Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine unverfallbare Rentenanwartschaft aus der AO 54

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelsache zum Senatsurteil vom 17. Dezember 1996 – 3 AZR 800/95 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen.

 

Normenkette

Einigungsvertrag Anl. II Kap. VIII Sachgeb. H Abschn. III Nr. 4 a; Einigungsvertrag Anl. I Kap. VIII Sachgeb. A Abschn. III Nr. 16; Anordnung zur Einführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben vom 9. März 1954 (AO 54) §§ 3, 10-12; AGB-DDR §§ 42, 297

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 15.08.1995; Aktenzeichen 5 Sa 71/95)

ArbG Dresden (Urteil vom 21.11.1994; Aktenzeichen 10 Ca 2747/94)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 15. August 1995 – 5 Sa 71/95 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger vom Bezug einer gesetzlichen Rente an Zusatzrente auf der Grundlage der Anordnung zur Einführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben vom 9. März 1954 (AO 54; GBl.DDR I, S. 301) zusteht.

Der 1942 geborene Kläger war vom 1. September 1967 bis zum 30. Juni 1993 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er schied aufgrund betriebsbedingter Kündigung aus.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war einer der wichtigsten volkseigenen Betriebe, für deren Arbeitnehmer die AO 54 eine Zusatzrente einführte. In § 3 AO 54 heißt es:

„Der Anspruch auf Zusatzrente besteht, wenn Arbeiter oder Angestellte

  1. noch beschäftigt oder aus einem dieser Betriebe wegen Invalidität oder Überschreiten der Altersgrenze ausgeschieden sind und
  2. eine 20jährige ununterbrochene Beschäftigungsdauer in diesem Betrieb und
  3. den Bezug einer Alters-, Invaliden- oder Unfallvollrente nachweisen.”

Die AO 54 wurde durch jährlich abgeschlossene Betriebskollektivverträge in dem Betrieb der Rechtsvorgängerin der Beklagten umgesetzt. Im letzten Betriebskollektivvertrag vom 11. April 1990 heißt es hierzu:

„Werktätige erhalten entsprechend der KI „(Kombinatsinstruktion)” 151 eine betriebliche Zusatzrente, wenn die darin genannten Voraussetzungen erfüllt sind.”

In der in Bezug genommenen Kombinatsinstruktion wird die AO 54 erläutert. U.a. wird darauf hingewiesen, daß die Anwartschaft auf eine betriebliche Zusatzrente dann entfällt, wenn der Werktätige eine Tätigkeit in einem anderen Kombinatsbetrieb aufnimmt, der nicht zum Geltungsbereich der AO 54 gehört.

Mit Betriebsvereinbarung vom 5. März 1991 wurde die betriebliche Altersversorgung im Betrieb der Rechtsvorgängerin der Beklagten für das Jahr 1991 geregelt. Dort heißt es u.a., daß die Vereinbarung rückwirkend ab 1. Juli 1990 in Kraft trete und bis zum 31. Dezember 1991 bzw. bis zur Neufestlegung anderer Bedingungen gelte. Am 8. Juli 1993 vereinbarten die Betriebspartner dann, daß etwaige Ansprüche aus der AO 54 durch Zahlung bestimmter Abfindungsbeträge abzugelten seien. Dem Kläger steht nach dieser Betriebsvereinbarung ein Abfindungsbetrag von 100,– DM zu. Hiermit ist der Kläger nicht einverstanden.

