Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung – Sozialauswahl
Leitsatz (amtlich)
Kann ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag nur innerhalb eines bestimmten Arbeitsbereichs versetzt werden (im Fall: eine Layouterin/Redakteurin eines großen Verlagshauses nur innerhalb der Redaktion der von ihr betreuten Zeitschrift), so ist bei einer wegen Wegfalls dieses Arbeitsbereichs erforderlichen betriebsbedingten Kündigung keine Sozialauswahl unter Einbeziehung der vom Tätigkeitsfeld vergleichbaren Arbeitnehmer anderer Arbeitsbereiche (Redaktionen anderer Zeitschriften des Verlages) vorzunehmen (Fortsetzung der Senatsrechtsprechung zur Vergleichbarkeit bei der Sozialauswahl, vgl. etwa Senat 17. September 1998 – 2 AZR 725/97 – AP KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 36 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 36).
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 3; MTV für Redakteure an Zeitschriften vom 22. September 1990 § 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 1. Oktober 1998 – 7 Sa 5/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die 1944 geborene Klägerin war seit 1988 bei der Beklagten, einem großen Verlagshaus mit zahlreichen Redaktionen, als Layouterin in Teilzeit (30 Wochenstunden) zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 6.400,00 DM beschäftigt. In dem Redakteurvertrag vom 4. Juli 1988 heißt es ua.:
„§ 1 Tätigkeit
1. Frau S – nachstehend Redakteur genannt – ist Layouterin im Ressort Layout der Redaktion SANDRA und kann für alle im Rahmen der Redaktion anfallenden Layout-Aufgaben eingesetzt werden. …
§ 11 Schlußbestimmungen
Im übrigen gelten die Bedingungen des Manteltarifvertrages für Redakteure an Zeitschriften sowie die Bedingungen der Versorgungszusage des Verlages und die gültigen Betriebsvereinbarungen. …”
Der Manteltarifvertrag für Redakteure an Zeitschriften vom 22. September 1990 enthält ua. die folgenden Regelungen:
„§ 2 Anstellungsvertrag
…
2. Im Anstellungsvertrag sind insbesondere festzulegen:
…
c) Zeitschrift, Arbeitsgebiet und Beschäftigungsort …
3. Die Verpflichtung der/des Redakteurin/Redakteurs kann durch schriftliche Vereinbarung auf mehrere Zeitschriften oder andere Verlagswerke des gleichen Verlages und/oder auf andere Beschäftigungsorte erstreckt werden. …”
Unter Hinweis auf die deutlich rückläufige Umsatzentwicklung der Zeitschrift SANDRA, einer Strickzeitschrift, entschloß sich die Beklagte, das Erscheinen dieser Zeitschrift zum 30. Juni 1996 (letzte Ausgabe August 1996) einzustellen. Deshalb kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Dezember 1996.
Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam und macht insbesondere geltend, die Beklagte hätte eine Sozialauswahl unter Einbeziehung aller Layouter/Layouterinnen der anderen Redaktionen des Verlages vornehmen müssen. Da dies nicht geschehen sei und die Beklagte auch auf entsprechende Aufforderung hin die Sozialdaten der für die Sozialauswahl in Frage kommenden Mitarbeiter nicht mitgeteilt habe, sei die Kündigung rechtsunwirksam. Sie sei mit den Mitarbeitern im Layout der anderen Redaktionen, was die Arbeitsanforderungen anbelange, durchaus vergleichbar. Es treffe nicht zu, daß die Zeitschrift SANDRA nur mit einem standardisierten Layout arbeite. Soweit die anderen Redaktionen zusätzliche Computerprogramme einsetzten, hätten auch die SANDRA-Layouter mit diesen Programmen schon gearbeitet und es sei zur Aufholung des Routinevorsprungs der übrigen Layouter eine Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten notwendig. Der erforderlichen Austauschbarkeit mit den Mitarbeitern der anderen Redaktionen im Rahmen der sozialen Auswahl stehe auch nicht der Arbeitsvertrag entgegen. Mit der dort gewählten Bezeichnung „Redaktion” habe die Beklagte lediglich einer ihr obliegenden Verpflichtung aus dem Manteltarifvertrag nachkommen wollen. Mit dieser als Schutzvorschrift für die Arbeitnehmer gedachten Regelung habe nicht die Sozialauswahl beseitigt werden sollen. Jedenfalls bei Schließung der gesamten Redaktion sei nach dem Arbeitsvertrag eine Versetzung des Arbeitnehmers in eine andere Redaktion möglich und komme deshalb eine Sozialauswahl mit den anderen Redaktionen in Betracht. Abgesehen davon habe auch eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem Layouter-Arbeitsplatz in der STERN-Grafik bestanden. Wenn insoweit schon eine interne Stellenausschreibung im Betrieb ausgehangen habe, so spreche dies dagegen, daß der Zeuge Dr. F die Entscheidung getroffen habe, die Stelle nicht neu zu besetzen.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 27. Juni 1996 nicht aufgelöst worden ist,
