Entscheidungsstichwort (Thema)
Abwicklung nach Einigungsvertrag
Normenkette
Einigungsvertrag Art. 13, 20 Abs. 1 Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 2
Verfahrensgang
BezirksG Erfurt (Urteil vom 26.08.1992; Aktenzeichen 1 Sa 15/92) |
ArbG Erfurt (Urteil vom 31.07.1991; Aktenzeichen 3 Ca 213/91) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Bezirksgerichts Erfurt vom 26. August 1992 – 1 Sa 15/92 – aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 31. Juli 1991 – 3 Ca 213/91 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin gem. Art. 20 Abs. 1 Einigungsvertrag in Verbindung mit Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 und 5 (im folgenden: Nr. 1 Abs. 2 EV) geruht und mit Ablauf des 30. Juni 1991 geendet hat.
Die im Jahre 1951 geborene Klägerin war aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 14. September 1973 seit dem 1. August 1974 als wissenschaftliche Assistentin in der Sektion Marxismus-Leninismus der Pädagogischen Hochschule „Dr. Theodor Neubauer” Erfurt/Mühlhausen beschäftigt. Mit Änderungsvertrag vom 15. Mai 1979 erhielt sie mit Wirkung ab 1. September 1979 den Status eines Lehrers im Hochschuldienst.
Die Thüringer Landesregierung verabschiedete am 18. Dezember 1990 eine Positivliste für die Übernahme von Einrichtungen im Hochschulbereich. Danach wurde u.a. die Pädagogische Hochschule Erfurt/Mühlhausen mit Wirkung vom 1. Januar 1991 auf den Beklagten „mit folgenden Ausnahmen überführt:
…
Nicht übernommen in der bisherigen Form werden
„– Sektion Marxismus-Leninismus bzw. deren Nachfolgeeinrichtungen Philosophie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften”.
Weiter heißt es:
„Zur Sicherung der Ausbildung werden in allen abzuwickelnden Einrichtungen ggf. Zeitvertrage bis 31.08.1991 abgeschlossen. Nach einer Einschätzung der fachlichen Kompetenz wird die Übernahme in neue Strukturen vorgenommen.
Die Schließung bzw. Umstrukturierung der genannten Einrichtungen erfolgt nach einem Beschluß der Thüringer Landesregierung zur Neuordnung einzelner Teile des Hochschulwesens in Thüringen.”
Nach einem weiteren Kabinettsbeschluß vom 18. Dezember 1990 sind an der Pädagogischen Hochschule Erfurt/Mühlhausen folgende Umstrukturierungsmaßnahmen durchzuführen:
„– Sektion Marxismus-Leninismus bzw. Nachfolgeeinrichtungen Philosophie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften:
Schließung, teilweise Einbeziehung in neue Studiengänge nach Vorgaben des Thüringer Ministeriums für Bildung”
Der Rektor der Pädagogischen Hochschule Erfurt/Mühlhausen teilte der Klägerin mit Schreiben vom 20. Dezember 1990 mit, daß ihr Arbeitsverhältnis ab dem 1. Januar 1991 ruhe und nach Ablauf von sechs Monaten ende, wenn nicht innerhalb dieses Zeitraums eine Weiterverwendung erfolge.