Er hat den Standpunkt eingenommen, er habe eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung nach der AO 54 erworben. Dieser Anspruch ergebe sich aus den bis 1990 abgeschlossenen Betriebskollektivverträgen und der Betriebsvereinbarung vom 5. März 1991. Die Anwartschaft bestehe unbeschadet der Regelungen im Einigungsvertrag. Er habe dem Betrieb der Beklagten und von deren Rechtsvorgängerin länger als 20 Jahre angehört und deshalb auch eine erhebliche Betriebstreue erbracht.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Eintritt des Versorgungsfalles jeweils am Ende eines jeden Kalendermonats eine betriebliche Altersversorgung in zu errechnender Höhe entsprechend dem Verhältnis zur tatsächlich zurückgelegten Betriebszugehörigkeit zu zahlen und entsprechend zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, der Kläger habe keine unverfallbare Anwartschaft auf eine Zusatzversorgung erworben. Ein solches Recht ergebe sich weder aus den Betriebskollektivverträgen noch aus der Betriebsvereinbarung vom 5. März 1991, die sich ausdrücklich Wirkung nur bis zum 31. Dezember 1991 beigemessen habe. Eine anspruchsbegründende Vereinbarung über den 31. Dezember 1991 hinaus fehle. Auch die AO 54 scheide als Anspruchsgrundlage aus. Sie habe nur bis zum 31. Dezember 1991 weitergegolten. Nach diesem Zeitpunkt hätten weder Ansprüche noch Anwartschaften entstehen können. Dies ergebe sich aus der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 4 a zum Einigungsvertrag, wo es heißt:

„Folgendes Recht der Deutschen Demokratischen Republik bleibt mit folgenden Maßgaben in Kraft:

4. Anordnung über die Einführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben vom 9. März 1954 (GBl. Nr. 30, S. 301), mit folgenden Maßgaben:

  1. Die Anordnung ist bis zum 31. Dezember 1991 anzuwenden.
  2. Von der Anordnung kann für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991 durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abgewichen werden.

…”

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht sie abgewiesen. Mit seiner Revision strebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils mit der Maßgabe an, daß als Eintritt des Versorgungsfalles der Bezug der Altersrente, der vorgezogenen Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, einer Berufsunfähigkeitsrente oder einer Erwerbsunfähigkeitsrente gelten soll.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß die Beklagte an ihn bei Eintritt eines der in § 3 Buchst. c AO 54 oder in seinem Antrag genannten Versorgungsfälle eine betriebliche Zusatzrente zahlt.

I. Der Kläger hat keine Versorgungsanwartschaft aufgrund der AO 54 erworben, aufgrund deren die Beklagte verpflichtet wäre, an ihn bei Eintritt eines Versorgungsfalles eine Zusatzrente zu zahlen. Er war am 31. Dezember 1991 und darüber hinaus bei der Beklagten beschäftigt und ist dort erst im Sommer 1993 ausgeschieden. Seine bis zum 31. Dezember 1991 bestehende Chance, einen Anspruch auf Zusatzversorgung zu erwerben, ist mit Ablauf dieses Tages aufgrund der Regelung im Einigungsvertrag erloschen. Eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft wegen der bis zum 31. Dezember 1991 zurückgelegten Beschäftigungszeiten hat der Kläger ebenfalls nicht erworben, weil das Recht der DDR, das hier ausschließlich maßgeblich ist, eine solche Rechtsposition nicht kannte.

1. In seinem Urteil vom 27. Februar 1996 (– 3 AZR 242/95 – AP Nr. 4 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VIII, mit Anmerkung Trappehl) hat der Senat die Bestimmung des Einigungsvertrages zur begrenzten Weitergeltung der AO 54 ausgelegt. Dabei ist er davon ausgegangen, daß diese Regelung nicht eindeutig ist. Mit der Formulierung, daß die AO 54 noch für einen bestimmten Zeitraum anzuwenden ist, ist auch ein Verständnis der Norm vereinbar, demzufolge in der Zeit ihrer Anwendbarkeit entstandene Vollansprüche aus der AO 54 erhalten bleiben, in der Zeit nach dem 31. Dezember 1991 ein Rechtserwerb aber ausgeschlossen werden soll. Für dieses Verständnis der Bestimmung des Einigungsvertrages hat sich der Senat im Hinblick darauf entschieden, daß eine Beseitigung von im Arbeitsverhältnis bereits vollständig erdienten betriebsrentenähnlichen Ansprüchen angesichts des hier zu berücksichtigenden Bestandsschutz- und Vertrauensinteresses einer klaren und eindeutigen gesetzlichen Regelung bedurft hätte. Eine solche Regelung enthält der Einigungsvertrag nicht.