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin auf der Grundlage des Arbeitsvertrages zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Layouterin-Grafikerin weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat Klageabweisung und hilfsweise widerklagend beantragt
festzustellen, daß die Beklagte aufgrund des Arbeitsvertrages vom 4. Juli 1988 zwischen den Parteien berechtigt ist, der Klägerin Layout-Aufgaben in anderen Zeitschriften-Redaktionen des Verlagsbetriebes der Beklagten in Hamburg zuzuweisen und die Klägerin auch in solche anderen Redaktionen umzusetzen.
Die Klägerin hat Abweisung der hilfsweisen Widerklage beantragt.
Die Beklagte hat vorgetragen, bei ihr gebe es keine anderen freien Arbeitsplätze für Layouter, auch beim STERN nicht. Die beim STERN zum 31. Oktober 1996 aufgrund einer Eigenkündigung freigewordene Stelle sei aufgrund eines Beschlusses des Verlagsgeschäftsführers und Chefredakteurs Dr. F nicht wieder besetzt worden. Daß zum 1. Januar 1998 zwei weitere Arbeitsplätze beim STERN entstanden bzw. zu besetzen gewesen seien, sei bis zum Ablauf der Kündigungsfrist der Klägerin nicht absehbar gewesen.
Eine Sozialauswahl sei entbehrlich gewesen, weil allen Mitarbeitern der Redaktion SANDRA gekündigt worden sei und die Mitarbeiter anderer Redaktionen aus Rechtsgründen nicht vergleichbar seien.
Das Arbeitsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme über eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin auf einem anderen freien Arbeitsplatz die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der Kündigung der Beklagten mit dem 31. Dezember 1996 geendet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat – kurz zusammengefaßt – angenommen, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin auf einem freien Arbeitsplatz in einer anderen Redaktion habe nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme nicht bestanden. Auch eine Sozialauswahl vor Ausspruch der Kündigung sei entbehrlich gewesen, weil es bei der Beklagten keine mit der Klägerin zu vergleichenden Arbeitnehmer gebe. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages der Klägerin sei das Direktionsrecht der Beklagten auf eine Umsetzung innerhalb der Redaktion SANDRA beschränkt, die Beklagte hätte die Klägerin also nicht in eine andere Redaktion versetzen können. Dies müsse auch im Fall der Schließung der Redaktion SANDRA gelten. Vergleichbar im Rahmen einer Sozialauswahl seien nur die Arbeitnehmer, auf deren Arbeitsplätze der Arbeitgeber den zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmer unter Ausübung seines Direktionsrechts versetzen könne.
II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und auch in wesentlichen Teilen der Begründung. Zu Unrecht rügt die Revision eine Verletzung des § 1 Abs. 3 KSchG.
1. Die Kündigung der Beklagten ist nicht sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1, 2, 3 KSchG).
Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, daß die Schließung der gesamten Redaktion SANDRA einer Weiterbeschäftigung der Klägerin auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz entgegenstand und deshalb ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung der Klägerin nach § 1 Abs. 2 KSchG darstellte; die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen. Ebenfalls ohne erkennbaren Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens, insbesondere auf einem freien Arbeitsplatz in der Redaktion STERN, weiterbeschäftigt werden konnte (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 b KSchG); auch insoweit erhebt die Revision keine Rügen.