Aufgrund eines Hochschulbeschlusses vom März 1990 war die Sektion Marxismus-Leninismus in Fachbereich Philosophie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften umbenannt worden. Lehrveranstaltungen fanden hier noch in der Zeit bis zum 30. August 1991 statt. Die Klägerin führte im Januar 1991 Lehrveranstaltungen zum Thema „Das politische System der BRD” für die von ihr bisher betreuten Vorkurs-Gruppen auf der Basis eines Honorarvertrags durch.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Abwicklung der Sektion Marxismus-Leninismus stelle eine unzulässige Teilabwicklung dar. Die Sektion Marxismus-Leninismus sei keine organisatorisch abgegrenzte Punktionseinheit gewesen. Sie sei auch nicht aufgelöst, sondern Bestandteil der Nachfolgeeinrichtungen im Fachbereich Philosophie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die Lehrtätigkeit als die wesentliche Aufgabe der Sektion sei über den 1. Januar 1991 hinaus fortgesetzt worden. Die Erneuerung der Lehrinhalte allein bewirke nicht den Untergang der Funktions- und Organisationseinheit.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß ihr Arbeitsverhältnis nicht geruht habe und über den 31. Dezember 1990 hinaus zu den bisherigen Bedingungen fortbestehe.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, die Sektion Marxismus-Leninismus sei als organisatorische Einheit aufgelöst worden. Der neu zu gründende Fachbereich Sozialwissenschaft sei mit der Sektion Marxismus-Leninismus und ihrer Nachfolgeeinrichtung, dem sog. Fachbereich Philosophie. Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, nicht vergleichbar. Er stelle eine selbst verwaltete Einrichtung der Hochschule dar und werde Institute für Philosophie, Geschichte. Geographie. Politikwissenschaft und Soziologie enthalten. Demgegenüber sei die Sektion Marxismus-Leninismus eine zentralistisch organisierte Universitätseinrichtung gewesen. Ihre Aufgabe, nämlich Lehre und Erforschung des dialektischen und historischen Materialismus, der politischen Ökonomie und des wirtschaftlichen Sozialismus, sei weggefallen. Bei den Lehrtätigkeiten vom 1. Januar bis zum 30. August 1991 habe es sich um Abwicklungsarbeiten gehandelt, um den Studenten den Abschluß der Ausbildung zu ermöglichen. Im Stellenplanentwurf für das Wintersemester 1991/92 sei kein Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mehr enthalten gewesen. Vorlesungen in allgemeiner Politologie, allgemeiner Soziologie, Geschichte, Philosophie und Ethik seien nur noch im Rahmen des Studium generale möglich gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Bezirksgericht hat ihr stattgegeben und die Revision zugelassen. Der Beklagte begehrt auch in der Revisionsinstanz weiterhin Klagabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
A. Das Bezirksgericht hat im wesentlichen ausgeführt, die Sektion könne nicht mehr Gegenstand einer Abwicklung gewesen sein, da die Rechtsgrundlage für die Untergliederung von Hochschulen in Sektionen am 1. Oktober 1990 entfallen sei. Nach der Vorläufigen Hochschulordnung vom 18. September 1990 (GBl.-DDR I S. 1585) sei der Fachbereich die organisatorische Grundeinheit. Er ersetze die Sektion und stelle eine abwicklungsfähige Einheit dar. Die Fachbereiche hätten weitgehend gleiche Aufgaben wie die Sektionen, nämlich Lehre und Forschung. Lediglich neue Inhalte von Forschung und Lehre könnten die Abwicklung nicht begründen. Es handele sich nicht um eine Neugründung, sondern um eine gesetzlich vorgegebene Umgründung. Die Umbenennung eines Fachbereichs und die Änderung seines Zuschnittes lasse die Organisationsstruktur unberührt. Eine angestrebte personelle Erneuerung des Lehrkörpers sei keine Abwicklung, diese sei rein organisationsbezogen.
B. Die Entscheidung des Bezirksgerichts hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
I. Der Senat hat die Voraussetzungen des Ruhens und der Beendigung von Arbeitsverhältnissen nach Nr. 1 Abs. 2 EV wie folgt konkretisiert:
1. Gemäß Art. 13 Abs. 1 und 2 EV regelt die zuständige Landesregierung oder die zuständige oberste Bundesbehörde die Überführung oder Abwicklung der Verwaltungsorgane und sonstigen der öffentlichen Verwaltung oder Rechtspflege dienenden Einrichtungen. Zu diesen Einrichtungen gehören u.a. auch solche der Wissenschaft und der Kultur, deren Rechtsträger die öffentliche Verwaltung ist (Art. 13 Abs. 3 EV). Soweit Einrichtungen ganz oder teilweise auf den Bund überführt werden, bestehen die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer zum Bund. Entsprechendes gilt bei Überführung auf bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Die Arbeitsverhältnisse der übrigen Arbeitnehmer ruhen ab dem Tage des Wirksamwerdens des Beitritts oder eines um bis zu drei Monate hinausgeschobenen Zeitpunkts. Wird der Arbeitnehmer nicht innerhalb von sechs Monaten weiterverwendet, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf dieser Frist; hat der Arbeitnehmer am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts das 50. Lebensjahr vollendet, beträgt die Frist neun Monate (Nr. 1 Abs. 2 EV).