2. Der Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

a) Gegen die Annahme des Senats in seinem Urteil vom 27. Februar 1996, einmal entstandene Zusatzversorgungsansprüche bestünden über den 31. Dezember 1991 hinaus fort, hat Trappehl im wesentlichen eingewandt: Die Rechte aus der AO 54 seien zu Unrecht dem Bereich betrieblicher Leistungen zugeordnet und im Ergebnis den betriebsrentenrechtlichen Grundsätzen des Rechts der Bundesrepublik Deutschland unterworfen worden. Diese Einwände überzeugen den Senat nicht.

Bereits in seinem Beschluß vom 29. April 1994 (BAGE 76, 343 = AP Nr. 26 zu § 2 ArbGG 1979) hat der Senat im einzelnen begründet, daß es sich bei Streitigkeiten um Rechte aus der AO 54 um bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis und nicht etwa um staatliches Sozialversicherungsrecht handelt. Er hat dies zunächst aus den einschlägigen Normen des Rechts der DDR entnommen: Nach § 10 AO 54 wurde dem Mitarbeiter die Zusatzversorgung aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses gewährt. Die Betriebe hatten die Mittel für diese Leistungen aufzubringen und in den Betriebsplan aufzunehmen. Der Betriebsleiter, nicht die staatliche Sozialversicherung waren für die Durchführung der AO 54 verantwortlich (§ 11 Abs. 1 AO 54). Streitigkeiten über den Grund oder die Höhe von Zusatzrenten nach der AO 54 waren von den Konfliktkommissionen im Betrieb zu entscheiden (§ 12 AO 54), die für die Entscheidung von Arbeitsstreitigkeiten zuständig waren (§ 297 AGB-DDR), und nicht von den Beschwerdekommissionen für Sozialversicherung. Schließlich sprach für die Zuordnung zum Arbeitsrecht auch die Verpflichtung, Voraussetzungen und Inhalt der Zusagen in die Arbeitsverträge und Betriebskollektivverträge aufzunehmen (§ 42 AGB-DDR). Bei der Bewertung der Rechte aus der AO 54 hat der Senat nicht die Besonderheiten übersehen, die sich aus dem planwirtschaftlichen System der DDR ergaben. Sie waren aber angesichts des gesamten Regelungskomplexes nicht ausreichend, anstelle von betrieblichen und arbeitsrechtlichen Ansprüchen von sozialversicherungsrechtlichen Rechtspositionen auszugehen.

Am arbeitsrechtlichen Charakter der Ansprüche aus der AO 54 hat die Regelung im Einigungsvertrag nichts geändert. Hierfür reichte die systematische Zuordnung der einschlägigen Regelung in den Bereich des Rechts der Sozialversicherung nicht aus, da der Einigungsvertrag gleichzeitig die Zahlungsverpflichtung aus der AO 54 – ohne staatliche Refinanzierung – beim Arbeitgeber beließ und von der AO 54 abweichende Regelungen durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zuließ.