Wegen fehlerhafter Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) ist die Kündigung der Beklagten deshalb nicht rechtsunwirksam, weil die Beklagte bei der Schließung der Redaktion SANDRA mangels Vergleichbarkeit der Klägerin mit den Arbeitnehmern im Layout der anderen Redaktionen nicht verpflichtet war, eine Sozialauswahl durchzuführen.
a) Wenngleich die soziale Auswahl grundsätzlich betriebsbezogen, d.h. ggf. auch abteilungsübergreifend durchzuführen ist (ständige Rechtsprechung des Senats, zB 5. Mai 1994 – 2 AZR 917/93 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 23 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 31 zu II 3 a der Gründe mwN), war die Beschäftigung der Klägerin auf den Einsatz in der Redaktion SANDRA beschränkt. An der Vergleichbarkeit iS des § 1 Abs. 3 KSchG fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf einen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann (vgl. BAG 17. September 1998 – 2 AZR 725/97 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 36 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 36 und 15. Juni 1989 – 2 AZR 580/88 – BAGE 62, 116, 122; 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61, 76; vgl. ferner Berkowsky NZA 1996, 290, 292 f.; KR-Etzel 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 633; Gaul NZA 1992, 673 f.; Hueck/von Hoyningen-Huene KSchG 12. Aufl. § 1 Rn 449; Meisel DB 1991, 92, 94; Oetker FS Wiese 1998 S 333, 346 ff.; Rühle DB 1994, 834 f.). Dem steht nicht entgegen, daß grundsätzlich Arbeitnehmer vergleichbar sind, die austauschbar sind, was sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen bestimmt, d.h. nach der ausgeübten Tätigkeit; Austauschbarkeit ist nicht nur bei völliger Identität der Arbeitsplätze, sondern auch dann zu bejahen, wenn der Beschäftigte aufgrund seiner bisherigen Aufgaben im Betrieb und angesichts seiner beruflichen Qualifikation dazu in der Lage ist, die andersartige, aber gleichwertige Arbeit eines Kollegen zu verrichten. Wenn die Klägerin auch nach ihrem – allerdings von der Beklagten bestrittenen – Vorbringen imstande ist, eine Tätigkeit im Layout der anderen Redaktionen nach einer kurzen Einarbeitungszeit auszuführen, wurde die von ihr geschuldete Arbeitsleistung durch § 1 Abs. 1 des Redakteurvertrages vom 4. Juli 1988 auf eine Tätigkeit in der Redaktion SANDRA eingeengt. Um die Klägerin in einer anderen Redaktion des Verlags einzusetzen, hätte es einer Vertragsänderung durch Änderungsvereinbarung oder -kündigung bedurft.
b) Die Auslegung des Arbeitsvertrages der Parteien durch das Landesarbeitsgericht ist rechtlich zutreffend und wird von der Revision auch nicht angegriffen. Wenn die Klägerin nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages im Ressort Layout der Redaktion SANDRA für alle im Rahmen der Redaktion anfallenden Layout-Aufgaben eingesetzt werden kann, so bedeutet dies umgekehrt, daß sie außerhalb der Redaktion SANDRA eben nicht eingesetzt werden darf und die Möglichkeit der Änderung des Arbeitsgebiets der Klägerin gemäß § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Vertrages sich deshalb nur auf Änderungen des Arbeitsgebiets innerhalb der Redaktion SANDRA beziehen kann. Die Revision verkennt nicht, daß nur diese Auslegung des Arbeitsvertrages den Vorgaben des Manteltarifvertrages für Redakteure an Zeitschriften vom 22. September 1990 (MTV) entspricht, der auf die Klägerin als Layouterin zwar nicht unmittelbar Anwendung findet, dessen Geltung „im übrigen” aber in § 11 des Arbeitsvertrages vereinbart ist. Wenn im Arbeitsvertrag der Parteien die Zeitschrift, für die die Klägerin zu arbeiten hatte, festgelegt war und die Parteien nicht von der nach § 2 Abs. 3 MTV bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht hatten, die Arbeitsverpflichtung der Klägerin auf mehrere Zeitschriften oder andere Verlagswerke des beklagten Verlages zu erstrecken, so bedeutet diese bewußte Einengung des Tätigkeitsbereichs der Klägerin eine Einschränkung des Direktionsrechts der Beklagten. Die damit verbundene Begrenzung des auswahlrelevanten Personenkreises bzw. das gänzliche Entfallen des Erfordernisses der sozialen Auswahl waren weder regelungsbedürftig, noch wurden sie außer Acht gelassen. Der partielle Verlust des allgemeinen Kündigungsschutzes bildet vielmehr in derartigen Fällen lediglich die rechtliche Konsequenz der Vertragsgestaltung, die sich aus der bloßen Anwendung von § 1 Abs. 3 KSchG ergibt (Senatsurteil 17. September 1998, aaO).