2.a) Die Überführung einer Einrichtung gemäß Art. 13 EV bedurfte einer auf den verwaltungsinternen Bereich zielenden Organisationsentscheidung der zuständigen Stelle. Diese Überführungsentscheidung war mangels außenwirksamer Regelung kein Verwaltungsakt (BAG Urteil vom 3. September 1992 – 8 AZR 45/92 – AP Nr. 1 zu Art. 13 Einigungsvertrag = DB 1993, 44, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen; BVerwG Urteil vom 12. Juni 1992 – 7 C 5/92 – ZIP 1992, 1275). Sie konnte formfrei ergehen, also auch konkludent verlautbart werden. Diese Überführungsentscheidung konnte eine Einrichtung als ganze oder als eine Teileinrichtung betreffen, die ihre Aufgabe selbständig erfüllen konnte (BAG Urteil vom 3. September 1992, a.a.O.).
Eine überführungsfähige Teileinrichtung war gegeben, wenn sie ihre Aufgabe selbständig erfüllen konnte. Dies setzte eine organisatorisch abgrenzbare Funktionseinheit mit eigener Aufgabenstellung und der Fähigkeit zu einer aufgabenbezogenen Eigensteuerung voraus. Die Organisationsentscheidung nach Art. 13 EV war weder personen- noch arbeitsplatzbezogen. Sei betraf funktionsfähige Organisationseinheiten, die vor dem 3. Oktober 1990 die Fähigkeit zu aufgabenbezogener Eigensteuerung und selbständiger Aufgabenerfüllung besaßen.
Bei der Feststellung einer organisatorischen Abgrenzbarkeit der Teileinrichtung ist nicht abzustellen auf die für Behörden typischen internen Untergliederungen wie Abteilung, Referat oder Dezernat, die lediglich zu Zwecken der Geschäftsverteilung gebildet werden. Entscheidend ist vielmehr, daß der betroffene Teil als organisatorisch abgrenzbare Funktionseinheit auch nach außen mit einem gewissen Grad an Selbständigkeit handeln konnte, ohne daß ihm damit gleich eigene Rechtspersönlichkeit oder Behördencharakter zukommen müßte. Auf eine entsprechende organisatorische Eigenständigkeit lassen eine eigene interne Geschäftsverteilung sowie eine zumindest teilweise selbständige Wahrnehmung von Dienst- und Organisationsangelegenheiten innerhalb des der betroffenen Einheit zugewiesenen Aufgabenbereiches schließen. Insofern ist die Verwaltungsorganisation der DDR zu beurteilen.
b) Eine Einrichtung oder Teileinrichtung wurde im Sinne von Art. 13 EV überführt, wenn der Träger öffentlicher Verwaltung die Einrichtung unverändert fortführte oder er sie unter Erhaltung der Aufgaben, der bisherigen Strukturen sowie des Bestandes an sächlichen Mitteln in die neue Verwaltung eingliederte (BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 – AP Nr. 3 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen). Die Überführung erforderte eine auf Dauer angelegte Fortsetzung der Verwaltungstätigkeit. Wurde die Einrichtung nur vorläufig mit dem Ziele der Auflösung fortgeführt, lag hierin keine Überführung im Sinne von Art. 13 EV (BAG Urteil vom 28. Januar 1993, a.a.O.). Bedeutsam sind die Übernahme der Grundstücke, der Büro- und Diensträume, der Arbeitsmittel, der Arbeitsergebnisse, der Leitungsstrukturen sowie der Aufgaben, die der alten Einrichtung das Gepräge gaben. Dies können in der Regel nur konkrete Aufgaben sein. Ob die jeweiligen Rechtsgrundlagen des Verwaltungshandelns der Einrichtung das Gepräge geben, ist im Einzelfall festzustellen.