Aus der Bewertung der Ansprüche nach der AO 54 als betriebliche Zusatzleistung hat der Senat in seinem Urteil vom 27. Februar 1996 entgegen der Auffassung Trappehls nicht geschlossen, daß die Grundsätze des überkommenen Betriebsrentenrechts der Bundesrepublik Deutschland auf die nach Maßgabe der AO 54 entstandenen Rechte Anwendung finden. Die Regelung in der Anlage II Kap. VIII Sachgeb. H Abschn. III Nr. 4 a zum Einigungsvertrag muß lediglich vor dem Hintergrund ausgelegt werden, daß für den der Vertragspartner des Einigungsvertrages, dessen Recht im wesentlichen in Zukunft maßgeblich sein sollte, die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes im Recht der betrieblichen Versorgungsleistungen eine besondere Bedeutung haben. Angesichts dessen mußte erwartet werden, daß die Vertragsparteien des Einigungsvertrages einen von ihnen gewollten Eingriff in entstandene Rechtsansprüche auf Versorgungsleistungen deutlich zum Ausdruck bringen würden. Dies ist in der einschlägigen Regelung im Einigungsvertrag nicht geschehen. Daraus rechtfertigt sich die Annahme, daß die Entscheidung, die AO 54 bis zum 31. Dezember 1991 gelten zu lassen, zugleich auch bedeuten sollte, daß bis dahin entstandene Ansprüche auf Dauer bestehen bleiben sollten.

b) Der im Einigungsvertrag angeordnete Wegfall der Rechtsgrundlage für Ansprüche aus der AO 54 ab dem 1. Januar 1992 muß danach aber auf der anderen Seite auch zur Folge haben, daß ab diesem Zeitpunkt Rechte aus der AO 54 nicht mehr entstehen können. Die Voraussetzungen einer nicht mehr existierenden Norm können nicht erfüllt werden. Arbeitnehmer, die bis zum 31. Dezember 1991 nicht sämtliche Voraussetzungen für einen Anspruch aus der zu diesem Zeitpunkt außer Kraft getretenen AO 54 erfüllt haben, können sie nicht mehr erfüllen. Wer also bis zum 31. Dezember 1991 nicht aus dem Arbeitsverhältnis in den gesetzlichen Ruhestand gewechselt war, wie dies beim Kläger der Fall war, der hat auch keinen Anspruch auf betriebliche Zusatzleistungen. Ebensowenig kommt in der Zeit nach dem 31. Dezember 1991 der Erwerb einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft in Betracht.

3. Entgegen der Auffassung des Klägers gibt es auch keine Rechtsgrundlage dafür, für die bis zum 31. Dezember 1991 zurückgelegte Zeit der Betriebszugehörigkeit eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft zuzuerkennen. Die Unverfallbarkeitsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus der Zeit vor der Geltung des Betriebsrentengesetzes (BAGE 24, 177 = AP Nr. 156 zu § 242 BGB Ruhegehalt) ist auf die Rechte aus der AO 54 nicht anzuwenden (a.A. Griebeling, Betriebliche Altersversorgung, Rz 916, 919).

Was die AO 54 angeht, ordnet der Einigungsvertrag eine zeitlich begrenzte Fortgeltung des Rechts der DDR an. Dieses Recht kennt die Möglichkeit nicht, durch längere Betriebstreue schon vor Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen eine unentziehbare Rechtsposition zu erwerben. Wer die Verbleibebedingung bis zum Erhalt der gesetzlichen Rente nicht erfüllt, erwirbt nach dem Recht der DDR keinen Zusatzversorgungsanspruch. Dies macht auch die vom Kläger vorgelegte Kombinatsinstruktion 151 in Ziff. 1.3 der Anlage 1 deutlich, wenn dort sogar der Wechsel in einen anderen, nicht zu den wichtigsten volkseigenen Betrieben gehörenden Betrieb zum Verlust jeder Versorgungsanwartschaft führt.

Das Betriebsrentenrecht der Bundesrepublik Deutschland nach dem Gesetz über die Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung ist auf betriebliche Versorgungsansprüche nur anzuwenden, wenn es auf Versorgungszusagen aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1991 zurückgeht (Anl. I Kap. VIII Sachgeb. A Abschn. III Nr. 16 zum EV). Damit ist zugleich auch die vorgesetzliche Unverfallbarkeitsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unanwendbar. Das Betriebsrentengesetz ist 1973 abschließend an dessen Stelle getreten. Damit bleibt es bei einer klaren Trennung der anwendbaren Rechtsordnungen: Bis zum 31. Dezember 1991 galt das Recht der DDR umfassend für die Ansprüche aus der AO 54. Es verdrängte bis dahin das Recht der Bundesrepublik Deutschland. Rechte konnten nur erworben werden, soweit das Recht der DDR dies vorsah. Hierzu zählten unverfallbare Anwartschaften nicht. Das überkommene Betriebsrentenrecht der Bundesrepublik Deutschland gilt insgesamt erst für neue Versorgungszusagen ab dem 1. Januar 1992.