c) Die abweichende Auffassung, wonach es sich verbiete, die soziale Auswahl davon abhängig zu machen, ob der Arbeitgeber die nach objektiven Kriterien vergleichbaren Arbeitnehmer entsprechend ihrem jeweiligen Arbeitsvertrag um- oder versetzen könne, weil der Grundsatz der Sozialauswahl das Ziel verfolge, im Verhältnis der Arbeitnehmer zueinander Gerechtigkeit bei dem gravierenden Eingriff des Arbeitsplatzverlustes zu schaffen (Löwisch KSchG 7. Aufl. § 1 Rn 316), bietet kein überzeugenderes Differenzierungskriterium (Senatsurteil 17. September 1998 – 2 AZR 725/97 – aaO). Wenn die Frage der Austauschbarkeit an die erklärte Bereitschaft des Arbeitnehmers geknüpft wird, die mit dem Einsatz auf dem anderweitig besetzten Arbeitsplatz bewirkte Vertragsänderung hinzunehmen, berücksichtigt das nicht im hinreichenden Maße, daß dem Arbeitnehmer durch die Eingrenzung seiner Arbeitspflicht ein Vorteil erwächst und durch eine erneute Vertragsänderung, die erst im Zusammenhang mit der Kündigung vorgenommen wird, Rechte Dritter berührt werden.
Den Vertragspartnern bleibt es unbenommen, dem Arbeitgeber durch eine weit gefaßte Beschreibung der zu leistenden Arbeit einen flexiblen Personaleinsatz zu gestatten und ihm hierfür im Gegenzug eine ausgedehnte Sozialauswahl aufzuerlegen. Umgekehrt steht einer einschränkenden Regelung der geschuldeten Arbeit – aus Sicht des Arbeitnehmers – der Nachteil einer nur begrenzten Austauschbarkeit im Rahmen des § 1 Abs. 3 KSchG gegenüber. Verengt sich die Leistungspflicht des Arbeitnehmers auf einen einzigen Arbeitsplatz, kann er ohne soziale Auswahl entlassen werden, wenn diese Position entfällt (Berkowsky aaO). Nicht nur die Konkretisierung des Arbeitsvertrages auf einen höherwertigen Arbeitsplatz (Senatsurteil 17. September 1998, aaO) bzw. die Konkretisierung auf einen von mehreren räumlich weit auseinanderliegenden Arbeitsplätzen (Senatsurteil 21. Juni 1995 – 2 AZR 639/94 – RzK I 5 d Nr. 50) schränkt die Sozialauswahl ein. Jedenfalls beim Vorliegen sachlicher Gründe steht es den Arbeitsvertragsparteien frei, das Direktionsrecht des Arbeitgebers auch auf einzelne von mehreren Arbeitsplätzen einzugrenzen, die nach rein arbeitsplatzbezogenen Merkmalen miteinander vergleichbar sind. Die Annahme einer Vergleichbarkeit der Klägerin mit den in den anderen Redaktionen eingesetzten Arbeitnehmern widerspräche Wortlaut und Zweck des § 1 Abs. 3 KSchG, indem sie bedeutete, die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit auf die Beziehung der Arbeitnehmer zueinander zu übertragen, während dies nach der Systematik der betriebsbedingten Kündigung nur im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschehen soll. Die erste Stufe der sozialen Rechtfertigung einer auf betriebsbedingte Gründe gestützten Entlassung, dh. die Prüfung des dringenden betrieblichen Erfordernisses einschließlich des Fehlens einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz des Unternehmens, betrifft allein Umstände in der Sphäre des Arbeitgebers.