c) Gesetzliche Folge der Nichtüberführung war die Abwicklung. Es bedurfte hierzu keiner besonderen Abwicklungsentscheidung (BVerwG Urteil vom 12. Juni 1992, a.a.O.). Weil die Abwicklung immer dann eintrat, wenn es an einer positiven, ggf. auch konkludenten Überführungsentscheidung fehlte, war nur durch sie die Abwicklung der Einrichtung zu verhindern. Folglich trat die Abwicklung auch dann ein, wenn wegen negativer Kompetenzkonflikte sich kein neuer Träger öffentlicher Verwaltung berufen fühlte, (rechtzeitig) eine Entscheidung gem. Art. 13 EV zu fällen. Die Abwicklung einer Einrichtung bedurfte zu ihrer Wirksamkeit keiner Bekanntgabe. Jedoch konnte sich der neue Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Verhältnis zum einzelnen Arbeitnehmer auf das Ruhen des jeweiligen Arbeitsverhältnisses erst ab Bekanntgabe der gesetzlichen Ruhensfolge berufen. Einer besonderen Form bedurfte diese Bekanntgabe nicht.
d) Die Abwicklung war auf die Liquidation der Einrichtung gerichtet. In diesem Falle ruhten die Arbeitsverhältnisse der in der abzuwickelnden Einrichtung Beschäftigten gemäß Nr. 1 Abs. 2 oder 3 EV grundsätzlich ab dem 3. Oktober 1990. Dieser Ruhensbeginn konnte um bis zu drei Monate hinausgeschoben werden. Die Kündigungsvorschriften des Mutterschutzrechtes durften allerdings nicht durchbrochen werden. Die ruhenden Arbeitsverhältnisse endeten kraft Gesetzes nach Ablauf von sechs bzw. neun Monaten Wartezeit, wenn nicht der einzelne Arbeitnehmer weiterverwendet wurde (BAG Urteil vom 3. September 1992, a.a.O.).
e) Macht ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes der ehemaligen DDR geltend, sein Arbeitsverhältnis sei gemäß Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 EV auf den neuen Träger öffentlicher Verwaltung übergegangen und bestehe als aktives fort, hat er die Überführung seiner Beschäftigungs(teil-)einrichtung darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (BAG Urteil vom 15. Oktober 1992 – 6 AZR 145/92 – AP Nr. 2 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen; BAG Urteil vom 28. Januar 1993, a.a.O.).
II. Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte die Sektion Marxismus-Leninismus der Pädagogischen Hochschule Erfurt/Mühlhausen nicht in seine Trägerschaft überführt, sondern als Teileinrichtung abgewickelt.
1. Die Sektion war das Glied der Hochschule, in dem Erziehung, Ausbildung, Weiterbildung und Forschung gemäß den staatlichen Plänen verwirklicht wurden (§ 20 der Verordnung über die Aufgaben der Universitäten, wissenschaftlichen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Hochschulcharakter vom 25. Februar 1970, GBl.-DDR II S. 189). Die Sektion hatte eine eigene Leitung durch einen Direktor. Dieser war für die Erfüllung der Aufgaben, die der Sektion übertragen waren, verantwortlich und dem Rektor rechenschaftspflichtig (§ 26 Abs. 1 der Verordnung vom 25. Februar 1970). Die Sektion plante und gestaltete den Einsatz der ihr zugewiesenen Finanzmittel und Personalstellen (vgl. § 22 Abs. 1 der Verordnung vom 25. Februar 1970). Die Sektion war damit in der Lage, die ihr gestellten Aufgaben in Wissenschaft, Forschung und Lehre wenigstens teilweise eigenständig umzusetzen und zu erfüllen. Dementsprechend hat der Senat die Sektion Philosophie der Universität Leipzig als überführungsfähige Teileinrichtung gemäß Art. 13 EV angesehen und sie mit einer Fakultät nach bundesdeutschem Muster, zumindest einem selbständig arbeitenden Hochschulinstitut verglichen (Urteil vom 4. August 1994 – 8 AZR 641/92 – n.v., zu B II 1 der Gründe; entsprechend Senatsurteile vom 15. Dezember 1994 – 8 AZR 23/93 – zur Veröffentlichung vorgesehen, – 8 AZR 51/93 – n.v. und – 8 AZR 895/93 – n.v. jeweils zu B III 1 der Gründe).