Eine solche Aufteilung war den Vertragspartnern des Einigungsvertrages möglich. Sie ist auch verbindlich, weil damit aus der Sicht der heutigen Rechtslage keine unerträglichen Ergebnisse geschaffen wurden. Die Wertungen, welche die Unverfallbarkeitsrechtsprechung und die entsprechende Gesetzgebung maßgeblich tragen, spielen für den Kläger und die aus der AO 54 berechtigten Arbeitnehmer erst seit dem 3. Oktober 1990 eine Rolle. Von diesem Zeitpunkt an konnten bis zum 31. Dezember 1991 keine Zeiten zurückgelegt werden, die das Vertrauen darauf begründen konnten, man werde aufgrund seiner Betriebstreue eine unentziehbare Rechtsposition erwerben. In der vorherigen Zeit war das Arbeitsverhältnis des Klägers und vergleichbarer Arbeitnehmer von grundsätzlich anderen Wertungen geprägt, die den vorzeitigen Erwerb nicht entziehbarer Rechtspositionen nicht vorsahen. Hierin liegt keine derart tiefgreifende Ungerechtigkeit, daß deshalb die Aufteilung der zeitlichen Geltungsbereiche der anwendbaren Rechtsnormen durch den Einigungsvertrag durchbrochen und durch richterliche Entscheidung eine unverfallbare Rechtsposition geschaffen werden müßte. Die grundlegenden Änderungen, die die Privatisierung der Wirtschaft auf dem Gebiet der früheren DDR mit sich bringen mußte, die erheblichen wirtschaftlichen Belastungen, die mit dieser Änderung des Wirtschaftssystems erkennbar verbunden sein würden, und die im Verhältnis zur Rechtslage der DDR um einiges günstigere gesetzliche Altersversorgung rechtfertigen es, daß der Einigungsvertrag keine Rücksicht auf bis zum 31. Dezember 1991 entstandene bloße Erwerbschancen nimmt.

II. Der Kläger hat auch keine eigenständige, von der AO 54 unabhängige Rechtsposition erworben. Er kann sich hierfür weder auf die Betriebskollektivverträge noch auf die Betriebsvereinbarung vom 5. März 1991 stützen.

Die Betriebskollektivverträge hatten keinen über die AO 54 hinausgehenden Regelungsinhalt. Durch Bezugnahme auf die Kombinatsinstruktion 151 stellten sie klar, daß die Arbeitnehmer nur die Ansprüche auf Zusatzversorgung erhalten sollen, welche die AO 54 einräumt.

Die Betriebsvereinbarung vom 5. März 1991 gilt nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur bis längstens zum 31. Dezember 1991. Für diesen Zeitraum wiederholt sie im wesentlichen die Anspruchsvoraussetzungen nach der AO 54. Sie erweitert lediglich den Geltungsbereich für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991 für eine besondere, von der AO 54 an sich nicht mitumfaßte Personengruppe, nämlich die Arbeitnehmer, die aus dem Betrieb ausscheiden, um Altersübergangsgeld in Anspruch zu nehmen. Aus dieser Betriebsvereinbarung können sich für den Kläger schon deshalb keine Rechte ergeben, weil er nicht bis zum 31. Dezember 1991 aus dem Betrieb der Beklagten ausgeschieden ist.

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, G. Hauschild, Kaiser

 

Fundstellen

Dokument-Index HI952015

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