Im Rahmen der zweiten Stufe läßt eine fehlerhafte Sozialauswahl das dringende betriebliche Erfordernis nicht entfallen, vielmehr hat die Sozialauswahl funktional die Aufgabe einer personellen Konkretisierung des dringenden betrieblichen Erfordernisses. Einzig zu prüfen ist, welchem Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitgeber das ihm aus betrieblichen Gründen zustehende Kündigungsrecht ausüben darf. Müßte zunächst das Einverständnis des von der Entlassung bedrohten Arbeitnehmers zur Um- oder Versetzung eingeholt werden, bliebe der auswahlrelevante Personenkreis entgegen der gesetzlichen Konzeption nicht auf den von dem betrieblichen Erfordernis unmittelbar betroffenen betrieblichen Bereich beschränkt, sondern würde durch eine subjektive Entscheidung des Arbeitnehmers auf andere Bereiche ausgedehnt, für den verdrängten Beschäftigten würde erst durch diese Entschließung und nicht durch den betrieblichen Umstand ein Kündigungsgrund geschaffen (BAG 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61, 78 f.; Jobs DB 1986, 538 f.). Die Vereinbarung der entsprechenden Vertragsänderung wäre letztlich ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter (vgl. Gaul aaO S 675; Oetker aaO S 347; aA Kittner/Trittin KSchR 3. Aufl. § 1 KSchG Rn 451). Dazu käme, daß mit einer Erweiterung des auswahlrelevanten Personenkreises auf die Mitarbeiter anderer Redaktionen durch die erklärte Bereitschaft der Klägerin zu einer solchen Beschäftigung die Beklagte sich im Zeitpunkt ihrer unternehmerischen Entscheidung dem unkalkulierbaren Risiko einer Vielzahl von Kündigungsschutzprozessen gegenübersehen würde. Die dortigen Arbeitnehmer könnten ihrerseits durch ein entsprechendes Einverständnis über die Grenzen des eigenen Arbeitsvertrages hinaus partiell vergleichbare Beschäftigte auf ggf. geringerwertigen Arbeitsplätzen verdrängen. Das widerspricht, wie schon dargelegt, der zweistufigen Konzeption von § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG (BAG 29. März 1990 aaO und 17. September 1998 aaO).
d) Zu Unrecht macht die Revision geltend, die Besonderheiten des vorliegenden Falles rechtfertigten eine Abweichung von der gefestigten Senatsrechtsprechung zur Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer bei der Sozialauswahl. Der Hinweis, die Arbeitsvertragsparteien seien durch die Festlegung des Tätigkeitsbereichs der Klägerin auf die Redaktion SANDRA nur einer tariflichen Verpflichtung nachgekommen, verfängt nicht. Ohne vertragliche Vereinbarung fand der MTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Auch wenn die Parteien das Arbeitsverhältnis der Klägerin vertraglich dem MTV „im übrigen” unterworfen haben, so haben sie von der tarifvertraglichen Möglichkeit, den Tätigkeitsbereich der Klägerin auf mehrere, ggf. sogar alle Redaktionen im Hause der Beklagten zu erstrecken, gerade keinen Gebrauch gemacht, sondern einzelvertraglich das Direktionsrecht der Beklagten auf eine Umsetzung der Klägerin lediglich innerhalb der Redaktion SANDRA eingeschränkt.