2. Der Beklagte hat die Sektion Marxismus-Leninismus weder durch ausdrückliche noch durch konkludente Organisationsentscheidung überführt.
a) Die Auslegung der Kabinettsbeschlüsse vom 18. Dezember 1990 ergibt, daß die Sektion Marxismus-Leninismus insgesamt abgewickelt werden sollte. Die Sektion wurde von der Überführung der Pädagogischen Hochschule ausdrücklich ausgenommen. Die Übernahme aus den „abzuwickelnden Einrichtungen” sollte „in neue Strukturen” erfolgen. Die Nichtübernahme „in der bisherigen Form” diente damit der Schaffung einer neuen Teileinrichtung, nicht der teilweisen Erhaltung bisheriger Aufgaben und Strukturen. Die Abwicklung erstreckte sich ausdrücklich auf die Nachfolgeeinrichtung. Dementsprechend wurde die Sektion Marxismus-Leninismus in Vollzug der Kabinettsbeschlüsse vom 18. Dezember 1990 aufgelöst und abgewickelt. Zwar werden Räume und Arbeitsmittel der Sektion weiter verwendet, die bisherigen Strukturen und Aufgaben der Sektion bestehen aber in dem neu zu schaff enden Fachbereich Sozialwissenschaften nicht fort.
b) Entgegen der Auffassung des Bezirksgerichts konnte die Sektion Marxismus-Leninismus auch nach Inkrafttreten der Verordnung über Hochschulen vom 18. September 1990 noch Gegenstand der Abwicklung sein. Diese Verordnung wandelte nicht Sektionen in Fachbereiche um, sondern ordnete in ihren §§ 104 ff. lediglich an, wie Hochschulen fortan organisiert werden sollten. Die Umstrukturierung erfolgte deshalb nicht mit Inkrafttreten der Vorläufigen Hochschulordnung automatisch, sondern mußte entsprechend den Vorgaben der Verordnung von der Verwaltung erst vollzogen werden.
c) Die Sektion Marxismus-Leninismus wurde auch nicht durch die vor der Abwicklungsentscheidung erfolgte Umbenennung in Fachbereich Philosophie. Wirtschafts- und Sozialwissenschaften im März 1990 in einen Fachbereich im Sinne der Vorläufigen Hochschulordnung umgewandelt. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß hierbei bereits Organisationsstrukturen und maßgebliche Aufgabenstellungen der Sektion geändert worden seien. Allein die Vergabe einer neuen Bezeichnung führte nicht zum Untergang der Organisationseinheit Sektion. Die Hochschule besaß auch nicht die Zuständigkeit, selbständig grundlegende Änderungen vorzunehmen.
aa) Die wesentlichen Aufgaben der Sektion Marxismus-Leninismus waren Lehre und Erforschung des dialektischen Materialismus bzw. des wissenschaftlichen Sozialismus. Diese Aufgaben sind weggefallen und werden von dem neu zu gründenden Fachbereich Sozialwissenschaften nicht fortgeführt. Schon deshalb kann nicht lediglich eine (teilweise) Änderung der Inhalte in einer weiterhin bestehenden Einrichtung angenommen werden. Eine wissenschaftliche Einrichtung erhält nämlich das maßgebende Gepräge durch den Inhalt ihrer Forschung und Lehre. Die Sektion wurde durch die genannten Aufgaben entscheidend geprägt. Deren Wegfall läßt die Verwaltungstätigkeit insgesamt als eine andere erscheinen (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 1994 – 8 AZR 23/93 – a.a.O., zu B III 2 b aa der Gründe).
