin kann auch aus dem allgemeinen Wettbewerbsrecht ihre Auskunftsansprüche nicht ableiten.
Schaub Griebeling Ascheid
Gnade Dr. Kiefer
Fundstellen