Nur schwer verständlich ist in diesem Zusammenhang das Argument der Klägerin, die Parteien hätten die Tätigkeit der Klägerin in der Redaktion SANDRA nicht bewußt und gewollt vereinbart. Als Tatsachenbehauptung kann dieser Sachvortrag, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, schon nach § 72 Abs. 5 ArbGG, § 561 Abs. 1 ZPO nicht berücksichtigt werden. Abgesehen davon war die Vertragsfreiheit der Parteien nicht dadurch beeinträchtigt, daß sie ihre Entscheidung, für welche Redaktion oder Redaktionen die Klägerin tätig werden sollte, in dem Arbeitsvertrag niederzulegen hatten.
§ 2 MTV und die entsprechende Einschränkung des Tätigkeitsbereichs in dem Redakteurvertrag dienten, was die Revision nicht verkennt, ua. dem Schutz der Klägerin. Bei einer Beschränkung der Redakteur-/Layoutertätigkeit auf eine bestimmte Zeitschrift waren die betreffenden Arbeitnehmer gewissermaßen auf Gedeih und Verderb mit dem Produkt verbunden, dessen Erfolg oder Mißerfolg sie noch am ehesten beeinflussen konnten. Sie liefen deshalb nicht Gefahr, etwa wegen Umsatzeinbrüchen bei anderen Zeitschriften ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder aus persönlichen Gründen (zB mißliebige Berichterstattung eines Redakteurs des politischen Ressorts) etwa in die Redaktion einer Schachzeitschrift versetzt zu werden. Ein derartiger gesteigerter Schutz eines Arbeitnehmers kann sich in dem Fall, daß es in seinem Tätigkeitsbereich zu einer Betriebseinschränkung kommt, auch zu Lasten des Arbeitnehmers auswirken. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, die Einengung des Tätigkeitsbereichs auf eine bestimmte Redaktion könne jedenfalls dann nicht eingreifen, wenn die betreffende Zeitschrift eingestellt werde, dann sei eine Sozialauswahl mit den Arbeitnehmern der anderen Redaktionen erforderlich, so hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt, daß diese Argumentation rechtlich nicht begründbar und von der Klägerin auch nicht begründet worden ist.
Auch der Hinweis auf Manipulationsmöglichkeiten des Arbeitgebers geht fehl. Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob die vertragliche Einschränkung des Direktionsrechts mit entsprechender Auswirkung auf die vorzunehmende Sozialauswahl auch so weit gehen darf, daß in dem von der Revision angeführten Beispiel bei mehrfachem Vorhandensein einer Maschine in der Produktion und identischen Arbeitsplätzen der Tätigkeitsbereich eines Arbeiters auf eine bestimmte Maschine eingeengt werden darf mit der Folge, daß bei betriebsbedingter Außerdienststellung der Maschine nicht der sozial stärkste Arbeitnehmer, sondern der Arbeitnehmer mit dem Arbeitsvertrag für diese Maschine entlassen werden muß. Im vorliegenden Fall liegen derartige Manipulationsmöglichkeiten fern. Wie die entsprechende Regelung des MTV zeigt, ist die von den Parteien gewählte Einengung des Tätigkeitsbereichs der Klägerin wohl branchenüblich und durch Sachgründe zu rechtfertigen. Die Klägerin hat auch nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür vorgetragen, daß die Beklagte bei der Art der Vertragsgestaltung unsachlich oder gar willkürlich gehandelt haben könnte.
2. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten beendet worden ist, ist die Beklagte auch nicht zur Weiterbeschäftigung der Klägerin verpflichtet.
3. Der Hilfsantrag der Beklagten ist nicht zur Entscheidung gestellt, da die Beklagte schon mit ihrem Klageabweisungsantrag Erfolg hat.
Unterschriften
Etzel, Bröhl, Fischermeier, Rosendahl, Bartel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.02.2000 durch Anderl, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436338 |
BB 2000, 1148 |
BB 2000, 2525 |
DB 2000, 1339 |
NJW 2000, 2604 |
NWB 2000, 2341 |
ARST 2000, 228 |
EWiR 2000, 743 |
FA 2000, 232 |
NZA 2000, 822 |
SAE 2000, 311 |
ZIP 2000, 1069 |
AP, 0 |
AuA 2001, 188 |
NZI 2001, 78 |
PERSONAL 2001, 331 |
ZInsO 2000, 467 |
ZUM-RD 2000, 511 |