bb) Außer in der Aufgabenstellung unterscheidet sich die Sektion in der Organisationsstruktur grundlegend vom Fachbereich. Die Sektion wurde geleitet von einem Direktor, der vom Rektor eingesetzt und entpflichtet wurde und diesem unmittelbar unterstellt und rechenschaftspflichtig war (§§ 25, 26 der Verordnung vom 25. Februar 1970). Sie war eine in den hierarchischen Aufbau eingegliederte Teileinrichtung ohne Selbstverwaltung. Der Rat der Sektion hatte nach § 29 der zitierten Verordnung zwar gewisse Mitwirkungsrechte, vor allem Beratungsrechte, aber keine Möglichkeit mitzuentscheiden.
Der Fachbereich im Sinne der Vorläufigen Hochschulordnung hingegen ist eine Organisationseinheit mit echter Selbstverwaltung. Der Fachbereich verwaltet nicht nur seine Personal- und Sachmittel, sondern regelt auch seine innere Organisation durch eine selbst erlassene Ordnung. Er entscheidet über die Angelegenheiten des Fachbereichs wie Studien- und Prüfungsordnungen, Studienangebot, Erteilung von Hochschulabschlüssen und Ordnung des Fachbereichs. Der zeitlich befristet gewählte Leiter des Fachbereichs vertritt den Fachbereich und führt dessen Geschäfte. Er ist jedoch nur eingeschränkt weisungsberechtigt (§§ 105 ff. Vorläufige Hochschulordnung). Damit geht es hier keinesfalls lediglich um die Änderung von Lehrinhalten einer weiterhin bestehenden Einrichtung, sondern um die Auflösung einer alten und die Gründung einer neuen Einrichtung mit anderen Aufgaben und Strukturen.
cc) Die Sektion wurde als Einrichtung nicht dadurch fortgeführt, daß die Lehrtätigkeit noch bis zum 30. August 1991 fortgesetzt wurde. Zu einer geregelten Abwicklung gehört die ordentliche Beendigung begonnener Ausbildungen (vgl. Senatsurteil vom 23. September 1993 – 8 AZR 268/93 – AP Nr. 4 au Art. 13 EV, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 1 b der Gründe). Mit der befristeten Fortführung der Lehrtätigkeit sollte den fortgeschrittenen Studenten die Möglichkeit gegeben werden, die begonnene Ausbildung im Sommersemester 1991 zu beenden.
III. Die Klägerin gehörte demnach zu den übrigen Arbeitnehmern der öffentlichen Verwaltung der DDR im Sinne von Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 EV. deren Arbeitsverhältnisse wegen unterbliebener Überführung ihrer Beschäftigungsteileinrichtung kraft Gesetzes ruhten und endeten, wenn sie nicht innerhalb der Wartezeit weiterverwendet wurden (Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 EV).
IV. Die befristete Weiterbeschäftigung der Klägerin im Januar 1991 aufgrund des Honorarvertrages war keine Weiterverwendung im Sinne von Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 EV. Nach der Rechtsprechung des Senats setzt die Weiterverwendung des Arbeitnehmers eine Einigung der Arbeitsvertragsparteien über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses voraus (Senatsurteil vom 23. September 1993 – 8 AZR 268/92 – a.a.O., zu II 2 a der Gründe). Nur der Arbeitnehmer, der über die Wartezeit hinaus unbefristet weiterbeschäftigt wird, kann darauf vertrauen, daß trotz der Abwicklung die gesetzliche Beendigungsregelung für ihn nicht gilt (Senatsurteil vom 21. Juli 1994 – 8 AZR 293/92 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B III 2 der Gründe). Beim Honorarvertrag der Klägerin handelte es sich gerade nicht um eine solche unbefristete Weiterbeschäftigung.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 97 ZPO.
Unterschriften
Ascheid, Müller-Glöge, Mikosch, Harnack, Mache
Fundstellen